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Auf nach Hamburg

Neun­zehn­hun­dert­vie­rund­neun­zig ha­be ich für ei­ne Pro­mo­tio­na­gen­tur aus der Nä­he von Ham­burg ge­ar­bei­tet.

Auf ei­ner Pro­dukt­schu­lung am­ Nie­der­rhein, wo­ ich da­mals noch wohn­te, lern­te ich das net­te, aber auf den er­sten Blick et­was grau und un­in­te­res­sant, je­doch nicht un­at­trak­tiv wir­ken­de Fräu­lein W. aus Düs­sel­dorf ken­nen.

Ein paar Wo­chen spä­ter fuhr ich mit Fräu­lein W., zu der ich jetzt El­li sa­gen durf­te, nach Mal­lor­ca, in Ur­laub, kurz dar­auf zo­gen wir nach Ham­burg, ha­ben un­se­re ei­ge­ne Pro­mo­tionagen­tur auf­ge­macht.

Fräu­lein W. hät­te ich mal fest­hal­ten soll­te, sie war hübsch, hem­mungs­los beim Sex und schlau.

Sie konn­te Geld ver­die­nen, fest­hal­ten und hat­te oben­drein noch wel­ches, vom Pa­pa, der war ein ho­hes Tier in der In­du­strie.

Bei Ma­ma und Pa­pa W. war ich al­ler­dings nicht so be­liebt. Für die war ich eher so eine Art Windhund. Es gibt Leute, die mich durchschauen können, es waren nicht so viele, aber die Eltern W. gehörten dazu, glaube ich.

Ich war eher ge­dul­det: ‚…wenn das Töch­ter­chen un­be­dingt den will ... aber wir wer­den ihm auf die Fin­ger schau­en!’

So ei­nen Ein­druck un­ge­fähr hat­te ich von Ma­ma und Pa­pa W. .

Ir­gend­wann ist El­li nicht mehr da ge­we­sen, als ich in un­se­re hun­dert­zehn Qua­drat­me­ter große Woh­nung in Hamburg-Heim­feld zu­rück­kam, von ei­nem Kun­den­be­such in Frank­furt.

Sie war lei­der et­was neu­gie­rig und hat ein Päck­chen von Ire­ne ge­öff­net, das mit der Post ge­kom­men war.

Ire­ne ar­bei­te­te frü­her als Vi­deo-Mo­dell für den sel­ben La­den, für den ich jetzt in­ Am­ster­dam tä­tig bin und hat mich dan­kens­wer­ter Wei­se im­mer mit heißen, selbstgedrehten Videos ver­sorgt und da­mit mei­ne im­mer schon recht schief ge­ar­te­te Lust be­dient.

Ire­ne ist jetzt mit ei­nem Zahnarzt ver­hei­ra­tet und El­li ist nun Stewardess bei der Airline mit dem Kranich. Bei­des scha­de.

Auf nach Hamburg

Nachdem Elli weg war, zurück nach Düsseldorf zu Mama und Papa, zog ich ins Nieb­uhr-Hoch­haus. Wa­rum das so heißt weiß ich nicht.

Da­mals, als ich noch in Kre­feld wohn­te, ha­ben sie oft im­ Fern­se­hen be­rich­tet von die­sem Haus. Es hat fünf­zehn Eta­gen und je­de Wo­che sprang irgendwo je­mand aus dem Fen­ster. Ver­wahr­lo­sung, auf­ge­bro­che­ne Woh­nun­gen, über­all roch es säu­er­lich nach Pis­se auf den Gän­gen, im Trep­pen­haus Abfall und Kot­ze, mitten darin schliefen Penner den Rausch von billigem Korn aus, den sie eine halbe Stunde zuvor auf der Reeperbahn am Kiosk völlig überteuert erstanden hatten

Das war da­mals.

Als ich dort ein­zog, war al­les neu re­no­viert, all die ek­li­gen Mie­ter raus und da­für ein ge­misch­tes Grüpp­chen aus Hu­ren, Zu­häl­tern, Tän­ze­rin­nen und Alt-Luden, die "schon im­mer hier auf dem Kiez" wohn­ten.

Das Nieb­uhr-Hoch­haus steht am En­de der Ree­per­bahn, in St. Pau­li, dem wie ich fin­de schön­sten Flecken in Ham­burg, wenn nicht so­gar auf der Welt. Sagte ich das schon?

Ich be­kam ei­ne An­dert­halb­zim­mer­woh­nung im Drei­zehn­ten mit Blick über den gan­zen Kiez und den Hafen, die Landungsbrücken. Für dreizehnhundert Märker, warm.

Ich lieb­te die­se Woh­nung.

Der Kiez! - und ich mit­ten drauf, oben drü­ber.

Nur lei­der noch nicht richtig drin.

Nach ei­nem hal­ben Jahr zwi­schen Ohn­macht und To­des­sehn­sucht we­gen El­li und der Ein­sam­keit der Großstadt, in der ich kaum je­man­den kann­te, weil El­li mich stän­dig in Be­schlag ge­nom­men hat­te, be­schloss ich, auf dem Kiez mein Geld zu ver­die­nen.

Ich zog nachts um die Häu­ser und sah bald ein Schild im Fen­ster ei­nes neu zu er­öff­nen­den Ta­ble-Dan­ce-Ladens, auf dem Kell­ner ge­sucht wur­den.

Kellner! Klar, kann ich, kein Pro­blem.

Man wird ja wohl noch ein paar Glä­ser auf ei­nem Ta­blett durch die Ge­gend tra­gen kön­nen. Höflich bin ich auch. Ich hatte schließlich eine gute Erziehung genossen.

Was ich nicht wuss­te war, was ein Kell­ner auf der Ree­per­bahn wirk­lich macht.

Er be­scheisst von vor­ne bis hin­ten, wird nach Um­satz be­zahlt und ver­dient ein Wahn­sinns­geld. Damals war das zumindest noch so. Heute leider nicht mehr… Da­zu spä­ter.

Den Kell­ner­job ha­be ich nicht be­kom­men.

Da­für wur­de ich Disc­jockey in dem Laden.

Auch kein Pro­blem!

Für je­man­den, den Mu­sik bis da­hin nicht die Boh­ne in­ter­es­sierte, der nicht mal wuss­te, wie he­rum ei­ne CD in den Play­er ge­hört - al­les Ler­nens­sa­che.

Kiez, Koks & Kaiserschnitt

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