Читать книгу Perry Rhodan 26: Kontrollstation Modul (Silberband) - Clark Darlton - Страница 8
2.
ОглавлениеDie SJ-4C glitt in das normale Raum-Zeit-Kontinuum zurück. Das Diskusschiff war bereits in den Sternennebel von Andro-Beta eingedrungen. Redhorse beugte sich auf seinem Sitz nach vorn. Auf den Ortungsgeräten erschienen zahlreiche bewegliche Impulse, die entweder von Mobys oder von Schiffen der Blaurüssel kamen. Sie waren jedoch alle zu weit entfernt, um der Jet gefährlich werden zu können. Der Lärm, der aus den Empfängern der Hyperfunkanlage drang, ließ Redhorse bezweifeln, dass es Doutreval gelingen würde, die Peilung ihres Zieles zu halten. Er blickte zu Doutreval hinüber. Der Funker machte einen angespannten Eindruck, doch er winkte Redhorse zu, zum Zeichen, dass sie den Peilimpuls noch nicht verloren hatten.
»Fremdobjekte von rechts, Sir!«, rief Whip Gilliam, der die Raumortung beobachtete.
Redhorse fuhr herum. Ein glitzernder Punkt huschte über die Bildschirme. Redhorse sah, dass das Ding rasch näher kam.
»Wahrscheinlich ein Moby«, sagte er ruhig. Er beschleunigte die Jet und jagte sie in den Linearraum zurück. Die Bildschirme wurden dunkel.
»Zielgebiet weiterhin angepeilt!«, gab Doutreval bekannt.
Olivier Doutreval kannte bis auf Whip Gilliam jeden der Männer, die mit ihm in die SJ-4C gekommen waren. Surfat war ein Original, das innerhalb des Flaggschiffes gut bekannt war. Auch Bradon war eine markante Persönlichkeit geworden, seit man ihn Major Bernard unterstellt hatte. Am besten kannte Doutreval Captain Redhorse. Doutreval war bei den Männern gewesen, die zusammen mit Redhorse einen Shift durch eine Eiszone im Innern des Planeten Horror gezogen hatten. Solche Erlebnisse konnten Männer aneinander binden.
Doutreval war achtunddreißig Jahre alt, und er hätte längst Cheffunker sein können, wenn er die Offizierslaufbahn eingeschlagen hätte. Er wusste jedoch, dass er nie von anderen das fordern konnte, was er selbst nicht in vollem Maße zu geben bereit war: Disziplin.
Olivier Doutreval war ein Mann ohne Vorurteile; er besaß zu viel Phantasie, um sein Denken ausschließlich Dingen zu widmen, die im Handbuch der Solaren Flotte niedergeschrieben waren.
Natürlich gab es Offiziere, die Doutreval glichen – Redhorse, zum Beispiel. Doch der Captain war ein Indianer; ein Mann, der nötigenfalls seine wahren Gedanken hinter der Maske eines unbewegten Gesichts verbergen konnte. Das war für Doutreval nicht möglich. Das Herz des Funkers lag auf der Zunge, wie man ihm nachsagte.
Doutreval nahm eine Feineinstellung an den Empfängern des Hyperfunkgerätes vor und lehnte sich dann aufatmend zurück. Die Gefahr, dass die Peilimpulse verlorengingen, war jetzt vorüber.
Unauffällig blickte der Funker zu Surfat hinüber. Äußerlich war dieser Surfat nur ein dicker, schlampig aussehender und schwitzender Korporal, der seine Angst vor der fremden Umgebung des Weltraums ständig in einer Flut von Worten zu ertränken suchte. Brazos Surfat war mindestens zehnmal Sergeant gewesen, und genauso oft hatte man ihn wieder degradiert.
Und doch war Brazos Surfat ein zuverlässiger Mann. Ebenso wie Chard Bradon, der Tag für Tag mit den Eigenheiten Major Bernards zu kämpfen hatte. Er war noch ziemlich jung, dieser Bradon, überlegte Doutreval und versuchte sich an seine eigene Jugend zu erinnern, die unglaublich weit in der Vergangenheit zu liegen schien.
Der einzige Mann, über den sich Doutreval kein Urteil bilden konnte, war Whip Gilliam. Doutreval vertraute jedoch auf Redhorses Fähigkeit, einen Menschen richtig einzuschätzen.
»Wie sieht es aus, Olivier?«, drang Redhorses Stimme in Doutrevals Gedanken.
