Читать книгу Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband) - Clark Darlton - Страница 9

3.

Оглавление

Die JOANN stand zweihundert Lichtjahre von der BOB-XXI entfernt bewegungslos im Raum. Alle Hyperwellenempfänger waren auf die Beobachtungsstation gerichtet. Wenn die BOB-XXI in Not geriet, würde man es an Bord der JOANN nach einer Sekunde wissen.

Die Ortungsgeräte der JOANN selbst reichten nicht aus, um das Geschehen draußen im sternenleeren Raum zu verfolgen. Die JOANN hatte ihre eigenen Funktionen, eine Beobachtungsstation war sie nicht.

Nike Quinto hatte inzwischen veranlasst, dass stärkere Verbände der terranischen Raumflotte sich am Rand der Galaxis bereit hielten.

Gegen ein Uhr Bordzeit erreichte er mit seinen Männern eine Einigung über die weitere Vorgehensweise während der nächsten zehn Stunden. Larry Randalls Vorschlag, an den Ort der Bombenexplosion vorzustoßen und dort Umschau zu halten, war heftig diskutiert und dann abgelehnt worden. Nike Quinto setzte seine Ansicht durch, wonach man an Ort und Stelle warten und beobachten sollte, wie die Lage sich weiter entwickelte.

Von der BOB-XXI war schon vor mehreren Stunden gemeldet worden, dass draußen im Raum alles wieder ruhig war. Die Explosionen hatten aufgehört, der automatische Sender war verstummt, und die Frage nach dem wahren Leben wurde nicht mehr gestellt.

Für Nike Quinto bedeutete das noch lange nicht, dass der Fall abgeschlossen war. Er würde seine zehn Stunden ruhig abwarten und sich dann erst noch einmal überlegen, ob er die Spur von sich aus aufnehmen oder weiter warten sollte.

Es zeigte sich, dass er recht hatte.

Um ein Uhr dreiundzwanzig meldete die BOB-XXI das Auftauchen eines fremden Raumschiffs aus der Leere zwischen den Milchstraßen.

Die JOANN gab Alarm an die Flottenverbände.

Eric Furchtbar beobachtete das fremde Schiff.

Im Hauptschaltraum befanden sich außer ihm Leutnant Hynes und Korporal Schulmeister. Die Funkbilder aus Art Cavanaughs Kabine wurden auf die Bildflächen des Hauptraums übertragen. Eric Furchtbar konnte sehen, wie das Schiff näher kam und mit dem Bremsmanöver begann.

Er setzte den Hypersender in Betrieb und strahlte ein paar wenig modulierte Signale ab. Die Signale ergaben keinen Sinn. Aber der Fremde würde sie empfangen und irgendeine Antwort geben, die ebenso sinnlos war und nur zeigte, dass er den Anruf empfangen hatte.

Wenigstens erwartete Eric das. Es stellte sich rasch heraus, dass er sich getäuscht hatte. Es kam keine Antwort. Das fremde Schiff setzte sein Bremsmanöver fort. Selbst ein Laie konnte erkennen, dass es ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel, den Kurs zu halten. Es taumelte zur Seite, wurde wieder zurückgebracht, bockte wie ein Pferd und rotierte mit wechselnder Geschwindigkeit um seine eigene Achse. Es war noch zu weit entfernt, um auf dem Optikschirm zu erscheinen. Aber der Hyperorter, gekoppelt mit Spezialortungsgeräten, erkannte klar, dass die äußere Form tropfenförmig war.

Die Energieortung ermittelte, dass der Fremde sich in einem künstlichen Gravitationsfeld bewegte, das ihm den Antrieb ersetzte. Heftige Schwankungen des Feldes wurden festgestellt. Die Generatoren schienen nicht mehr zu funktionieren.

Eric Furchtbar wartete immer noch auf eine Antwort. Sie kam nicht. Er wiederholte die Signale, strahlte andere aus und formulierte schließlich sogar eine Frage in positronischem Kode.

Aber der Fremde blieb stumm. Entweder war niemand an Bord mehr am Leben oder die Unbekannten wollten sich einfach nicht melden. Die erste Möglichkeit erschien nicht besonders wahrscheinlich. Wenn niemand mehr am Leben war, dann musste das Schiff von einer Automatik gesteuert werden. Das war durchaus vorstellbar. Aber nach Erics Ansicht hätte eine Automatik auf die Kursschwankungen des Fahrzeugs schneller reagieren müssen. Die Kurskorrekturen, die der Fremde durchführte, waren äußerst langsam und unbeholfen. Es sah so aus, als säße am Steuer des Schiffes jemand, der von Astrogation wenig Ahnung hatte.

Wenn aber dort drüben noch jemand lebte, warum meldete er sich nicht? Möglicherweise waren alle Funkgeräte ausgefallen, so dass der Fremde nicht antworten konnte.

