Читать книгу Joyse - Christiane Beyer - Страница 9

6 - Chil

Оглавление

Nachdem ich ein Bad genommen hatte, füllte ich meinen Rucksack mit Maisbrot und kaltem Braten für mich und Kilian auf. Victor drückte mir noch einen Rechen in die Hand.

„Zum Heu wenden, übermorgen kommen wir dann das Heu mit Planen holen.“

Als ich in Richtung Tor ging, fing Fearless an zu winseln. Und sofort stand Bruno bei ihr. Ich kraulte sie am Kopf und sagte: „Fearless, meine Süße, ich komme bald wieder. Ich kann dich nicht mitnehmen. Der Hengst hätte Angst vor dir, aber schau mal.“

Jetzt zog ich zwei Kaninchenpfoten aus meiner Tasche und ließ Bruno und Fearless daran schnuppern. Mit Schwung warf ich dann die Pfoten in den Hof hinein und beide rannten hinterher. Schnell schlüpfte ich zum Tor hinaus. Bald schon

war ich bei der Waldwiese. Mein Bruder lag neben dem Pferch und war eingeschlafen.

Ich ließ ihn schlafen, er hatte schließlich die halbe Nacht Wache gehalten, und ging zu dem Hengst. Der stand mitten im Pferch und ich redete ihm leise zu. Doch je näher ich kam, umso mehr wich er zurück. Dann eben nicht. Ich schnappte mir den Rechen und ging Heu wenden. Nach einer Weile noch einmal dasselbe. Beim dritten Mal blieb er unruhig stehen. Langsam, ihm gut zuredend, näherte ich mich ihm, in der Hand eine Möhre.

„Wenn du die haben willst, musst du mich schon an dich heranlassen“, redete ich mit ihm.

Schnaufend, als hätte er mich verstanden, schüttelte

der Hengst den Kopf, blieb aber stehen.

Ich lachte: „Was nun?“, fragte ich den Hengst. „Willst du mich heranlassen und eine Möhre oder nicht?“

Bei Möhre nickte er, als wenn er es verstanden hätte. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen.

„Nein, mein Lieber, die Möhre gibt es nur mit mir zusammen.“

Jetzt stand ich vor ihm und streckte ihm langsam die Möhre hin. Als er die gefressen hatte, ging ich wieder weg. „Weißt du was, mein Lieber? Ich werde dich Chil nennen. Du hast so viel Feuer wie eine Chilischote. So Chil, als Nächstes musst du zu mir kommen, wenn du wieder eine Möhre haben willst. Aber erst muss ich das Heu noch fertig wenden.“

Ich ließ den Hengst, den ich jetzt Chil nannte, stehen und machte mich an die Arbeit. Als ich damit fertig war, holte ich noch Wasser für Chil. Mein Bruder war jetzt wach.

„Schwesterchen, ich habe herrlich geschlafen und jetzt habe ich einen Mordshunger. Was hast du Feines mitgebracht?“

„Ja eigentlich hast du es dir ja nicht verdient, denn ich habe das ganze Heu allein gewendet. Aber ich werde Gnade vor Recht ergehen lassen und dir etwas von dem kalten Braten und dem Maisbrot abgeben“, sprach ich.

„Dafür mache ich das Heu dann zu Raufen, damit es über Nacht nicht wieder vom Tau feucht wird. Morgen früh machen wir es wieder breit, so trocknet es schneller.“

Nachdem wir gegessen hatten, nahm Kilian den Rechen und ging zur Wiese. Ich nahm jetzt einen Apfel, schnitt ihn in zwei Hälften und ging zu Chil an den Pferch. Dort blieb ich draußen stehen und rief ihn. Vor dem Essen hatte er sich die Möhre am Pferch geholt. Aber jetzt sah er keine. Zögerlich kam er näher, und als er bei mir war, hielt ich ihm eine Apfelhälfte hin. Er fraß sie genüsslich und ließ sich am Kopf streicheln.

„Na Chil, mein Schöner, es geht doch.“

Nachdem er auch noch die andere Hälfte gefressen hatte, gab ich ihm noch frisches Gras. Danach kroch ich neben Chil, außerhalb von dem Pferch, in den Schlafsack. Es war ein langer Tag und ich war müde. Vor dem Einschlafen redete ich noch mit Chil bis mir die Augen zufielen.