»Gut, Captain«, erwiderte Doutreval. »Wir fliegen jetzt direkt ins Zielgebiet hinein.«
Brazos Surfat kam zu den Bildschirmen. »Glauben Sie, dass man schon nähere Einzelheiten erkennen kann, wenn wir den Flug innerhalb der Halbraumzone unterbrechen, Captain?«, fragte er.
»Es kommt darauf an, was Sie erwarten«, entgegnete Redhorse. »Es ist immerhin möglich, dass die Sendestation auf einem kleinen Asteroiden montiert ist. Dann wird es noch einige Zeit dauern, bis wir sie finden. Auch dann, wenn wir auf ein größeres Sonnensystem stoßen sollten, wird es nicht einfach sein, den Sender bei den ständig durchdringenden Störgeräuschen zu lokalisieren.«
»Es gefällt mir nicht, dass wir unter Umständen längere Zeit in der Nähe einer Hyperfunkanlage des Gegners verbringen sollen«, sagte Surfat.
»Dann hätten Sie sich nicht freiwillig für dieses Unternehmen melden sollen«, warf ihm Redhorse vor.
»Freiwillig?«, schnaubte Surfat entrüstet. »Mit Händen und Füßen habe ich mich dagegen gewehrt, an diesem Kommando teilzunehmen. Glauben Sie wirklich, Sir, dass ich mein Leben freiwillig aufs Spiel setzen würde?«
Redhorse enthielt sich einer Antwort, denn die SJ-4C hatte inzwischen jenen markanten Punkt erreicht, den sie anfliegen sollte, und kehrte in den Normalraum zurück. Auf den Bildschirmen wurden wieder die Sternenballungen Andro-Betas sichtbar. Der Reliefschirm, auf dem während des Linearfluges die Zielsonne sichtbar war, erlosch.
Redhorse konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das Zielgebiet. Doch es war Doutreval, der etwas entdeckte, was zuvor auf dem Schirm nicht zu erkennen war. Der Zielstern entpuppte sich als eine Konstellation von drei Sonnen, die, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, in einer Linie angeordnet waren. Er machte Redhorse darauf aufmerksam.
»Drei rote Riesensonnen«, äußerte Redhorse beeindruckt. »Bestimmt ist es kein Zufall, dass sie eine derart ungewöhnliche Konstellation bilden.«
»Denken Sie an die verschiedenen Transmitterstationen, Captain«, sagte Chard Bradon. »Auch dort fanden wir rätselhafte Sterngruppen.«
»Ich denke immerzu daran«, sagte Redhorse grimmig. »Wahrscheinlich haben sich die Meister der Insel auch für ihre Sendestationen einige Todesfallen ausgedacht.«
»Zum Glück brauchen wir uns die Sache nur aus der Ferne anzusehen«, sagte Surfat.
»Ein bisschen näher müssen wir noch heran«, widersprach Doutreval. »Von hier aus ist der Standort nicht auszumachen.«
Der Lärm, der aus den Funkempfängern der Space-Jet kam, hatte nicht nachgelassen. Die Störsender ächzten, pfiffen und heulten, so dass sich Redhorse fragte, wie Doutreval überhaupt die regelmäßigen Impulse in ihrem Zielgebiet registrieren konnte.
Mit annähernd Lichtgeschwindigkeit raste die SJ-4C auf die drei roten Sonnen zu. Weitere Berechnungen wurden durchgeführt. Der Computer ermittelte, dass der Abstand zwischen den Sternen genau acht Milliarden 577 Millionen Kilometer betrug.
Surfat gab der mysteriösen Konstellation den Namen Tri-System. Die Sonnen wurden mit Tri I bis III bezeichnet. Es war jedem Raumfahrer an Bord des Diskusschiffes klar, dass dieses System nicht auf natürliche Weise entstanden sein konnte. Alles deutete darauf hin, dass die mächtigen Meister der Insel auch hier ihre Hände im Spiel hatten.
»Glauben Sie, dass wir die richtige Sendestation gefunden haben?«, fragte Bradon bedrückt.
Redhorse konnte die Unsicherheit des jungen Mannes verstehen. Der Anblick der roten Riesen, die auf den Bildschirmen immer größer wurden, konnte den Glauben an die terranische Überlegenheit erschüttern. Ein Junge wie Bradon besaß diesen idealistischen Glauben.
»Warten wir ab«, beantwortete Redhorse Bradons Frage ausweichend. »Dies ist nur einer von neun markanten Punkten. Es kann sein, dass es in den Operationsgebieten der anderen Jets noch verrückter aussieht.«
»Das bezweifle ich«, sagte Gilliam. »Wir haben die Station gefunden, die für das Aufleben der Mobys verantwortlich ist.«
Bradon drehte sich verwundert zu dem Sergeanten um.
