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MayLi

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Zeit: Gegenwart

Koordinate: Fuxina


Es war spät und Hieronymus Stern verspürte langsam erste Anzeichen

von Müdigkeit. Der Abend am Lagerfeuer und dann noch

zu später Stunde die Begegnung mit Mondlicht in der Taverne

Zum Würfelbecher hatten seine volle Konzentration gefordert.

Er schaute der Pangäerin hinterher, die ihn bis zum Eingang des

Tempels der tausend Freuden begleitet hatte. Sie drehte sich nicht

mehr um, hob jedoch die Hand zu einem letzten Gruß, bevor sie

seinem einäugigen Blick entschwand.

Trotzdem die Nacht schon weit fortgeschritten war, herrschte

in den Gassen noch reges Treiben. Gestalten, einzeln oder in

kleinen Gruppen, zogen mehr oder weniger von Wein oder Bier

berauscht von einer Taverne zur nächsten. Hin und wieder betrat

einer den Tempel der tausend Freuden, um in erwartungsvoller

Lust in seinem Inneren zu verschwinden. Es war ein imposantes,

ja sogar prachtvolles Gebäude, das sich mit seinen fünf Stockwerken

um einiges über die Häuser in seiner Nachbarschaft erhob.

Vormals ein großzügiger und vornehmer Stadtpalast eines reichen

Magnaten hatte es MayLi erworben, um es unter hohen Kosten zu

einem feudalen Tempel der tausend Freuden umzubauen. Innerhalb

kurzer Zeit gelang es ihr, die Reichen und Mächtigen der

Stadt von seinen Vorzügen zu überzeugen. Seitdem die Oberen

der Wächtergilde dort verkehrten und selbst Mylords des Adels

dort ein und aus gingen, wurde das Haus als Geheimtipp unter

ihresgleichen gehandelt.

Stern freute sich, die alte Kampfgefährtin bald wiederzusehen.

Daher betrat er voller Neugier die prächtige Halle, denn bisher

hatte er ihr Haus noch niemals aufgesucht. Gerüchte, die auf dem

Schiff kursierten, deuteten auf ein vielversprechendes Ambiente,

wobei sein erster prüfender Blick dies eindrucksvoll bestätigte.

Teure magische Lampen verbreiteten ein warmes Licht. Sie ließen

die hauptsächlich in rot gehaltenen Möbel angenehm einladend

erscheinen. Schwere Stoffvorhänge an den Fenstern verwehrten

Neugierigen den Blick ins Innere. Fast automatisch lenkten sie

das Auge auf erotische Szenen, die in kunstvollen als auch detailgetreuen

Stickereien darauf festgehalten waren. An den Wänden

hingen farbenprächtige Bilder, die als Motive ebenfalls eindeutige

Darstellungen der lustvollen Liebeskunst zum Ausdruck brachten.

Eine große breite Treppe, ausgelegt mit einem kostbaren Läufer,

führte augenscheinlich in obere Räumlichkeiten. Dort befanden

sich vermutlich auch die Zimmer der anwesenden weiblichen Wesen,

die leicht bekleidet auf mehreren Diwans, üppig mit flauschigen

Kissen bedeckt, mehr lagen als saßen.

Mit einem einladenden Lächeln schauten sie zu Hieronymus

Stern hinüber. Ihre Zungen fuhren lasziv über dezent bis grell

gefärbte Lippen während schlanke Finger mit langen kunstvoll

bemalten Nägeln aufreizend durch lockiges oder glattes Haar strichen.

Eine der Schönheiten glänzte mit einem bemalten Haupt,

weil sie keinerlei natürliche Kopfbehaarung aufwies. Im Hintergrund

bemerkte Stern die Anwesenheit dreier Männer, die sorgsam

den Eingang als auch die eintretenden Gäste im Auge behielten.