Aus der Funkkabine wurde Eric ständig darüber auf dem laufenden gehalten, wieviel Zeit bis zum endgültigen Stopp des Schiffes noch vergehen würde.

Es schien ihm, als wäre das fremde Schiff plötzlich ruhiger geworden. Es schlingerte und torkelte nicht mehr. Eric konnte nicht erkennen, ob es sich überhaupt noch bewegte. Er wollte die Funkstation anrufen.

Aber bevor er dazu kam, meldete sich die Energieortung: »Das Gravitationsfeld des fremden Schiffes ist ausgefallen.«

Die Stimme war hastig, und das Gesicht des Mannes auf dem Bildschirm sah verwirrt aus. Eric Furchtbar schüttelte den Kopf. Der Schirm erlosch wieder – und dann erst ging Eric auf, was er da eben gehört hatte.

Das Feld war der Antrieb des Fremden. Wenn das Feld ausgefallen war, dann konnte er nicht mehr manövrieren. Dann behielt er die Geschwindigkeit bei, die er in der letzten Sekunde vor dem Ausfall der Generatoren gehabt hatte. Und natürlich auch den Kurs.

Eric wirbelte mit seinem Sessel herum. Ed Hynes starrte ihn verwundert aus großen Augen an. Eric wollte etwas sagen. Aber ohne Meldezeichen leuchtete das Interkombild auf, und Ken Lodges sich überschlagende Stimme brüllte: »Höchste Gefahr! Der Fremde ist steuerlos. Nähert sich uns auf direktem Kurs mit rund fünfhundert Kilometern pro Sekunde. Berührung in hundert Sekunden!«

Es ist merkwürdig, mit welcher Zielsicherheit das Unterbewusste in Augenblicken höchster Gefahr die Lenkung eines Verstandes übernimmt, der unter bewusster Steuerung längst nicht so schnell arbeiten könnte, wie die Lage es erfordert.

In einer winzigen Zeitspanne entschied Eric Furchtbar, dass es keine Möglichkeit gab, die Gefahr durch einen Beschuss des fremden Schiffes zu beseitigen. Das Anvisieren des Zieles würde zwanzig bis dreißig Sekunden in Anspruch nehmen. Und selbst ein Volltreffer würde nur bewirken, dass an Stelle des kompakten Schiffes die Trümmerstücke mit der Station kollidierten. Bei einer Geschwindigkeit von rund fünfhundert Kilometern in der Sekunde machte das keinen großen Unterschied.

Erics Finger begannen über die Tasten zu rasen. Hier gab es nur noch eine Hoffnung. Die Korrekturtriebwerke der BOB-XXI waren klein und hilflos gegen eine solche Gefahr. Aber sie waren das einzige, womit man die Station bewegen konnte.

Eric sah das Schiff von rechts her auf das Zentrum des Orterschirms zukommen und richtete die Leistung der Korrektoren so, dass sie die BOB-XXI nach links drückten. Verzweifelt hieb er auf die Tasten, drückte kleine Hebel und drehte an Stellknöpfen. Jede Sekunde einmal sah er auf den Orterschirm.

Aber der Lichtpunkt des Fremden kam immer noch auf das Zentrum zu. Er hatte sich um keinen Millimeter aus seiner Bahn bewegt.

Eric konnte nichts mehr tun. Die Hände ruhten. Die Triebwerke leisteten das Höchste, was sie hergeben konnten. Es blieb nur noch die Hoffnung.

Eric starrte den Bildschirm an, als könnte er die Gefahr mit der Kraft seiner Wünsche bannen. Er hatte noch niemals in seinem Leben etwas so kräftig gewünscht wie in diesen Sekunden der tödlichen Gefahr.

Von ganz fern her kam ihm noch einmal der Gedanke, dass er die Besatzung durch die Transmitter schicken konnte, die zwischen der BOB-XXI und der JOANN einen Tunnel durch den Hyperraum für den Fall der äußersten Gefahr bauten. Aber er schob die Idee zurück, ohne sie näher zu betrachten. Die Transmitter waren nicht in Betrieb, und allein der Aufwärmvorgang der Generatoren brauchte dreimal so viel Zeit wie der Station insgesamt noch verblieb.

Sie waren verloren, wenn die Triebwerke es nicht schafften, die BOB-XXI aus der verderbenbringenden Bahn des steuerlosen Schiffes zu treiben.

Noch zehn Sekunden ...

Gebannt beobachtete er den Punkt, wie er mit rasender Geschwindigkeit vom kleinen Kreis zum großen Ball wurde und in der letzten Sekunde über die Ränder des Bildschirms hinauswuchs.

O Gott, er trifft uns voll, war Eric Furchtbars letzter Gedanke.