»Haben Sie plötzlich Ihre Sprache wiedergefunden?«, fragte er spöttisch.
»Was für eine blödsinnige Frage«, konterte Gilliam. »Dabei fingen Sie gerade an, mir sympathisch zu werden.«
Bradon wandte sich wütend von ihm ab.
»Warum sind Sie so sicher?«, fragte Doutreval den Sergeanten.
»Eine künstliche Konstellation von drei Sonnen ist auch für die Meister der Insel bestimmt eine gewaltige Arbeit. Das würden sie niemals für einen Pseudosender tun.«
»Vielleicht hat Whip recht«, sagte Surfat. »Dann wird es Zeit, dass wir unsere Geschwindigkeit herabsetzen oder umkehren.«
»Setzen Sie sich, Brazos«, befahl Redhorse. »Oder versuchen Sie wenigstens, Ihre Angst für sich zu behalten.«
Für einige Minuten blieb es innerhalb der Kommandokanzel still. Redhorse ließ die Positronik ständig neue Berechnungen ausführen. Doutreval half ihm bei der Auswertung. Es bestanden jetzt keine Zweifel mehr, dass einer der neun Sender innerhalb des Tri-Systems montiert war. Redhorse überlegte angestrengt, wo sie die Station finden könnten. Vielleicht kreiste sie als künstlicher Satellit um eine der drei Sonnen. Doch dann hätte die Intensität der Impulse in regelmäßigen Abständen nachlassen müssen, wenn der Sender vom Standpunkt des Diskusschiffes aus hinter der Sonne verschwand. Dies war jedoch nicht der Fall. Eine weitere Möglichkeit war, dass der Sender still im Raum stand. Redhorse glaubte nicht daran, dass die Sonnen etwas mit den Funksignalen zu tun hatten, obwohl er diese Idee nicht außer acht lassen durfte.
Das Tri-System lag rund 2500 Lichtjahre vom Standort der terranischen Schiffe im Leerraum entfernt. Redhorse war fast sicher, dass die SJ-4C von allen neun Diskusschiffen die weiteste Strecke zurückgelegt hatte.
Er wandte sich an Doutreval. »Versuchen Sie, Verbindung mit einer anderen Jet herzustellen, Olivier.«
Doutreval runzelte die Stirn. »Das wird nur mit Hyperfunk möglich sein«, sagte er. »Halten Sie das nicht für zu gefährlich?«
»Im Augenblick droht uns keine Gefahr. Ich möchte wissen, ob eine der anderen Mannschaften etwas entdeckt hat, was mit den drei roten Sonnen zu vergleichen ist, die wir jetzt anfliegen.«
Widerstrebend schaltete Doutreval den Hypersender ein. Kurz darauf strahlten die überlichtschnellen Impulse von der SJ-4C in den Raum hinaus. Redhorse hoffte, dass trotz der Störungen eine Verbindung zu anderen Space-Jets gelingen würde. Doutreval bemühte sich fast zehn Minuten, ehe die erste Antwort kam. Es war Captain Kagato, der sich meldete.
Doutreval berichtete kurz, was sie gefunden hatten, dann sprach Kagato.
»Ich glaube, dass die SJ-4C den Sender gefunden hat«, kam die Stimme des Offiziers verzerrt aus den Empfängern. »Wir stießen lediglich auf einen einsamen Stern, der mit der vermeintlichen Sendestation identisch ist. Diese Sonne besitzt eine künstlich aufgeladene Hypersphäre. Es handelt sich um eine Art Großreflektor, offensichtlich nur zu dem Zweck gebaut, die von einer unbekannten Sendestation ausgehenden Hyperwellen zu reflektieren. Innerhalb der Hypersphäre werden die Impulse verstärkt und schauerartig durch das gesamte Gebiet von Andro-Beta verstreut.«
»Sie fanden also keinerlei Hinweise auf einen echten Sender?«, wollte Doutreval wissen.
»Nein«, antwortete Kagato. Er sprach eine Weile, ohne dass er zu verstehen war. Nur einzelne Wortfetzen drangen durch. Die Männer innerhalb der SJ-4C warteten geduldig.
Schließlich konnten sie Kagato wieder besser verstehen. Er sagte: »Wir haben mit drei anderen Mannschaften gesprochen. Auch sie stießen auf hyperinstabile Sonnen. Es sieht so aus, als hätte Redhorses Mannschaft das eigentliche Sendersystem gefunden. Wir wollen ...« Die Stimme des Captains verlor sich in Störgeräuschen.
