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Das Sehende Auge

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Zeit: Gegenwart

Koordinate: Fuxina


Der Morgen war noch jung als Hieronymus Stern bereits wieder

unterwegs war. Seine alte, jedoch in den besten Jahren stehende,

ehemalige Waffenmeisterin und Geliebte MayLi entsandte ihn mit

einem wirkungsvollen Schlaftrunk ins Reich der Träume. So war er

nach nur wenigen Stunden erholt aus den fernen Gefilden jenseitiger

Welten aufgewacht. Ein kräftiges Frühstück vermochte seinen

knurrenden Magen zu besänftigen und eilig verabschiedete sich

Stern mit einer innigen Umarmung von der bezaubernden MayLi.

Wieder hingen die allgegenwärtigen Bettelkinder an seinen Stiefeln.

Sie baten und jammerten wie immer um eine milde Gabe.

Hartnäckig waren sie und verfolgten ihn wie die Beutelratten von

Vegus ihre Beute, den hüpfenden Fischen des ladoganischen Meeres.

Auch diesmal hatte Stern eine Handvoll Silberlinge für die

Ärmsten der Armen übrig, die er großzügig und unter freudigem

Gejohle der schmutzigen Bande verteilte. Ein wenig abseits der

ganzen Schar bemerkte Stern ein kleines Mädchen, dass ungefähr

acht Jahre zählen mochte. Sie hatte lange, verfilzte dunkle Haare

sowie große runde und traurig dreinblickende Augen. Stets hielt

sie sich etwas im Hintergrund. So, als scheue sie das große Gedränge

ihrer Gassenfreunde. Doch immer gaben ihr die anderen

Kinder einen Teil der erbettelten Gaben ab. Der Kapitän wandte

sich um und schritt auf das Kind zu.

»Wie heißt du, Kleine?«, fragte Hieronymus Stern mit sanfter

Stimme. Dabei ging er in die Knie, damit sein Gesicht auf Augenhöhe

mit dem ihren war. »Hab keine Angst, ich sehe zwar zum

Fürchten aus, doch nur böse Menschen müssen sich vor mir hüten.

Niemals jedoch ein Kind, schon gar nicht eine so kleine Elfe wie

du es bist.«

»Maike werde ich gerufen«, flüsterte sie mit ihrem zarten Stimmchen.

»Ich hab keine Angst vor euch, Mylord. Meine Mutter sagt,

dass ihr kein böser Mensch seid, weil ihr immer etwas Gutes für

uns Kinder tut.«

»So, so«, murmelte Stern leicht verlegen. »Sagt deine Mutter

das, Maike? Nun gut, dann soll sie wohl recht behalten. Doch warum

kommst du dann nicht näher, wie die anderen Kinder auch?«

»Sie sind größer und schneller als ich. Schau, mein Bein ist verletzt,

ich kann nicht so schnell laufen wie die anderen.« Bei diesen

Worten streckte die Kleine ihr rechtes Bein unter dem zerlumpten

Röckchen empor und zeigte dem Kapitän eine nicht verheilte und

schwärende Wunde am Oberschenkel, die immer noch Wundplasma

absonderte.

»Oh …, das sieht aber übel aus, wie hast du die denn bekommen,

Maike?«, fragte Hieronymus Stern das traurig schauende Mädchen.

»Der Greuliche Johann vom Fiesling hat mich beim Wühlen in der

Abfalltonne erwischt. Ich suchte gerade mit anderen Kindern nach

essbaren Resten, die dort immer hineingeworfen werden. Die nette

Frau, die dort arbeitet, gibt uns manchmal was. Ich habe doch immer

Hunger und meine Mutter auch«, berichtete sie verlegen dem

immer finsterer dreinblickenden Kapitän. »Dann hat er uns verjagt

und ein böses Tier hinter uns hergehetzt. Es hat mich erwischt und

dabei ins Bein gebissen. Seither schmerzt es mich und will nicht

mehr richtig heilen. Doch für Medizin fehlt meiner Mutter das

Geld, darum ist es immer noch nicht heil.«

Heißer Zorn brodelte in Hieronymus Stern hoch, so sehr erregte

ihn diese Ungerechtigkeit. Er konnte gnadenlos im Umgang mit

seinen Feinden sein, doch den Schwachen, vor allem den Kindern,

stand er stets zur Seite, wenn es galt, Unrecht zu verhüten oder

nachträglich zu strafen. Für diese Untat würde er den Greulichen

Johann zur Rechenschaft ziehen, das schwor er innerlich. Tief in

sich spürte er eine eiskalte Wut aufsteigen, die von längerer Dauer

sein würde als kurzfristig aufflammender Zorn.