Bei ihnen musste es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um

das Sicherheitspersonal des Tempels handeln, das sich diskret um

jeden zahlungsunwilligen oder renitenten Gast kümmerte. Sie hatten

ihn sofort bemerkt, denn einer von ihnen nickte einer Person

in einem Nebenraum zu, den Stern von seinem Standpunkt aus

nicht einsehen konnte. Einen Moment später trat eine Frau mittleren

Alters heraus und kam auf ihn zu. Sie wirkte streng, woran ihr

glattes braunes Haar wesentlichen Anteil hatte. Der lange Zopf

reichte ihr dabei bis zum wohlgeformten Gesäß. Das erdfarbene

einteilige Gewand betonte die schlanke Figur und nahm ihr etwas

von der Strenge, die im Gesichtsausdruck zu erkennen war.

»Zu so später Stunde noch unterwegs, Kapitän?«, begrüßte sie

ihn höflich. »Mein Name ist Wu’Din, ich bin die Ma’domina des

Tempels. Was kann unser Haus für euch tun, Kapitän? Verlangt es

euch nach Entspannung und Unterhaltung oder habt ihr spezielle

Wünsche? Wir machen alles möglich was ihr wünscht, wenn es

sich im Rahmen menschlicher Zumutbarkeit bewegt.«

Mit einem freundlichen, fast sinnlichen Lächeln auf den Lippen,

wartete sie auf seine Antwort.

»In der Tat«, erwiderte Stern, der ebenfalls höflich zurücklächelte.

»Mir ist nach Unterhaltung, Wu’Din. Für die anderen Vergnügungen

benötige ich die Dienste des Tempels nicht. Doch sagt,

Mylady«, wobei Stern die gebräuchliche Anrede für eine vornehme

Dame benutzte, »ist die Inhaberin des Hauses, MayLi, anwesend?

Besteht zudem die Möglichkeit trotz der fortgeschrittenen

Stunde, noch mit ihr zu sprechen? Ich bin ein alter Freund und ich

denke, sie würde mich, so sie sich noch nicht zur Ruhe begeben

hat, sicherlich empfangen.«

»Natürlich ist Mylady MayLi noch wach, Kapitän. Sie ist die

Erste, die kommt und die Letzte, die sich zur Ruhe begibt, wie es

sich für eine gute Chefin gehört. Und ja, sie empfängt euch, weil

sie euer Kommen bereits erwartet. Über euer baldiges Erscheinen

hat sie mich bereits unterrichtet. Ich soll euch, sobald ihr unser

Haus betreten habt, in ihre Privatgemächer führen.«

Hieronymus Stern war gebührend beeindruckt wie gut der

Nachrichtendienst MayLi’s funktionierte und nickte nur zustimmend.

»Wenn ihr mir bitte folgen wollt, Kapitän«, bat die Ma’domina

höflich. Sich umdrehend schritt sie zur prunkvollen Treppe, um

Stern den Weg zu weisen. »Mylady hat ihre Räumlichkeiten im

obersten Stock, für einen Besuch müsst ihr euch leider etwas anstrengen.«

»Ich bin zwar nicht mehr der Jüngste, doch die paar Stufen

werde ich noch schaffen ohne ins Schnaufen zu geraten«, bemerkte

Stern scherzend, wobei er dem wohlgeformten Hinterteil in

dichtem, fast schon unziemlichen Abstand folgte. Irgendwie juckte

es den Kapitän, dieser kühl wirkenden Frau einen Klaps auf den

Hintern zu geben, doch mühsam beherrschte er diesen Anfall von

triebhaftem Verlangen.