»Es ist besser, wenn wir Schluss machen, bevor man auf uns aufmerksam wird«, entschied Redhorse. Erleichtert schaltete Doutreval die Anlage aus.
»Wir sind also genau richtig«, stellte Surfat fest. »Ein unglücklicher Zufall führte uns an die gefährlichste von neun Stellen innerhalb Andro-Betas.« Er strich unruhig über seinen kahlen Schädel. »Oh, Captain, denken Sie an unsere Sicherheit.«
Redhorse beachtete den Korporal nicht. Er schaltete die Automatik ein und verließ seinen Platz. Er ging zu Doutreval hinüber.
»Können Sie den Sender lokalisieren?«
Doutreval schüttelte den Kopf. »Die Störgeräusche werden wieder stärker. Wir müssen näher an das System heran.«
Redhorse dachte einen Augenblick nach. Er wusste, dass es ein Risiko war, den Flug in der bisherigen Richtung fortzusetzen. Wenn sie jedoch jetzt umkehrten, waren sie nicht viel klüger als zuvor. Zumindest mussten sie den genauen Standort der Station ausfindig machen.
Redhorse bezweifelte nicht, dass die Männer mit einer Fortsetzung des Fluges einverstanden waren; auch Surfat, der sich wie immer den Anschein eines Feiglings gab. Zwar war die Gefahr einer Entdeckung für ein so kleines Raumschiff, wie es die SJ-4C war, äußerst gering, doch wenn man auf sie aufmerksam wurde, hatten sie keine Chance.
Redhorse schaute zu Bradon hinüber, der abwartend hinter der Zieloptik der Impulskanone kauerte. Das war die gefährlichste Waffe der Jet. Doch die Kanone war starr eingebaut, und bei einem Gefecht hing es von der Zusammenarbeit zwischen Kanonier und Pilot ab, welchen Effekt sie erzielte. Sicher war Bradon ein ausgezeichneter Kanonier, der auch gute Nerven besaß, doch er und Redhorse waren kein geübtes Team.
Redhorse spielte einen Augenblick mit dem Gedanken, die Jet wieder in den Linearraum zu bringen. Das hätte jedoch jede exakte Beobachtung unmöglich gemacht.
Der Captain kehrte zum Pilotensitz zurück und zog die letzten Auswertungen aus dem Ausgabeschlitz der Positronik. Der erste Streifen bestätigte lediglich ihre bisher gemachten Entdeckungen. Der zweite jedoch ließ Redhorse einen Augenblick den Atem anhalten. Er blickte ein zweites Mal auf die Werte, die die Positronik ermittelt hatte. Die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der positronischen Angaben lag immerhin bei 85 Prozent.
»Das Tri-System«, sagte Redhorse scheinbar gleichmütig, »besitzt einen Planeten.«
Der Planet bot selbst auf die noch große Entfernung einen außergewöhnlichen Anblick. Er umkreiste den in der Mitte der Konstellation stehenden Stern, Tri II.
Die einzige Welt innerhalb des Tri-Systems besaß eine blau leuchtende Lufthülle, die stark fluoreszierte.
»Der Planet ist schön«, sagte Surfat beeindruckt. »Wie eine Glaskugel an einem Weihnachtsbaum sieht er aus. Nur einmal in meinem ereignisreichen Leben habe ich eine Welt erblickt, die vom Raum aus einen schöneren Anblick bot. Das war im Wega-Sektor.«
»Wer weiß, was sich unter dieser glitzernden Atmosphäre abspielt«, gab Doutreval zu bedenken. »Dieser Planet ist wahrscheinlich ein Wolf im Schafspelz.«
Redhorse bemühte sich, von den Worten seiner Begleiter nicht beeinflusst zu werden. Er bezweifelte nicht, dass sie den Standort des Senders gefunden hatten, wenn auch Doutreval mit seinen Geräten nicht feststellen konnte, ob die Hyperimpulse von dem Planeten kamen, der Tri II umkreiste.
Die Welt, die sich jetzt bereits deutlich auf den Bildschirmen abzeichnete, war nicht allein durch ihre Farbe beeindruckend. Der Planet besaß auch eine extreme Form. Vom Raum aus war deutlich zu sehen, dass er völlig plattgedrückt war und einen elliptischen Querschnitt besaß.
»Ich habe einen passenden Namen für unsere Neuentdeckung«, erklärte Chard Bradon. »Nennen wir ihn Gleam, das passt zu seiner Lufthülle.«
»Einverstanden«, stimmte Redhorse zu. »Wenn wir zurückkommen, können Sie Major Bernard damit imponieren, dass Sie Ihren ersten Planeten getauft haben.«
Die ersten genaueren Messungen ergaben, dass Gleam an der Polachse 10.480 Kilometer durchmaß, an der Äquatorachse dagegen auf 21.000 Kilometer kam.