»Weißt du was, Maike, ich habe zwar nicht viel Zeit, doch wir

gehen jetzt zu deiner Mutter. Ich werde ihr sagen, wie sie dir helfen

kann.« Hieronymus Stern nahm die schüchtern emporgestreckte

schmächtige Hand des Mädchens in seine große Pranke und zusammen

machten sie sich auf den Weg zur Hütte, in der Maike

mit ihrer Mutter lebte. Nach kurzer Zeit hatten sie den großen

Marktplatz verlassen. Bald darauf näherten sie sich dem Armenviertel

Fuxinas. Abbruchreife Hütten drückten sich den schrägen

Hang entlang. Sie waren nur notdürftig mit Dächern aus astigem

Holz oder Blättern der Windpalme gegen Regen geschützt. Mit

Fell verhangene Fensteröffnungen, löcherige Wände und schief in

den Angeln hängende Türen ließen die Armut der Bewohner dieses

Slums deutlich sichtbar werden.

Übel stinkende Abwässer flossen in mehr oder weniger großen

Rinnsalen zu einem Graben hinab, der nahe am Viertel vorbeiführte.

Die Nase des Kapitäns war beileibe nicht empfindlich, denn zu

oft hatte Stern Blut und Angst sowie Schweiß und Erbrochenes

riechen müssen, wenn sie im Kampf gegen Feinde standen. Seine

Mannschaft konnte oder wollte nicht immer ausreichend Körperpflege

betreiben und daher roch es auf seinem Piratenschiff

manchmal nicht besser wie in diesem Viertel, wo die Ärmsten der

Armen ihr Dasein fristeten. Heftig zog ihn das Mädchen auf eine

kleine windschiefe Hütte zu, wo aus einem krummen schornsteinähnlichen

Rohr dunkler Rauch in den Himmel stieg. Schummriges

Licht von einem offen brennenden Herdfeuer erhellte notdürftig

einen fensterlosen Raum, dessen Fußboden aus festgestampftem

Lehm bestand. In einer der Ecken befand sich ein einfaches Schlaflager

bestehend aus einem groben Holzgestell, worauf man Säcke

geworfen hatte, die wahrscheinlich mit Stroh und Blätter gefüllt

waren. Ein paar schmuddelige Decken unbekannter Zusammensetzung

dienten den Schläfern als Zudecke gegen Zugluft und

Kälte, die es dank des milden Klimas jedoch nur selten gab. Die

andere Ecke des Raumes wurde von einem dreibeinigen Tisch eingenommen,

der sicher auf seinen abstehenden Holzbeinen stand.

Um ihn herum gruppierten sich drei ebenso breitbeinige Stühle,

die bereits vom bloßen Anschauen ins Wackeln gerieten. Insgesamt

spiegelte der Raum die Ärmlichkeit seiner Bewohner wieder.

Fortunas Kinder waren es sicherlich nicht, erkannte Stern mit innerer Anteilnahme.

Nicht umsonst stammte ein großer Teil seiner

Mannschaft aus solchen Verhältnissen, wobei man ihnen nicht verdenken

konnte, dass sie diesem Elend zu entkommen suchten.

Wenigstens konnten sie hier existieren und hatten ein Dach

über dem Kopf. Doch immer waren sie von abgrundtiefer Armut

und ständigem Hunger bedroht. Neptun sei Dank, war die Mildtätigkeit

der wohlhabenden Einwohner Fuxinas groß genug, um

wenigstens das nackte Überleben zu sichern.

Auf soviel Güte konnte Hieronymus Stern nicht zählen. Er hatte

sich soweit er sich erinnern konnte immer gegen Willkür und

Ungerechtigkeit behaupten müssen. Dabei hatte er viel Böses erlebt

und zu häufig Kämpfe geführt, in denen er einigen Mächtigen

auf die Füße getreten hatte. Daher konnte er kaum erwarten, ein

Leben in Frieden und Geruhsamkeit zu führen. Nun, dass war jetzt

nicht von Belang. Doch es lag ihm sehr am Herzen, der kleinen

und so traurig schauenden Maike zu helfen. Außerdem gedachte

er, dem Wirt des Fiesling eine deftige als auch heilsame Lektion zu

erteilen. Das schmale helle Rechteck der Tür verdunkelte sich ein

wenig als eine schlanke jedoch verhärmt wirkende Gestalt eintrat.

»Mutter, Mutter«, rief die Kleine. »Schau, wen ich mitgebracht

habe. Es ist Kapitän Stern, der Pirat, der nur ein Auge hat. Von

dem du mir immer so viele Geschichten erzählst!« Begeistert hüpfte

die kleine Maike auf ihrem gesunden Bein auf und ab, um dann

ihre Mutter zum Kapitän hinüberzuziehen.

Misstrauisch trat die Frau in die Mitte des Raumes. Sie mochte

mittleren Alters sein oder war bereits in frühen Jahren vorzeitig

gealtert. Mit einem scharfen durchdringenden Blick beäugte sie

den vor ihr stehenden Piratenkapitän.

»Seid ihr es wirklich? Der Pirat Stern, der bekannte Kapitän des

Sternenteufel?«, erkundigte sie sich nach einem langen Moment

der Stille mit rauer Stimme.

»So ist es, gute Frau. Habt keine Angst, ich führe nichts Böses

im Schilde. Eure Tochter Maike traf mich auf dem Marktplatz.

