Читать книгу Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband) - Clark Darlton - Страница 10
4.
ОглавлениеEric Furchtbar, der über die beiden vorausgegangenen Begegnungen mit den Unsichtbaren in der Vergangenheit nicht informiert war, konnte nicht wissen, dass Quinto alles andere als überrascht war. Im Gegenteil. Quintos einzige Reaktion waren die Worte: »Also doch.«
Ron Landry blickte ihn nachdenklich an. Schließlich sagte er: »Auf diese Begegnung haben wir sechs Jahre gewartet und uns darauf vorbereitet. Was mich jedoch nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass es den Unsichtbaren gelungen ist, in die Station einzudringen. Sie ist von starken Feldschirmen geschützt.«
Nike Quinto wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite. »In dem Augenblick, in dem die beiden Fahrzeuge zusammenprallten, muss es ein paar Sekunden gegeben haben, in denen der Feldschirm der BOB-Einundzwanzig ausgefallen ist. Wir brauchen uns nur vorzustellen, dass die Fremden das vorausgesehen hatten. Sie machten sich zum Überwechseln bereit, und als es soweit war, sprangen sie einfach und drangen durch eine der Schleusen ein.«
Ron hatte den Eindruck, dass Nike Quinto seine Vorsicht vor der Genialität der Unbekannten allmählich übertrieb. Aber er behielt seine Gedanken für sich. Still lehnte er in seinem Sessel und wartete auf weitere Nachrichten von der BOB-XXI.
Etwa eine Stunde verging, ohne dass etwas Besonderes geschah. Eric Furchtbar berichtete in kurzen Abständen über seine Bemühungen, mit den Unsichtbaren in Kontakt zu kommen. Das gelang ihm nicht. Entweder waren die Fremden nicht in der Lage, seine Annäherungsversuche zu verstehen, oder sie wollten einfach keine Begegnung haben.
Eric fing allmählich an zu verzweifeln. Die Unsichtbaren verhielten sich offenbar ruhig. Aber die psychologische Belastung an Bord der BOB-XXI fing an, untragbar zu werden. Nike Quinto sah sich plötzlich in die Rolle des Mannes gedrängt, der einen anderen Mann zu beruhigen und zu trösten hatte. Er fand sich erstaunlich gut damit zurecht.
Allerdings brauchte er sich nicht allzu lange Mühe zu geben. Quinto dachte nicht daran, die Besatzung der BOB-XXI über die Unsichtbaren aufzuklären. Zum einen hatte er dazu keinen Auftrag, zum anderen waren die Informationen, die die Eingeweihten über diese Fremden hatten, mehr als dürftig. Was hätte er Eric schon sagen können? Dass die Fremden unsichtbar waren? Das wusste mittlerweile jeder. Es hätte der BOB-Besatzung auch nicht geholfen, wenn sie erfahren hätte, dass diese Wesen bereits zweimal Kontakt mit Menschen gehabt hatten.
Und dann geschahen die Dinge plötzlich in so rascher Eile, dass die Männer an Bord der JOANN Mühe hatten, auf die sich überschlagenden Berichte zu reagieren.
Im Funkraum der BOB-XXI herrschte tiefe Stille. Wenigstens empfand Art Cavanaugh es als Stille, denn das leise Summen der Geräte wurde ihm längst nicht mehr bewusst. In Gedanken verloren, ließ er den Blick an der Reihe der Schalttafeln, Messinstrumente und Kodetransformer zu seiner Rechten entlangwandern.
Dabei sah er, wie eines der großen Schalträder sich drehte.
Er zuckte zusammen und schaute ein zweites Mal hin, diesmal bewusst und hellwach. Das Rad drehte sich immer noch, langsam, aber zielbewusst. Es war das große Stellrad für die Leistungszufuhr des Hauptsenders, und jemand drehte es zu größerer Leistung hin.
Art sprang auf. So, wie die Aggregate im Augenblick geschaltet waren, würden sie die hohe Leistungszufuhr nicht vertragen. Der Hauptsender lag tot. Mit der JOANN hatte die Station bisher über eine der schwächeren Nebenanlagen in Verbindung gestanden. Wenn der unsichtbare Narr wirklich soviel Sendeleistung brauchte, um seine Botschaft abzustrahlen, warum schaltete er dann nicht vorher den Hauptsender in die Leitung?
Mit zwei Sprüngen stand Art vor dem Stellrad und versuchte, es anzuhalten. Wenn sich einer der Unsichtbaren in der Nähe befand, dann musste er rasch zur Seite gewichen sein. Art spürte keine Berührung. Er griff das Rad mit beiden Händen und versuchte, es zurückzudrehen. Er achtete dabei auf seine Hände. Er war bereit, sie bei der leisesten Spur von Schmerz zurückzuziehen. Denn er kannte die Geschichte, die Eric Furchtbar erlebt hatte.