»Mylady MayLi hat dieses Haus vor einigen Jahren komplett

neu eingerichtet, Kapitän. Wir verfügen nun über mehrere Dampfbäder

als auch geheizte Becken mit wohltemperiertem Wasser. Sie

sind mit exotischen Duftölen versehen, die eure Sinne mit atemraubenden

Eindrücken zu kitzeln vermögen. Unsere Massagedamen

werden gerühmt, so perfekt verstehen sie ihre Kunst. Sollte euch

einmal der Sinn nach neuen erotischen Genüssen stehen, Kapitän,

so seid ihr bei uns in den besten Händen. Was ich im wahrsten

Sinne des Wortes meine.«

Wu’Din musste über ihren Vortrag, der die Vorzüge des Hauses

der Freude so eindeutig hervorhob, selber schmunzeln. Sie drehte

sich kurz um und schaute Stern mit einem tiefen Blick in die

Augen, bevor sie weitersprach. »Und als Freund unserer Chefin

seid ihr unser Gast, der natürlich nicht zu zahlen braucht. Nur die

schönsten Damen des Hauses, mitunter sogar Mylady selbst oder

manchmal auch ich, kümmern sich um auserlesene Gäste, Kapitän Stern.«

»Sehr freundlich von euch, Wu’Din, ich fühle mich geehrt. Euer

Angebot weiß ich zu schätzen, Ma’domina. Sobald es meine Zeit

erlaubt, werde ich darauf zurückkommen, denn ihr habt eine Ausstrahlung,

die mich zutiefst beunruhigt. Allerdings fürchte ich,

werde ich meine Gefährtin mitbringen müssen. Sie ist zwar sehr

tolerant, doch andererseits auch wieder sehr, hmm … besitzergreifend.

Sie würde mir einen Ausflug ohne sie, vor allem in ein solch

vornehmes Haus wie diesem, wahrhaftig übel nehmen.«

»Oh, das macht überhaupt nichts, Kapitän. Wir sind auch auf

Paare und Gruppen eingerichtet. Eure Gefährtin ist jederzeit willkommen«, antwortete die Ma’domina, wobei etwas wie leichtes Bedauern in ihrer rauchigen Stimme mitschwang. Schließlich erreichten sie die oberste Etage, dort wo der Treppenaufgang in eine

großen Empore mündete, die von einem kostspielig gearbeiteten

Geländer gesäumt wurde. Dieses ermöglichte wiederum Einblick

auf die schräg versetzt darunter liegenden Galerien. Mehrere Türen

lagen in großen Abständen an der Frontseite. Doch ohne zu

zögern wandte sich Wu’Din nach rechts, wobei sie schnurstracks

auf einen der Einnge zuhielt. Leicht klopfte sie in einer auffälligen

Folge an die Tür. Unhörbar für Stern flüsterte sie einige

Worte durch den sich öffnenden Türspalt. Danach winkte sie den

Kapitän heran und schob in durch die Tür in den dahinter liegenden Raum.

»Hieronymus, du alter Pirat. Findest du endlich den Weg zu

deiner alten Waffenmeisterin und Bettgefährtin?!«

Ehe Hieronymus Stern sich versah, hing ihm eine schlanke,

schlitzäugige Schönheit am Hals. Freudig überrascht legte er seine

Arme um die attraktive Frau, die wie er, die alte Erde ihren

Heimatplaneten nannte. Von einem ihrer Volksstämme leiteten die

Pangäer ihre Urahnen ab als sie vor Jahrtausenden die Erde verließen,

um sich eine neue Heimat zu suchen. Die gemeinsame Herkunft

MayLi’s und der Schamanin kam in ihrer ganzen Erscheinung

zum Ausdruck. Nachdem Hieronymus Stern die Umarmung ausgiebig

genossen hatte, schob er MayLi auf Armeslänge von sich,

wobei er die einstige Geliebte mit Wohlgefallen betrachtete.

Sie hatte sich kaum verändert, im Gegenteil, vor ihm stand eine

Frau in den besten Jahren ihrer weiblichen Schönheit. Sie strahlte

eine Sinnlichkeit aus, die einen Mann einfach umwerfen musste.