Dabei kamen wir in ein kleines Gespräch und als Ergebnis dieser

Plauderei bin ich ihr gefolgt. Somit stehe ich nun vor euch, weil ich

eurer Tochter helfen möchte.« Mit sanfter einfühlsamer Stimme

versuchte Hieronymus Stern die Frau zu beruhigen, da sie ihm

erkennbar wenig Vertrauen entgegenbrachte.

»Mein Name ist Jeanny. Damit ihr es gleich wisst, Kapitän, ich

bin eine verstoßene Dschinn, vom Volk der Flaschengeister. Geächtet

und gejagt von üblen Wesen, muss ich mich hier mit meiner

kranken Tochter verbergen. Was wollt ihr von mir? Seid ihr im

Auftrag irgendwelcher Häscher unterwegs oder ist ein Kopfgeld

auf mich ausgesetzt? Manche Schurken machen sich ein Vergnügen

daraus, unsereins zu jagen, um uns dann an Sklavenhändler zu

verkaufen.«

Ungeachtet ihrer schwächlichen Verfassung richtete sich die

Frau voller Stolz auf wobei sie den Piratenkapitän herausfordernd

anblickte. Hieronymus Stern hatte ihren kläglichen Zustand wohl

bemerkt, doch nun horchte er auf. Eine leibhaftige Dschinn, das

war wirklich erstaunlich. Diese seltene Spezies, fleischgewordene

Brut von ehemaligen Flaschengeistern, konnte sich dereinst im

Einflussgebiet des Tempels Die Heiligen der letzten Tage niedergelassen.

Sie wurden still geduldet, doch nutzte man sie in der Regel für

niedrigste Arbeiten aus. Oft genug betrog man sie dabei um den

erbärmlichen Lohn, den sie hierfür erhalten sollten. Nirgendwo

waren sie richtig erwünscht und wo sie auch lebten, mussten sie ein

kümmerliches, geradezu kärgliches Dasein fristen.

»Verehrte Jeanny, ich bin selbst ein Geächteter. Piraten werden

gefürchtet, jedoch selten geachtet. Doch hier, in Alurien, respektiert

man mich, denn ich verfüge über nicht unerhebliche magische

Kräfte. Außerdem über ein Schiff mit einer teuflischen Mannschaft

verwegener Männer und Frauen. Daher haben sie genug

Angst vor uns, um uns in Ruhe zu lassen. Man gewährt uns, gemäß

den Gesetzen der Wächtergilde, Aufenthaltsrecht, Versorgung

und Teilnahme an den JIXX-Spielen. Wie ihr sicherlich wisst, stehen

Teilnehmer des Spiels grundsätzlich unter dem besonderen

Schutz der Gilde. Wer sich an die hiesigen Gesetze hält, braucht

normalerweise nichts zu fürchten. Und nein, ich bin in niemandes

Auftrag unterwegs sondern komme aus eigenem Willen zu euch.

Ihr könnt gewiss sein, ich hege keinerlei böse Absichten, eher das

Gegenteil ist der Fall.«

»Was also führt euch zu mir, Kapitän, zu einer armen und einsam

gewordenen Dschinn?«, erkundigte sich Jeanny mit hochgezogener

Augenbraue. »Ich besitze nichts, was für euch von Interesse

sein dürfte, daher kann ich mir nicht vorstellen, dass ich euch

überhaupt irgendwie von Nutzen sein könnte. Oder habt ihr etwas

mit meinem Kind vor?« Beunruhigt umklammerte sie die Hand

ihrer Tochter.

»Nun, Jeanny, habt keine Angst. Eure kleine Maike erinnert

mich nur an jemanden, den ich gut kannte. Wo ich einstmals eine

gute Tat hätte vollbringen können, ja sogar müssen. Leider war es

mir nicht gelungen, dieses wohltätige Werk zu vollenden. Daher

möchte ich etwas für die kleine Maike tun. Versteht es als eine Art

Wiedergutmachung für etwas in der Vergangenheit Versäumtes.

Auch Piraten verfügen über ein Gewissen, manchmal jedenfalls.

Somit könnte ich diesem ewig pochenden Störenfried ein wenig

Linderung verschaffen, wenn ihr versteht, was ich meine. Etwas,

dass eure, gewiss aber ihre Zukunft in eine bessere Zeit führen

wird. Ich habe im Geheimen Hafen von Fuxina mein Schiff vor

Anker liegen. An Bord befindet sich mein Schiffsmedicus, einer

der Besten, den ich je kennenlernen durfte. Sie ist eine Meisterin

ihres Fachs und verfügt darüber hinaus auch über magische Fähigkeiten

der Heilung. Lasst es zu, dass sie eure Tochter untersucht.

Ich bin mir sicher, dass sie ihr krankes Bein heilen wird. Ihr würdet

mir eine große Freude damit machen«, brummte Stern ein wenig

verlegen.