Merkwürdigerweise leistete ihm jedoch niemand Widerstand. Er drehte das Rad zurück, bis die Leistungszufuhr wieder auf dem ursprünglichen Wert stand, der keinem der Geräte gefährlich werden konnte. Er ließ das Rad los, atmete erleichtert auf und blieb eine Weile stehen, um zu beobachten, was jetzt geschah.
Die Unsichtbaren hatten anscheinend aufgegeben. Das Rad blieb ruhig. Niemand versuchte, es wieder auf höhere Leistung zu drehen. Art fragte sich, was sie wohl im Sinn gehabt haben mochten. Und was sie dazu veranlasst hatte, ihre Absicht so rasch wieder aufzugeben. Er wandte sich schließlich um und wollte zu seinem Platz zurückkehren.
Das war der Augenblick, in dem er begriff, dass die Unsichtbaren nicht daran dachten, ihre Pläne zu ändern.
Bevor er noch den zweiten Schritt in Richtung auf seinen Platz tun konnte, traf ihn etwas gegen den Kopf.
Art fiel vornüber. Mit einer Willenskraft, die niemand dem kleinen Mann zugetraut hätte, kämpfte er gegen die Ohnmacht, die ihn umfangen wollte. Dunkle Nebel ballten sich vor seinen Augen. Plötzlich hörte er das Summen der Geräte. Es klang, als ob es durch einen langen, schmalen Gang zu ihm dränge. Er hatte sich auf die Arme gestützt. Aber die Arme fühlten sich an, als wären sie aus Lehm. Er konnte nichts dagegen tun, dass sie einknickten. Schließlich lag er flach auf dem Bauch, und es schien unmöglich, dass er jemals wieder auf die Füße kommen würde.
Er bezwang seine Ungeduld und seinen Zorn. Tief atmend lag er auf dem Boden und entspannte sich. Was immer ihn getroffen hatte, es hatte einen Teil seiner Nervenzentren gelähmt. Und solange er sie nicht unter Kontrolle bekam, konnte er nichts unternehmen. Er brauchte ein paar Sekunden Ruhe.
Er sah sich um. Aber aus seiner Perspektive konnte er nur einen eng begrenzten Abschnitt des Fußbodens sehen, und da war wirklich nichts außer Fußboden. Keine Spur von den Unsichtbaren.
Zeit verstrich. Art machte einen neuen Versuch, sich auf die Arme zu stützen. Er dachte daran, dass die Unsichtbaren ihn beobachten würden, wenn sie in diesem Raum waren. Aber es kümmerte ihn nicht. Er musste in die Höhe kommen. Sie waren dabei, die Sendegeräte zu zerstören. Er musste Eric Furchtbar Bescheid geben. Danach konnten sie mit ihm machen, was sie wollten.
Der Versuch gelang. Ein paar Sekunden lang ließ Art das Gewicht des Oberkörpers auf den Armen ruhen und vergewisserte sich, dass die Muskeln wieder funktionierten. Dann gab er sich einen Ruck und sprang vollends auf. Ein Gefühl des Triumphs überkam ihn, als er fest und sicher auf den Füßen stand. Er spürte leichte Mattigkeit, aber die würde vergehen, wenn sie ihm nur zwei oder drei Minuten Zeit ließen.
Das Summen der Geräte hörte er immer noch. Es war noch das gleiche Geräusch wie vorhin. Es klang von weither und so merkwürdig, wie Art es noch nie gehört hatte.
Er sah sich um. Und plötzlich verstand er, was los war. Es war nicht das übliche Geräusch der Instrumente, an das er sich im Lauf der Jahre so sehr gewöhnt hatte, dass er es nicht mehr wahrnahm. Es war das Jammern von Geräten, die über ihre Kraft hinaus beansprucht wurden. Auf dem Oszillographenschirm tanzten wirre Figuren in scharfen, blendend hellen Linien. Die Lichtzeiger der Messinstrumente zitterten am oberen Anschlag. Und der Verteilerkasten, vor dem Art stand, strahlte Hitze aus.
Art brauchte sich nur ein wenig zur Seite zu drehen, um das Stellrad zu sehen. Während er auf dem Boden lag, hatte es jemand bis zum oberen Anschlag gedreht. Die Leistung, die die Generatoren der Station für den Senderaum erzeugten, wurde jetzt auf die Geräte geleitet. Sie war ausreichend, um alle fünfundzwanzig Sende- und Empfangsgeräte für BOB-XXI in Betrieb zu halten. Jetzt aber waren nur drei von den Geräten eingeschaltet. Art sah im Geist, wie die Deckplatten sich zu biegen und zu schmelzen begannen. Er stellte sich vor, wie die Messinstrumente explodierten und die Schalter in Stücke flogen. Er begriff, dass die BOB-XXI in kurzer Zeit von jeglicher Verbindung mit der Außenwelt abgeschnitten sein würde, wenn er nicht handelte.