Dann kam der Aufprall.

In einem donnernden, drohenden Schlag ging die Welt unter. Das letzte, was Eric empfand, war, dass er die Sitzfläche seines Sessels nicht mehr unter sich hatte. Dann traf ihn etwas mit der Wucht eines Dampfhammers an den Schädel, und er verlor augenblicklich das Bewusstsein.

Ron Landry vergrub das Gesicht in den Händen. Er versuchte, nicht an die Männer auf der BOB-XXI zu denken. Aber trotzdem sah er die mattschimmernde Scheibe der Beobachtungsstation, den taumelnden Riesentropfen des fremden Schiffes – und erlebte den Augenblick, in dem die beiden sich ineinanderbohrten und in einer furchtbaren Explosion vergingen.

Schweigen herrschte in dem kleinen Konferenzraum.

Willenlos zählte Ron die Sekunden nach der Katastrophe. Eins – zwei – drei – vier ...

Jemand scharrte heftig mit seinem Stuhl. Das musste Nike Quinto sein, links neben Ron. Laut und deutlich hörte man Nike keuchen.

Und dann seinen Schrei: »Sie sind davongekommen! Die Geräte zeigen noch an!«

Das riss Ron in die Höhe. Mit großen Augen starrte er auf den Bildschirm der Telekomanlage, die die JOANN und die BOB-XXI miteinander verbanden. Es gab kein Bild mehr. Aber quer über die Mattscheibe lief die gezackte Linie des Pausenzeichens, das anzeigte, dass im Augenblick zwischen den beiden Stationen keine Sendung im Gang war.

Man hätte kein Pausenzeichen sehen können, wenn der Sender am anderen Ende der Leitung nicht mehr dagewesen wäre.

Das war es. Wenigstens der Telekomsender der BOB-XXI funktionierte noch. Und da er ein empfindliches Gerät war, bestand Hoffnung, dass auch andere Dinge die Kollision mit dem fremden Schiff unbeschädigt überstanden hatten.

Nike Quinto nahm das Mikrophon zur Hand und rief: »BOB-Einundzwanzig, melden Sie sich! BOB-Einundzwanzig, bitte melden! Hier ruft JOANN!«

Er starrte dabei auf den Bildschirm. Das Zackenmuster blieb. Am anderen Ende der Leitung war niemand, der den Ruf annahm. Der Empfänger an Bord der BOB-XXI blieb ausgeschaltet.

»Wahrscheinlich haben sie gerade ein mächtiges Durcheinander an Bord«, murmelte Nike Quinto, »und die Station ist nicht besetzt.«

Ron bezweifelte das. Und er wusste, dass Nike selbst nicht daran glaubte. Sie beide kannten Eric Furchtbar. An Bord einer Einheit, die Eric befehligte, konnte die Aufregung noch so groß sein – die wichtigsten Posten würden immer besetzt bleiben.

Nike Quinto fuhr fort zu rufen. Als er nach einer Viertelstunde immer noch keine Antwort bekommen hatte, wusste er, dass er nach einer anderen Erklärung suchen musste. Das Telekomgerät an Bord der BOB-XXI funktionierte noch, aber von der Besatzung schien keiner mehr da zu sein.

Es musste das unterbewusste Gefühl der Verantwortlichkeit sein, das Eric Furchtbar als ersten wieder auf die Beine brachte.

Zuerst wusste er nicht, wo er war. Vor seinen Augen verschwamm das Bild eines Raumes, der ihm entsetzlich fremd vorkam. Ihm war übel.

Er bewegte sich vorsichtig und zwang das Bild vor seinen Augen zur Ruhe. Überrascht erkannte er den Hauptschaltraum der BOB-XXI, und in diesem Augenblick erinnerte er sich auch wieder an das, was geschehen war.

Das fremde Schiff. Er hatte es direkt auf die Station zurasen sehen. Wo war es?

Er raffte sich auf. Zum Glück kam er dicht vor einer hohen Schalttafel auf die Beine; denn als er aufrecht stand, brauchte er einen Halt. Er hatte sich niemals in seinem Leben so elend gefühlt.

Wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung, dachte er dumpf. Es machte ihm nichts aus. Er würde sich ein paar Tage ins Bett legen, wenn es an der Zeit war. Jetzt musste er zuerst herausfinden, was geschehen war.

Er schaute sich um. Am anderen Ende des Raumes lagen zwei dunkle Gestalten langgestreckt auf dem Fußboden. Leutnant Hynes und der wachhabende Korporal. Eric schleppte sich hinüber. Er konnte im Augenblick nichts anderes tun als festzustellen, dass beide Männer noch atmeten. Das war das Wichtigste. Halbwegs beruhigt wandte er sich ab und kehrte zu seinem Platz zurück.

