Читать книгу Der Herzensdieb 2 - Christina Schwarzfischer - Страница 10

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Kapitel 8

Es waren etwa zwei Wochen seit der Hochzeit vergangen, es war wieder Markttag und Raven und ich kamen gerade vom Marktplatz zum Lagerhaus zurück, wo uns eine Überraschung erwartete: ein Fremder!

„Na endlich kommt mal jemand!“, meckerte dieser. „Ich warte hier schon seit fast zwei Stunden!“

„Wer seid Ihr und was macht Ihr hier?“, fragte ich den mitgenommen aussehenden, alten Mann, verwundert darüber, dass er hier war.

„Reden wir in der Gildenhalle darüber“, forderte er. Er kannte die Diebesgilde. Er musste also einer von uns gewesen sein, vor meiner Zeit hier. Also schloss ich die Türen auf.

„Was führt Euch hierher?“, fragte ich ihn erneut, sobald wir den Konferenzsaal betreten hatten.

„Ich möchte mit Alessandro sprechen“, brummte dieser unfreundlich.

„Er ist nicht hier“, erklärte ihm Raven vorsichtig.

„Gut, dann werde ich eben hier auf ihn warten“, entschied dieser und nahm auf einem Stuhl im Konferenzsaal Platz.

„Da könnt Ihr lange warten!“, meinte ich, worauf er mich engstirnig musterte.

„Er ist vor über einem halben Jahr verstorben...“, sagte Raven leise.

Der Unbekannte blickte von mir zu ihr. „Nein. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Alessandro ist tot?!“

Raven nickte, blickte dabei langsam von ihm weg, hinab zu Boden und schloss dabei die Augen. Sie schien traurig zu sein. Ich ging zu ihr und legte tröstend meinen Arm um sie. „Ich vermisse ihn“, flüsterte sie.

„Ich doch auch“, stimmte ich ihr mitfühlend zu.

„Aber wenn Alessandro nicht mehr der Anführer hier ist, wer dann?“, wollte der Kerl nun wissen.

„Ich“, kam es von mir.

„Was?! Du halbe Portion sollst der neue Herr der Diebe sein?“ Er lachte. „Jetzt mal Spaß beiseite. Wer ist es denn nun wirklich? Sixtus? Tassilo?“

„Das haben wir Euch doch gerade gesagt!“, unterbrach ihn Raven.

Nun hörte er auf zu lachen. „Du bist doch höchstens 17 Jahre alt. Wer hat denn diese schwachsinnige Entscheidung getroffen!?“

„Alessandro selbst!“, rief Raven etwas sauer. „Er wusste nämlich, im Gegensatz zu Euch, dass Alter nichts über Reife aussagt!“

Noch bevor er etwas darauf sagen konnte, ging die Eingangstür auf und Sixtus und Maya kamen kichernd herein, zusammen mit den Zwillingen. Sie hatten in letzter Zeit auffällig viel miteinander unternommen. „Ach, Maya, du bist ja immer noch hier. Ich dachte, du wärst was Besseres als wir Gesindel...“, betonte der Unbekannte verächtlich.

Erst jetzt nahm Maya ihn wahr. „Was?! Du?! - Das habe ich so nie gesagt! Außerdem bin ich auch erst seit knapp drei Wochen wieder hier.“

„Ach, so ist das also. Weil du versagt hast, sind wir auf einmal wieder gut genug für dich“, warf er ihr vor, worauf sich Sixtus einmischte: „Es reicht, Olaf! Sie hat dir nichts getan!“

Maya winkte ab. „Lass ihn, Sixtus, er ist es nicht wert. Er sucht doch nur Streit, genauso wie früher. Du hast dich kein Stück verändert, Olaf.“

Du willst mir was sagen, Sixtus? Wer von uns beiden lässt sich denn von einem jungen, unerfahrenen Taugenichts rumkommandieren?“ Olaf zeigte auf mich. „Eigentlich sollte der Älteste der Anführer sein.“

„Erstens kommandiert Leander niemanden herum und zweitens war es Alessandros letzter Wunsch, dass er sein Nachfolger wird“, argumentierte Sixtus.

„Moment mal!“ Olaf überlegte. „Dieser Name... Leander... er kommt mir so bekannt vor. Irgendwas war doch damit...“ Er sah mich ungläubig an. „Ist in der Zwischenzeit wirklich so viel passiert?“, fragte er. Ich verstand nicht. „18 Jahre...“, murmelte er, „18 Jahre und Alessandro bekam noch eine Chance. Warum nicht auch ich?“ dann wandte er sich mir zu. „Du bist also Alessandros Sohn...“

Ich musste grinsen. „Nein. Das mit meinem Namen ist eine ganz andere Geschichte...“

„Oh... achso...“, sprach er etwas verlegen. „Nun, ...also ich werde jedenfalls hier bleiben. Immerhin hat mir Alessandro ein Dach über dem Kopf versprochen, als ich Mitglied der Gilde wurde und ich wüsste auch nicht, wohin ich sollte. Ich habe sonst keine Freunde, geschweige denn eine Familie, bei der ich bleiben könnte.“

„Wundert mich nicht“, flüsterte mir Raven zu.