Art nahm sich ein paar Sekunden Zeit zum Überlegen. Warum taten sie das? Warum führten sie den Geräten mehr Leistung zu, als sie vertragen konnten? Wollten sie die Instrumente ganz einfach zerstören? Das hätten sie leichter haben können. Sie brauchten nur die Hauptschalttafeln entzweizuschlagen. Ohne Verbindung mit der Außenwelt würde die BOB-XXI wenigstens ein halbes Jahr brauchen, um sie wieder instand zu setzen.
Das war es also nicht. Was wollten sie also?
Er fand es nicht heraus. Sie kamen einfach an Bord, ungebeten und ohne zu fragen. Sie gaben sich nicht zu erkennen und benahmen sich so, als gehörte die Station ihnen. Und jetzt fingen sie an, Art Cavanaughs kostbarsten Besitz, seine Funkgeräte, zu zerstören.
Der Zorn gewann die Oberhand. Art warf sich nach vorne, auf das Stellrad zu. Er wusste, dass ihm dieser Angriff schlecht bekommen würde. Aber er packte das Rad und drehte es mit einem gewaltigen Ruck auf Null. Das helle Summen erstarb augenblicklich. Die Lichtzeiger fielen zurück, und das Interkommikrophon gab weniger Rauch von sich.
Triumphierend sah Art sich um.
»Na, wo seid ihr jetzt?«, schrie er.
Etwas kam auf ihn zu. Er spürte es.
Er wich zur Seite. Etwas Unsichtbares traf mit voller Wucht auf die Deckplatte des Verteilers, vor dem er eben noch gestanden hatte. Art lachte höhnisch. Schnell im Reagieren waren die Unsichtbaren anscheinend nicht. Er trat einen Schritt weiter zurück, und wieder hatte er das Gefühl, er wäre einem heftigen Schlag nur um ein paar Millimeter entgangen.
Das wunderte ihn. Hatten sie keine anderen Waffen als Messer und ihre Fäuste? Wenn das so war, dann standen seine Chancen nicht allzu schlecht. Er hatte schließlich seinen Instinkt, der ihn mit steigender Wachsamkeit jedes Mal warnte, wenn er angegriffen wurde. Wieviel Unsichtbare waren in diesem Raum? Art war sicher, dass es mindestens zwei waren.
Er näherte sich dem Schott. Er bewegte sich nicht allzu schnell, um seinem Instinkt die Möglichkeit zu geben, ihn rechtzeitig zu warnen. Er kam bis auf zwei Meter an den Ausgang heran, dann hatte er das Gefühl, dass jemand sich dicht vor ihm befand. Er wich zur Seite, und im selben Augenblick hörte er das helle Summen wieder.
Das war alles, was er hatte erfahren wollen. Einer von ihnen stand am Schott, und der andere drehte am Stellrad, wenn die Luft rein war.
Art zog sich zurück. Er glaubte zu spüren, dass der Fremde am Schott ihm nicht folgte. Er fühlte sich sicher. Nicht allzu eilig, um keinen Verdacht zu erwecken, näherte er sich dem kleinen Metallschrank, der dicht neben seinem Schaltpult stand. Niemand hinderte ihn daran, die Schranktür zu öffnen. Blitzschnell ließ er die Hand hineinschießen. Die Finger trafen auf Widerstand und schlossen sich um ein kühles Stück Plastikmetall. Mit einem Ruck riss Art den schweren Thermostrahler heraus. Er fuhr herum, die Waffe im Anschlag.
Das Gewicht des Strahlers im Arm und die Kühle des Metalls gaben ihm ein Gefühl der Überlegenheit. Er wusste nicht, ob die Unsichtbaren gegen die geballte Energie eines Thermoschusses empfindlich waren. Das Feld, das sie umgab, mochte sie gegen jegliche Art von Strahlung schützen. Aber der Strahl einer solchen Waffe führte auch ein gehöriges Maß mechanischer Energie mit sich. Er war wie ein Blitz im Gewitter. Wenn er das Ding, das er traf, nicht zum Brennen bringen konnte, schlug er wenigstens ein Loch hinein.
Sie würden ihn beobachten, darüber war Art sich im klaren. Sie konnten ihn sehen – für ihn selbst waren sie unsichtbar. Aber sie wussten vielleicht nicht, was er da in der Armbeuge hielt.
Er ging ein drittes Mal auf das Stellrad zu. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Er musste den richtigen Augenblick abpassen. Er musste genau wissen, wo der Unsichtbare stand.