Die Hyperortung arbeitete noch. Eric drehte an ein paar Knöpfen, um die Fokussierung nachzustellen. Das Glück half ihm dabei. Er brauchte nicht einmal eine Minute, da hatte er das fremde Schiff wieder im Bild.

Es entfernte sich von der BOB-XXI. Eric fühlte sich zu elend, als dass er sich darüber hätte freuen können. Aber er fing an, aus der Begegnung des Bildpunkts auf dem Schirm den jetzigen Kurs des Fremden zu errechnen. Das Ergebnis, das er nach fünf Minuten bekam, war nicht sonderlich genau. Aber es zeigte deutlich, dass die Bahn des unbekannten Raumschiffs an der Stelle, an der die BOB-XXI stand, einen scharfen Knick zeigte.

In Erics Schädel führten Gedanken und Schmerzen einen bunten Tanz auf. Aber Eric fing langsam an, zu begreifen. Die Korrekturtriebwerke hatten die BOB-XXI nicht vollständig aus dem Kurs des Fremden gebracht. Aber sie hatten verhindert, dass die Kollision zu einem Volltreffer wurde. Das fremde Schiff hatte den Feldschirm der Station gestreift, und beide, das Schiff und die Station, waren zur Seite geschleudert worden. Der Feldschirm hatte den größten Teil der mitgeteilten Energie absorbiert. Aber der rein mechanische Ruck des Aufpralls war im Innern der Station zu spüren gewesen.

Nachträglich atmete Eric auf. Es hätte alles viel schlimmer kommen können. Er sah auf die Uhr. Es war vierzehn Uhr fünfunddreißig Bordzeit. Er hatte eine gute Stunde bewusstlos gelegen. Die JOANN fiel ihm ein. Quinto würde sich den Kopf darüber zerbrochen haben, was mit der Station los war.

Eric horchte in den Raum hinein. Es war alles still.

Er vergewisserte sich, indem er die einzelnen Stationen der Reihe nach anrief. Niemand meldete sich. Die Geräte dagegen schienen alle noch in Ordnung zu sein.

Neue Besorgnis erfüllte Eric. Der Aufprall war kräftig genug gewesen, um jemand, der in ungünstigem Winkel von den Beinen gerissen wurde, zu töten. Er musste nachsehen. Er musste vor allen Dingen Doc Johannesson auf die Beine bringen, damit er nach den Verwundeten sah. Und verwundet waren sie wohl mehr oder weniger alle.

An der Wand entlang ging er zum Schott. Er musste wenigstens Johannesson finden und ihn auf die Füße stellen. Was danach kam, war ihm egal. Er fühlte sich nicht einmal mehr dafür verantwortlich, dass die JOANN Bescheid bekam.

Die Gefahr war vorüber. Er war sich dessen bewusst, dass er selbst die endgültige Katastrophe verhindert hatte. Und er meinte, dass Nike Quinto ihm das ruhig zugute halten konnte.

Das Schott fuhr vor ihm zur Seite. Er trat auf den Gang hinaus. Im Innern der Station war es beängstigend ruhig.

Trotzdem hatte Eric das Gefühl, dass irgendwo in der Nähe sich jemand bewegte.

In der Funkstation war Art Cavanaugh gerade dabei, die Augen aufzuschlagen, als Eric Furchtbar ihn fand.

Im Funkraum hatte der Zusammenprall sich stärker ausgewirkt als in der Zentrale. Gerissenes Glassit lag auf dem Boden herum, ein paar Geräteskalen waren dunkel, die Lichtzeiger erloschen. Aber die wichtigsten Instrumente, davon überzeugte Eric sich mit einem Blick, waren noch betriebsbereit.

Ken Lodge und Warren Lee lagen bewusstlos vor dem Telekomaggregat. Kens Stirn war aufgeplatzt und hatte heftig geblutet. An Warren war zunächst keine Verletzung zu erkennen. Er atmete, das war die Hauptsache.

Art Cavanaugh lag etwa in der Mitte des Raumes. Eric fragte sich, wie er dahingekommen war. Denn er war bewusstlos, und das Bewusstsein konnte er schließlich nur bei einem Anprall gegen eine der Wände verloren haben.

Art Cavanaugh wusste ziemlich schnell, wo er war. Er erkannte Eric und fuhr in die Höhe. Die Bewegung schien ihm nicht gut zu bekommen. Er schloss die Augen für ein paar Sekunden und verzog das Gesicht vor Schmerz.

»Langsam, Mann«, ermahnte ihn Eric. »Lassen Sie sich Zeit. Wir haben's jetzt nicht mehr so eilig.«

Art kam auf die Knie.

»Danke«, keuchte er. »Aber ich schaffe es schon.«

Er stand auf. Er schwankte ein wenig, aber er konnte sich ohne fremde Hilfe auf den Beinen halten.