»Auf Gleam werden ziemlich unterschiedliche Schwerkraftverhältnisse herrschen«, sagte Doutreval. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor einen so flachgedrückten Planeten gesehen zu haben.«
Gleam umlief Tri II in Richtung von Pol zu Pol. Dabei wandte er seiner Sonne stets den Äquatorrand zu.
»Warum fliegen wir weiter?«, wollte Surfat wissen. »Schließlich haben wir jetzt den Planeten gefunden und wissen, wo die Sendestation zu finden ist. Damit ist unser Auftrag erledigt. Wollen wir warten, bis wir entdeckt werden?«
»Wir müssen näher heran«, entschied Redhorse. »Noch steht nicht fest, ob die Hyperanlage auf Gleam stationiert ist.«
Surfat äußerte seine Bedenken. »Vermutlich müssen wir auf Gleam landen, wenn wir uns darüber Sicherheit verschaffen wollen.«
Weitere Fernmessungen wurden vorgenommen. Bald stand fest, dass Gleam eine Sauerstoffatmosphäre besaß, die durchaus mit der Terras konkurrieren konnte. Wie Redhorse vermutet hatte, schwankte die Schwerkraft auf der unbekannten Welt erheblich. In der Äquatorzone Gleams herrschte eine Schwerkraft von fast 3 Gravos. Nahe den Polargebieten betrug sie nur 0,98 Gravos. Es lag auf der Hand, dass dies nicht natürlichen Ursprungs sein konnte.
Gleam war ein bemerkenswerter Planet.
Nichts deutete darauf hin, dass die Annäherung der SJ-4C bemerkt wurde. Innerhalb des Tri-Systems hielten sich weder Mobys noch Raumschiffe der Twonoser auf.
»Was für ein wunderbarer Planet«, sagte Doutreval nachdenklich. »Wahrscheinlich wird ihn nie eines Menschen Fuß betreten.«
Redhorse wandte sich langsam zu dem Funker um.
»Olivier, Sie wissen so gut wie ich, dass wir nicht landen dürfen.«
Doutreval breitete beschwörend seine Arme aus. »Natürlich, Captain, natürlich. Ich habe nur darüber nachgedacht, was eine solche Welt einem aufgeschlossenen Beobachter wohl alles zu bieten hätte.«
»Wahrscheinlich existieren dort reizvolle Pflanzen«, sagte Chard Bradon verträumt.
»Und Tiere«, fügte Doutreval hinzu. »Eine kurze Landung müsste völlig ungefährlich sein.«
Redhorse starrte auf den großen Bildschirm, wo Gleam leuchtete. In seinen Fingerspitzen kribbelte es. Captain Don Redhorse, der letzte reinrassige Nachkomme der Powder-River-Cheyennes, kannte dieses Anzeichen genau. Er kämpfte dagegen an.
»Eigentlich sieht Gleam ganz ungefährlich aus«, klang Gilliams ruhige Stimme auf.
»Ich protestiere!«, schrie Surfat. »Wir können nicht wissen, was uns auf Gleam erwartet.«
»Der Captain hat überhaupt noch nichts gesagt«, ermahnte ihn Bradon.
»Rhodans Befehl lautet, sofort nach Entdeckung des Senders umzukehren«, erinnerte Redhorse.
In Doutrevals Gesicht ging eine Veränderung vor. Der kleine Funker lächelte zufrieden.
»Wir müssen also weitermachen«, stellte er fest. »Theoretisch sind wir zwar sicher, dass die gesuchte Station auf Gleam zu finden ist, aber in der Vergangenheit hat sich schon oft genug gezeigt, wie schnell eine Theorie in die Brüche gehen kann, wenn es sich um einen Stützpunkt der Meister der Insel handelt.« Er wurde ernst. »Wir sind einfach verpflichtet, uns von der Richtigkeit unserer Annahmen zu überzeugen.«
»Das klingt ganz vernünftig«, erklärte Bradon grinsend und stützte beide Arme auf die Halterung der Impulskanone. Seine Augen waren erwartungsvoll auf Redhorse gerichtet.
Der Captain vermied es, einen seiner Begleiter anzusehen. Dagegen blickte er immer wieder auf den Bildschirm. Diese fluoreszierende Atmosphäre, dachte er, diese plattgedrückte Form, die unterschiedlichen Gravitationsverhältnisse – welch ein Planet!
So etwas gab es in der heimatlichen Galaxis nicht.