Er ließ den Finger am Abzug. Er horchte in sich hinein, um auch nicht die leiseste Warnung zu überhören. Schritt für Schritt kam er dem Verteiler näher. Es sah fast so aus, als wollten sie ihn dieses Mal ungehindert herankommen lassen. Er klemmte die Waffe fester und streckte die linke Hand nach dem Stellrad aus.
Da spürte er es.
Der Fremde kam von links heran, schräg von hinten. Art wirbelte herum. Der plumpe Lauf des Strahlers schwang herum, und der Finger drückte auf den Abzug, ohne dass Art daran zu denken brauchte.
Ein gleißender Strahl scharf gebündelter Energie brach aus der Waffe. Art sah, wie er sich dicht vor der Laufmündung spaltete und in zwei gekrümmten Bahnen links und rechts um ein unsichtbares Hindernis herumfuhr. Er hatte sich also nicht getäuscht. Das Feld, das die Fremden umgab, machte sie gegen die Wirkung eines Thermostrahlers ebenso unempfindlich, wie es ihnen Unsichtbarkeit verlieh. Aber die mechanische Wirkung ließ sich nicht abschirmen. Art beobachtete mit grimmigem Vergnügen, wie sich die Stelle, an der sich der Strahl spaltete, immer weiter entfernte. Sein Instinkt warnte ihn längst nicht mehr. Der Unsichtbare wurde von der Wucht des Strahls immer weiter zurückgetrieben.
Art löste den Finger vom Abzug, als der Fremde fünf Meter von ihm entfernt war. Dann wandte er sich rasch um und drehte das Stellrad zurück. Er tat es mit der linken Hand. Die Waffe hielt er dabei schussbereit in der rechten Armbeuge.
Der Weg war jetzt frei. Er wusste, was seine Waffe vermochte.
Er nahm sich nicht mehr die Zeit, auf die Warnung seines Instinkts zu warten. Er wusste ungefähr, wo der zweite Fremde stand. Er drückte den Abzug und ließ den blendend hellen Strahl der Thermowaffe weit gefächert in der Nähe des Schottes spielen.
Mitten in der grellen Lichtflut war plötzlich ein Loch. Der Strahl teilte sich und umging das Hindernis, das das Schutzfeld des Unsichtbaren für ihn bedeutete. Art bündelte den Strahl schärfer und hielt den Lauf auf das Loch gerichtet. Sofort erfasste den Fremden die mächtige Stoßkraft des Energiebündels. Das Loch glitt zur Wand auf der anderen Seite des Schottes hinüber und von da aus nach rechts, ins Innere der Funkkabine hinein.
Art musste sich drehen, um den Gegner weiter im Schussfeld zu behalten. Rückwärts gehend bewegte er sich auf das Schott zu. Die Wucht des Strahlers trieb den Unsichtbaren immer weiter von ihm fort. Er konnte ihn jetzt nicht mehr daran hindern, die Kabine zu verlassen, auf den Gang hinauszugehen und um Hilfe zu rufen.
Art hörte, wie das Schott sich hinter ihm zu öffnen begann. Immer noch flutete hell leuchtende Energie aus dem Lauf seiner Waffe, auf kurze Reichweite eingestellt, so dass sie die gegenüberliegende Wand mit den Schaltpulten nicht beschädigte. Die Luft begann sich zu erwärmen. Wellen erstickender Hitze drangen auf Art ein.
Es war Zeit, dass er sich davonmachte.
Das Schott hinter ihm war offen. Das weißblaue Licht des Ganges fiel in die Kabine hinein.
Art trat zurück. Er nahm den Finger vom Auslöser und drehte sich um. Er wollte rennen. Er musste zum Kommandostand, um Eric Furchtbar zu warnen.
Aber plötzlich waren sie rings um ihn herum. Nicht zwei, wie er bisher vermutet hatte, sondern mindestens ein Dutzend. Sie schlugen von allen Seiten auf ihn ein. Er versuchte, den Lauf seiner Waffe wieder zu heben. Aber harte Schläge trafen auf das Metall. Die Hände, die den Strahler zu halten versuchten, verloren die Kraft.
Art ließ die Waffe fahren. Wenn er sie nicht benutzen konnte, dann brauchte er wenigstens seine Fäuste, um sich zu verteidigen. Er fing an zu kämpfen. Es war nicht schwer zu erraten, wo die Fremden waren. Sie waren überall, rings um ihn herum. Der Teufel mochte wissen, wo sie so schnell hergekommen waren und wie so viele von ihnen es überhaupt geschafft hatten, an Bord der BOB-XXI zu kommen.
Aber sie waren nun einmal da. Und Art merkte rasch, wie seine Kräfte erlahmten. Sie trommelten von allen Seiten auf ihn ein. Alles, was er wusste, schrie er hinaus. Irgendwo in der Nähe musste eines der Besatzungsmitglieder sein und ihn verstehen.
