Читать книгу Der Herzensdieb 2 - Christina Schwarzfischer - Страница 6

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Kapitel 4

Auf dem schnellsten Weg lief ich zu dem Stand, an dem ich Raven zurückgelassen hatte. Schon von weitem sah ich sie mit verschränkten Armen, sich nach mir umsehend, am Marktplatz stehen. Sie sah nicht gerade zufrieden aus, schien sogar etwas sauer zu sein. Aber ich wusste natürlich sofort, was in solchen Fällen zu tun war: Ich schlich mich von hinten an sie ran und hielt ihr die Augen zu. „Leander!“, rief sie, nahm meine Hände aus ihrem Gesicht und drehte sich zu mir um. „Wo warst du so lange? Du kannst mich doch nicht einfach so hier...“ Weiter war sie nicht gekommen, denn ich küsste sie.

„Du schaffst es echt immer wieder!“, meinte sie verzweifelt. „Irgendwas hast du an dir, dass ich dir einfach nicht böse sein kann!“

„Es tut mir leid, Raven. Kommt nie wieder vor, versprochen“, versicherte ich ihr.

„Was hast du so lange gemacht?“, wollte sie wissen.

„Ich habe erfolgreich drei neue Mitglieder für die Gilde gefunden!“, erklärte ich stolz.

Raven staunte. „Ist nicht wahr.“

„Doch, komm, ich stelle sie dir vor!“ Ich nahm sie an der Hand und führte sie hinter mir her.

Bald erblickte ich Maya und wir gingen auf sie zu. Sie sah besorgt aus. „Könnt Ihr Eure Kinder nicht finden?“, sprach ich sie erneut an.

Sie hatte mich wohl nicht bemerkt, denn sie zuckte zusammen. „Ach, Ihr seid es nur. Ich dachte schon, es wäre eine Wache. Meine Jungs haben nämlich wieder mal was angestellt. Sie haben versucht, diesen jungen Mann dort drüben zu bestehlen. Aber er hat es bemerkt!“, schilderte sie mir kurz die Situation und zeigte dabei auf Heiko, der einem blonden Jungen hinterher lief, der in der Menschenmenge verschwand. Kurz darauf kam sein Zwilling hervor und lenkte Heikos Aufmerksamkeit auf sich.

„Er glaubt, es wäre ein- und derselbe Junge, denn Tim und Tom nutzen es aus, dass sie vollkommen gleich aussehen und wechseln sich ab, sobald einem die Energie ausgeht“, erklärte sie uns. Was für eine tolle Taktik!

„Keine Sorge, ich regle das!“, beruhigte ich Maya und lief zu Heiko hinüber.

„Heiko, lass ihn gehen“, versuchte ich auf ihn einzureden.

„Und diese Rotznase mit meinem Geld abhauen lassen? - Vergiss es! Ich, ein ausgebildeter Dieb, kann mich doch nicht von so einem dahergelaufenen Bengel bestehlen lassen! Das wäre ja wohl die Blamage des Jahrhunderts!“, zischte er mir halblaut zu, so dass nur ich es hören konnte.

„Du kriegst es ja wieder“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, „und überhaupt warst du auch mal so ein dahergelaufener Bengel wie er, bevor der Herr der Diebe dich aufgenommen hat“, erinnerte ich ihn.

Nun blieb er stehen und sah sich um. „Oh nein! Wo ist er jetzt hin?“

„Heiko, jetzt hör doch mal kurz zu! Sie sind jetzt welche von uns.“

„Was?! Es gibt noch mehr von dieser Sorte?“, fragte er vollkommen entgeistert.

„Ja und ich habe sie gerade eben aufgenommen“, ergänzte ich.

Heiko sah mich fassungslos an. „Das meinst du doch jetzt wohl nicht ernst, oder?“

Dann stellte ich ihm Maya vor, die sich bei ihm für ihre Söhne entschuldigte und von ihren Jungs, die inzwischen wieder bei ihr angekommen waren, verlangte, dasselbe zu tun und ihm den Geldbeutel zurück zu geben. Widerwillig gehorchten sie, worauf Heiko triumphierend grinste. „Anschiss von Mami bekommen, hä?“

Anschließend führte ich Maya und die Zwillinge ins Geheimversteck. Raven kam natürlich auch mit. Die beiden Jungs staunten über die äußerst raffiniert getarnten Türen. Besonders gut gefiel ihnen das Bücherregal, aber nicht etwa, weil sie so gern lasen, sondern nur weil es eigentlich eine Tür war. Maya warnte sie natürlich sofort davor: „Lasst bloß die Finger davon, darin ist eine Mordwaffe eingebaut!“

„Voll krass!“, riefen die Jungs gleichzeitig.

