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Erfolge soll man feiern

Nach meinem ersten Meeting im rumänischen Büro unserer Firma ließ mich der Abteilungsleiter so schnell nicht mehr gehen. Also Rückflug storniert, ein paar Telefonate geführt, und mir meine Anzüge hinterherschicken lassen. Und da stand ich nun – in Rumänien, statt in Berlin.

Wer hätte das gedacht. Eigentlich wollte ich doch Berlin unsicher machen, und nun soll ich für ein halbes Jahr in Bukarest bleiben? Oh Mann. Na ja, was will man dazu sagen – dann mache ich halt das Beste daraus.

Nach kurzer Zeit hatte ich mich schon mit ein paar rumänischen Kollegen angefreundet, was mir das Leben dort sehr viel leichter machte. Und nachdem ich in einem Karriereratgeber gelesen hatte, dass man Erfolge auch feiern muss, ging ich mit meinem Lieblingskollegen in einen Club in Bukarest. Wir tanzten, lachten und tranken viel. Aber das Schönste war, dass ich mal wieder so richtig Spaß hatte und nicht nur über Arbeit oder meine Ex nachdachte. Ich vergaß für einen Abend alle Sorgen und genoss das Leben.

Es war 2:29 Uhr, als wir beide den Club verließen und zum Auto liefen. Der Weg war nicht sehr weit, nur über die Straße und bis zum Ende des Parkplatzes.

Ganz schön kalt hier – Naja kein Wunder, es ist Winter und ein Jacke habe ich auch keine an.

Nach ein paar Metern verstummte der Lärm, der aus dem Club zu hören war. Auch die Lichter verblassten, sodass ich kaum noch etwas erkennen konnte. Ich zog mein Smartphone heraus, um uns den Weg zu leuchten, als ich vier Typen bemerkte, die hinter uns herliefen. Ich machte gerade das Licht vom Smartphone an, als ich einen heftigen Schlag am Hinterkopf spürte. Ich ging hart zu Boden, fasste mir an den Kopf, spürte wie mein warmes Blut durch meine Finger floss und sah, wie es auf den dreckigen Schnee tropfte. Kurz vor der Ohnmacht sah ich, wie sich zwei der Männer über meinen Kollegen hermachten und ihn mit einer Eisenstange und Ketten zu Boden schlugen. Dann knipste mir ein Tritt mit schwerem Stiefel ins Gesicht endgültig die Lichter aus.

Aufgewacht bin ich in einem Krankenhaus. Ich befand mich anscheinend immer noch in Bukarest, denn was die Krankenschwestern sagten, verstand ich nicht. Jeder Atemzug versetzte mir einen heftigen Stich in meine gebrochenen Rippen. Meine Nase war ebenfalls gebrochen, sodass ich nur durch den Mund atmen konnte und mein Kopf tat so weh, als hätte mir jemand einen Baseballschläger darüber gezogen.

Nach ein paar Tagen konnte ich langsam aufstehen und ging in das Zimmer gegenüber, um meinen Kollegen zu besuchen. Ihn hatte es weitaus schlimmer erwischt als mich, denn sein Gesicht war nicht wiederzuerkennen. Anhand der Klamotten, die auf dem Stuhl neben seinem Bett hingen und dem Tattoo auf seinem Unterarm wusste ich aber, dass er es war. Er lag noch wochenlang im Koma.

Ich versuchte das Büro in Berlin zu erreichen, hatte aber kein Smartphone mehr und auch mein Portemonnaie mit den Visitenkarten war gestohlen worden. Mit zugeschwollenem Gesicht und schmerzenden Rippen schleppte ich mich aus dem Krankenhaus und irrte so lange durch die Straßen, bis ich ein Internetcafé und ein Telefon fand. Ich rief sofort im Büro an und verlangte meinen Chef.

„Herr Polder, was fällt Ihnen ein, sich tagelang nicht bei mir oder Peter zu melden? Wenn Sie so weitermachen, riskieren Sie eine Abmahnung!“, brüllte mein Chef ins Telefon.

„Was machen Sie denn überhaupt dort in Rumänien? Sie haben mir noch keine nennenswerten Ergebnisse geliefert!“

Als ich versuchte ihm zu erklären, was passiert war und dass ich zurück nach Deutschland wollte, fing er an zu lachen.

„Ich habe ja schon viel gehört, aber das ist ja wohl die erbärmlichste Ausrede für Versagen, die ich jemals gehört habe!“

Ich hörte ein Klicken und stand sprachlos in diesem heruntergekommenen Internetcafé in einem fremden Land, ohne Ausweis ohne Smartphone und ohne Klamotten. Ich zermarterte mir den Kopf, was ich denn in meinem Zustand machen sollte, bis mir der Gedanke kam, dass ich eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen hatte. Also schnell die Nummer gegoogelt, angerufen und zu meinem Glück reichte es aus, mein Geburtsdatum zu nennen. Es dauerte nicht lange, bis ein Hubschrauber kam und mich nach Berlin geflogen hatte.

Ich ließ mich in einem Berliner Krankenhaus durchchecken und verließ es dann wieder – gegen den Rat des Oberarztes.

Eine Woche lang lag ich zu Hause auf der Couch, bis mir die Decke auf den Kopf fiel und ich wieder ins Büro ging, um die ganz normalen mindestens 60 Stunden pro Woche abzuleisten.

Bis zur totalen Erschöpfung

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