»Warum solltet ihr das tun, Kapitän? Nur, um euer Gewissen

zu beruhigen? Das kann ich euch nicht glauben, denn niemand

vergibt Wohltaten ohne Hintergedanken. Es sei, er ist Angehöriger

der Bruderschaft des Lichts. Ihr kennt uns nicht und außerdem kann

ich euch diese Gefälligkeit nicht vergelten oder sonst irgendwie

bezahlen, so gerne ich meine Tochter auch gesund sehen möchte!«

Fast inbrünstig stieß die Dschinn diese Worte hervor, deren Heftigkeit

Unglaube und Hoffnung gleichzeitig enthielten.

»Ihr braucht nichts bezahlen, Jeanny. Gute Taten erhöhen die

magischen Kräfte, so heißt es unter Magiern, das allein wäre mir

schon Lohn genug. Doch da fällt mir ein, dass ihr mir vielleicht

doch eine Gefälligkeit erweisen könntet. Oder zumindest mit einer

Auskunft dienen, wenn es euch möglich ist. Manchmal gibt es ja

die unglaublichsten Zufälle. Ich glaube zwar nicht, dass ihr mir

weiterhelfen könnt, doch das Schicksal hat mich sicherlich nicht

ohne Grund in eure Hütte geführt«, orakelte Hieronymus Stern

ahnungsvoll.

»Wenn ich euch irgendwie helfen kann, werde ich es mit Freuden

tun«, entfuhr es der überraschten Dschinn. »Und wenn ihr

mein Kind heilen könnt, werde ich alles in meinen Kräften stehende

versuchen, euch zu Diensten zu sein, wenn es nicht gegen hiesige

Gesetzte verstößt«, schränkte sie ihre Zusage noch im gleichen

Atemzug ein.

»Nein, nicht zu Diensten sollt ihr mir sein. Nur um eine ehrliche

Auskunft nach bestem Wissen möchte ich euch bitten, Jeanny.

Kennt ihr die Fee Mondlicht und ihren Gefährten, den Barden

Clovis?«, erkundigte sich Hieronymus Stern mit vorsichtiger Stimme.

»Hmm …, ich vertraue eurem Wort, Kapitän. Ihr macht trotz

eurer furchterregenden Erscheinung einen glaubhaften und ehrlichen

Eindruck. Eure Stimme klingt angenehm und vertrauenswürdig.

Und ihr wollt meinem Kind helfen, was habe ich schon

zu verlieren«, dabei streifte ein hoffnungsvoller Blick zu ihrer aufmerksam

lauschenden Tochter.

»Sobald unser Gespräch beendet ist und ihr Zeit findet, geht

mit Maike sowie einer Mitteilung von mir zum Hafen, um euch an

Bord des Sternenteufel zu melden. Verlangt meinen ersten Offizier

Grimmbart. Ihm überreicht ihr die Nachricht, die ich euch mitgebe.

Er wird alles weitere veranlassen und euch zum Medicus Doc Merith bringen.«

»Ja, Kapitän, so werde ich es machen. Und um auf eure Frage

zurückzukommen – ja, ich kenne Mondlicht als auch Clovis aus

meiner Zeit im Reich Die Heiligen der letzten Tage. Nur mit Hilfe der

Fee, die von ihrer Vorgängerin als Schamanin geweiht wurde, kann

man die geheimen Orte der Pangäer betreten. Normalsterblichen

ist der Zutritt verborgen, sogar streng verboten. Doch als ich in

großer Not und Gefahr war, hat sich der Barde Clovis mir und

meiner Maike angenommen. Er hat uns gerettet, denn seiner magischen

Musik ist es zu verdanken, dass wir noch am Leben sind.

Wir Dschinn werden von dunklen Mächten gejagt, weil wir über

gewisse magische Fähigkeiten verfügen. Nicht zu vergleichen mit

denen unserer Erschaffer, den Flaschengeistern. Jedoch haben sie

uns mit der Gabe des großen Findezaubers ausgestattet. Wo immer

wir waren, sollten wir in der Lage sein, unsere Schöpfer zu finden.

Es gibt nur noch wenige von uns. Vielleicht sind Maike und ich

die letzten unserer Art, jedenfalls auf Joy, ich weiß es nicht. Meine

Tochter wird wahrscheinlich nie einen männlichen Gefährten ihrer

Rasse finden. Sie kann daher niemals Kinder haben, denn mit normalen

Menschen können wir keinen Nachwuchs zeugen. Unsere

Art wäre damit ausgestorben, wenn wir nicht unsere Erschaffer

ausfindig machen, die allein für den Fortbestand unseres Volkes

sorgen könnten. Ich bin auf der Suche nach den letzten meiner

Rasse und wäre dankbar, wenn ihr oder irgendjemand anderer, mir

Hinweise auf ihren Verbleib geben könnte. Leider wirkt der Findezauber

bei dieser Suche nicht oder es gibt niemanden mehr, den er zu finden vermag.«

Hieronymus Stern war fassungslos. Da suchte er verzweifelt

nach einem Magier oder Alchemisten, der ihm mit einem großen

Findezauber helfen konnte, die magische Kristallkugel zu finden.

Und plötzlich stand vor ihm diese hochgewachsene blonde Frau,

die über eben diese Fähigkeit verfügte, um aus einer Vermutung

Gewissheit werden zu lassen.

