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Pädagogische Leitgedanken

Vorwort von Hansjörg Neubert

Angehende Lehrerinnen und Lehrer befinden sich zu Beginn ihrer Unterrichtstätigkeit in einer fatalen Lage. Auf der einen Seite gibt es eine Flut einschlägiger didaktischer Literatur, die über verschiedene Aspekte unterrichtlichen Handelns informiert und jeden Bereich auf mehr oder weniger hohem theoretischem Niveau beleuchtet. Aber welche Literatur soll man angesichts der unüberblickbaren Fülle verwenden?

Auf der anderen Seite sind praxisnahe Einführungen, die konkrete handlungsleitende Hinweise zur Gestaltung des Unterrichts geben, oftmals verpönt – zumal auf der Wissenschafts- und Ausbildungsebene – und werden gerne als unwissenschaftliche Kompendien- und Rezeptliteratur abgetan.

Wo aber finden angehende Lehrerinnen und Lehrer oder Einsteiger/innen in den Lehrberuf Antwort auf ihre ganz konkreten Fragen: »Wie bereite ich mich auf den Unterricht vor? Wie gestalte ich den ersten Tag? Mit welcher Personen- bzw. Lernendengruppe muss ich rechnen? Wie schaffe ich ein kooperatives und leistungsorientiertes Lernklima? Wie integriere ich Stützund Förderunterricht? Wie wird ein Lernjournal geführt?« u. a. m. Zugegeben: Diese Fragen sind theoretisch nicht sonderlich spektakulär, aber praktisch müssen sie nun einmal geklärt werden, um Unterricht überhaupt durchführen zu können.

Das Führen von Unterricht – ich sage es überspitzt – ist weniger ein theoretisches Problem, das mit spektakulären Denkmodellen und theoretischem Wissen zu lösen ist, als vielmehr ein praktisch-pragmatisches Problem, das pädagogische Erfahrung, didaktisches Können und vor allem »Lust am Klarmachen« (Martin Wagenschein) erfordert. An dieser Umgangspraxis und am Vertrautsein mit dem alltäglichen Unterrichtsgeschehen hat man anzusetzen, wenn man etwas über die Kunst des Unterrichts erfahren will. »Frage nicht einen Gelehrten, frage einen Erfahrenen« – so sagt es eine alte chinesische Spruchweisheit.

Diese Spruchweisheit kann auch als Motto für das Buch von Christoph Städeli und Andreas Grassi gelten. Hier schreiben zwei Autoren, die aus einer langen Erfahrung und aus einem großen Vertrautsein mit dem alltäglichen Unterricht schöpfen. In praktisch-pragmatischer Absicht und ausgehend von konkreten Handlungs- und Gestaltungsproblemen widmen sie sich jenen Fragen und Details des Unterrichtsalltags, die in den eher generalisierenden Unterrichtstheorien und -modellen nie angesprochen werden, auf welche die Lehrerinnen und Lehrer aber tagtäglich eine Antwort finden müssen.

Grob gesagt, sind es drei Fragenkomplexe, um welche die Ausführungen von Städeli und Grassi kreisen und die, differenziert und zugleich voll stupender Schulweisheit, von den Autoren bedacht und beantwortet werden:

 Wie wird Unterricht aufrechterhalten, und was muss die Lehrperson dabei beachten?

 Wie können die Lernenden an ihrem Lernvorgang und darüber hinaus am Unterricht besser beteiligt werden?

 Wie lässt sich das eigene Unterrichtsverhalten kritisch reflektieren?

In immer neuen Perspektiven und Konkretisierungen werden diese drei Fragenkomplexe thematisch variiert, theoretisch ausgelotet und in behutsamen Handlungsvorschlägen zur Bewältigung des Unterrichts verdichtet. Insofern kann man das Buch als eine »Führungslehre des Unterrichts« (Peter Petersen) bezeichnen, ja, als aktuelle und stufengerechte Version der von Petersen in reformpädagogischer Absicht einmal vorgeschlagenen »Grundregeln der Kunst, sich frei bewegende und arbeitende und sich frei fühlende Kinder zu leiten« (Petersen, Führungslehre des Unterrichts, Berlin/Leipzig 1937).

Liest man das Buch von Städeli und Grassi, dann hat man den Eindruck, an einem Lehrgespräch, ja, an einem »Coaching« zur Unterrichtsführung teilzunehmen: »Bedenke dies«; »Vergiss jenes nicht«; »Berücksichtige dieses«; »Achte auf jenes« … Man fühlt sich in gewisser Weise an der Hand genommen, um, unterstützt mit gutem Rat, einen Weg zu gehen, der von der Vorbereitung des ersten Unterrichtstages über die pädagogische Standortbestimmung in den einzelnen Unterrichtsquartalen bis hin zur Gestaltung des Abschlusses geht. Und was Städeli und Grassi von den Lehrern fordern, darin sind sie selbst Meister: Sie sind »Meister der didaktischen Reduktion«, und man spürt förmlich ihre »Lust am Klarmachen«.

Es ist eine »Didaktik zum Anfassen« (Herbert Gudjons), die hier vorgelegt wird, und diejenigen, die sie als Ratgeber nutzen, werden gut gewappnet, sicherer und wohl auch mutiger in den Unterricht gehen.

Prof. Dr. Hansjörg Neubert

Berlin, im Frühjahr 2012

Freie Universität Berlin

Editorische Vorbemerkung der Autoren

Die Bilder zu diesem Buch stammen von Reto Schlatter (www.retoschlatter.ch). Sie zeigen eine ganz normale Unterrichtslektion in einer Zürcher KV-Klasse: Pause und Ankunft der Lernenden im Klassenraum; informierender Unterrichtseinstieg; Klassengespräch; Lernende bei der Einzel- und Partnerarbeit und bei der Präsentation der Ergebnisse; die Lehrerin beim Frontalunterricht und als Einzel- oder Gruppencoach; Abschluss der Lektion. Der Klasse von Petra Skrobala sei für ihr Gastrecht herzlich gedankt.

In jedes Kapitel haben wir ferner eine oder zwei »Situationen« aus dem Unterrichtsalltag eingestreut und mit ein paar Fragen zur Reflexion versehen. Vielleicht werden Sie sich an eigene Erlebnisse in Ihrer Anfangszeit erinnert fühlen – dies ist durchaus beabsichtigt.

Die »Situationen« sind aufgrund von Rückmeldungen von Praktikumslehrpersonen der Pädagogischen Hochschule Zürich (Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung) entstanden. Allen Beteiligten danken wir für ihre Beobachtungen und die Erlaubnis, die Feedbacks in unserem Buch zu verwenden.

Christoph Städeli und Andreas Grassi

Sommer 2012

Didaktik für den Unterrichtsalltag

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