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(c) Verletzung von Aufklärungspflichten

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Eine auch praktisch große Bedeutung haben die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Aufklärungspflichten:

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Die Rechtsprechung verlangt vom Verkäufer, trotz der naturgemäß entgegengesetzten Interessen über bestimmte Umstände ungefragt aufzuklären, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte.575 Das ist der Fall, wenn die (offenzulegenden) Umstände den Vertragszweck des Kaufinteressenten vereiteln können und daher für seinen Kaufentschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte.576 Die Rechtsprechung tendierte in der jüngeren Vergangenheit dazu, den Kreis der Aufklärungspflichten eher zu vergrößern und beim Unternehmenskauf von einer „gesteigerten Aufklärungspflicht“ mit strengem Sorgfaltsmaßstab auszugehen.577 Begründet wird dies mit der Schwierigkeit der Bewertung der Zielgesellschaft durch den außenstehenden Kaufinteressenten, dessen besondere Abhängigkeit von der Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm erteilten Informationen sowie den typischerweise weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Kaufentscheidung für den Erwerber.578

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Allerdings hängen Bestehen und Umfang der Aufklärungspflicht in hohem Maße von den Umständen des Einzelfalls ab.579 Hat der Kaufinteressent ausreichend Zeit für eine eigene Due Diligence, findet er einen geordneten, vollständigen, strukturierten Datenraum vor, wird er von erfahrenen Beratern unterstützt, sinken die Anforderungen.580 Soll der Transaktionsprozess vereinbarungsgemäß schnell und ohne vertiefte Due Diligence durchgeführt werden, sind die Anforderungen besonders streng.581

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Die genauen Konturen der von der Rechtsprechung angenommenen „gesteigerten Aufklärungspflichten“ sind – für den Verkäufer: gefährlich – unscharf.582 Sachverhalte, die von der Rechtsprechung oder der Literatur als Fälle einer schuldhaften Aufklärungspflichtverletzung bewertet wurden, sind:

 – die Nichtaufklärung über Fehlbeträge der vorangegangenen Jahre,583

 – das Verschweigen einer erheblichen Schuld, etwa einer Steuerschuld,584

 – das Nichtoffenlegen sämtlicher Verbindlichkeiten in einer angespannten finanziellen Lage der Zielgesellschaft,585

 – das Verschweigen eines unmittelbar vor Vertragsschluss eingetretenen Umsatzrückgangs um 40 %,586

 – das Verschweigen der desolaten wirtschaftlichen Situation der Zielgesellschaft,587 insbesondere eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,588

 – unter Umständen das Verschweigen der charakterlichen Unzuverlässigkeit eines leitenden Angestellten,589

 – das Verschweigen eines Geschäftsführervertrags, der die Gesellschaft über mehrere Jahre mit erheblichen Kosten belastet,590

 – die bewusste Verheimlichung von Compliance-Verstößen, also etwa Verstößen gegen das Kartellrecht, das Datenschutzrecht, Außenwirtschaftsrecht sowie Korruptionsvorschriften, wenn daraus das Risiko empfindlicher Bußgelder, Reputationsschäden oder einer Gefährdung des Geschäftsmodells erwächst.591

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Zahlreiche weitere Sachverhalte werden insbesondere in der Literatur zu M&A-Streitigkeiten vorgestellt.592

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