Das Kribbeln in seinen Fingern verstärkte sich, breitete sich über die Arme aus und schien selbst auf die Kopfhaut überzugreifen.
»Wir können sofort wieder umkehren, wenn es brenzlig wird«, meinte Chard Bradon, als stände es schon fest, dass sie wieder auf Gleam zufliegen würden.
Doutreval nahm diesen Vorschlag sofort auf. »Sobald wir in die Atmosphäre eintauchen, können wir zunächst einmal weitere Beobachtungen machen.«
Ein klatschendes Geräusch kam aus dem Hintergrund der Kommandokanzel. Surfat erzeugte es, als er seinen gewaltigen Bauch tätschelte. Er sah aus, als hätte er Schmerzen.
»Der gute, alte Korporal Surfat«, jammerte er. »Was wird ihn auf Gleam erwarten, wenn er stolz aus der Schleuse der Space-Jet schreitet?«
Don Redhorse fasste einen Entschluss.
»Wir sehen uns Gleam aus der Nähe an«, sagte er.
Natürlich war Chard Bradon aufgeregt. Er hoffte, dass die anderen, vor allem jedoch Redhorse, es nicht bemerkten, wie er unruhig auf seinem Sitz hin und her rutschte. Das blaue Feuer der Atmosphäre Gleams schien hypnotische Kraft auszustrahlen. Chard Bradon musste an sich halten, dass er nicht aufsprang und von Bildschirm zu Bildschirm ging. Es war nicht einfach für ihn, sich in der Mannschaft dieser erfahrenen und gelassenen Männer zurechtzufinden. Bradon hielt auch Surfat für einen Raumfahrer, den nichts erschüttern konnte, auch wenn er sich den Anschein gab, als könnte ihn das Wackeln eines Grashalms in Bewusstlosigkeit stürzen.
Bradon fühlte einen gewissen Stolz, dass Redhorse ihn ausgesucht hatte.
Seine Hände glitten über das kalte Metall der Zieloptik. Durch die Zielvorrichtung konnte er einen winzigen Ausschnitt Gleams erkennen, ein Fragment nur, das trotzdem die geheimnisvolle Leuchtkraft dieser Welt zeigte. Bradons Hände waren vor Aufregung feucht.
Jetzt, nachdem Redhorse zugestanden hatte, dass sie sich Gleam noch weiter nähern würden, zweifelte Bradon kaum an einer Landung. Vielleicht konnten sie mit der Impulskanone Jagd auf irgendein Ungeheuer machen.
Bradon erkannte, dass seine Phantasie mit ihm durchging. Er blickte zu Redhorse hinüber. Das Gesicht des Captains war angespannt. Redhorse ließ die Ortungsgeräte nicht aus den Augen. Offenbar befürchtete er, dass die Space-Jet plötzlich angegriffen werden könnte.
Bradon neigte seinen Oberkörper seitwärts, so dass er den großen Bildschirm überblicken konnte. Sie hatten sich Gleam so weit genähert, dass man bereits schattenhafte Umrisse auf der Oberfläche erkennen konnte. Wahrscheinlich gab es auf dieser Welt größere Gebirge.
»Die augenblickliche Entfernung Gleams von seiner Sonne beträgt fünfhundertzwanzig Millionen Kilometer«, gab Redhorse bekannt. »Es sieht so aus, als sei es eine exakte Kreisbahn, die der Planet beschreibt. Es wird also keine großen Temperaturschwankungen geben.«
Die gründlichen Untersuchungen, die mit den Fernmessgeräten durchgeführt wurden, dauerten nach Bradons Ansicht viel zu lange. Redhorse schien jedoch nicht die Absicht zu haben, eine der vorgeschriebenen Maßnahmen zugunsten einer schnelleren Annäherung aufzugeben. Redhorse stellte fest, dass die mittlere Temperatur auf Gleam bei 26 Grad lag. Der Sauerstoffgehalt betrug 26,17 Volumenprozent und war damit um fünf Prozent höher als auf der Erde.
Es verstrich fast eine Stunde, bis Redhorse zufrieden war. Obwohl sie noch eine Million Kilometer von Gleam entfernt waren, wussten sie bereits alles über die Atmosphäre dieses Planeten.
Bradon erkannte, dass Redhorse immer noch zögerte, die unbekannte Welt anzufliegen. Auch Doutreval schien das zu spüren, denn er bemerkte: »Bisher haben wir keine besorgniserregenden Entdeckungen gemacht, Captain. Ich glaube, dass wir es riskieren können, noch ein bisschen dichter ranzugehen.«
Die Lockung des Unbekannten gewann schließlich die Oberhand. Redhorse beschleunigte die Space-Jet und steuerte sie direkt auf Gleam zu. Niemand sprach, als Gleam auf den Bildschirmen stetig an Größe gewann und sie schließlich fast vollkommen ausfüllte. Sogar Surfat war offenbar so beeindruckt, dass er sich jeden Kommentars enthielt.