Im Morgengrauen weckte mich Kilian.

„Platzwechsel, ich bin dran. Dein Gaul hat die ganze Zeit bei dir gestanden, hast du ihn gestern Abend noch verhext?“

Ich boxte Kilian in den Arm. „Aua!“

„Ich werde dir schon helfen von wegen Gaul! Chil,

der Hengst heißt Chil.“

„Chil ist ein ungewöhnlicher Name, aber wenn er dir gefällt.“

Jetzt schaute ich zum Pferch. Chils rotbraunes Fell glänzte in der aufgehenden Sonne. Die Farbe erinnerte mich an meine eigene Haarfarbe. Ist schon merkwürdig, dass ich gerade diesen Hengst gefangen habe. Er war wunderschön. Jetzt kramte ich in meinem Rucksack und holte wieder einen Apfel heraus, schnitt ihn in zwei Hälften und ging zu Chil.

„Na, mein Süßer, ein Leckerli vor dem Frühstück?“

Chil kam zu mir und fraß den Apfel. Er ließ sich jetzt auch streicheln.

„So ist es brav, wir zwei gegen den Rest der Welt.“

„Hey, ich wusste doch, dass du ihn verhext“, warf mein Bruder ein und trat ein Stück näher. Chil scheute und zog sich an das andere Ende des Pferchs zurück.

„Ich glaube, er mag dich nicht!“

„Kein Wunder, ich füttere ihn ja auch nicht mit Möhren und Äpfeln.“

„Tja, wer hat, der kann, mein liebes Brüderchen! Aber wir probieren es später aus, wenn du ausgeschlafen hast. Dann ist deine Aura vielleicht besser“, grinste ich ihn frech an.

Kilian drohte mir mit erhobenem Zeigefinger und kroch dann in den noch warmen Schlafsack.

Als erstes ging ich zum Bach, um mich zu waschen, und brachte für Chil frisches Wasser mit. Anschließend holte ich Gras. In Kilians Rucksack fand ich noch Maisbrot und Apfelsaft, damit setzte ich mich zu Chil an den Pferch und frühstückte.

Etwas später leerte ich meinen Rucksack aus, nahm den Bogen mit Köcher und ging in den Wald. Weit wollte ich nicht gehen. Es war ein herrlicher Morgen und ich wollte Pilze suchen. Es war mittlerweile Ende August. Früh am Morgen, wenn der Tau noch an den Gräsern haftete, sah man die Pilze am besten und wer weiß, vielleicht läuft mir ja noch Wild über den Weg, dachte ich. Nach zwei Stunden kehrte ich mit dem Rucksack voller Pilze und Heidelbeeren zurück. Ich hatte nur Steinpilze, Maronen, Rotkappen, Birkenpilze, Schusterpilze und andere Pilze mit Schwamm genommen. Diese ließen sich am besten für den Winter trocknen.

Nachdem ich mich eine Zeit lang mit Chil beschäftigt hatte und mit dem Heu wenden fertig war, fing ich an, die Pilze zu putzen. Bis mich ein Geräusch aufhorchen ließ. Auch Chil spitze die Ohren. Jetzt noch einmal. Das Bellen eines Rehs klang zwar etwas gruselig, war aber ungefährlich. Es musste in der Nähe sein. Mittlerweile war die Mittagszeit vorbei. Auch Kilian war von den Lauten wach geworden. Er kam zu mir und zeigte auf die Pilze.

„Davon werde ich aber nicht satt.“

„Wenn du dich am Bach aufgehübscht hast, habe ich noch etwas Maisbrot und frische Heidelbeeren für dich.“

„Na, das ist schon besser.“

Nachdem Kilian gegessen hatte, gab ich ihm einen Apfel und zeigte zu Chil.

„Versuch dein Glück mal.“

Doch Chil rührte sich nicht von Fleck. Als dann Kilian noch in den Pferch stieg, schnaubte dieser unwillig, Chil fing an zu tänzeln und sein Schweif schlug hin und her.

„Stopp! Komm wieder raus.“

Unwillig kletterte Kilian aus dem Pferch.