Dann marschierte er in den Schlafsaal und platzierte sich auf einem freien Bett, weit weg von den bereits belegten.

„Wo kommt der denn auf einmal her?“, wollte ich wissen.

„Olaf war früher einer von uns, wurde aber, als er 24 war, bei seiner Mission in einem benachbarten Königreich geschnappt und zu 18 Jahren im Kerker verurteilt. Anscheinend hat er die jetzt abgesessen...“, erzählte uns Maya.

„18 Jahre lang eingesperrt?!“, fragte Raven. „Irgendwie kann ich jetzt sogar verstehen, warum er so mies drauf ist...“

„Stimmt, früher war er nervig, aber jetzt ist er unausstehlich!“, fand Sixtus. „Aber gegen Maya hatte er schon immer was.“

„Der einzige Mensch, vor dem Olaf jemals Respekt hatte, war Alessandro“, erklärte Maya. „Du hättest ihn in dem Glauben lassen sollen, dass du sein Sohn wärst, dann hätte er dich vielleicht anders behandelt.“

„Nein, das ist nicht meine Art“, sagte ich entschlossen.

Ich bemerkte, wie Raven Olaf beobachtete. „18 Jahre... das ist echt ne lange Zeit...“ Dann ging auch sie in den Schlafsaal.

Etwas später kam sie wieder zu mir. „Er ist gar nicht so... wie soll ich sagen... so... unerträglich. Eigentlich kann man sogar mit ihm reden, wenn man ihm gegenüber nur Verständnis zeigt“, berichtete Raven.

„Du hast ein großes Herz“, gestand ich ihr zu. „Und das ist eines der Dinge, die ich so an dir liebe!“ Dann legte ich meinen Arm um sie und küsste sie auf die Wange.

Ein Monat war vergangen, in dem Olaf inzwischen jedem auf den Geist ging. Aber Maya war am meisten von ihm genervt, weil er immer übers Essen meckerte, wenn sie gekocht hatte. Das machte er absichtlich, denn ansonsten fand es jeder sehr schmackhaft.

In dieser Nacht erledigte ich einen Auftrag. Ich sollte ein Schmuckstück mit einem herzförmig geschliffenen Kristallanhänger aus einem Adelshaus stehlen. Das war nicht weiter schwierig für mich. Doch die wahre Problematik erwies sich erst nach dem Diebstahl. Auf dem Weg zurück lief ich mit dem gestohlenen Kristall in der Hosentasche eine Gasse entlang, als ich plötzlich dicht hinter mir Schritte vernehmen konnte, also drehte ich mich um und konnte dabei gerade noch einer langen Schwertklinge ausweichen. Eine schwarz gekleidete, sehr schlanke, vermummte Person versuchte mir den Kopf abzuschlagen und ich konnte nichts anderes tun, als auszuweichen, weil ich nur mit einem Dolch bewaffnet war, der einem Schwert logischerweise nicht das Wasser reichen konnte. Also flüchtete ich immer mehr in die Dunkelheit, bis mich der Angreifer nicht mehr sehen konnte. Diese Gelegenheit nutzte ich und schlich mich durch die Gassen bis zum Lagerhaus.

Am nächsten Morgen erzählte ich dann den anderen davon. Raven machte sich riesige Sorgen deswegen und Olaf zog sich, nicht weiter interessiert und mit den Worten: „Die waren doch eh nur hinter dem Schmuck her“, wieder in den Schlafsaal zurück.

Dann äußerte Heiko plötzlich einen Verdacht: „Vielleicht hat Olaf ja was damit zu tun, ich meine, er hält dich doch für nicht reif genug, die Diebesgilde zu leiten und ihr sagtet doch, dass er sich dazu äußerte, dass der Älteste die Diebesgilde leiten sollte. Das wäre dann nämlich er, wenn du nicht schon der Anführer wärst. Außerdem ist er mir mit seiner seltsamen, zurückgezogenen Art nicht ganz geheuer.“ Maya und Sixtus fanden, dass Heiko recht haben könnte. Nur Raven wollte das nicht glauben.

Die Woche darauf passierte nichts dergleichen mehr. Darum hatte ich den Vorfall beinahe schon wieder vergessen und auch Raven erwähnte nichts mehr davon. Aber der Vermittler unserer Aufträge wurde umgebracht und bis Rainer einen neuen fand, kamen keine Bestellungen mehr herein. Rainer hatte nämlich einen neutralen Mann, der den Standort unseres Geheimversteckes nicht kannte, engagiert, der die Verhandlungen für unsere Aufträge übernahm und sie Rainer danach mitteilte, so dass Rainer selbst den Kunden nicht mehr persönlich traf. Er hatte diese Vorsichtsmaßnahme bereits seit Odos Gefangennahme damals ergriffen. Und wie man an jenem Beispiel damals gesehen hatte, war das auch notwendig.

Weil es deswegen ja nichts zu tun gab und weil Olaf alle zur Weißglut trieb, baten mich Sixtus, Maya, Leon und Xenia darum, für ein paar Wochen mit ihren Kindern verreisen zu dürfen. Dagegen konnte ich nichts einwenden und ließ sie schließlich gehen. Tassilo bot ich es dann auch an, er lehnte jedoch ab.

Der Herzensdieb 2

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