Die ganze Zeit über verteilte er Schläge nach rechts und nach links, nach vorne und nach hinten, nach oben und nach unten. Er trat mit den Beinen aus, um seine Abwehr wirksamer zu machen.
Er wurde schwach. Nach einer Weile, die ihm wie zwei Stunden vorkam, konnte er die Hände nicht mehr zu Fäusten ballen. Er schlug mit den Handflächen darauf los. Und dann kam der Augenblick, in dem er nicht einmal mehr die Arme in die Höhe brachte.
Wehrlos stand er da. Die Fremden sahen ihren Augenblick gekommen. Ein Schlag traf Art an Kinn und Hals zugleich. Art ging zu Boden, und nichts von seinem rastlosen Ungestüm und seinem kalten Zorn war mehr übrig.
Eric Furchtbar wurde nicht eher auf die Dinge aufmerksam, bis ihm jemand berichtete, dass er aus dem Hauptgang des M-Decks wüstes Geschrei gehört habe. Eric schickte jemand hinunter auf das M-Deck, und ein paar Minuten später erfuhr er, dass man Art Cavanaugh bewusstlos aufgefunden hatte, aus mehreren Wunden blutend und das Gesicht geschwollen.
Eric wusste, dass Art allein Dienst in der Funkkabine gehabt hatte. Ken Lodge und Warren Lee hatte er an anderer Stelle eingesetzt. Solange der Funkraum besetzt war, hatte der Funker dort unten die alleinige Kontrolle über die Geräte. Eric hatte keine Ahnung, was in der Zwischenzeit dort unten vorgefallen sein mochte. Er drückte den Schalter, der seine Messinstrumente im Hauptschaltraum befähigte, den Zustand der Geräte unten in der Funkkabine zu überprüfen. Das war reine Routine. Eric hoffte nicht, durch diesen Schritt Auskunft über Arts Erlebnisse zu bekommen.
Aber er sah ziemlich rasch, was geschehen war. Von den Geräten unten in der Funkkabine funktionierte nur noch eines. Das war der Energieverteiler. Er verteilte aber nicht mehr. Ein ungeheurer Strom von Energie ergoss sich geradlinig durch ihn hindurch und wurde an einer Stelle verbraucht, die außerhalb des Messbereichs von Erics Instrumenten lag.
Eric schickte eine Gruppe von vier Männern in den Funkraum hinunter. Außerdem gab er Doc Johannesson den Auftrag, sich um Art Cavanaugh zu kümmern. Die vier Männer meldeten zwei Minuten später, dass im Funkraum alle Geräte ausgefallen waren und dass jemand das Stellrad für die Leistungszufuhr auf den oberen Anschlag gedreht hatte. Eric wies sie an, die Leistungszufuhr zu drosseln. Der Befehl wurde sofort ausgeführt.
Eric beobachtete seine Messinstrumente. Er wartete darauf, dass die Lichtzeiger sich vom oberen Ende der Skalen lösten und wieder auf den Normalwert zurückkehrten. Aber sie taten nichts dergleichen. Sie blieben, wo sie waren, zitternd unter einem gewaltigen Fluss von Energie.
Nur ein paar Augenblicke lang war Eric ratlos. Er kannte seine Station gut genug, um zu wissen, was man mit einem Leitelement anfangen musste, um es außer Funktion zu bringen.
Sie hatten den Energiezufluss geöffnet, indem sie das Stellrad im Funkraum drehten. Und nachdem er geöffnet war, hielten sie ihn aufrecht, indem sie im Generatorenraum dafür sorgten, dass die Aggregate nicht aufhörten zu arbeiten. Der Schalter, den das Stellrad betätigte, war längst nicht mehr intakt. Ob man es nach rechts oder nach links drehte – die Unsichtbaren würden irgendwo genau den Betrag an Leistung abzapfen, den sie brauchten.
Brauchten – wozu?
Eric stellte sich die gleiche Frage, über die Art Cavanaugh eine Weile zuvor nachgedacht hatte. Aber er verlor keine Zeit darüber.
Er befahl den vier Männern, die er ausgeschickt hatte, im Funkraum zu bleiben. Zehn andere schickte er zu den Generatoren. Er gab ihnen den Auftrag, sich zu bewaffnen.
Ebenso wie die vier Mann, die sich um den Funkraum kümmerten, war die neue Zehn-Mann-Gruppe mit tragbaren Interkomen ausgerüstet. Sie blieb ständig mit dem Hauptschaltraum in Verbindung. Leutnant Hynes hatte es sich trotz seines gebrochenen Arms nicht nehmen lassen, die Führung der Gruppe zu übernehmen. Eric hatte ihn gehen lassen, weil er sowieso nicht wusste, wo er die vielen Männer hernehmen sollte, die er im Augenblick brauchte.