„Da siehst du es, er will mich nicht.“

„Wir müssen ihm einfach noch mehr Zeit lassen.“

„Das glaube ich nicht, Joyse. Hier nimm du den Apfel und ich gehe ein Stück weg.“

Ich kletterte in den Pferch, Chil stand ruhig und beobachte mich. Als ich ihm den Apfel hinhielt, kam er wie am Morgen zu mir. Ich kraulte ihn am Kopf.

„So, jetzt kommst du näher“, sagte ich zu Kilian.

Doch sobald Kilian sich näherte, ging Chil auf Abstand, da half auch kein gutes Zureden und Streicheln.

„Sieht ja so aus, als wenn der Hengst nur dich wollte“, hörten sie jetzt Opa sagen.

„Ich sehe euch beiden schon eine Weile zu, seid froh, dass ich kein Fremder bin. Was habe ich euch immer gepredigt?“

Betreten blickten wir Opa an.

„Wir sollen unsere Umwelt im Auge behalten, wenn wir überleben wollen“, kam es von uns beiden gleichzeitig.

„Aber Opa, wir sind jetzt schon elf Jahre hier und noch nie ist etwas passiert.“

„Eben, es kann einem zum Verhängnis werden, wenn man nachlässig wird“, sagte er im strengen Tonfall.

Jetzt zog er einen Apfel aus der Tasche und näherte sich dem Hengst, doch Chil reagierte genau wie bei Kilian.

„Nichts zu machen, da bin ja bloß froh, dass es dir auch so geht und nicht nur mir.“ Kilian grinste.

„Nun, kommt Zeit, kommt Rat, heißt ein Sprichwort. Ich habe euch Essen mitgebracht. Wie sieht es mit dem Heu aus, können wir es morgen holen kommen?“ „Ich denke schon, morgen müsste es trocken sein“, antwortete ich.

„Außerdem habe ich auch noch etwas zum Mitnehmen“, sagte ich und zeigte auf den Berg geputzter Pilze.

„Die sehen ja lecker aus, da werde ich mich gleich auf den Rückweg machen. Vielleicht bekomme ich heute Abend noch eine Kostprobe.“

Opa machte sich direkt wieder auf den Heimweg und Kilian kümmerte sich um das Heu. Ich nahm ein Halfter und ging zu Chil. Langsam näherte ich mich von der Seite, ihm gut zuredend. Er schien gelassen zu sein. Nur der Schweif peitschte an die rechte Seite. Ein Zeichen, dass er rechtsseitig empfindlich war. Ich näherte mich aber von links. Bei ihm angekommen, streichelte ich ihn am Kopf, sah ihm in die Augen und nickte ihm kaum merklich zu. Jetzt hielt ich ihm das Halfter vor die Augen und berührte seine Haut damit. Als er sich immer noch ruhig verhielt, lobte ich ihn. Als Belohnung gab es ein Stück Apfel. Dann zog ich das Halfter leise flüsternd über seinen Kopf. Mit seinen großen, braunen Augen schaute er mich an, als wollte er mir bis auf den Grund meiner Seele schauen.

„Vertrau mir“, flüsterte ich ihm ins Ohr.

„Ich werde dich zu nichts zwingen, was du mir nicht selbst geben willst.“

Es klang wie ein Schwur, und wie zur Bestätigung nickte Chil. Er hatte das Halfter akzeptiert. Jetzt lobte ich ihn wieder und er bekam noch Stück Apfel.

Innerlich strahlte ich, ich hatte sein Vertrauen gewonnen. In dem Eimer, den Dad mitgebracht hatte, holte ich ihm frisches Wasser. Von den frischen Birkenzweigen, die ich ihm geschnitten hatte, knabberte er die Blätter ab.

Als mein Bruder vom Heu wenden kam, staunte er nicht schlecht, als er Chil mit Halfter sah.

„Ich habe überhaupt nichts gehört. Hat er denn keine Kapriolen gemacht?“

Ich lächelte. „Nein, er hat ganz still gehalten, nur am Schlagen seines Schweifes habe ich gemerkt, dass er genauso aufgeregt war wie ich. Es war, als hätte er meine Seele erkundet.“

Schweigend standen wir nebeneinander, dann zog er mich zu sich heran und küsste mich auf die Stirn. So wie es Dad immer machte.