»Wie fühlen Sie sich?«, fragte Eric.

Art brachte ein mattes Lächeln zuwege. »Miserabel, wenn ich ehrlich sein soll. Was ist geschehen?«

Eric erklärte es ihm mit kurzen Worten. Er sagte nur: »Die Triebwerke schafften es gerade noch.« Er erwähnte nicht, wer es fertiggebracht hatte, die Korrektoren in weniger als zwei Minuten auf Höchstleistung zu schalten und ihnen noch auf die Bogenminute genau den richtigen Kurs anzugeben.

»Wie haben jetzt zwei Dinge zu tun«, schloss Eric. »Erstens müssen wir den Arzt finden, damit er nach den Männern sieht, und zweitens muss die JOANN Bescheid bekommen. Übernehmen Sie die JOANN, ich suche nach Johannesson.«

»Selbstverständlich«, antwortete Art und wandte sich um, um den Telekom einzuschalten.

Fatalerweise hatte der Zusammenstoß Doktor Johannesson ziemlich übel mitgespielt. Als Eric Furchtbar ihn in einem der Geschützstände fand, war sein Gesicht so voller Schrammen und Blut, dass Eric ihn nur an seinem Rangabzeichen erkannte.

Er versuchte, ihn zum Bewusstsein zurückzubringen. Aber bevor ihm das gelang, war die Hälfte der Mannschaft von selbst wieder auf die Beine gekommen. Johannesson brauchte eine geraume Weile, bevor er verstand, was eigentlich passiert war. Aber als er es endlich begriffen hatte, machte er sich willig an die Arbeit, obwohl seine eigenen Schmerzen heftiger sein mussten als die der meisten anderen Männer. Die Erschütterung hatte ihn gegen den Strahlschutzverschluss des großen Desintegrators geschleudert, und die aus dem Verschluss herausragenden Strahlungsmessgeräte hatten ihre Spur in seinem Gesicht hinterlassen. Als Johannesson sich in einem Spiegel betrachtete, murmelte er lakonisch: »Muss später operiert werden. Gibt beachtliche Narben.«

Dann ließ er sich seine Instrumente reichen und machte sich an die Arbeit.

Es stellte sich heraus, dass niemand an Bord der BOB-XXI wirklich ernsthaft zu Schaden gekommen war. Ein doppelter Beinbruch war der schlimmste Fall von Verletzung. Die Mannschaft konnte von Glück sagen, dass sie einen Kommandanten hatte, der im Augenblick der höchsten Gefahr so blitzschnell und zielbewusst zu reagieren verstand.

Die JOANN war inzwischen verständigt. Art Cavanaugh berichtete, er hätte Nike Quinto vor Erleichterung seufzen hören.

»Das kann zweierlei heißen«, meinte Eric daraufhin ungerührt. »Entweder wir haben ihn die ganze Zeit über falsch eingeschätzt, oder er hat vor lauter Aufregung den Verstand verloren.«

Eric selbst fühlte sich im Augenblick nicht mehr so miserabel wie in den ersten Minuten. Er kehrte zum Hauptschaltraum zurück und traf dort wieder auf Doc Johannesson, der eben dabei war, Leutnant Hynes' Arm zu behandeln. Ed Hynes saß aufrecht in einem Sessel.

»Schmerzen?«, fragte Eric.

Ed Hynes lachte. »Keine Spur. Der Doc hat mir ein halbes Dutzend Spritzen gegeben, und in einer muss wohl eine kräftige Dosis Alkohol gewesen sein. Ich fühle mich wie nach dem fünften Glas.«

Eric lachte mit. Dann ging er an seinen Platz. Ed Hynes sah ihm hinterdrein und dachte, dass der alte Furchtbar so furchtbar eigentlich gar nicht war.

Eric fokussierte die Ortereinrichtung neu. Im Augenblick war er noch auf sich selbst angewiesen. Die meisten Männer waren auf Anordnung des Arztes dabei, sich auszuruhen und die Wunden zu pflegen. In den Beobachtungsräumen wurde nur ein Notdienst versehen. Eric hatte gezögert, dazu seine Zustimmung zu geben, aber da im Augenblick von Gefahr keine Spur zu erkennen war, hatte er schließlich eingewilligt. Er drehte so lange an den Stellknöpfen, bis er den Bildpunkt des fremden Schiffes wieder ins Blickfeld bekam.