Der blaue Schein der Atmosphäre wurde immer intensiver. Trotzdem war die Oberfläche gut zu erkennen. Bradon sah hohe Gebirge und kleinere Meere, auf denen gewaltige Pflanzeninseln schwammen. Dazwischen gab es riesenhafte Ebenen, die Bradon für Savannen hielt. Dann jedoch, als sie noch näher herankamen, stellte er fest, dass es sich um Sumpfozeane handelte.
»Auf Gleam scheint es ziemlich feucht zu sein«, durchbrach Redhorses Stimme die Stille. »Wenn nicht alles täuscht, gibt es rings um die Gebirge Festland, das allmählich in Sumpfgebiet übergeht. Die Pflanzenwelt scheint vor allem aus Moosen und Pilzen zu bestehen.«
»Keinerlei Anzeichen für intelligentes Leben«, stellte Doutreval fest. »Gleam wird wahrscheinlich nur von Wasserlebewesen bewohnt.«
Skeptisch beobachtete Bradon die Oberfläche des Planeten. Doutrevals Ansicht erschien ihm ziemlich voreilig. Sie konnten nicht wissen, was sich innerhalb der Riesenwälder oder in den Gebirgen verbarg. Städte oder Bauwerke waren nicht zu erkennen, auch andere Anzeichen einer Zivilisation wurden nicht sichtbar. Wenn es dort unten wirklich denkende Wesen gab, dann hatten diese sich gut gegen eine Entdeckung aus dem Raum abgesichert. Leider besaß die Space-Jet keine Mentaltaster, die Hinweise auf die Existenz intelligenten Lebens liefern konnten.
Redhorse verlangsamte den Flug der Jet. Noch waren sie nicht in die Atmosphäre eingedrungen. Die einzelnen Landstriche waren jetzt deutlich zu unterscheiden. Den größten Teil der sichtbaren Oberfläche nahmen die Sumpfgebiete ein. Bradon konnte sehen, wie sich an den Randgebieten der Sümpfe ständig neue Pflanzeninseln lösten und aufs Meer hinaustrieben. In einigen tausend Jahren würden alle Meere damit bedeckt sein und allmählich versumpfen.
Die Moos- und Pilzwälder versuchten sich jedoch auch landeinwärts auszudehnen. Ihre Ausläufer wucherten in jedes erreichbare Bergtal hinein. Bradon vermutete, dass es in diesen Wäldern von Tieren nur so wimmelte. Gleam bot die idealen Möglichkeiten für Lebensformen, die gleichzeitig im Wasser und an Land beheimatet waren.
»Haben Sie den Standort des Senders gefunden?«, erkundigte sich Redhorse bei Doutreval.
»Nein, Captain«, erwiderte der Funker. »Die Impulse kommen kaum durch. Die Störgeräusche sind wieder stärker geworden. Ich glaube, dass die Atmosphäre Gleams die Schockwellen reflektiert, ebenso wie die Sonnen, die von den anderen Diskusschiffen angeflogen wurden.«
Redhorse sah man die Enttäuschung deutlich an. »Das heißt, dass wir ebenfalls kein Glück hatten?«, meinte er.
»Doch, doch«, versicherte Doutreval. »Irgendwo muss dieser Sender sein. Seine Erbauer haben die Atmosphäre Gleams aus Sicherheitsgründen mit dem gleichen Reflektorschild ausgerüstet, den auch die anderen Schockbasen besitzen.«
»Den Meistern der Insel muss viel an diesem Sender gelegen sein«, sagte Bradon.