„Chil ist ein großartiges Pferd, auch wenn er mich nicht mag. Komm, wir schauen in Opas Rucksack, was es Leckeres zu essen gibt.“

Opa hatte uns frisches Kartoffelbrot und Frischkäse mitgebracht, dazu Mamas Kräutermischung zum Würzen.

Nach dem Essen kroch ich neben Chil in den Schlafsack und redete noch mit ihm.

Kilian ging das Heu zu Raufen machen.

Als Kilian mich weit nach Mitternacht weckte, hatte ich leichte Kopfschmerzen. Es war eine sternenklare Nacht. Es würde anderes Wetter geben. Ich hatte die Wetterfühligkeit von meinem Opa geerbt, auch er hatte Kopfschmerzen, wenn sich das Wetter änderte.

Das Heu würde ich lieber in Raufen lassen. Falls es regnete, war es so geschützter. Ich setzte mich neben Chil und erzählte ihm leise alles, was mir durch den

Kopf ging. Dabei behielt ich das Umfeld im Auge und lauschte in die Nacht hinaus. Als der Morgen dämmerte, führte ich Chil auf die Waldwiese und begann mit ihm zu trainieren. Für die Bodenarbeit brauchte ich nur ein Seil, die Gerte und kleine Apfelstücke. Für jede Bewegung in die richtige Richtung bekam Chil ein Leckerli und als akustisches Signal ein Schnipsen mit Daumen und Mittelfinger. So würde er bald das Schnipsen mit etwas Positivem verbinden und es würde mir die Arbeit im Sattel erleichtern, wenn es so weit war. Ich hatte Zeit, ich würde es sehr langsam angehen. Die

Pferde sollten Vertrauen zu mir haben.

Es war an der Zeit Chil, nach Hause zu bringen.

Aber zuerst ließ ich Chil noch fressen, dann ging ich zum Bach. Es war noch zeitig am Morgen und so beschloss ich noch einmal Pilze zu suchen.

Ich hatte genug Pilze und wollte gerade umkehrten, da hörte ich Stimmen. Unbewusst war ich in die Richtung gelaufen, wo unser zu Hause war. Schnell sah ich mich um. Victor, Anne, Brian, Kat und Dad liefen durch den Wald, dabei unterhielten sie sich nicht gerade leise. John hatte Kopfschmerzen und seine Knie schmerzten mehr als sonst. Er hatte alle aufgescheucht.

„Das Wetter wird umschlagen, ihr müsst das Heu holen, bevor es nass wird.“

So liefen sie jetzt mit leichten Stoffplanen und

Rechen durch den Wald. Als kurz hintereinander zwei Tannenzapfen, die von einem Pfeil durchbohrt waren, vor ihren Füssen landeten, stoppte die Gruppe. Dad und Victor hoben die durchbohrten Zapfen auf. Es herrschte Ruhe. Alle durchforsteten den Wald mit ihren Blicken. Nichts außer dem Zwitschern der Vögel.

„Joyse, zeig dich, wir wissen, dass du es warst.“

Der Ruf eines Adlers lenkte ihre Aufmerksamkeit

nach oben. Da saß ich in einer dicken Eiche.

Ich rief ihnen lachend zu.

„Ihr wärt alle tot. Dad, wie kann man nur so unachtsam durch den Wald laufen?“

„Wir haben so nahe an unserem zu Hause nicht mit einem Hinterhalt von einer baumkletternden Amazone gerechnet. Komm herunter und stell dich einem fairen Kampf.“

„Herunter komme ich, aber kämpfen kannst du mit Victor. Der hat ordentlich Muskeln und wird es dir schon zeigen.“

„Na hört sich einer das Küken an. Du hast nicht viel Vertrauen in deinen Dad?!“

„Ja, wenn es um Strategien geht schon. Aber bei reiner Muskelkraft setze ich auf Victor“, sprach ich und kletterte vom Baum.

„Muss ich da jetzt eifersüchtig werden?“, fragte Anne lachend.

„Ach nein, Victor ist doch viel zu alt.“

„Na, von wegen alt, ich stehe in der Blüte meiner Jahre.“ Stolz reckte er sich in die Höhe.

Das sah so komisch aus, dass wir alle lachten.

Wir gingen gemeinsam weiter.

