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WELCOME TO HOLLYWOOD

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»Die Vorstellung, die ich von Hollywood hatte, endete an dem Tag, als ich nach Hollywood kam.«

George Clooney, zweifacher Oscar®-Preisträger

Falls Sie’s noch nicht wissen sollten: Flugreisen sind heutzutage wirklich kein Vergnügen. Schon gar nicht in die USA nach »September 11th«. Maßnahmen im Dienste der Sicherheit für alle gehen aufs Konto der Bequemlichkeit jedes Einzelnen. Ich meine nicht nur das drei- bis vierfache Kontrollieren sämtlicher Passdaten vor dem etwas erniedrigenden Schuh-Ausziehen beim Check-in (hat die rechte Socke da wirklich ein Loch?) und die Tatsache, wildfremden Beamten erklären zu müssen, warum beziehungsweise wofür man einen Nasenspray mit sich führt. Ich denke auch gar nicht an die 14 Stunden auf einem engen Sitzplatz in der Mittelreihe, eingekeilt zwischen übergewichtigen, transpirierenden Knoblauch-Aficionados und hyperaktiven Kleinkindern. Auch nicht ans Ausfüllen der Zollformulare im Flieger – das waren vor ein paar Jahren ja sogar noch mehr. Also an nichts Spezielles, sondern all das zusammen.

Außerdem beginnt’s seit einiger Zeit ja sogar noch etwas früher: zu Hause, am Computer. Wer nicht rechtzeitig seine Passagierdaten bekannt gibt, inklusive dem Grund der Reise, der Kreditkartennummer (falls Sie noch keine haben, Sie werden eine brauchen) und der genauen Adresse in den USA, der braucht sich erst gar nicht Richtung Flughafen zu bemühen.

Wer dort beruflich tätig ist – und sei’s auch nur für einen kurzen »Seitenblick« auf die Oscar®-Verleihung –, benötigt sowieso ein Arbeitsvisum. Das wird vom US-Konsulat im jeweiligen Wohnort ausgestellt, vorausgesetzt, man meistert den Internet-Spießrutenlauf zum dafür notwendigen Interview. Bewaffnet mit einer Menge Bestätigungen und Fotos in der vorgeschriebenen Größe (früher gab’s in ganz Wien nur einen Fotografen, der diese Norm spontan liefern konnte; er hat mittlerweile wegen Reichtums geschlossen), begibt man sich dann überpünktlich zum Termin. Und auf dem Konsulat bekommt man einen Vorgeschmack auf die Einreiseformalitäten. Wie später auch am Flughafen werden einem beim Sicherheits-Check Schlüssel, Handy, eben alles Metallene, abgenommen und bis zum Verlassen der Räumlichkeiten verwahrt – unentgeltlich, immerhin … Dann beginnt das Ausfüllen der Fragebögen, selbstverständlich in Englisch, aber trotzdem nicht allzu schwer zu verstehen. Es geht schlicht darum, alle Fragen mit Nein zu beantworten. Wurden Sie je wegen Kriegsverbrechen verurteilt? Planen Sie den Sturz der amerikanischen Regierung? Sind Sie Mitglied einer Terrororganisation? – Eben.

Vorausgesetzt, Sie haben auch alle erforderlichen Unterlagen dabei und hinterlassen beim kurzen Gespräch mit dem Konsul keinen allzu miesen Eindruck, kriegen Sie wahrscheinlich Ihr Visum. Natürlich nicht gleich, sondern auf dem Postweg. Ihr Pass bleibt bis dahin auf dem Konsulat. Warum er dann samt frischem Visum nach all den Sicherheitsvorkehrungen und Überprüfungen nicht einmal per Einschreiben geschickt wird, sondern ganz normal im 08/15-Kuvert, bleibt eines der vielen unergründlichen Geheimnisse der US-Behörden und lässt sich – wie alle anderen auch – nicht ändern. Offensichtlich haben die sonst so misstrauischen Amerikaner zumindest ihren Glauben an die österreichischen Briefträger noch nicht ganz verloren.

Endlich in den Vereinigten Staaten gelandet, nehmen die Einreiseformalitäten ihren Lauf. Die Fluggäste werden in zwei Kategorien eingeteilt: in »US-Bürger« und in »Besucher«. Zugegeben, das stundenlange Anstehen in Warteschlangen ist nach einem 14-Stunden-Flug ein wenig nervig, andererseits: Man müsste ja nicht und hätte auch in Europa bleiben können.

Telefonieren als Zeitvertreib in der Ankunftshalle ist nicht nur verboten, sondern auch unmöglich. Die Behörden haben Störsender installiert, die den Handy-Empfang unterbinden. Man kann sich also ganz auf das konzentrieren, was früher oder später auf einen zukommt: das Gespräch mit dem »Immigration Officer«. Er entscheidet nach einer nochmaligen Kontrolle der Reisedokumente, der Abnahme der Fingerabdrücke und einem Foto, ob man jetzt endlich in die USA einreisen darf oder nicht. Denn wer sein Visum für eine Garantie dafür hält, befindet sich im Irrtum.

»We are the face of our nation« steht auf dem Plakat, das einen dieser stolzen Beamten im Vollprofil in Uniform zeigt. Endlich an der Reihe, schiebe ich meinen Pass über das Pult. »Good Morning«, sage ich, bekomme aber keine Antwort.

»Mein« Immigration Officer blättert mit gummibehandschuhten Händen in den österreichischen Papieren, dennoch fragt er: »Where do you come from?«

»Austria«, antworte ich knapp.

Worauf er beginnt, sich auf Spanisch mit mir zu unterhalten.

Ich versuche, ihm schonend zu verdeutlichen, dass in Österreich nicht spanisch, sondern deutsch gesprochen wird.

Er schaut mich überrascht an und sagt, etwas beleidigt: »Close enough.« Dann fragt er mich nach dem Grund meines Besuchs.

»Oscar«, antworte ich.

»Oscar who?«, fragt er.

An dieser Stelle hätte ich laut loslachen können: »Come on, die ganze Welt kennt Oscar, der hält den ganzen Laden hier doch schließlich am Laufen. Von überall her kommen Journalisten, Kameracrews und Filmschaffende nach Los Angeles zur Verleihung am nächsten Wochenende, die Zeitungen sind voll, die Magazine, das Fernsehen – und du sitzt da und kennst Oscar® nicht …?«

Doch der zu 100 Prozent humorfreie Typ hat meinen Pass in der Hand, und auf seiner Stirn steht deutlich lesbar: »Niemand zu Hause.«

Also atme ich tief durch, bemühe mich um Selbstbeherrschung, lächle ihn freundlich an und sage dann: »My uncle Oscar!«

Er macht eine Notiz auf seinem Computer, stempelt meinen Pass und schiebt ihn übers Pult zurück. Der Beamte lächelt jetzt auch und sagt: »Welcome home – take care.«

Ich werd’s mir merken …

Die Öscars®

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