Читать книгу Aktien für Dummies - Christine Bortenlänger - Страница 27
Grundprinzip Aktie
ОглавлениеDie Aktie beruht auf einem ausgesprochen simplen Prinzip: Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die Kapital benötigen, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Auf der anderen Seite verfügen Menschen über mehr Geld, als sie zum Leben brauchen, und das sie für spätere Zeiten oder für größere Anschaffungen sparen und vermehren wollen. Die einfachste und sicherste Möglichkeit dafür scheint zu sein, es auf die Bank zu tragen und dafür ein hübsches Sparbuch zu bekommen. Dort werden dann Zins und Zinseszins eingetragen und siehe da, die Zahlen werden immer größer. Leider ist der Zinssatz aber heute so niedrig, dass das auf dem Papier zwar schön aussieht, Sie in der Realität als Sparbuchbesitzer aber am Ende weniger Geld zum Ausgeben haben als zu Beginn. Insofern ist es interessanter, das zweifellos vorhandene Risiko in Kauf zu nehmen und zumindest Teile des frei verfügbaren Vermögens zu investieren – in den unternehmerischen Geist anderer.
Der Unternehmer hat umgekehrt die Möglichkeit, sich Geld von der Bank zu leihen – das Geld Ihres Sparbuchs zum Beispiel – und der Bank dafür Zinsen zu zahlen. Das erhöht sein Fremdkapital in der Bilanz und engt seine Spielräume ein. Er kann sich Ihr Geld aber auch direkt von Ihnen als Aktionär holen und Sie dafür am Gewinn beteiligen. Denn ein Teil des Jahresgewinns wird in Form von Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet. Wirtschaftet das Unternehmen außerdem besonders erfolgreich, erhöht sich der Preis der Aktien, weil viele andere nun auch Interesse an dieser Aktie haben und sie kaufen wollen – der Kurs steigt. Am Verlust sind Sie im schlechtesten Fall »nur« in Höhe Ihres Anteils beteiligt: Geht das Unternehmen pleite, ist die Aktie nichts mehr wert. Um das Ganze für Anleger wie Unternehmen so einfach wie möglich zu handhaben, werden Anteilsscheine ausgegeben, die an einem neutralen Marktplatz – der Börse – gehandelt werden. Die Börse sorgt für einen transparenten und fairen Preis, der sich aus Angebot und Nachfrage ergibt. Wie das genau passiert, erfahren Sie in Kapitel 6 anhand eines Beispiels.
Die Investition in Aktien ist also ziemlich einfach – mit keiner anderen Form der Geldanlage können Sie von der wirtschaftlichen Entwicklung eines oder mehrerer Unternehmen direkt profitieren. Klingt spannend und lukrativ, wirft aber jede Menge Fragen auf: Welche Unternehmen werden Erfolg haben und welche nicht? Wann soll ich Aktien kaufen und wann besser nicht? Wo soll ich sie kaufen, warum ändern sich die Kurse, obwohl im Unternehmen nichts Entscheidendes passiert ist? Das wären nur einmal die wichtigsten der großen »W-Fragen«, die Sie aus der Sesamstraße kennen und die in diesem Buch beantwortet werden.
Das Geld »arbeiten« zu lassen und nicht einfach auf die Bank zu legen, dieser Gedanke kam schon in früheren Jahrhunderten auf – ganz konkret im Jahr 1602. Damals entstand die Idee, dass sich Anleger direkt an Unternehmen beteiligen können, ohne den Umweg über die Fremdfinanzierung via Bank. Als Gegenleistung profitieren sie als Eigenkapitalgeber und Miteigentümer vom Erfolg des Unternehmens. Die ersten verbürgten Aktiengesellschaften finanzierten damit kostspielige und riskante Fernhandelsreisen.