»Jeanny, ich sehe da eine Möglichkeit, wie ihr eure Dankbarkeit

für eine Heilung Maikes ausdrücken könntet. Wir beide kommen

ins Geschäft. Lasst uns in Ruhe bei einem Glas guten Rotwein darüber

reden, es wird euer Schaden nicht sein. Nicht nur Heilung für

eure Tochter Maike kann ich euch bieten sondern darüber hinaus

genug Silberlinge, damit ihr ein besseres Leben führen könnt.«

»Wirklich, Kapitän, ihr spasst nicht mit mir?« Der Dschinn

rannen ein paar grünlich leuchtende Perlen der Freude aus den

Augenwinkeln. »Sollte unser kümmerliches Dasein tatsächlich ein

Ende haben? Ich kann es kaum glauben. Doch es gibt da noch ein

kleines Problem, Kapitän Stern. Wenn ihr gedenkt, meine Fähigkeit des

Findezaubers für eure Interessen einzusetzen, so muss ich

euch warnen. Wir selbst können diesen Zauber nicht zum Zwecke

der eigenen Bereicherung nutzen, weil uns von den Flaschengeistern

eine Art geistige Sperre eingebaut worden ist. Sie wollten

damit wohl einen Missbrauch verhindern. Zwar können wir für

Menschen, die über eine ausreichend großes Flair verfügen, diesen

Zauber anwenden. Jedoch vermag ich nicht festzustellen, ob dieser

jemand dafür geeignet ist. Wenn seine Flairaura zu schwach oder

überhaupt nicht vorhanden ist, verwandelt sich der Zauberspruch

in einen Bann für den Auftraggeber, in diesem Fall also euch. Er

zwingt euch in den Dienst der Flaschengeister. Es kann also geschehen,

Kapitän, dass ihr euch in einer Flasche wiederfindet.«

Hieronymus Stern überlegte einen sehr langen Moment. »Reizende

Geschöpfe, diese Flaschengeister, immer einen zweideutigen

Scherz in der Hinterhand. Doch dieses Risiko werde ich eingehen,

Jeanny. Ich denke, dass meine Aura den Anforderungen genügen

wird, denn ich bin Träger eines zauberischen Artefakts, das mich

mit ausreichend magischem Flair versorgt oder zumindest warnt,

wenn mir Gefahr droht Ihr müsst mir noch einiges von der Fee

berichten, Jeanny. Erzählt mir alles, was ihr über Mondlicht und

Clovis sonst noch berichten könnt. Seid unbesorgt, ich bin ein

Freund der beiden und plane nichts von Übel. Trotzdem möchte

ich gerne wissen, was die beiden hierher verschlagen hat. Also wird

mir alles, was ihr mir erzählen könnt, dabei helfen, es besser zu

verstehen.«

Hieronymus Stern plante bereits weiter, denn er hatte sowieso

vorgehabt, der Fee und ihren Gefährten davon zu unterrichten,

wie er in den Besitz der geheimnisvollen Kristallkugel gekommen

war, um möglichen Streit über dessen Eigentumsrechte vorzubeugen.

Sagenhafte Mythen rankten sich um dieses wundersame

Artefakt. Niemals befand es sich lange im Besitz eines einzelnen

Menschen oder fremdrassigen Wesens, denn immer wieder war es

nach einiger Zeit auf geheimnisvolle Weise verschwunden. Kaum

ein mächtiger Herrscher bekam jemals eines dieser Artefakte zu

Gesicht, geschweige denn in seinen Besitz. Niemand vermochte

zu sagen, wie viele von diesen Augen überhaupt existierten. Sie

verfügten, so schien es, über so etwas wie ein Eigenleben und suchten

sich immer wieder neue Orte, wo sie sich über Hunderte, ja

manchmal über Tausende von Jahren vor den Augen sterblicher

Wesen verbargen. Nur alle paar Epochen innerhalb einer Ära ließ

sich eines oder zwei von ihnen aufspüren und verführten seinen

Finder, es zu nutzen. Dem Unkundigen raubten sie die Seele, hieß

es. Und dem Wissenden öffneten sie ihre magische Schatztruhe,

wurde behauptet. Doch selbst dies nur für eine begrenzte Zeit,

denn die Zahl der Einblicke, sozusagen die Menge der Wünsche,

war durch magische Weise auf einige wenige beschränkt. Wie viele

genau, wusste niemand im voraus zu sagen. Es gab zwar historische

Aufzeichnungen, die von Funden eines Sehenden Auges berichteten,

doch war es schwierig, den Weg zu verfolgen, da sie nach einiger

Zeit immer wieder verschwanden.

Selbst der vorübergehende Besitz eines Sehenden Auges war sowohl

Fluch als Segen zugleich. Doch Hieronymus Stern gedachte den

Segen zu nutzen ohne vom Fluch des Verderbens getroffen zu werden.

