Читать книгу Der Herzensdieb 2 - Christina Schwarzfischer - Страница 11
ОглавлениеKapitel 9
Die Nacht darauf konnte ich nicht schlafen, weil Olaf so laut schnarchte. Raven ging es genauso, darum entschlossen wir uns wieder zu einem Nachtspaziergang. Wir gingen Richtung Schloss als mich Raven fragte: „Was war eigentlich das Kostbarste, was du je gestohlen hast?“
Vor der Mauer um den Schlossgarten herum blieben wir dann stehen und ich antwortete ihr: „Dein Herz.“
Daraufhin umarmte sie mich so heftig, dass ich beinahe nach vorne kippte. Sie wollte mich gerade küssen, da ließ sie mich erschrocken los.
„Was war das? Da ist etwas ganz dicht hinter deinem Kopf vorbei geflogen!“, klärte sie mich schockiert auf. Wir drehten uns in Richtung Mauer, wo ein Wurfmesser in meiner Kopfhöhe steckte.
„Weg hier!“, schrie ich, schnappte mir Ravens Hand und rannte mit ihr los. Der Unbekannte nahm die Verfolgung auf und Messer flogen hinter uns her. Darum lief ich genau hinter Raven und rief ihr zu: „Du bist mir wichtiger als mein Leben! Wenn er dir etwas antun will, dann muss er erst an mir vorbei.“
Dann kamen wir an einer dunklen Ecke vorbei und als ich wieder mehr sehen konnte, war Raven weder vor mir, noch hinter mir. Ich machte mir riesige Sorgen und konnte nur hoffen, dass sie in Sicherheit war. Doch der Verfolger war immer noch hinter mir. - Das bemerkte ich, weil mich ein Messer in die Wade traf.
„Leander! Warte, bleib stehen, ich hab sie! Wir sind in Sicherheit!“, hörte ich Raven auf einmal hinter mir.
Ich vertraute ihr, also hielt ich an und drehte mich um. Sie lief auf mich zu und fiel mir um den Hals und ich konnte erkennen, dass jemand ein Stück hinter ihr auf dem Boden lag.
„Ich habe mich in der Dunkelheit versteckt und mit meinem Schuh zugeschlagen!“, sprach sie stolz.
„Reife Leistung, mir gleich zweimal in einer Nacht das Leben zu retten!“, lobte ich sie, worauf sie nur meinte: „Du hattest aber auch Glück: Wärst du gerade nicht so lieb zu mir gewesen, hätte ich dich nämlich nicht umarmt!“
Wir wollten gerade nachsehen, wer nun der Angreifer war, da mussten wir mir Entsetzen feststellen, dass dieser in der Zwischenzeit geflohen war. „Ich weiß nur so viel: Es war eine Frau!“, klärte mich Raven auf. „Ich bin mir absolut sicher!“
Wir beeilten uns, zum Lagerhaus zurück zu kommen. Erst dort fühlten wir uns wieder sicher. Raven weckte alle anderen panisch auf und erzählte davon. „Ähm, Raven?“ Ich tippte ihr auf die Schulter. „Ich unterbreche dich ja nur ungern, aber könntest du das vielleicht entfernen? Das tut nämlich langsam ziemlich weh...“ Ich zeigte auf das Wurfmesser, das immer noch in meinem Bein steckte.
„Oh mein Gott! War sie das etwa?!“, erschrak Raven.
„Sehe ich vielleicht so aus, als ob ich mir das selbst rein gestochen hätte?“, fragte ich.
„Warum ziehst du es nicht heraus?“, wollte sie wissen.
„Weil es ganz schön tief steckt und man es darum gerade herausziehen sollte, damit die Wunde nicht noch vergrößert wird, was aber schlecht geht, wenn ich es selbst mache, weil es ja in der Rückseite meines Beines steckt. Außerdem vertraue ich dir, dass du es so schmerzlos wie möglich machst“, erklärte ich ihr, während ich Maya etwas vermisste, die sich meiner bestimmt sofort angenommen hätte.
