Читать книгу Aktien für Dummies - Christine Bortenlänger - Страница 42
Mantel ohne Degen
ОглавлениеWie sieht nun so eine Aktie aus, was hält man denn in den Händen, wenn man sich zum Kauf entschlossen hat? Nichts. Denn Aktien als schönes Wertpapier, im Fachjargon effektives Stück, existieren schon lange nicht mehr. Vielmehr gibt es eine elektronische Urkunde, die sogenannte Globalurkunde oder Sammelurkunde – und das war's. Wer unbedingt darauf aus ist, erhält für das eine oder andere Papier auch heute noch ein effektives Stück, das Ausliefern kann aber bis zu 100 Euro kosten! Einen Anspruch darauf gibt es schon seit 1994 nicht mehr. Juristisch richtig ausformuliert heißt es dann in der Satzung der jeweiligen Aktiengesellschaft: »Der Anspruch auf Einzelverbriefung der Aktien ist ausgeschlossen.« Ausnahmen sind Unternehmen mit einer besonderen Beziehung zu Aktienfans: Borussia-Dortmund-Aktien beispielsweise gibt es im dortigen Fanshop oder auf der Webseite noch richtig aus Papier, eine »Schmuckaktie« als offizielles Wertpapier.
Ursprünglich bestand eine Aktie aus dem Mantel und dem Bogen. Der Mantel war die Aktienurkunde, der Bogen das Stück Papier, auf dem die Kupons für die Dividende aufgedruckt waren. Um an die Dividende, also den Gewinnanteil, der dem Aktionär ausgezahlt wird, zu kommen, hieß es fleißig schnippeln. Jeder Aktionär musste damals selbst die Kupons schneiden, was ein wenig nach Pleonasmus klingt (also wie der berühmte »weiße Schimmel«), denn »Kupon« kommt von »couper«, französisch für »ausschneiden«. Außerdem befand sich noch ein Erneuerungsschein oder Tulon im Mantel, denn schließlich war auch der größte Bogen einmal leer. Dann erhielt der Aktionär mit dem Tulon einen neuen. Mit den Kupons ging man zu seiner Bank und ließ sich die Dividende auszahlen.
Wer ein gutes Stück haben will, um es an die Wand zu hängen, ist heute bei Sammlerbörsen für Scripophilisten besser aufgehoben. Dort wird allerdings nicht mit gültigen Wertpapieren, sondern mit reinen Anschauungsstücken oder Nonvaleurs gehandelt. Weltweit dürfte es mehr als 100.000 solcher historischer Wertpapiere geben. Es gibt sogar ein eigenes Museum mit dem schönen Namen »Wertpapierwelt« in Olten. Wo aber ist Olten …? (In der Schweiz, für alle, die es interessiert, und zwar so ziemlich in der Mitte.)