Nach diesem Ausflug in seine Erinnerung kehrte Stern zurück

zu seinem Anliegen. Er setzte sich an den dreibeinigen Tisch

und holte eine Flasche Rotwein aus der ledernen Reisetasche, die

er stets locker an einem Schulterriemen hängend mit sich trug. Es

würde sicher ein langes Gespräch werden, wo eine Flasche Wein

gerade reichen mochte, die Dschinn in gelöste Stimmung zu bringen,

um ihre Zunge nachhaltig zu lockern.

Kurz bevor die zwölfte Stunde schlug, verabschiedete sich Hieronymus

Stern eilig von Jeanny. Die kleine Maike schlief längst mit

einem seligen lächeln im Gesicht auf ihrer, mit Stroh gepolsterten

Schlafstatt. Mit leichter Verspätung machte er sich auf den Weg

zur Hütte der Fee. Auf dem schmalen Pfad schritt er geschwind

voran, um noch einigermaßen pünktlich zur Stelle zu sein. Etwas

beschwingter als sonst war sein Gang, denn er hatte doch reichlich

vom vorzüglichen Rotwein genossen. Doch, so stellte er zufrieden

fest, der Einsatz hatte sich gelohnt.

Die Dschinn hatte den magischen Findezauber ausgeübt und

ihm verraten, wo das gesuchte Sehende Auge verborgen lag. Stern

konnte sich einer nervösen Anspannung nicht erwehren. Jedoch,

Neptun sei gepriesen, fand er sich nicht in einer Weinflasche wieder,

sondern hatte nur den Inhalt von zwei Flaschen gemeinsam

mit Jeanny geleert. Jetzt näherte er sich vorsichtig dem riesigen

Drachenbaum, der die große Lichtung überdachte, an deren Rand

die Behausung der Pangäerin stand. Von seiner Baumbewohnerin,

einer Dyrade, war nichts zu sehen. Doch dies war nicht verwunderlich,

denn es waren sehr scheue Geschöpfe, die sich nur äußerst

selten von Menschen erblicken ließen. Am äußeren, rückwärtigen

Rand der Lichtung stand die kleine Hütte der Fee, deren flaches

Dach mit einer dicken Schicht aus lebenden Grassoden bedeckt

war. Licht schimmerte aus einem kleinen Fenster und die leisen

Klänge einer Laute drangen an sein Ohr. Der Barde spielte wahrlich

liebliche Melodien wobei seine Stimme im Einklang mit der

sie umgebenden Natur verschmolz. Gebannt lauschte Stern einen

Augenblick der wunderbaren Weise, die der Pangäer seinem Instrument

entlockte. Nur ein Barde war wohl in der Lage, auf der

Laute einen solchen Zauber zu entfachen. Nebenbei schienen die

beiden noch in einer Unterhaltung vertieft zu sein, doch konnte er

wegen der Musik nichts davon verstehen.

Der Piratenkapitän klopfte kurz, bevor er rief: »Ich bin es, Kapitän

Stern.«

»Kommt herein, Stern, wir haben euch schon erwartet. Euer

kommen ist nicht ungehört geblieben. Ihr habt mehr Lärm gemacht

als eine Meute Gorkawiesel«, kam die schelmische Antwort

der Fee.

»Tatsächlich, war ich so laut?«, brummte Hieronymus Stern

leicht gekränkt. »Dabei bin ich leise wie eine gondolesische Wildkatze

geschlichen.«

»Nun, dass mag sein, doch wenn, dann war es ein liebestoller

Kater oder gleich ein ganzes Rudel«, schmunzelte Clovis und stellte

die Laute beiseite.

»Lasst uns zur Stelle gehen, wo die Unbekannten etwas vergraben

haben«, drängte Mondlicht. »Ich sterbe sonst vor Neugier.«

Gemeinsam traten sie hinaus auf die Lichtung. Zur Vorsicht

hielt Bentus Clovis einen der berühmten Langbögen in der Hand,

für die sein Volk bekannt war.

»Nur sicherheitshalber«, murmelte er als er den fragenden Blick

des Kapitäns bemerkte. »Vielleicht kommen die Halunken früher

als erwartet, um sich ihre Beute zu holen. Da ihr schon die Hände

voll habt, muss ich meinen Bogen bereit halten.«

Mit einem unverschämten Lächeln schaute er auf Spaten und

Hacke, die der Pirat auf der Schulter trug. Leicht schnaufend

schleppte Stern die Gerätschaften, mit denen sie den verborgenen

Gegenstand aus dem Boden holen wollten.

Der Kapitän hatte den Freunden nicht von seiner Begegnung

mit der Dschinn berichtet, denn zuerst wollte er abwarten, ob sich

der Findezauber als zutreffend herausstellte. Ebenso erwähnte er

auch MayLi’s Bericht mit keinem Wort, ebenfalls, um ihre Aussagen

gewissenhaft zu überprüfen.

