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3.1.5 Unternehmerische Orientierung (ab ca. 1990)

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Mitarbeiter sind überfordert, wenn sie vor Ort die Reformen oder den Reformstau ertragen, deuten und gestalten und als loyale „Mitunternehmer“ verantworten müssen, ohne selbst Unterstützung zu erfahren durch Schaffung adäquater Arbeitsstrukturen und Bereitstellung entwicklungsfördernder Rahmenbedingungen. Unternehmerische Orientierung meint die Gleichwertigkeit von Organisation und Personal als „Mitunternehmer“. Personalentwicklung wird nicht nur als Aufgabe einzelner Abteilungen, sondern als strategische Aufgabe des Gesamtunternehmens gesehen. „Ging es in den 60er Jahren noch darum, dass Arbeitnehmer befähigt wurden, Anweisungen gut und qualifiziert auszuführen, geht es im Produktions- wie im Dienstleistungssektor immer mehr darum, den gesamten Arbeitsprozess in seinen Teilen zu verstehen, das technische Können mit berufstheoretischen Fähigkeiten zu verbinden und in der Lage zu sein, Abläufe verantwortlich und im Team zu gestalten.“100

Arnold sieht in der 1987 von der Öffentlichkeit mitverfolgten curricularen Neuordnung der Ausbildungsberufe im Metall- und Elektrobereich eine Signalwirkung für die Neuausrichtung personalentwicklerischen Handelns: „Was dabei herauskam, war eine didaktische Innovation. Ergebnis waren nämlich Ausbildungsordnungen, die ausdrücklich der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen einen hohen Stellenwert einräumen. Dadurch sollten die Auszubildenden in den neu geordneten Metall- und Elektroberufen in die Lage versetzt werden, in komplexen beruflichen Alltagssituationen Problemlösungen ‚selbstständig planen‘, ‚durchführen‘ und ‚kontrollieren‘ zu können.“101 Im Bildungsbereich setzte man auf Seminare mit dem Schwerpunkt Problemklärung und Problemlösung, Ziel war die Erhöhung des Problemlösungspotenzials.

Die Entwicklung der Qualifikationsanforderungen auf den Arbeitsmärkten führte dabei zu einer doppelten Erweiterung des betrieblich-beruflichen Lernens: Das Qualifikationslernen weitete sich unter dem Leitziel der Vermittlung von Schlüsselqualifikationen auch zur Persönlichkeitsbildung. Zudem richtete sich betriebliches Lernen nicht mehr nur auf das Individuum, sondern auch auf die Förderung der Anpassungs- und Überlebensfähigkeit der ganzen Organisation. Innerhalb der pastoralen Ausbildung aller kirchlichen Dienste bedeutete diese „unternehmerische“ Orientierung, dass Themen wie personale Kompetenz, kreative Gestaltungskompetenz, Projektarbeit und Teamfähigkeit als „Hilfe zur Selbsthilfe“ in den Mittelpunkt rückten. Förderung der personalen Kompetenz sollte die Qualität des personalen Angebots der Kirche steigern.

Mitarbeitende sind die wichtigste, wertvollste und sensibelste Ressource eines Unternehmens. Dieser Philosophie folgend soll das Personalmanagement nun Mitarbeiter als Mitunternehmer gewinnen, entwickeln und erhalten. Unternehmerisches Mitwissen, Mitdenken und Mitverantworten ist in allen Unternehmensentscheidungen angestrebt. Mitarbeiter sollen mitwirken bei Unternehmensphilosophie, -politik und -strategie. Auf Evaluation der ökonomischen und sozialen Folgen von Unternehmensentscheidungen wird Wert gelegt. Man betrachtet Personal nun als „Humankapital“ und „Human Ressource“, das Personalmanagement fungiert als „Wertschöpfungs-Center“. Personalentwicklung wird zur nicht delegierbaren Managementaufgabe von hoher Priorität, zur Hilfe zur Selbsthilfe bei der Lösung technischer, sozialer oder organisatorischer Probleme. Statt sich nur an Zielen wie unmittelbarer Positions- und Laufbahnentwicklung auszurichten, hat sich der Begriff der Personalentwicklung erweitert hin zum Verständnis einer systematischen unternehmerischen Aktivität. „Personalentwicklung ist nicht der ‚nachhinkende Erfüllungsgehilfe‘ für organisatorische Veränderungen, sondern Motor für Innovationen im Unternehmen.“102 Parallel dazu hat sich auch das Verständnis von Organisationen gewandelt: von der Organisationsentwicklung hin zu lernenden Organisation. Aussagekräftig sind nun weniger Organigramme und Prozessstrukturen als das Verhalten der in diesen Organisationen tätigen Menschen. Organisationen werden als veränderbare soziale Gebilde betrachtet; interessant sind nicht so sehr die Technologien, sondern das Veränderungspotenzial, die Lern- und Entwicklungspotenziale des Personals.

In diesen Punkten hat in der Kirche, insbesondere in kirchlichen Sozialeinrichtungen, die den engen Zusammenhang von Wirtschaftlichkeit und „Humankapital“ spüren, ein Umdenken stattgefunden. Auf die unternehmerische Grundhaltung aller Mitarbeiter wird aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen (Verlust des Sinn-Monopols) zunehmend Wert gelegt. Die Mitwirkung vieler Betroffener an unternehmerischen Entscheidungen – wie z.B. Umgestaltung von Arbeitsbereichen, höhere „Kundenfreundlichkeit“ und Denken in Prozessen (die dem Menschen dienen, z.B. dem Patienten in einem Krankenhaus) statt Denken in Abteilungen – wird als unverzichtbarer Baustein verantworteter Unternehmensführung betrachtet. Unternehmerische Orientierung bedeutet im Sinne Karl Berkels Wille zur Führung als „zielgerichtete Einflussnahme“103 und proaktive Gestaltung der Zukunft mit hoher Eigeninitiative.

An der institutionellen Zuordnung der Personalverantwortlichen innerhalb einer Unternehmenshierarchie und an der personellen Ausstattung der Personal- und Fortbildungsabteilungen lässt sich die Bedeutung ablesen, die ein Unternehmen der Personalentwicklung beimisst. Unternehmerisch orientierte Personalentwicklung versteht sich als zentrales Element der Unternehmensstrategie und als Schaltstelle für Veränderungsgestaltung einer gesamten Organisation.

Personalentwicklung im Bereich Seelsorgepersonal

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