Eric erschrak im ersten Augenblick. Aber dann sah er, wie der hellgrüne Lichtpunkt auf seinem Schirm hin und her hüpfte, und begriff, dass er von dem Objekt dort draußen keine Gefahr mehr zu fürchten brauchte. Das fremde Schiff war mittlerweile vollständig aus der Kontrolle geraten. Die Antigravgeneratoren feuerten willkürlich nach allen Richtungen. Nur die Endgeschwindigkeit, die es nach dem Beinahezusammenprall gehabt hatte, gab dem sinnlosen Umherhüpfen eine gewisse Vorzugsrichtung – nämlich von der BOB-XXI fort. Bei dem Beinahezusammenprall schien das Schiff beträchtlich an Fahrt verloren zu haben, sonst wäre es jetzt schon weiter entfernt gewesen.

Wie mochten die Wesen aussehen, die an Bord des Schiffes gelebt hatten? Wo waren sie hergekommen?

Warum waren sie gekommen?

Und mit wem hatten sie sich dort draußen herumgeschlagen?

In Gedanken verloren starrte Eric vor sich hin. Er sah die Knöpfe und Hebel an seinem Schaltpult nicht in Wirklichkeit. Aber er zuckte zusammen, als ihm bewusst wurde, dass sich da eben etwas bewegt hatte.

Er schrak auf und studierte die Schaltknöpfe. Hastig fuhr der Blick an der Reihe der Schalter entlang. Einen nach dem anderen untersuchte er und fand, dass er sich in der richtigen Stellung befand. Eric beruhigte sich rasch wieder. Er durfte nicht vergessen, dass er wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Der Himmel mochte wissen, wie viele falsche Sinneseindrücke ein erschüttertes Gehirn aus sich heraus produzierte.

Er wollte sich wieder zurücklehnen, als er die Bewegung ein zweites Mal wahrnahm. Diesmal hatte er zufällig auf die richtige Stelle geschaut.

Der große Drehknopf für die Energiezufuhr des Telekoms.

Eric sprang auf. Mit einem wilden Ruck schoss die Hand nach vorne und packte den Knopf, um ihn in die Ruhestellung zurückzudrehen.

Aber da war Widerstand. Zornig nahm Eric beide Hände zu Hilfe. Die Knöchel traten weiß aus der Haut hervor, als die Finger sich spannten und den Knopf herumzuzerren versuchten. Aber der Knopf rührte sich nicht.

Eric kroch halb auf das Schaltpult hinauf, um in eine günstigere Position zu kommen. Er setzte zum dritten Versuch an, und es gelang ihm, den Knopf um ein paar Grad wieder auf die Ruhestellung zuzubewegen. Aber bevor er den endgültigen Erfolg erzielte, geschah etwas Eigenartiges.

Über beide Handrücken zog sich plötzlich eine blutige Strieme, als hätte sie jemand mit einem scharfen Messer geritzt. Das alles ging so schnell, dass Eric nicht einmal sah, ob der Schnitt rechts begann und nach links lief oder umgekehrt.

Er spürte aber den brennenden, pulsierenden Schmerz und ließ mit einem zornigen Schrei den Drehknopf los.

Eric fuhr herum. Doc Johannesson war immer noch mit Ed Hynes beschäftigt. Der Korporal saß matt und mit bleichem Gesicht in einem weichen, bequemen Sessel. Von keinem war Hilfe zu erwarten. Aber ...

Ein verrückter Gedanke schoss Eric durch den Kopf. Wenn jemand dem Telekom Energie zuleitete, dann konnte das nur bedeuten, dass er den Sender in Betrieb nehmen wollte.

Der weitaus größere Teil des Leitsystems befand sich unten in der Funkkabine. Mit zwei, drei Tastendrücken stellte Eric eine Interkomverbindung her. Er hatte nicht viel Hoffnung, dass sich jemand melden würde. Denn die Empfängeranlagen waren automatisch zum Kommandoraum durchgeschaltet, und die drei Funker pflegten ihre Wunden.

Trotzdem leuchtete der kleine Bildschirm auf, und Art Cavanaughs faltiges Gesicht erschien. Er atmete auf.

»Überprüfen Sie den Telekom, Sergeant!«, rief Eric. »Sofort!«

Art kniff die Augen zusammen und sprang auf. Für eine halbe Minute war er verschwunden, und Eric sah auf dem Bildschirm nur die Rücklehne des Drehsessels, auf dem Art gesessen hatte.

Dann kehrte der Funker zurück.

»Alles in Ordnung«, erklärte er ernst. »Leistungszufuhr null, die Geräte alle intakt.«

»Leistungszufuhr null ...?«

Ungläubig starrte Eric auf den Drehknopf auf seinem Schaltpult. Er hatte gesehen, wie die Leistungszufuhr eingeschaltet wurde. Dass er sie wieder ausschalten wollte, hatte ihm nachweislich zwei schmerzliche Schnitte quer über die Handrücken eingebracht. Und jetzt behauptete Cavanaugh ...

Da sah er, dass der Drehknopf wieder auf Null stand.