Maya schienen alte Erinnerungen von hier durch den Kopf zu gehen, denn sie lächelte die ganze Zeit über verträumt. Sie sah glücklich aus. „Alles sieht noch genau so aus wie damals“, sagte sie schließlich, als wir im Schlafsaal ankamen und sich jeder ein Bett aussuchte.

Später nahmen wir dann im Konferenzsaal Platz und redeten. Sie saß mit dem Rücken zur Eingangstür und erzählte viel vom Herrn der Diebe, wie gütig er war und was er ihr alles beigebracht hatte. „Die Idee vom Trick mit dem falschen Baby stammte übrigens auch von ihm, nur er konnte sowas verständlicherweise schlecht durchführen. Alessandro sagte immer, Mädchen wären gute Diebe, weil es ihnen keiner zutraut, dass sie stehlen würden“, erzählte sie. Raven war natürlich sofort ihrer Meinung.

Als ich sie nach ihren Fähigkeiten fragte, antwortete sie: „Ich kann sehr wirkungsvolle Tränke brauen – wenn ich das richtige Werkzeug dazu habe. Doch das musste ich leider zurücklassen, als ich floh.“

„Warum musstet Ihr denn fliehen?“, fragte Raven schließlich.

„Dumme Frage! Man hat sie natürlich beim Stehlen erwischt“, rief Heiko, der gerade zur Tür herein gekommen war.

„Nein“, entgegnete Maya, „deswegen.“ Sie nahm ihr dunkelgrünes Kopftuch ab und feuerrote Locken kamen zum Vorschein. Was für ein Kontrast zu ihren grasgrünen Augen! „Wegen meiner roten Haare und weil ich Tränke braute hielt man mich für eine Hexe. Das sprach sich herum, sie fingen mich ein und ich wurde zu einem Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Aber meine Jungs lenkten sie ab und schafften es, mich zu befreien. Danach verließen wir sofort das Königreich“, schilderte sie.

Ich warf Heiko einen bösen Blick zu. Nun war ihm das Spotten vergangen. „Oder so...“, piepste er kleinlaut.

„Welche Werkzeuge würdet Ihr denn benötigen?“, versuchte ich das Thema wieder umzulenken.

„Natürlich würde es auch nur mit einem Kessel funktionieren, aber so würden die Kräuter nicht einmal halb so viel ihrer Wirkung freigeben. Um den optimalen Trank herzustellen bräuchte ich Mörser und Stößel, eine Retorte, einen Destillierkolben und einen Kalzinierofen. Das ist zwar alles sehr teuer, doch auf Qualität muss schließlich geachtet werden“, erklärte sie. „Aber ich bräuchte dazu eventuell auch meine alchemistische Formelsammlung, die ich leider auch zurücklassen musste. Doch im Gegensatz zu den Werkzeugen ist diese unersetzlich, denn ich habe sie handgeschrieben. Darin stehen alle Tränke, die ich kenne und ihre genaue Rezeptur. Die wichtigsten kenne ich natürlich auswendig, aber ohne meine Notizen bin ich zugegebenermaßen ein wenig aufgeschmissen.“

„Vielleicht könnten wir sie ja holen...“, überlegte ich laut.

In diesem Moment ging die Tür auf und Sixtus kam herein. Sein Blick fiel sofort auf Maya. „Das gibt es doch nicht!“, rief dieser erstaunt. „Ich kenne nur einen Menschen mit solchen Haaren.“

Maya drehte den Kopf nach hinten. „Sixtus, bist du das?!“

„Ja, Maya, ich bin es! Aber sag, was machst du hier?“

„Ich bin wieder zurück, nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal bleiben werde“, sprach Maya stolz, stand auf und eilte auf Sixtus zu um ihn zu umarmen. „Es ist schön, wieder hier zu sein“, seufzte sie.

Bis zum Abend wusste dann jeder von Maya. Xenia war früher mal sehr gut mit ihr befreundet und auch Leon und Tassilo kannten sie noch.

Die Zwillinge konnte jedoch keiner auseinander halten, außer Maya selbst.

Der Herzensdieb 2

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