Raven fasste vorsichtig das Messer an und ergriff es schließlich. „In Ordnung, ich zähle jetzt bis drei und dann ziehe ich es raus... eins... zwei... ich kann das nicht!“ Sie ließ das Messer wieder los.
„Und was soll ich jetzt machen? Bis zum Ende meines Lebens mit einem Messer im Bein herumlaufen?“, fragte ich ironisch.
„Autsch!“ - Olaf hatte, ohne jegliche Vorwarnung, das Messer ergriffen und es herausgezogen. „Nein, ist nicht nötig.“ Schadenfroh grinste er mich an.
„Zu dumm, dass einige unserer besten Kämpfer nicht da sind!“, fand Raven, während sie mein Bein verband. „Versprich mir bitte, dass du zumindest die nächsten drei Wochen das Versteck nachts nicht verlässt!“, forderte sie von mir. „Vielleicht hat man dich dann vergessen und es nicht mehr auf dich abgesehen.“ Ich willigte schließlich ein, denn ein Nein hätte Raven nicht akzeptiert.
Doch schon fünf Tage später war ich mir nicht mehr sicher, ob ich dieses Versprechen auch einhalten könnte, denn Raven ging es gar nicht gut. Sie hatte einen richtigen Heißhunger auf die ungewöhnlichsten Mischungen, so dass einem glatt schlecht werden musste, erbrach mehrmals täglich und hatte starke Bauchkrämpfe. Ein Teufelskreis bei dem nicht gerade wenig Essen draufging... Ich sorgte mich sehr um sie, weil ich nicht wusste, was sie für eine Krankheit haben könnte. Darum wollte ich, dass sie sich hinlegt, ausruht und zu Hause bleibt. Zusätzlich beauftragte ich alle Diebe, nach einem Gegenmittel zu suchen und versprach, dass derjenige, der es findet und zu mir bringt, reich belohnt wird. Ich selbst machte mich natürlich auch auf die Suche. Jetzt hätten wir Maya wirklich gut gebrauchen können!
Am darauf folgenden Tag fiel mir wieder ein, Wibke hatte meine Verletzungen damals mit einer selbst aus Kräutern hergestellten Salbe geheilt. Vielleicht kannte sie ja auch eine Medizin für Raven. Aber Wibke sollte ja nichts von meiner heimlichen Karriere als Dieb erfahren, also konnte ich sie oder einen Mediziner unmöglich in unser Geheimversteck führen. Und ich wollte, dass Raven im Bett bleibt und sich ausruht, darum konnte ich sie auch nicht zu Wibke oder einem Heiler bringen. Also ging ich allein zu ihr und fragte sie nach einer Pflanze gegen Übelkeit und Magenbeschwerden. Ihr fielen Kamille und Pfefferminze ein, wobei Kamille eher leicht zu finden war. Das wirkungsvollere war jedoch Pfefferminze. Diese aber wuchs in unserer Gegend nur inmitten des Waldes, in dem man seit einiger Zeit mehrfach behauptete, ein fürchterliches Monster gesichtet zu haben, erzählte mir Wibke. Darum traute sie sich auch keine Kräuter mehr daraus zu holen.
Ebenfalls benötigte ich die Werkzeuge, um einen Trank brauen zu können. Darum beauftragte ich die Diebe, mir Mörser und Stößel, Destillierkolben, Retorte und einen Kalzinierofen zu besorgen. Natürlich gab ich ihnen auch genügend Geld dafür. Als ich fragte, wer Interesse daran hätte, das Brauen von Tränken zu erlernen, da Maya ja nicht hier war, meldete sich Melissa sogar freiwillig dafür, dass sie sich Informationen darüber beschaffen werde. „Ihr seid wirklich die besten Freunde, die man sich nur wünschen kann!“, bedankte ich mich bei ihnen.