Er holte tief Luft. War er wirklich verrückt?

Er stieß den Atem aus und betrachtete die Hände.

Die Schnitte waren noch da, und Blut sickerte aus ihnen hervor.

Er war nicht verrückt. Jemand hatte ihn geschnitten. Derselbe, der den Drehknopf zunächst in die Höhe und dann, während er mit Cavanaugh sprach, wieder auf Null gedreht hatte.

»Überprüfen Sie die Tätigkeit des Senders während der letzten zehn Minuten, Sergeant«, war Erics nächster Befehl.

Art Cavanaugh bestätigte die Anweisung und verschwand wieder aus dem Blickfeld. Eric wusste, dass Art zehn Minuten brauchen würde, um die automatischen Aufzeichnungen des Sendegeräts zu studieren und herauszufinden, was geschehen war. In der Zwischenzeit war Eric eine andere Idee gekommen. Er speicherte die Verbindung mit Art Cavanaugh auf einer Meldeleitung und rief den Geräteraum an. In seiner Aufregung dachte er ein paar Augenblicke nicht daran, dass der Notdienst keine Besetzung des Geräteraums vorsah. Es fiel ihm wieder ein, als sich niemand meldete. Voller Ungeduld wollte er schon abschalten, als der Bildschirm noch im letzten Augenblick aufleuchtete und das vor Schmerz verbissene Gesicht eines der Wachhabenden ihn anschaute.

Eric war wieder der alte. Angesichts der Gefahr, in der sich die Station vielleicht befand, hatte er keinen Grund, auf die Schmerzen des Mannes dort unten Rücksicht zu nehmen.

»Überprüfen Sie den Atmosphärenumsatz an Bord für die letzten zwei Stunden!«, befahl Eric, und seine Stimme klang so hart, wie jedermann sie aus der Zeit vor dem Unfall gewohnt war.

»Jawohl«, antwortete der Mann und wandte den Kopf zur Seite. »Im Augenblick ist die Zusammensetzung der Bordatmosphäre ...«

Er unterbrach sich mitten im Satz.

»Na, was ist sie denn?«, fragte Eric ungeduldig. »Normal, wollten Sie sagen, nicht wahr?«

Der Mann sah Eric hilflos an, »Wollte ich sagen, ja.«

»Aber ...?«

»Wir haben Sauerstoff verloren. Wahrscheinlich ein Leck ...«

»Keine voreiligen Schlüsse«, unterbrach ihn Eric. »Prüfen Sie den Stickstoffgehalt!«

»Normal«, antwortete der Techniker ohne Zögern.

»Was für ein Leck müsste das sein«, fragte Eric spöttisch, »das nur Sauerstoff, aber keinen Stickstoff hinauslässt?«

Der Mann war ratlos. Eric sah es und gab ihm einen neuen Auftrag. »Machen Sie eine Kohlendioxydanalyse, rasch!«

Der Bildschirm wurde leer. Die Analyse würde rasch beendet sein. Der Techniker brauchte nur einen Knopf zu drücken und ein Instrument abzulesen. Der CO2-Gehalt der Bordatmosphäre wurde nicht von ständig anzeigenden Geräten registriert. Er war, im Vergleich zum Stickstoff- und Sauerstoff-Gehalt, minimal und außerdem ziemlich unwichtig.

Aber jetzt ...

Der Techniker kam zurück, und sein Gesicht war rot vor Aufregung. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn.

»Übernormal«, stieß er hervor. »Die Aufbereitung ...«

Eric war plötzlich sehr ruhig. Seine Vermutung hatte sich bewahrheitet. Für eine oder zwei Sekunden fühlte er Befriedigung darüber. Dann kam ihm rasch und klar zum Bewusstsein, dass es viel vernünftiger war, Besorgnis wegen der neuen Gefahr zu empfinden als Befriedigung wegen einer bestätigten Theorie.

»Ich sagte schon einmal – keine voreiligen Schlüsse«, warnte er den Mann kühl. »Kommt der Zuwachs an CO2 für den Verlust an O2 auf?«

Der Techniker brauchte nur einen Augenblick lang nachzudenken. »Jawohl. Fast auf das Zehntelprozent genau.«

»Danke. Ich brauche keine weitere Auskunft.«

Er schaltete ab. Einen Atemzug später fiel ihm ein, dass eine ganz bestimmte Auskunft vielleicht doch wichtig gewesen wäre. Wieviel Sauerstoff war verloren? Wenn er die Zeit mit rund zwei Stunden annahm und die Atemrate gleich der eines Menschen setzte, dann konnte er daraus errechnen, wie viele ...

Er verwarf den Gedanken wieder. Die zwei Stunden waren durch nichts belegt, und die Atemrate gleich der eines Menschen zu setzen war noch viel willkürlicher. Er hatte keinen Anhaltspunkt dafür.