Inzwischen musste sie um Mitte Dreißig sein, davon hatte sie zehn

Jahre an Bord des Sternenteufel verbracht, wo sie mehrere Jahre

lang die verantwortliche Waffenmeisterin gewesen war. Und sie

hatte sein Bett geteilt, bevor sie vor acht Jahren, zu seinem großen

Leidwesen, das Schiff verließ. Sie war klein, denn sie reichte

ihm mit ihren fünfeinviertel Fuß gerade bis zum Hals. Strahlend

blaue Augen blickten aus einem zarten Gesicht, deren weiblichen

Züge von der fein geschnittenen Nase sowie den ebenso zierlichen

Ohren betont wurden. Lange pechschwarze Haare fielen glatt

über den Rücken. Sie schmückten MayLi mehr als die sicherlich

kostbare Perlenkette, die sie um ihren Hals trug. Ein leichtes fast

durchscheinend wirkendes seidiges Gewand umhüllte den grazilen

Körper, wobei der kleine, jedoch fest hervorstehende Busen den

Betrachter reizte und zu sinnlichen Gedanken verführte.

»Na du alter Lüstling, genug gesehen? Du solltest ja noch alles

in sehr guter Erinnerung haben, Hieronymus. Schließlich haben

wir Schiff und Bett geteilt«, lächelte MayLi wehmutsvoll. Dabei

benutzte sie sofort die vertraulichste Anrede, wie sie zwischen

intimen Partnern üblich war. »Inzwischen hast du dich getröstet

und dir sogar blaues Blut ins Bett geholt, mein Lieber. Es

freut mich, dass du über unsere Trennung hinweggekommen bist,

Hieronymus – wirklich. Auch mir hat es damals fast das Herz

gebrochen, doch es war das Beste für uns beide.«

Sie führte ihren Gast zu einer kleinen Sitzgruppe, wo sie zwei

Gläser mit rotem Wein füllte. Ungern erinnerte sich Stern an diese

Zeit des Abschieds. Es hatte damals fast eine Meuterei an Bord

gegeben als MayLi das Schiff verlassen hatte, denn sie war bei

der Mannschaft ungemein beliebt gewesen. Sie hatte sich in einen

reichen Nabob verliebt, der sie heftig umwarb und unbedingt heiraten

wollte. Schließlich gab sie seinem Werben nach und folgte

ihm in seine Heimat. So hatten sich ihre Wege damals getrennt,

eine schmerzhafte Erfahrung für sie beide.

»Komm, setz dich, Hieronymus. Erzähl, was dich hierher geführt

hat. Wie du vielleicht schon gehört hast, habe ich mich hier

beruflich etabliert und das mit einigem Erfolg wie ich nicht ohne

Stolz betonen möchte. Es war durchaus nicht leicht für mich,

nachdem meine Ehe nach einigen Jahren scheiterte. Ich musste

nicht nur die Stadt sondern auch den Planeten verlassen.«

Hieronymus Stern schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, May,

dass war mir nicht bekannt. Du musst mir davon bei Gelegenheit

erzählen, vielleicht, wenn ich dir Aurelia vorstelle. Sie ist ganz versessen

auf solche Geschichten und interessiert sich für alles, was

mit meiner Vergangenheit zu tun hat«.Damit deutete er ein baldiges

Wiedersehen an. »Es ist schon spät und ich muss noch etwas

Schlaf bekommen, denn morgen steht mir ein harter Tag bevor. Es

tut sich Unheimliches in dieser Stadt, daher wollte ich dich fragen,

ob ich mit deiner Unterstützung rechnen kann?«

MayLi lächelte kaum merklich, wobei das leichte Kräuseln ihrer

Nase einfach entzückend aussah. »Mein Lieber, ich unterhalte

nicht umsonst einen Tempel der Freude. Wüsste ich nicht die Möglichkeiten

zu nutzen, die sich daraus ergeben, hätte ich meinen Verstand

verloren. Hier kann ich mehr erfahren als die Folterknechte am Hofe eines

Tyrannen aus ihren Opfern herausquälen können.

