Читать книгу Aktien für Dummies - Christine Bortenlänger - Страница 29
Der Sprung aufs Parkett
ОглавлениеMeist wird bereits eine Aktiengesellschaft als Unternehmensform gegründet, die dann in einem zweiten Schritt an die Börse gebracht wird. Bei solchen nicht börsennotierten Aktiengesellschaften halten meist die Gründer und ein enger Kreis um sie die Aktien – Sie als Privatanleger kommen da nicht ran. Erst nach einem Börsengang oder Initial Public Offering (IPO), wie es im Englischen heißt. Denn ein solcher IPO ist nichts anderes als ein Angebot an die Öffentlichkeit, Aktien eines Unternehmens zu kaufen. Das nennt man in der Sprache der Börsianer allerdings nicht kaufen, sondern zeichnen.
In der Zeit des Börsenbooms um das Jahr 2000 gab es fast wöchentlich Meldungen über große und kleinere Börsengänge. Und viele Bürgerinnen und Bürger, die noch nie im Leben eine Aktie besessen hatten, wollten plötzlich in aufstrebende Unternehmen investieren, deren Geschäftsmodelle sie oft nicht verstanden und die sie manchmal auch gar nicht interessierten. So kamen im Jahr 2000 allein an der Frankfurter Börse 142 Unternehmen »aufs Parkett« – wie es an der Börse noch heute heißt – und sammelten insgesamt fast 27 Milliarden Euro frisches Kapital ein. Man spricht dann – bezogen auf das einzelne Unternehmen – vom erzielten Emissionsvolumen.
Leider wirtschafteten nicht alle Unternehmen mit diesem Kapital sehr sinnvoll. Es kam, wie es kommen musste: Die Dotcom-Blase platzte. Das Internet steckte noch in den Kinderschuhen und viele der neuen Firmen wurden nicht erwachsen. Nach dem Crash, dem unerwartet heftigen Einbruch der Kurse, traute sich 2003 kein einziges Unternehmen mehr an die Börse. Als das Vertrauen langsam wiedergewonnen war und sich 2006 schon 30 Unternehmen aufs Parkett schwangen, schlug die Finanzkrise zu, sodass 2008 wieder Sendepause war. Trotz Pandemie gingen in den Jahren 2020 und 2021 einige Unternehmen an die Börse, in den USA etwa Airbnb, Snowflake, CureVac aus Deutschland (alle 2020) sowie die Kryptobörse Coinbase oder About You 2021. In Deutschland wagten sich Siemens Healthineers und Siemens Energy, Knorr Bremse, Auto1 oder TeamViewer aufs Börsenparkett.
Das bedeutet also: Auch wenn Unternehmen Kapital benötigen, können sie nicht einfach an die Börse gehen, es kommt in ganz besonderem Maße auf die herrschende Stimmung an. So manches Mal werden Börsengänge sogar kurzfristig wieder abgesagt, weil sich nicht genügend Interessenten zum Zeichnen der Aktie auftreiben lassen – wenigstens nicht zu dem Preis, den das Unternehmen erzielen möchte.
Die wichtigste Frage für das Management eines Unternehmens wie für den potenziellen Anleger vor einem Börsengang ist die, was die neue Aktie kosten soll. Dem Unternehmen kann sie gar nicht teuer genug sein, weil das Management der festen Überzeugung ist, die Firma sei auf allen Gebieten so herausragend, dass sie ungeheuer wertvoll ist. Der Anleger findet das prinzipiell auch, will das Beste aber zum Schnäppchenpreis haben – spätere Gewinne sehr erwünscht. In einem komplizierten Verfahren legen überwiegend die emissionsbegleitenden Banken – kein Unternehmen kann allein an die Börse gehen, sondern wird meistens von mehreren Banken beraten – nach einem »Marktsounding« den Preis fest. Das heißt, die Banken sprechen mit Investoren und fühlen vor, was diese zu zahlen bereit wären. Meist legt man aber keinen exakten Preis fest, sondern eine Preisspanne (Bookbuilding-Verfahren). Als Erfolg gilt dann, wenn der Emissionspreis, also der erste Ausgabepreis einer Aktie an der Börse, im oberen Bereich dieser Preisspanne liegt.
Bei einigen Börsengängen, etwa bei Osram oder auch bei der Britischen Royal Mail, gab es den interessanten Fall, dass einige Investoren darüber klagten, der Ausgabepreis sei zu niedrig angesetzt worden, insofern hätten Siemens bei Osram und der britische Staat bei der Royal Mail quasi auf Geld verzichtet. Tatsächlich schossen bei beiden Papieren die Kurse, nachdem sie an der Börse notiert waren, anhaltend nach oben, ein Indiz dafür, dass der Ausgabepreis eher niedrig gewählt wurde. Komisch nur, dass die gleichen Investoren im Vorfeld partout nicht mehr hatten zahlen wollen.
Für Sie als Anleger sind Neuemissionen besonders spannend, aber auch gefährlich. Es locken nämlich Gewinne, weil oft am ersten Börsentag der Kurs gleich in die Höhe schnellt. Man nennt diese Gewinne auch Zeichnungsgewinne. Wollen mehr Anleger Aktien kaufen, als das Unternehmen tatsächlich ausgibt, sind die Aktien »überzeichnet« – dies gilt als ein wichtiger Parameter für den Erfolg an der Börse. Wobei zwischen dem Emissionspreis, also dem Preis, zu dem die Anleger die Aktie vorab gezeichnet haben, und der Erstnotiz, zu der an der Börse tatsächlich gekauft wird, zu unterscheiden ist.