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2.1 Wortschatz und Bildungsstandards
ОглавлениеBildungsstandards formulieren zentrale Bildungsziele, die sich bspw. in nationalen Leistungsstudien überprüfen lassen (z.B. DESI oder IGLU in Deutschland oder ÜGK in der Schweiz). Gleichzeitig benennen sie auch die Kompetenzen, die die Schule den Schülern und Schülerinnen vermitteln muss, damit die zentralen Bildungsziele erreicht werden können (vgl. Grabowski, 2014). Die Bedeutung des Wortschatzes für die Schule wird im Wesentlichen also über Bildungsstandards und Kompetenzbeschreibungen festgelegt, die sich aber je nach Land unterscheiden können (zum Unterrichtsfach Deutsch vgl. auch Sturm, i.Vorb.). Dies wird im Folgenden kurz dargelegt.
In den deutschen Bildungsstandards für den Hauptschulabschluss sowie für den mittleren Schulabschluss wird die Bedeutung einer Wortschatzerweiterung für Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund hervorgehoben (KMK 2004: 7). Bezogen auf die Kompetenzbereiche wird Wortschatz nur im Zusammenhang mit dem Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören erwähnt: So sollen die Schülerinnen und Schüler „über einen für die Bewältigung schulischer, beruflicher und gesellschaftlicher Sprechsituationen angemessenen Wortschatz verfügen“ (KMK 2004: 10). Im Bereich Lesen wird dagegen das Klären von Wortbedeutungen erwähnt. Damit liegt den Bildungsstandards insgesamt eine Konzeption von Wortschatzarbeit zugrunde, die die Wortschatzkompetenzen in den Dienst von Textrezeption und -produktion stellt (vgl. Kühn 2007 sowie Kap. 8).
In den Bildungsstandards für den Primarbereich wird Wortschatz dagegen nicht erwähnt. Dem Arbeiten an Wörtern wird aber bezogen auf das Untersuchen von Sprache und Sprachgebrauch ein hoher Stellenwert zugemessen. Das heißt, dass weniger der Ausbau von Wortschatz im Zentrum steht, sondern vielmehr analytische Fähigkeiten fokussiert werden, indem die Schülerinnen und Schüler Wörter sammeln und ordnen oder Möglichkeiten der Wortbildung kennen sollen. Bemerkenswert ist auch, dass im Bereich Lesen nur vom Nachschlagen von Wörtern die Rede ist (wenn Verstehensschwierigkeiten auftreten). Insgesamt deutet sich hier eine etwas andere Konzeption von Wortschatzarbeit an als in den Bildungsstandards für die Hauptschule oder den mittleren Schulabschluss.
In den Lehrplänen der verschiedenen Bundesländer wird dem Wortschatz jedoch ein größeres Gewicht eingeräumt. Ähnliches gilt für den Schweizer Lehrplan (D-EDK 2016): So hält dieser fest, dass Wortschatzförderung eine Aufgabe aller Fachbereiche ist; gleichzeitig wird für die Sprachhandlungsdomänen Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben im Fach Deutsch ausgeführt, welche Aspekte jeweils relevant sind, wie die folgenden Beispiele illustrieren:
1 Grundfertigkeiten Sprechen (bis Ende 2. Klasse): Die Schülerinnen und Schüler „können ihren produktiven Wortschatz aktivieren, um sich in verschiedenen Themen und Situationen sprachlich angemessen auszudrücken“ (D-EDK 2016, S. 28).
2 Grundfertigkeiten Schreiben (Klasse 3–6): Sie „können Wörter, Wendungen und Satzmuster in verschiedenen Schreibsituationen angemessen verwenden und ihren produktiven Wortschatz aktivieren“ (ebd.: 33).
3 Lesen – Sachtexte verstehen (Klasse 7–9): Die Schülerinnen und Schüler „können die Bedeutung von unbekannten Wörtern aus dem Kontext erschliessen, erfragen oder mit geeigneten Hilfsmitteln […] nachschlagen und damit ihren rezeptiven Wortschatz erweitern“ (ebd.: 23).
Wie dieser kurze Einblick offenbart, sind im Zusammenhang mit Wortschatz noch einige offene Fragen auszumachen – etwa hinsichtlich des curricularen Aufbaus oder der Verortung in einem Kompetenzbereich –, die letztlich auf theoretische wie auch empirische Lücken verweisen. Hinzu kommt: Bildungsstandards sowie Lehrpläne geben i.d.R. keine Hinweise zur Art der Vermittlung: Das ist Sache der Lehrpersonen bzw. der Ausbildungsstätten, die auch aufgefordert sind, neue wissenschaftliche Befunde aufzunehmen.