Er überlegte sich, ob vielleicht nicht doch die Aufbereitungsanlage ausgesetzt hatte. Er kannte ihren Mechanismus im großen und ganzen. Sauerstoff wurde von menschlichen Lungen verbraucht und Kohlendioxyd dafür abgegeben. Mit der Zeit verschwand also der Sauerstoff aus einer nicht regenerierten Atmosphäre und wurde durch Kohlendioxyd ersetzt. Die Aufbereitungsanlage an Bord der BOB-XXI spaltete das Kohlendioxyd – in mehreren Schritten natürlich – in reinen Sauerstoff und Graphit. Der Sauerstoff wurde der Bordatmosphäre wieder zugeführt, der Graphit wurde gespeichert und den dreimonatlichen Versorgungsschiffen mitgegeben. Auf der Erde bestand hohe Nachfrage nach reinstem Graphit, und für ein Raumfahrzeug bedeutete es nur unnötigen Ballast.

Wie das auch immer war – die Aufbereitungsanlage war eines der unempfindlichsten Geräte, die es an Bord gab. Wenn die sensitiven Relais des Interkoms dem Aufprall standgehalten hatten, dann hatte es die Aufbereitung allemal. Es gab keinen Anlass anzunehmen, dass sie beschädigt worden sei.

Dann allerdings gab es nur noch eine einzige Erklärung für das merkwürdige Verhalten der Bordatmosphäre.

Der Funkraum meldete sich wieder. Hastig schaltete Eric ein. Art Cavanaugh war normalerweise ein sehr beherrschter Mann. Aber jetzt sah man seinem Gesicht an, dass etwas Merkwürdiges geschehen sein musste.

»Da ist eine Sendung ausgestrahlt worden!«, stieß er hervor.

Es schien ihn zu überraschen, dass Eric nur gleichgültig nickte.

»Kode?«, fragte Eric knapp.

»Nicht erkennbar.« Er machte den Mund auf, als wollte er noch etwas sagen, schwieg aber dann.

Eric bemerkte es.

»Sagen Sie's ruhig«, forderte er Art auf.

»Es ist nur eine Vermutung«, sprudelte Art hervor, »und man müsste es durch die Auswertung nachprüfen lassen. Aber die Modulation sieht ungefähr so aus wie die der unverständlichen Sendung, die wir vorhin stundenlang empfangen haben.«

Eric nickte auch dazu.

»Wie lang ist die gesamte Sendung?«, wollte er wissen.

»Zwölf bis dreizehn Sekunden.«

»Konnten Sie Wiederholungen feststellen?«

»Nein.«

»Waren Sie während dieser Zeit im Funkraum?«

»Jawohl.«

»Haben Sie etwas Auffälliges bemerkt?«

Art dachte eine Weile nach.

»Nein«, antwortete er, immer noch zögernd. »Ich – ich habe in der letzten Zeit des öfteren das Gefühl, es wäre jemand in meiner Nähe. Ich sehe mich dann gewöhnlich um, aber jedes Mal ist alles so, wie es sein sollte. Es ist niemand hier im Raum außer mir.« Er lächelte schwach. »Es scheint eine Art permanente Halluzination zu sein.«

Eric schüttelt den Kopf. »Sie brauchen keine Angst zu haben, Art. Es ist keine Halluzination.«

Dann schaltete er das Mikrophon aus.

Er spürte ein merkwürdiges Verlangen, sich mit seinem Sessel umzudrehen und die lange Halle des Hauptschaltraums mit dem Blick zu inspizieren. Er tat es. Er schaute an den Wänden entlang. Er beobachtete Doc Johannesson, wie er Ed Hynes den endgültigen Verband anlegte, und wartete darauf, dass ihm eines der Instrumente aus der Hand genommen würde. Aber nichts geschah.

Trotzdem wusste Eric ganz genau, dass sie da waren.

Er drehte sich wieder um und ließ die Positronik einen Eilspruch an die JOANN in Kode fassen. Der Spruch war nur ein paar Worte lang. Die Positronik selbst brauchte nicht einmal eine Hundertstelsekunde, um die Worte zu kodifizieren. Einlege- und Auswurfmechanismus arbeiteten jedoch langsamer. Eric Furchtbar musste volle drei Sekunden auf die Schablone warten.

Er führte die Schablone dem Sender zu.

Und kurze Zeit später verließ ein höchst merkwürdiger Spruch die Hyperantennen der Beobachtungsstation. Nicht ohne Vergnügen stellte Eric sich Nike Quintos Gesicht vor, wenn er die Nachricht las.

»Unsichtbare Fremde an Bord der BOB-XXI!«

Perry Rhodan 16: Die Posbis (Silberband)

Подняться наверх