Männer …, sie sind so geschwätzig, wenn sie von den Freuden der Lust

umfangen sind. Es bedarf nur leichter Anstöße, um zu erfahren, was man

wissen möchte. Ich habe längst mitbekommen, dass sich etwas Gefährliches

in Fuxina zusammenbraut, mein Lieber. Mir fehlt allerdings das Gesamtbild.

Es sind nur Einzelteile, kleine Fragmente eines größeren Ganzen, die ich bisher zusammengetragen habe. Vielleicht kannst du mehr damit anfangen.«

Bei diesen Worten hob sie ihr Glas und trank einen kleinen

Schluck. Stern war hocherfreut, dass seine ehemalige Geliebte ihm

immer noch so gewogen war. Sie war mehr als bereit, ihn zu unterstützen,

fragte sich nur, zu welchem Preis.

»Vermisst du einen wichtigen Gegenstand, Hieronymus?«, fragte

MayLi mit einem listigen Augenaufschlag.

»Allerdings, May, wie kommst du jetzt darauf ?«, fragte Stern

und zog, seinerseits überrascht, die Stirn in Falten.

»Nun …, letzte Nacht hatte eines meiner Mädchen einen Gast.

Einen hiesigen Rotrock, der an höherer Stelle im örtlichen Tempel

seinen Dienst verrichtet. Eigentlich ist unser Haus für Mitglieder

der Sekte zu vornehm, jedoch habe ich mit der Tempelleitung

Sonderkonditionen vereinbart. Ich wusste, irgendwann würde es

zu etwas nütze sein, diese Brut hierher zu locken. Nun ja, dieser

Rotrock war ziemlich …, sagen wir mal, redselig. Er brüstete sich

ausschweifend über eine gelungene Aktion gegen einen Feind des

Tempels. Wie du weißt, Hieronymus, sind offene Feindseligkeiten

auf Alurien, ganz speziell hier in Fuxina untersagt. Die Gilde

achtet sehr auf die Einhaltung ihrer Regeln. Doch heimliche Diebstähle

zählen anscheinend nicht dazu. Jedenfalls soll ein gedungener

Meisterdieb mithilfe eines Verräters einen wertvollen Gegenstand

von Bord dieses Schiffes gestohlen haben. Rate mal, welches

Schiff er wohl meinte, mein Lieber?«

MayLi gluckste vor Vergnügen als sie die großen Augen ihres

ehemaligen Kapitäns sah. »Genau, mein Pirat, von deinem Schiff

reden wir. Der Rotrock schwatzte und schwatzte weiter, dabei

plauderte er aus, dass der Dieb den Gegenstand vergraben hatte.

Nach Angabe dieser Quelle, soll die Übergabe morgen Abend

stattfinden. Irgendein hohes Tier des Tempels wird wohl eintreffen,

um diesen Artefakt in Empfang zu nehmen.«

Hieronymus Stern war wie vor den Kopf geschlagen, denn genau

diese Vermutung hatte er durch den Bericht der Pangäerin

selbst gehabt. Nur, dass er nicht an einen Verräter innerhalb der

Mannschaft gedacht hatte, doch diesen Darq würde er schon ausfindig

machen. Nun bestand große Hoffnung, dass er das Sehende

Auge noch vor den Dieben und der geplanten Übergabe wieder an

sich bringen konnte.

»Du bestätigst mir, was ich von einer Bekannten heute gehörte

habe, May. Dieser Gegenstand ist von äußerster Wichtigkeit, daher

muss ich morgen rechtzeitig dort sein, um ihn mir wieder zu holen.«

»Es gibt noch einige andere seltsamere Gerüchte, die ich dir

mitteilen möchte, Hieronymus. Doch dafür verbleibt kaum Zeit,

denn die Nacht ist schon weit vorangerückt. So wie du aussiehst,

brauchst du Schlaf und der Weg zu deinem Schiff dauert recht

lang. Ich mache dir einen Vorschlag, mein Lieber. Du bleibst heute

Nacht bei mir und hörst dir noch einige von den Gerüchten an.