»Hier, auf der anderen Seite des Baumes, am Rand der Lichtung

sollen zwei Gestalten etwas vergraben haben. So hat es mir

die Dyrade berichtet.« Mondlicht schritt voran, wobei sie den gewaltigen

Stamm des Drachenbaums einmal umrundete. Es war ein

Ungetüm von einem Baum, der mit Sicherheit mindestens dreißig

Fuß Durchmesser aufwies. Dieser gewaltige Riese hatte seine Wipfelkrone

bis auf vierhundert Fuß in den Himmel gereckt. Es waren die größten und

höchsten Bäume, die es auf Alurien gab. Nur der sehr seltene Riesenquorling

stellte ihn hinsichtlich des Umfangs noch in den Schatten.

»Es war dunkel und die Hütte unbeleuchtet. Zusätzlich wird

der Stamm die Sicht ebenfalls verdeckt haben. Sie wussten wahrscheinlich

nicht, dass hier jemand wohnt oder sie wähnten sich

allein«, mutmaßte Mondlicht. Sie erreichten den Platz, den ihnen

die Pangäerin zeigte, um dann innezuhalten. Moon’dan schloss

die Augen während sie nochmals versuchte, mit ihren Händen die

magischen Kräfte zu erspüren, die sie bereits schon einmal wahrgenommen

hatte. Wie bei einem Wassersucher mit seiner Wünschelrute

bebten ihre Finger über einer ganz bestimmten Stelle. Sie

fühlte die unsichtbare Kraft des vergrabenen Gegenstandes, der

unter ihr in seinem erdigen Versteck ruhte.

»Hier …, hier muss es sein«, sagte sie zu ihren beiden Begleitern

gewandt. Dabei wies sie auf einen Punkt am Boden, der genau

zu ihren Füssen lag. Für einen normalen Beobachter gab es nichts

Außergewöhnliches zu erkennen. Es gab keinerlei Hinweis darauf,

dass hier etwas vergraben worden war. Die Diebe hatten ihre Wühlerei

nach getaner Arbeit hervorragend getarnt, so gründlich, dass

sie sogar die ausgestochenen Grassoden genau wieder eingepasst

hatten.

Seufzend machte sich Stern an die Arbeit und wühlte vorsichtig

mit dem Spaten den weichen Boden der Lichtung hoch. Nach

fünfzehn Minuten war bereits ein Loch von zwei Fuß Tiefe von

ihm ausgehoben.

»Ich glaube, ihr habt euch getäuscht Mondlicht, hier ist nichts.

Wie tief soll ich denn noch graben? Mein Rücken schmerzt bereits

«, ächzte Stern stöhnend. Unübersehbar wischte er sich dabei

einige Schweißtropfen mit einem riesigen Tuch von der Stirn.

Kaum hatte er seine Zweifel geäußert, traf der Spaten auf Widerstand.

Nunmehr sehr vorsichtig, hob Stern den Boden ab und

legte sich dann bäuchlings vor das Loch, um mit bloßen Händen

in der gelockerten Erde zu wühlen. Mit seinem eigenen magischen

Flair konnte er nun selbst eine übernatürliche Aura wahrnehmen,

die wie ein leichtes Prickeln durch seine Fingerspitzen floss. Endlich

bekam er einen runden, in Leinentuch gewickelten Gegenstand

zu fassen und konnte ihn aus seinem dunklen Gefängnis

heben. Schnell füllte Stern das Loch mit der ausgehobenen Erde

wieder auf, um sie anschließend festzustampfen.

Mondlicht und Clovis beobachteten aufmerksam und besorgt

die Umgebung, um auf jedes ungewöhnliche Geräusche zu achten.

Doch ungestört erreichten sie mit ihrer Beute die Hütte der Fee,

die sie schnell betraten. Niemand hatte sich in ihrer Abwesenheit

an der Behausung zu schaffen gemacht, ebenso wenig versuchten

sich heimtückische Angreifer unbemerkt auf sie zu stürzen.

Stern legte die verdeckte Kugel auf den Tisch während Clovis

ein magisches Licht in eine Wandhalterung setzte, um das Hütteninnere

ausreichend zu erhellen. Alle drei beugten sich nun über

das Objekt ihrer Neugier und vorsichtig entfaltete Stern das graue

Stofftuch, welches die darin eingewickelte durchsichtige Kristallkugel

umhüllte. Unscheinbar, geradezu harmlos, lag eines der

kostbarsten Artefakte des Universum vor ihnen. Ja, eindeutig, es

war ein Sehendes Auge. Nach allem, was ihnen bekannt war, konnte

es sich um nichts anderes handeln.

Regenbogenfarbige, kaum wahrnehmbare Schleier schienen

sich in seinem Inneren aus fremdartigen Tiefen zu erheben, um

sich ebenso wieder in unbekannte Zonen zu verlieren. Fasziniert

blickten sie auf die faustgroße Kugel, die sie mit ihrer schlichten

Schönheit fesselte.

»Einen Moment, Freunde, ich möchte sicherheitshalber noch

einen kleinen Zauber aussprechen.« Der misstrauische Stern

schloss das Auge, dabei hielt er beide Handflächen über die Kristallkugel.