Die Niederländische Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oostindische Compagnie), deren Gründung am 20. März 1602 erfolgte, gilt als erste Aktiengesellschaft. Sie benötigte für ihre abenteuerlichen und gefährlichen Überseefahrten nach Indien und die dortigen Einkäufe einen hohen Kapitaleinsatz. Stürme, Seeräuber, Epidemien an Bord und viele andere Gefahren machten aus jeder Fahrt ein schwer kalkulierbares Wagnis. Daher gründeten Kaufleute sogenannte Wagnisgesellschaften, an denen sich Bürger in Form von käuflichen Anteilsscheinen beteiligen konnten. Allerdings waren die Aktionäre, die damals »Participanten« hießen, dazu verpflichtet, ihre Anteile zehn Jahre zu halten – dann konnten sie entscheiden, ob sie weitere zehn Jahre investiert sein wollten oder nicht. Zusätzlich zu möglichen Kursgewinnen gab es bereits Dividendenzahlungen. Eine Partizipation beziehungsweise Mitsprachemöglichkeit etwa auf einer Art Hauptversammlung gab es allerdings nicht, so weit gingen die Rechte der »Participanten« noch nicht.
In Deutschland waren es vor allem Bergbaugesellschaften, die einen hohen Kapitalbedarf mit dem hohen Risiko verbanden, überhaupt ausreichend Rohstoffe, meist Erz, zu finden. Hier wurden einzelne Genossenschaften oder »Gewerkschaften« gegründet, die Anteile ausgaben, die allerdings nicht Aktien, sondern Kuxe genannt wurden. Anfänglich ausschließlich Geschäftspartnern vorbehalten, beteiligten sich später auch Kaufleute oder sogar Klöster daran, außerdem stieg beziehungsweise fiel der Wert der Kuxe je nach Erfolg der Schürfenden.
Tatsächlich an Börsen gehandelt werden Aktien erst seit dem 18. Jahrhundert – während das offizielle Gründungsdatum für »Börsen« weitaus älter ist und mit dem ersten festen Börsengebäude in Brügge aus dem Jahr 1531 verbunden wird. Dort wurden anfänglich aber überwiegend Schuldscheine und Staatsanleihen gehandelt. Aber dazu mehr in Kapitel 2!
Einen gewaltigen Entwicklungsschub der Anlageform »Aktie« und vice versa Gründung von Aktiengesellschaften gab es während der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Man könnte es auch umgekehrt formulieren: Ohne die Idee der Aktiengesellschaft mit ihrer breit gestreuten Finanzierungsform hätte es die Industrialisierung in diesem Ausmaß und in dieser Geschwindigkeit mit Sicherheit nicht gegeben. Und ohne die Risikobereitschaft der Anleger würde es viele technische Entwicklungen, von der Dampfmaschine bis zum Maggi-Brühwürfel, nicht geben.
Nehmen wir das Beispiel Eisenbahnbau als besonders kapitalintensive Branche, die überdies große Auswirkungen auch auf etwa den Bergbau (Kohle) und die Stahlindustrie nahm. Um Hunderte Kilometer Schienen durch oftmals unwegsames Gelände bauen und die Lokomotiven und Waggons kaufen zu können, war sehr viel Kapital notwendig. Schon damals waren die meisten Regierungen notorisch klamm oder investierten ihr Kapital lieber in glänzende Uniformen und glitzernde Waffen. So bildeten sich überall in Großbritannien, Kontinentaleuropa und Nordamerika Eisenbahnunternehmen in Form von Aktiengesellschaften. Bereits zehn Jahre nach der Jungfernfahrt der Adler im Jahr 1835 zwischen Nürnberg und Fürth waren in Deutschland mehr als 2.000 Kilometer Schienenstrecke verlegt, einschließlich des Baus teurer Tunnel und Brücken. Möglich war dies nur durch die Verteilung des Kapitals auf viele Schultern, also mittels Börsengängen. Die Euphorie vieler Anleger von damals glich derjenigen des Börsenhypes um die Jahrtausendwende. Kein Wunder, damals waren Eisenbahnen schließlich auch in etwa so zukunftsweisend – und in großen Teilen der Bevölkerung so umstritten – wie Internetfirmen in den 2000er-Jahren.
Die Beliebtheit von Aktiengesellschaften und die Liebe zur Aktie hielten in Deutschland lange an, wenn dies auch zahlenmäßig einer eher kleinen Gruppe vorbehalten war. Allerdings wurden dieser Liebe durch einige Crashs immer wieder empfindliche Dämpfer versetzt. Wie es zu solchen heftigen Kursrutschen kommt und ob es Vorzeichen gibt, wann sie eintreten könnten, dazu später mehr (siehe Kapitel 6). Für die »Aktienkultur« in Deutschland war das nicht sehr förderlich, da immer dann, wenn viele eher unbedarfte Bürger Aktien kauften, prompt die Kursrückschläge einsetzten.