Читать книгу Im Spiegel meiner Seele - Christina Enders - Страница 6
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Mit einer Flasche guten Wein klingelte sie bei ihrer Nachbarin. Sie kam zur Tür und freute sich ehrlich, sie zu sehen. Sie wurde durch den Flur geleitet, direkt in den Speiseraum. «Setzen Sie sich, ich bin gleich fertig. »
Sjena schaute sich bei der alten Dame um und sie hatte tatsächlich das Gefühl noch einmal Kind zu sein, denn viel hatte sich hier nicht geändert.
Da kam sie auch schon zurück und stellte den Auflauf auf den Tisch.
Sjena zeigte auf ihre Flasche Wein. «Der soll gut zu Hühnchen zu kombinieren sein.»
«Oh, das wäre nicht nötig gewesen.»
«Doch das macht man so, ich bin ja kein kleines Kind mehr.»
«Dann hole ich uns noch zwei Gläser.»
Sjena nickte, schraubte den Wein auf, da heutzutage fast alle Weine, auch die guten, mit einem Schraubverschluss versehen waren.
Ihre Nachbarin machte ihren Teller ordentlich voll. «Sie sind so dünn geworden, Sie sollten wirklich mehr essen, aber ich weiß, wie es ist, wenn man plötzlich allein in der Küche steht und alles keinen Sinn zu machen scheint.»
Sjena nickte nur und nahm den ersten Bissen, der wie ihre Kindheit schmeckte. «Es ist wirklich noch genauso gut, wie ich ihn in Erinnerung habe.»
«Das können wir ja öfters machen, ich meine Sie sind allein, ich bin es …»
«Ja, sicher, aber ich glaube, ich werde nicht mehr lange genug hier sein.»
«Sie wollen weggehen, wie nach dem Tod Ihrer Grandma, das Haus einfach wieder verlassen?»
«Es wird nicht verlassen sein, ich werde es meiner Freundin überlassen. Aber wenn ich den Schritt jetzt nicht wage …»
«Das verstehe ich, Sie sind jung und haben noch ein ganzes Leben vor sich, es ist nie zu spät noch einmal neu anzufangen.»
Sjena nickte und aß ihren Teller leer. «Ich weiß nicht, wohin mein Weg oder mein Leben mich noch führen wird, aber … ich habe das Gefühl, dass ich hier raus muss, etwas anderes sehen und erleben.»
Ihre Nachbarin nippte an dem Wein. «Der ist wirklich gut. Kann ich noch etwas für Sie tun?»
Sjena nickte. «Da gäbe es wirklich etwas, aber ich weiß nicht, ob ich Sie darum bitten kann.»
«Was ist es?»
«Ich weiß nicht wie lange ich weg sein werde, wenn Sie ab und zumal bei meinem Mann und meinen Sohn vorbeischauen könnten, die Rosen brauche nicht viel pflege, aber ab und zu vielleicht doch mal einen Verschnitt oder etwas Wasser.»
«Darüber dürfen Sie mich natürlich bitten, ich bin ja eh oft auf dem Friedhof, wenn ich nach meinen Armin schaue, kann ich natürlich auch auf ihren Gräbern ein Auge haben.»
«Sie müssen es auch nicht ganz für umsonst machen, ich …»
«Nein Kindchen, Sie wollen mich doch jetzt nicht beschämen, oder?»
«Nein, das liegt mir fern. Der Auflauf war wirklich noch immer so gut, wie ich ihn in meiner Kindheit in Erinnerungen hatte.»
«Das freut mich, ich komme nur noch selten dazu, so aufwendig zu kochen. Für mich allein bringt das oft kein Sinn.»
«Die Einsamkeit ist das Schlimmste, oder?»
«Ja, draußen dreht sich die Welt weiter, doch ich habe oft das Gefühl, dass ich für allen nur eine Last bin. Meine Kinder haben keine Zeit für mich, meine Enkel kenne ich nur von Bildern. Es ist mutig von Ihnen, alles hinter sich lassen zu wollen, schauen, was das Leben einem noch bieten könnte.»
«Nun, das können Sie doch auch?»
«Nein, dafür bin ich zu alt.»
«Wer sagt das, haben Sie davon gelesen, dass in der Nolanstreet ein Mehrgenerationenhaus aufgemacht hat? Ich weiß davon, weil ich das Plakat für den Besitzer entwickelt habe. Soweit ich weiß, suchen sie noch jemand, der dort einzieht, der in ihrem Alter ist. Eine Oma, die sich um alles kümmert. Sie wären da auf einen Schlag nicht mehr allein und bestimmt nicht nutzlos, sicherlich ein wahrer Zugewinn.»
«Und das Haus hier.»
«Na ja, wenn Sie zu Ihren Kindern ziehen würden, müssten Sie es auch verkaufen oder, eine junge Familie hätte sicherlich viel Spaß mit dem Haus, das Ihnen auch ein gutes Polster bieten würde, es gibt doch sicherlich auch noch ein paar Wünsche, die Sie sich erfüllen wollen, so alt sind Sie doch nun auch nicht oder. Wie haben Sie so schön gesagt, man kann immer von Neuen anfangen.»
«Das habe ich gesagt, ja …»
«Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen dabei, Zeit spielt für mich momentan keine wirkliche Rolle, eine Woche früher oder später ist für mich nicht bestimmend. Also was meinen Sie, soll ich den Kontakt zu dem Hausbesitzer herstellen? Ich kenne auch einen guten Makler, der Ihnen einen guten Preis für das Haus bieten wird.»
«Das kommt jetzt alles etwas überraschend, aber ja, warum eigentlich nicht, dann fangen wir beide etwas Neues an.» Margrit legte die Hand auf Sjena. «Dann sollten wir vielleicht auch erst einmal das Sie weglassen. Ich bin Margrit.»
«Sjena, aber das wissen Sie … du ja.»
Margrit lächelt und ging zu ihrer Anrichte und holte ihren besten Sherry heraus. «Ich finde, darauf müssen wir anstoßen, mit einem guten Tropfen.» Sie schüttete die Gläser ein. «Auf eine neue, schöne Zukunft.»
Sjena schüttete das Glas hinter sich und lächelte, manchmal war es auch gut, die eigentlichen Grenzen zu verlassen.