»Er ist der Schlüssel zu ihrer stärksten Waffe innerhalb Andro-Betas: den Mobys«, erinnerte Surfat. »Deshalb haben sie sich diese Sache etwas kosten lassen.«
»Was wollen wir unternehmen, Sir?«, wollte Doutreval wissen. »So kommen wir nicht weiter. Auch wenn wir Gleam ein paar Mal umkreisen, werden wir die Station nicht finden.«
»Ich bin fast sicher, dass die Station irgendwo auf Gleam montiert ist«, sagte Redhorse. »Man wird sie jedoch nicht ohne Sicherheitsmaßnahmen dort aufgestellt haben. Wenn wir in die Atmosphäre eintauchen, kann es gefährlich für uns werden. Mit dem Triebwerk der Jet können wir keinem stärkeren Traktor- oder Ladestrahl entgehen.«
»Wir sind kurz vor dem Ziel«, klang Gilliams beherrschte Stimme auf. »Wir dürfen jetzt nicht umkehren.«
Mit einer hilflos wirkenden Geste zeigte Doutreval auf die lärmende Hyperfunkanlage. »Hören Sie selbst, Captain. Von unserem jetzigen Standort aus ist nichts zu machen.«
»Wir riskieren ein Eintauchen in die Atmosphäre«, entschied Redhorse. »Sollte sich das als ungefährlich erweisen, können wir vielleicht am Rand eines Sumpfgebietes landen, im Norden des Planeten, wo die Gravitation unseren Anforderungen entspricht.«
»Machen Sie die Kanone bereit, Jüngelchen«, sagte Surfat zu Bradon.
Die SJ-4C änderte ihre Richtung. Redhorse ließ das Kleinstraumschiff langsamer werden. Sekunden später drangen sie in die fluoreszierende Atmosphäre ein.
Mit einem Schlag verstummte der Lärm der Schockbasen.
Doutreval war blass geworden. »Ein Schutzschirm ...«, begann er.
Redhorse jagte die Space-Jet wieder in den freien Raum hinaus. Nichts geschah. Bradon sah, wie Doutreval erleichtert aufatmete. Das Krachen in den Geräten klang wieder auf.
»Kein Schutzschirm«, sagte Redhorse zufrieden. »Wir durchstoßen lediglich das Reflektorfeld.«
Wieder ließ er die Space-Jet in die Atmosphäre des Planeten eintauchen. Sofort verstummten die Störgeräusche in der Funkanlage.
»Jetzt ist überhaupt nichts mehr zu hören«, schimpfte Doutreval. Er nahm hastig einige Einstellungen vor. »Schade, Captain, von unserem Sender kann man nichts mehr vernehmen.«
»Die Hyperfunksendungen für die Mobys sind nicht unterbrochen worden«, sagte Redhorse. »Es hat etwas mit der Atmosphäre Gleams zu tun.«
»Es sieht so aus, als befände sich der Sender nicht auf dieser Welt«, bemerkte Bradon enttäuscht.
»Warten wir ab«, sagte Redhorse. »Wir dürfen nicht erwarten, dass unsere unsichtbaren Gegner die Sendestation gut sichtbar auf einem Bergplateau präsentieren.«
Surfat kam nach vorn und überblickte die Kontrollen. Er kratzte sich im Nacken.
»Wir verlieren an Höhe, Sir«, stellte er fest.
Bradon blickte durch die Zieloptik auf die unbekannte Landschaft, der sie entgegenflogen. Er spürte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Vielleicht war es Angst.
»Natürlich verlieren wir an Höhe«, sagte Redhorse.
Surfat ging empört zu Doutreval hinüber und legte eine Hand auf die Schulter des Funkers.
»Bereiten Sie sich darauf vor, den Notruf auszustrahlen«, sagte er. »Captain Redhorse ist offenbar zur Landung entschlossen.«
»Allerdings«, sagte Redhorse. »Niemand scheint sich um uns zu kümmern. Warum sollen wir uns nicht ein bisschen dort unten umsehen? Im Grunde genommen sind wir noch so unwissend wie zuvor. Doutreval kann die Impulse der Schockbasis nicht mehr empfangen.«
Bradon sah die Pilzwälder jetzt deutlicher. Er konnte bereits Einzelheiten unterscheiden. An verschiedenen Stellen dampfte das brackige Wasser. Ab und zu glaubte Bradon zwischen den Gewässern Tiere zu sehen, doch sie bewegten sich so schnell, dass der Raumfahrer ihre Körperform nicht erkennen konnte.
Redhorse steuerte die Space-Jet auf das Randgebiet eines kleineren Sumpfes in der nördlichen Hemisphäre Gleams zu. Dort wurde das Land bereits hügelig. In der Ferne sah Bradon gewaltige Berge auftauchen. Mit einem Schlag wurde sich der junge Terraner der Fremdartigkeit dieser Landschaft bewusst.
Ja, fremd war sie und voller Gefahren. Bradon ahnte, dass das friedliche Bild, das Gleam zu ihrem Empfang bot, sich schnell ändern könnte. Über den ausgedehnten Sümpfen trieben Nebelschwaden dahin.
Bradon fühlte die Drohung des Unbekannten. Er schüttelte das Unbehagen jedoch von sich ab. Nichts deutete darauf hin, dass man sie angreifen würde.