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VORWORT

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Kein Mensch will ein Vorwort lesen, daher halte ich mich kurz. Die Idee zu diesem Buch entstand fernab von Hollywood, an einem entspannten, sonnigen Samstagnachmittag im niederösterreichischen Weinviertel, und sie kam leider nicht mir.

Georg Markus und seine Frau Daniela waren zu Gast, außerdem die Künstlerin Heide Proksch und die Verlegerin Brigitte Sinhuber-Harenberg. Georg Markus steckte gerade mitten in der Arbeit für sein Buch »Alles nur Zufall?«, und genau dafür war er (ebenso lange wie vergeblich) auf der Suche nach einem Foto von Maximilian Schell bei der Oscar®-Verleihung 1962, bei der er die Trophäe als bester Hauptdarsteller für seine Rolle in »Das Urteil von Nürnberg« gewonnen hatte. Diese Möglichkeit zum Protzen wollte ich natürlich nicht ungenutzt lassen. Ich ging in mein Arbeitszimmer, kam nach weniger als einer Minute mit dem gesuchten Bild zurück und überreichte es dem überraschten Kollegen.

»Das kann ich nicht annehmen«, sagte Georg Markus nach einer kurzen Schrecksekunde, »weil du das Foto ja für dein Buch brauchen wirst.«

Jetzt war ich der Überraschte, weil ich doch gar nichts von einem solchen Buch wusste.

»Jedes Jahr bist du bei der Oscar®-Verleihung«, warf Heide Proksch ein, »hast mit allen gefeiert, die in letzter Zeit gewonnen haben.«

»Ja, und dann die anderen Österreicher bei den Oscars®, die schon früher erfolgreich waren«, ergänzte Georg, »die ganzen Komponisten, von Max Steiner über Friedrich Loewe bis Korngold, die Regisseure und all die anderen hinter der Kamera, über die musst du unbedingt schreiben!«

»Sehr gute Idee. Das machen wir«, nickte Brigitte Sinhuber-Harenberg zustimmend. »Und was nehmen wir als Titel?«

Zugegeben, ich wäre schon auch gern gefragt worden, ob ich dieses Buch überhaupt schreiben will, aber vieler Überredungskünste hätte es freilich nicht bedurft.

Bereits bei den ersten Recherchen in den Archiven der Filmakademie in Los Angeles, die seit 1929 die wohl wichtigsten Filmpreise der Welt vergibt, zeigte sich, dass viel mehr heimische Künstler, als man gemeinhin glaubt, in Hollywood erfolgreich waren. Heutzutage denkt man natürlich zunächst an Christoph Waltz, an Michael Haneke und Stefan Ruzowitzky, dann an Billy Wilder und Maximilian Schell, vielleicht noch an Fred Zinnemann und Otto Preminger (der nie einen Oscar® gewonnen hat), wohl kaum an George Pal (sechs Oscars®), Sam Spiegel (vier Oscars®) oder Paul Muni (Oscar® als bester Hauptdarsteller 1937), bestimmt nicht an George Froeschel (beste Drehbuchadaption, 1943) oder John Alton (beste Kamera für »Ein Amerikaner in Paris«, 1952). Nicht zu vergessen: Auch »Casablanca«-Regisseur Michael Curtiz, geboren 1888 als Mihály Kertész Kaminer in Österreich-Ungarn, hat zwei Oscars® gewonnen – eigentlich recht bescheiden im Vergleich zu den 14 Oscars®, die bei Viennale-Präsident Eric Pleskow zu Hause stehen. Die Liste und die Geschichte(n) der Preisträger könnten ein ganzes Buch füllen – hier ist es!

Und weil wir in den letzten paar Jahren gar so stolz auf »unsere« Erfolge bei den Oscars® waren: Zwischen 1934 und 1955, also noch ehe die Kategorie »Bester fremdsprachiger Film« überhaupt existierte, gab es nur drei Jahre, in denen kein Österreicher unter den Oscar®-Gewinnern war, das erfolgreichste war 1961 mit sage und schreibe sechs Oscars®, knapp gefolgt von 1944 mit fünf Oscars® für heimatlose Österreicher, die in Hollywood Zuflucht fanden, weil unser Land damals gar nicht existierte. Für allzu viel patriotische Freude über die zahlreichen »österreichischen« Erfolge im Laufe der mittlerweile 85 Jahre langen Oscar®-Geschichte (und ich hoffe, möglichst wenige übersehen oder vergessen zu haben) besteht also kein Anlass, weil jeder Preis, ob gerechtfertigt oder nicht, stets einer individuellen künstlerischen Einzelleistung gilt, nicht einer Nation. Und vor allem deshalb, weil uns ein Mal öfter vor Augen geführt wird, wie viele in Österreich geborene Künstlerpersönlichkeiten im Augenblick ihres größten beruflichen Erfolgs längst andere Staatsbürgerschaften hatten, weil in ihrer alten Heimat kein Platz mehr für sie war.

Die von mir verwendeten Zitate sind entweder persönlichen Gesprächen oder einschlägiger (und vertrauenswürdiger) Literatur entnommen. Ob sie authentisch sind? – Vertrauen Sie mir.

Auf Fußnoten habe ich bewusst verzichtet, weil ich unterhalten, aber keine Dissertation schreiben wollte. Dieses Buch schichtet abwechselnd persönliche Erlebnisse, gesammelt bei zahlreichen ORF-»Seitenblicke«-Dreharbeiten während der letzten Jahre, und historische Fakten und Legenden, die nur schwer voneinander zu unterscheiden und daher seriöserweise nicht zu trennen sind. Es versucht gar nicht erst den Anspruch zu erheben, eine vollständige Enzyklopädie sämtlicher Österreicher zu sein, die es bis nach Hollywood geschafft haben. Es erzählt wie sein Autor Geschichten, kommt wie er mitunter vom Hundertsten ins Tausendste, verknüpft Namen und Schicksale, sucht und findet (wenn auch nicht immer), enthüllt, verklärt und spinnt – nicht nur, wie es war, sondern vielmehr, wie es vielleicht auch gewesen sein könnte, und versucht so, dem Mythos der größten Traumfabrik der Welt etwas näher zu kommen. Denn Hollywood ist nicht bloß ein Stadtteil von Los Angeles, es ist eine Geisteshaltung. Und für die vielen, die an dieser Geisteshaltung irgendwann verzweifeln mussten, nicht weniger als ein sonniger Albtraum.

Die Öscars®

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