Bis zur Waldwiese war es nur noch ein kurzes Stück, doch als wir näherkamen, merkten wir, dass etwas nicht stimmte. Der Hengst tänzelte unruhig und der Schlafsack war leer. Im

selben Augenblick, als ich es wahrnahm, rief ich auch schon „Falle!“ und hechtete hinter einen Baum.

Keine Sekunde zu spät, denn schon fiel von oben ein Netz über alle. Erschrocken quietschte Kat auf.

Jetzt trat mein Bruder hinter dem Baum vor und sprach: „Ihr seid alle meine Gefangenen.“

Doch mit einem Satz und gezogenem Schwert stand ich vor Kilian. Theatralisch sprach ich: „Nur über meine Leiche!“

„Hört auf ihr zwei und befreit uns von dem Netz.“ Anne und Brian lachten. Kopfschüttelnd fragte Anne: „Ach Stephan, was hast du nur für Kinder großgezogen?“

Dad deutete auf ihren Bauch. „Du kannst es ja bei deinem besser machen.“

„Nein, ich glaube nicht, besser geht fast nicht.“

„Aber sag mal, Joyse, hattet ihr zwei euch abgesprochen, denn du bist als Einzige dem Netz entwischt“, fragte mich jetzt Dad.

„Nein, als ich losging, schlief Kilian noch. Als wir uns näherten, tänzelte der Hengst unruhig und der Schlafsack war leer. Da schrillten bei mir alle Alarmglocken. Ich habe nicht gewusst, dass mein Bruder sich einen Spaß erlaubt.“

Jetzt war es Brian, der meinte: „Der Apfel fällt nicht weit vom Baum. Du warst früher auch nicht besser, wenn es darum ging, Streiche auszuhecken.“

„Na, du wirst doch nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Ich habe meinen Kindern immer erzählt, dass ich ein lieber, netter Junge war!“

„Dad! Opa hat uns schon aufgeklärt!“

„Jetzt schlägt‘s dreizehn, da fällt einem der eigene Vater in den Rücken!“

Ein Donnergrollen setzte der Unterhaltung ein Ende. So nah am Gebirge war das Gewitter schnell da.

„Dad schafft ihr es ohne mich? Ich würde gern Chil nach Hause schaffen.“

Mein Dad sah zu dem Hengst, der jetzt unruhig in dem Gatter tänzelte.

„Joyse, ist er denn schon so weit? Er macht mir nicht den Eindruck!“

„Dad, es ist nicht der Donner, der ihm Angst macht, es sind die vielen Leute. Wenn ihr auf der Wiese seid, wird er ruhiger werden.“

Dad nickte und ging mit den anderen zur Wiese.

„Lasst uns auf der anderen Seite anfangen, damit der Hengst ruhiger wird. Dann kann Joyse mit ihm schon vorneweg gehen.“

Als ich mit Chil allein war, beruhigte er sich augenblicklich. Das Halfter hatte ich ihm über Nacht umgelassen. Jetzt befestigte ich das Seil am Halfter und führte ihn aus dem Pferch. Ich beeilte mich, nach Hause zu kommen. Zu Hause an der Weide wurde Chil wiehernd von den zwei Stuten begrüßt. Ich nahm ihm das Halfter ab und ließ ihn zu den Stuten traben. Narvik saß am Wachturm und ließ mich ein. Er hatte sich gut erholt, durfte sein Bein aber noch nicht voll belasten.

„Geh mal zum alten Vorratszelt. Ich glaube, Opa kann noch Hilfe gebrauchen.“

Auch Narvik nannte meinen Großvater Opa. Oma meinte, das würde ihm helfen, sich hier zu Hause zu fühlen und so war es auch.

Opa war dabei, eine Hälfte des Vorratszelts leer zu räumen, damit das zusätzliche Heu, was sie für die Pferde brauchten, Platz hatte.

Jetzt kam Wind auf und dicke, schwere Gewitterwolken bedeckten den Himmel. Sie waren gerade fertig, als Kat und Anne mit zwei kleinen Bündeln Heu hereinkamen. Etwas später folgten die Männer mit leichtem Abstand. Bis auf Kilian waren jetzt alle da, als die ersten großen Tropfen fielen. Jetzt brach der Sturm los. Der Regen goss in Strömen vom Himmel, als endlich auch Kilian mit langen Schritten über den Hof gerannt kam. Sie hatten es geschafft.

Joyse

Подняться наверх