Nach einem kurzen Moment der Konzentration verfiel

er in einen leisen Singsang, unterbrochen von Worten, die er in einer

unbekannten Sprache murmelte. Dazu vollführte er mit einer

Hand die magischen Bewegungsrituale einer Zauberformel. Dann

ballte er auf einmal die Herzhand zur Faust und schleuderte einen

imaginären Ball auf den kristallenen Artefakt. Ein winzig kleiner

feuerroter Funke sprang hinüber, der dass Sehende Auge einhüllte.

Plötzlich und unerwartet waberte ein warmer grüner Schleier auf,

der den so unschuldig aussehenden Artefakt umspielte.

»Es ist alles in Ordnung, ich habe mich nur vergewissert, dass

von dem Gegenstand keine Gefahr für uns ausgeht. Immerhin besteht

die Möglichkeit, dass uns jemand eine Falle stellt oder sogar

eine Attrappe unterschieben will. Es hätte auch die Gefahr bestanden,

dass sich ein Dämon darin verbirgt, der nur unsere leeren

Körper zurückgelassen hätte, weil er sich unserer Seele bemächtigt.

Darum musste ich noch einen speziellen Zauber ausüben. Er hat

mir angezeigt, ob Gefahr für uns bestand. Wäre der Schleier rot

verfärbt, dann wäre ich doch sehr, nun ja, besorgt gewesen.«

Erleichtert lächelte Hieronymus Stern seine Mitstreiter an. Beide

Pangäer hatten mit Erstaunen als auch Schrecken seine Worte

vernommen. Ebenso brutal wie deutlich wurde ihnen auf einmal

bewusst, in was für gefährliche Ereignisse sie anscheinend geraten waren.

»Wenn ihr damit einverstanden seid, werde ich die Kugel auf

mein Schiff bringen. Es ist das Auge, das mir vor ein paar Tagen

gestohlen worden ist. MayLi hat diese Information von einem ihrer

Kunden in Erfahrung bringen können. Ich habe dieses Sehende

Auge damals beim Entern einer Galeone des Tempels erobert. Dessen

Kapitän hat es wiederum von einem Sternfahrer aus dem Volk

der Ghurka erhalten. Der Einsatz war riskant und es durfte nichts

schief gehen. Ich kann euch nur sagen, Freunde, es war ein Spiel

auf Messers Schneide. Es war gut, dass mir Aurelia zur Seite stand

und dieses grandiose Theater mitgespielt hat, sonst wäre die Kugel

wahrscheinlich zerstört worden. Wir hatten einen fast ehrlichen

Kampf mit dem ersten Offizier der Galeone, ein fähiger, jedoch

auch fanatischer Mann des Ordens. Höchstwahrscheinlich ist er

im Geheimdienst des Tempels tätig. Dieser Kerl war ein harter,

ein würdiger Gegner. Vermutlich wird er immer noch auf Rache

sinnen, denn seiner Karriere hat dieser Verlust schwer geschadet.

Leider hat mir Aurelia nicht erzählen können, wo genau der Sternenkapitän

das Auge gefunden hat. Er soll nach Erhalt seiner Belohnung

in den Weiten des Spiralarms verschwunden sein oder der

Tempel hat für seine Verschwiegenheit gesorgt. Doch die Kugel ist

ehrlich nach Piratenart in meinen Besitz gekommen und ich erhebe

darauf Anspruch. Außerdem bin ich wahrscheinlich der Einzige

von uns, der in der Lage ist, das Auge zu befragen. Habt ihr einen

Einwand gegen meinen Besitzanspruch vorzubringen, so nennt ihn mir?«

Die beiden Pangäer blickten sich in stiller Übereinkunft an, um dann übereinstimmend

zu nicken.

»Ihr habt recht Stern, auf eurem Schiff wird es am sichersten

aufgehoben sein. Die Halunken werden vermutlich wiederkommen,

um ihre Beute an einen anderen Ort zu schaffen. Ein zweites

Mal wird ihnen ein Diebstahl auf eurem Schiff nicht gelingen,

davon bin ich überzeugt. Das Sehende Auge möchte ich lieber nicht

in meiner Hütte wissen, denn es bereitet mir Unbehagen. Wie ein

dunkler Schatten liegt seine Magie über diesem Ort und dämpft

meine Aura.«

Bei diesen Worten warf Mondlicht einen unsicheren Blick

auf die Kristallkugel wobei sie kaum die Antwort des Kapitäns

vernahm. »Dann lasst mich das Sehende Auge schnell fortbringen –

denn ich habe noch einige Angelegenheiten mit Aurelia zu klären.

Es könnte wichtig für unsere Aufgabe sein, darum gebt mir etwas

Zeit. Wir treffen uns dann morgen, zur zehnten Stunde auf dem

Sternenteufel. Dort werden wir dann alles Weitere besprechen. Ein

ausgiebiges Frühstück wird euch ebenfalls erwarten. Seid ihr damit

einverstanden?«

Zustimmend nickten beide und der Piratenkapitän verstaute

den geheimnisvollen Artefakt in seiner geräumigen Ledertasche,

um sich dann zu verabschieden. Hastig machte sich Hieronymus

Stern auf den Weg zum Sternenteufel.



















Das Magische Universum

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