Auf dem Weg zum Generatorenraum hinunter war alles ruhig. Wenn sich Fremde in den Gängen der Station aufhielten, dann taten sie nichts, um Eds Gruppe zu behelligen. Unangefochten erreichten die elf Männer die große Halle auf dem untersten Deck der Station, in der die mächtigen, leistungsstarken Generatoren untergebracht waren, die die BOB-XXI mit Energie versorgten.
Ed Hynes' Interkom übertrug ein deutliches Bild der Halle. Eric beobachtete es auf seinem kleinen Bildschirm. Es schien alles in Ordnung zu sein. Die Kontrolllampen auf den Schalttafeln brannten ruhig und grün. Ed Hynes ließ sein Aufnahmegerät eine Runde drehen. Das Bild der vollkommenen Ruhe war überall das gleiche.
»In Ordnung, Ed«, sagte Eric mit rauer Stimme. »Schalten Sie den Generator ab, der die Funkkabine versorgt.«
Ed Hynes bestätigte den Befehl. Eric sah, wie er mit einem Mann aus seiner Gruppe zwischen den mächtigen Aggregaten entlangging und vor einer der Maschinen stehenblieb. Er sah sich um. Der Mann neben ihm hielt seine Waffe schussbereit. Ed hob den Arm und streckte die Hand nach dem Schalthebel aus.
In diesem Augenblick ging es los.
Eric konnte nicht genau sehen, was geschah. Er beobachtete nur, wie Ed Hynes plötzlich zur Seite flog. Der Mann neben ihm fuhr herum. Er konnte ebensowenig jemanden erkennen wie Eric, der vornübergebeugt auf den Bildschirm starrte. Aber er hob den Lauf seiner Waffe und fing an zu schießen.
Mit ungläubigen Augen sah Eric, wie sich mitten im brennendhellen Strahl der Thermowaffe ein rundes schwarzes Loch bildete, als müsse der Fluss elektromagnetischer Energie sich um ein Hindernis herumwinden. Eric beobachtete, wie das Loch zunächst langsam, dann immer schneller vor der Mündung der Waffe zurückwich. Und er begriff den Zusammenhang ebenso schnell, wie Art Cavanaugh ihn eine halbe Stunde zuvor begriffen hatte.
Die Unsichtbaren waren da. Der Energiestrahl der Thermowaffe konnte ihnen nichts anhaben – wenigstens nicht in der Art, in der er normalerweise wirksam wurde. Aber mit dem Strahl war eine mechanische Kraft gekuppelt. Diese Kraft schob den Fremden mitsamt seinem Schirmfeld vor sich her.
Mittlerweile war Ed Hynes wieder auf den Beinen. Er schob seinen Begleiter ein Stück zur Seite und griff ein zweites Mal nach dem Hebel. Diesmal erreichte er ihn mit der Hand. Aber dazu, ihn herunterzuziehen und den Generator auszuschalten, kam er auch jetzt nicht.
Mehrere Dinge geschahen gleichzeitig. Ed Hynes wurde zur Seite geschleudert. Der Mann neben ihm, der immer noch mit seinem Strahler um sich schoss, zuckte plötzlich zusammen und ging mit einem lauten Schrei in die Knie. Die Interkom der Männer, die im Hintergrund warteten, übernahmen die Bildübertragung. Eric beobachtete, wie sie heranstürmten, um den beiden Niedergeschlagenen Hilfe zu leisten. Er sah ihre Gesichter und erkannte den Zorn, der sie erfüllte. Sie hielten die Waffen vorausgestreckt, und einige von ihnen hatten den Finger auf den Abzug gepresst. Eine fauchende Flut heißer Energie schoss vor ihnen her. Es sah alles so aus, als könnten sie innerhalb von Sekunden selbst den mächtigsten Gegner überrennen.
Aber nach zwei Schritten prallten sie gegen eine Wand. Wenigstens sah es so aus, als wäre da eine Wand. Die grellen Strahlbündel, die bisher geradlinig ihren Weg gefunden hatten, wurden plötzlich nach oben und unten abgelenkt. Ein Teil der furchtbaren Hitze prallte auf die Angreifer zurück. Die Männer erkannten nicht schnell genug, dass sich da ein Hindernis vor ihnen aufgebaut hatte. Bevor sie bremsen konnten, rannten sie selbst gegen die Wand. Die vordersten gingen zu Boden. Die anderen wichen zurück, und Eric sah deutlich das Entsetzen in ihren Augen.
Er wusste, dass diese Männer ihn jetzt dort unten brauchten. Er hatte die Station schon halb von Posten entblößt, um den Unsichtbaren das Handwerk zu legen. Es kam nicht mehr darauf an, ob er seinen Platz auch noch verließ.