Dann findest du noch genug Schlaf, um morgen Vormittag ausgeruht

deinen Plan zu verfolgen. Was hältst du davon?«

Erwartungsvoll blickte MayLi ihren ehemaligen Geliebten an.

»Gerne würde ich das Bett mit dir teilen, MayLi. Doch ich

möchte nicht das Aurelia deine Feindin wird, daher kann ich dein

Angebot nicht annehmen.«

»Dummkopf«, erwiderte MayLi kopfschüttelnd, »ich will doch

nicht das Bett mit dir teilen, um unsere alte Leidenschaft wieder

aufzuwärmen, du Lüstling. Obwohl ich nichts dagegen einzuwenden

hätte. Es war immer schön mit dir, du hast stets einen guten

Liebhaber abgegeben, mein Lieber. Was natürlich überwiegend an

meiner leidenschaftlichen Natur liegt, wie ich betonen möchte.

Nein …, du sollst im Gästezimmer meines Hauses nächtigen. Ein

spezieller Trunk wird dich so tief schlafen lassen, dass du meinst,

eine ganze Nacht geruht zu haben. Ich habe einen guten Draht zu

unserer Kräuterhexe Lucretia. Sie mischt und braut hervorragende

Tränke, darauf kannst du voll vertrauen. Am Morgen, bevor du

mich verlässt, wirst du noch ein ausgezeichnetes Frühstück bekommen,

damit du richtig bei Kräften bist. Deine Aurelia werden wir

mit einem Botenwiesel benachrichtigen, damit sie nicht in Unruhe

verfällt und weiß, wo du dich aufhältst. Wer weiß, vielleicht hat sie

ja mal Lust, für mich zu arbeiten«, setzte die Herrin des Tempels

noch einen Scherz hinterher.

Hieronymus Stern überlegte nicht lange, denn seine Müdigkeit

wurde immer stärker, woran der genossene Rotwein einen gehörigen

Anteil hatte. »Einverstanden, May, ich werde gleich einen

Boten schicken. Du erzählst mir in der Zwischenzeit solange ich

noch die Augen aufhalten kann, was es noch an Gerüchten gibt,

die mit den aufkommenden Unruhen in Zusammenhang stehen.

Jede Information könnte von Wichtigkeit sein, vor allem wenn sie

unseren gemeinsamen Freund Rotrock betreffen.«

»Genau so werden wir es machen, Hieronymus, während du es

dir an meinem Busen kuschelig gemütlich machst, erzähle ich dir

einige echte Anekdoten aus den Zimmern unseres Hauses. Und

glaube mir, mein Lieber, dir werden die Augen übergehen. Du

wirst deine Müdigkeit vergessen, wenn du hörst, was ich dir zu berichten

habe«, machte MayLi dem Piratenkapitän Lust auf mehr.

»Hmm …, ich will dich nicht kränken, May, doch in Sachen

Brust hat Aurelia etwas mehr Kuschelfaktor zu bieten«, lästerte

Hieronymus Stern verschmitzt über das Angebot und bereitete

sich innerlich auf eine unterhaltsame Nacht vor. Die weit gereiste

MayLi konnte sehr ausführlich und anschaulich berichten. Dabei

war sie zugleich eine köstliche Augenweide in ihrem erotischen

Gewand, das kaum etwas verbarg und die Phantasie zum Glühen

brachte. Und bei Neptun, MayLi konnte ein Vulkan der Lust sein.

Alte Erinnerungen drangen aus der Tiefe des Unterbewusstsein

empor, in denen sich Bilder und Empfindungen der damaligen

Zeit zu einer köstlichen Sinfonie vereinten.

Das Magische Universum

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