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2.3 Ausbau des Wortschatzes und die Rolle der Schule

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Gut belegt ist, dass bereits im Vorschulalter große Differenzen hinsichtlich des Wortschatzumfangs zwischen den Kindern bestehen. Diese lassen sich hauptsächlich auf den Einfluss des sprachlichen Inputs im Elternhaus bzw. familiären Umfeld zurückführen. Aber auch Hobbys und Interessen tragen zu Unterschieden im Wortschatzumfang bei (McElvany/El-Khechen/Schwabe/Kessels 2016). Zur Illustration wird etwa erwähnt, dass Lernende mit hohem sozioökonomischen Status (=SES) im Vergleich zu Lernenden mit niedrigem SES bereits in der ersten Klasse über den doppelten Wortschatzumfang verfügen. Gleichzeitig kann beobachtet werden, dass diese Differenzen über die Schuljahre hinweg stabil bleiben (vgl. u.a. McKeown et al. 2017).

Umso mehr stellt sich die Frage, welchen Beitrag die Schule bei der Zunahme des Wortschatzes leistet bzw. auch leisten kann. Der weitaus größte Teil der Studien fokussiert allerdings die ersten Schuljahre (Neuman/Wright 2014): Dort zeigt sich, dass die Unterschiede im Wortschatzumfang durch die Schule sogar eher vergrößert statt minimiert werden. Letzteres ist u.a. darauf zurückzuführen, dass in Schulen mit einem hohen Anteil an Schülerinnen und Schüler, die einen tiefen SES haben, nicht nur signifikant weniger Ausdrücke, sondern auch deutlich weniger komplexe Ausdrücke vermittelt werden. Das bedeutet entsprechend auch, dass gerade jene Lernenden, die hinsichtlich des Wortschatzes Förderbedarf haben, nicht die notwendige Förderung erhalten.

Ein ähnliches Bild zeichnet eine Teilstudie zu Wortschatz im Rahmen von DESI, einer nationalen Studie zur Erfassung sprachlicher Leistungen in Klasse 9 (Willenberg 2008): Die Wortschatz-Leistungen in Deutsch unterscheiden sich in den Bildungsgängen erheblich. Während ca. 44 % der Lernenden im Gymnasium das oberste und weitere 24 % das mittlere Niveau erreichen, sind dies nur 2 % resp. 4 % in der Hauptschule (etwas mehr als 70 % beherrschen dort den getesteten Grundwortschatz auch nur teilweise).

Aus solchen Ergebnissen könnte etwas vorschnell der Schluss gezogen werden, dass der Einfluss der Schule letztlich gering ist, dass der außerschulische ungesteuerte Wortschatzerwerb und damit der familiäre Hintergrund, allenfalls auch der sprachliche Hintergrund entscheidend ist. Wie die eingangs zitierte Meta-Metaanalyse von Hattie (2012) jedoch deutlich macht, ist ein moderater positiver Effekt von Wortschatzvermittlung auf den Wortschatz der Schüler und Schülerinnen nachweisbar.

Die Frage ist damit nicht, ob schulische Wortschatzvermittlung eine positive Wirkung haben kann, sondern ob sie in geeigneter Form stattfindet. Richtet man nämlich den Blick auf den Unterricht oder auch entsprechende Lehrmittel, dann kann generell davon ausgegangen werden, dass Wortschatzvermittlung bzw. ein gesteuerter Ausbau des Wortschatzes ein geringes Gewicht hat bzw. nicht systematisch, sondern nur sporadisch stattfindet. Gut belegt ist dies für den Anfangsunterricht (Neuman/Wright 2014). Zu fragen ist auf diesem Hintergrund auch, ob die Tendenz, gerade auch auf höheren Schulstufen Texte in leichter bzw. einfacher Sprache einzusetzen, dazu beiträgt, die Unterschiede zu vergrößern, zumal sich solche Texte nicht zuletzt durch einfachen Wortschatz auszeichnen. Denn: Differenzen bleiben dann stabil oder vergrößern sich sogar, wenn nichts dagegen unternommen wird (Beck et al. 2013: 2). Welche Form von Wortschatzvermittlung effektiv ist, wird in Kap. 8 genauer dargelegt.

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