Der Korporal, den Doc Johannesson wieder auf die Beine gebracht hatte, übernahm wortlos seinen Posten vor dem Kommandopult. Eric Furchtbar öffnete den kleinen Safe neben seinem Sitz und entnahm ihm den kleinen, handlichen Desintegrator. Er schob die Waffe in das Gürtelfutteral und machte sich auf den Weg.
Er lief den Hauptgang des Mitteldecks entlang und schwang sich, eine Hand am Pfosten, in den Antigravschacht hinein. Er stieß sich von der Wand des Schachtes ab, um schneller hinunter zum tiefsten Deck zu kommen. Er prallte ziemlich hart auf, als der Schacht zu Ende war. Aber er fing den Stoß federnd mit den Knien ab.
Auf dem Gang draußen konnte er den Lärm des Kampfes hören. Der Generatorenraum lag rechts. Eric machte seine Waffe schussbereit und lief auf das offene Schott zu. Ein Schwall heißer Luft kam ihm entgegen. Eric verlor für einen Augenblick den Atem. Dann sah er seine Männer auf dem Boden liegen. Maßloser Zorn trieb ihn vorwärts. Die Männer, die bis an die Wand der Generatorenhalle zurückgewichen waren, sahen ihren Kommandanten durch das Schott gestürmt kommen.
Eric schoss. Er sah nichts, worauf es sich zu zielen lohnte. Er hatte den Abzug seiner Waffe auch gar nicht bewusst gedrückt. Es war die instinktive Reaktion eines Mannes gewesen, der sich kopfüber mitten ins Getümmel stürzte.
Lautlos brach der blassgrüne Desintegratorstrahl aus dem Lauf der plumpen Waffe. Eric richtete ihn hierhin und dorthin, dicht über die reglosen Körper der Bewusstlosen hinweg und steil in die Höhe. Er hatte keine Ahnung, ob er irgend etwas damit erreichen würde. Er versuchte es einfach.
Schrille Schreie erfüllten plötzlich die Halle. Sie klangen entsetzlich fremd. Nur eine Sekunde lang war Eric verwirrt und hielt den Strahler auf einen festen Punkt gerichtet. Dann drehte er die Hand weiter und ließ das weit gefächerte Bündel desintegrierter Energie über alles hinwegstreichen, was vor ihm lag.
Er war sich des Nachteils bewusst, den er dem Gegner gegenüber hatte. Sie konnten ihn sehen, aber er konnte nur ahnen, wo sie waren.
Sie würden versuchen, ihn am Schießen zu hindern. Der Desintegrator war offenbar mehr dazu angetan, ihnen Schaden zuzufügen, als ein Thermostrahler. Eric wollte sich umdrehen, um den Männern zuzurufen, dass sie sich alle mit Desintegratoren bewaffnen sollten.
Aber in dieser Sekunde traf ihn der erste Schlag. Einer der Unsichtbaren hatte sich von hinten an ihn herangeschlichen. Eric bekam einen Stoß gegen den Kopf. Er taumelte zur Seite. Doch sofort hatte er sich wieder gefangen.
Er schwang schnell herum und richtete den grünen Strahl auf die Stelle, von der aus der Schlag geführt worden war.
Ein zweiter Schlag traf ihn aus einer ganz anderen Richtung, und diesmal ging er wirklich auf die Knie.
Er sah ein, dass sie keine Aussicht mehr hatten, den Kampf zu gewinnen.
Er zog sich langsam zurück, mit dem Fächer seines Desintegrators fast den ganzen Raum bestreichend. Die Leistung der Waffe war auf den Minimalwert eingestellt. Trotzdem begannen die Schutzverkleidungen der Generatoren zu ächzen, und in ein paar Augenblicken würden sie aus den Fugen gehen und zusammenbrechen.
Es hatte keinen Zweck, entschied Eric. Niemand hatte sie jemals auf den Kampf mit unsichtbaren Fremden vorbereitet. Sie sollten hier draußen Wache halten und der Erde jedes außergewöhnliche Vorkommnis melden. Sie waren nicht dafür bestimmt, die erste Auseinandersetzung mit den Fremden zu führen.
Es gab andere Männer dafür. Die Männer der Abteilung III. Nike Quintos Spezialisten.
Eric drehte sich um.
»Transmitter startbereit!«, schrie er dem Nächstbesten zu.
Der Mann zuckte zusammen. Dann drehte er sich zur Seite und lief, so schnell er konnte, zum Schott hinaus.
Eric versuchte, die Stellung zu halten. Er war sicher, dass der Mann seinen Befehl verstanden hatte. Sie würden die Transmitter startbereit machen. In jedem einzelnen Raum der Station würde das blaue Signal aufleuchten, das bedeutete, dass die Transmitter eingeschaltet waren. Und jedermann würde wissen, was die Stunde geschlagen hatte. Er würde zur Transmitterstation gehen und zusehen, dass er so schnell wie möglich an die Reihe – und in Sicherheit kam.
Es galt nur noch, den Posten hier so lange zu halten, dass die Unsichtbaren nicht auf die Flucht aufmerksam wurden.
Erics rechter Arm wurde müde. Er nahm den Desintegrator in die linke Hand, presste den Zeigefinger tief auf den Auslöser und schoss weiter. Fast automatisch machte die Hand die Pendelbewegungen, die nötig waren, damit der gefächerte Strahl den ganzen Raum vor Eric bestrich.
Hinter ihm machten sich die Männer langsam davon. Sie hatten verstanden, dass die Station aufgegeben wurde. Sie nahmen unter Erics Feuerschutz die Bewusstlosen vom Boden auf und trugen sie mit sich.
Eric stand der Schweiß auf der Stirn. Die Hitze in der Halle war fast unerträglich. Die Luft schien zu flimmern.
Der Gang hinter ihm war jetzt leer. Eric zog sich zurück. Es hatte keinen Sinn, den Posten länger zu halten.
Er versuchte zu erkennen, ob die Fremden ihm in den Gang hinaus folgten. Noch als er unter dem Schott stand, musste er eine Serie von Schlägen abwehren, aber kaum war er draußen im Gang, da ließen sie ihn in Ruhe. Eric feuerte eine letzte Salve durch die Schottöffnung hindurch.
Dann wandte er sich um und lief davon, so schnell ihn seine Beine trugen.
In der Transmitterstation war der Betrieb in vollem Gang. Es gab zwei Geräte, käfigartige Verschläge, die einen Mann nach dem anderen aus der Station hinaus an Bord der JOANN transportierten. Die Schwerverwundeten hatten die BOB-XXI zuerst verlassen. Art Cavanaugh, inzwischen wieder zu sich gekommen und unermüdlich wie immer, stand vor den beiden Kabinen.
Er lächelte, als er Eric erkannte.
»Noch diese beiden hier«, sagte er. »Dann sind nur noch Sie und ich übrig.«
Fast gleichzeitig gaben die beiden Transmitterkäfige einen Summton von sich. Grüne Lampen leuchteten auf. Die Kabinen waren frei und bereit für den nächsten Transport. Die beiden Männer, von denen Art gesprochen hatte, betraten die Transmitter. Art warf den Hauptschalter herum, der die Energie für beide Kabinen freisetzte, und drückte zwei Auslöseknöpfe. Im selben Augenblick waren die beiden Männer verschwunden.
Art trat in eine der Kabinen und schloss die Tür hinter sich. Eric tat die nötigen Handgriffe, und ein paar Sekunden später war der zweitletzte Mann von Bord der BOB-XXI verschwunden.
Eric war mit Absicht bis zuletzt geblieben. Es war ihm plötzlich ein Gedanke gekommen. Er hatte nicht die Absicht, die BOB-XXI für immer aufzugeben. Der Rückzug war nur ein zeitweiliger. Die Transmitter wurden noch gebraucht. Wie aber, wenn der Gegner mittlerweile auch in diesen Raum eingedrungen war und beobachtet hatte, wie die Geräte funktionierten? Würde er sie nicht entweder für seine eigenen Zwecke missbrauchen oder die Geräte zerstören, falls er nichts damit anzufangen wusste?
Eric wollte Sicherheit haben. Er stellte sich mit dem Rücken zu der Kabine auf, die Art Cavanaugh soeben verlassen hatte. Ein letztes Mal brachte er seine Waffe in Anschlag, fächerte die Strahlleistung breit und drückte auf den Abzug.
Blassgrün schoss die vernichtende Energie aus dem gedrungenen Lauf. Eric machte eine leise Drehung mit der Hand – und traf.
Für einen Moment sah Eric die schattenhaften Umrisse des Fremden, dann wurden diese wieder unsichtbar. Sekunden später öffnete sich das Schott wie von Geisterhand bewegt – der Fremde floh aus diesem Raum.
Eric stand auf. Seine Lungen pumpten heftig Luft. Er war sich darüber im klaren, dass er mit zu geringer Intensität geschossen hatte. Der Fremde war entkommen. Und wenn er in der Lage war, terranische Technik zu verstehen, dann würde er schon längst wissen, wozu die beiden Gitterkäfige dienten. Natürlich würde er seinen Artgenossen davon berichten. Sie würden kommen und die Transmitter für ihre eigenen Zwecke benutzen wollen.
Das darf ich nicht zulassen, entschied Eric. Wir brauchen die Geräte selbst.
Er entschloss sich, an Bord der BOB-XXI zu bleiben.