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ОглавлениеDer erste Sprung in der Schüssel
Ich wollte noch nie eigene Kinder haben. Auch wenn ich nach Aussagen anderer bestimmt eine verdammt gute Mama abgeben würde, so ist es dennoch nicht meine Welt. Dementsprechend hatte ich damals, so gut es ging, verhütet. In meinem Fall mit der Anti-Babypille und Kondom. Aber irgendwie wollte das Leben mich wohl ärgern. Vielleicht war es aber auch Schicksal oder einfach nur ein dummer Zufall. Who knows? Nenne es, wie du willst.
Jedenfalls hatte beides versagt, und ich wurde schwanger. Das allein war schon ein Schock für mich. Immerhin wollte ich ja nie Kinder haben – schon gar nicht mit 18.
Doch am schlimmsten war die Reaktion von Markus. Als ich ihm die Hiobsbotschaft überbrachte und ihn fragte, was wir jetzt machen sollen, kam von ihm lediglich: „Das ist mir egal. Es ist dein Körper. Ich kann mir kein Kind leisten.“
Zack! Und so schnell hat man einen Sprung in der Schüssel.
Ich hatte nach dem Befund eh schon die absolute Oberpanik. Doch das von meinem Partner zu hören, der ja nicht ganz unbeteiligt an der Sache war, gab mir den Rest. Das war auch der Beginn, dass ich Männern, mit denen ich eine Beziehung hatte, nie ganz vertrauen konnte. Da habe ich selbst heute noch dran zu knabbern.
Ich war also schwanger und musste alles mit mir allein ausmachen. Keiner war da, der mir den Rücken stärkte. Keine Schulter, an der ich mich hätte anlehnen können. Ich weiß noch, dass ich es meinen Eltern sagte, aber frag mich bitte nicht, wie dieses Gespräch verlaufen ist. Auch sie können sich kaum daran erinnern.
Welche Möglichkeit ich meinem Freund auch vorschlug – ob Abtreibung, zur Adoption freigeben oder doch behalten – ich bekam immer nur die gleichen Worte an den Kopf geknallt.
Eine Woche später hatte ich wieder einen Termin bei der Frauenärztin. Die Hormone in meinem Blut waren gestiegen. Ich war zweifelsfrei schwanger. Allerdings ergab der Ultraschall keinerlei Befund. Deshalb musste ich eine Woche später noch mal zu ihr. Auch da waren die Hormone weiter gestiegen. Doch in dem Ultraschall war immer noch nichts zu sehen. Man hätte zumindest ein winziges Etwas sehen müssen. Doch da war nichts. Also machte sie am Tag darauf einen Termin in der Frauenklinik aus.
All die Zeit erhielt ich keine Unterstützung. Kein „Wir schaffen das schon, ich bin für dich da.“ Nichts! Von niemandem.
Der Besuch in der Frauenklinik war auch nicht wirklich förderlich. Erst hatten drei – DREI! – Ärzte erfolglos mit dem Ultraschall in mir rumgestochert, als dann noch der Oberarzt dazukam. Denn auch die drei Ärzte fanden nichts.
Mit der Intensität, wie dann der Oberarzt in mir „auf die Suche“ gegangen ist, muss er wirklich gut darin sein, wenn es um das Zerstampfen von Kartoffeln für einen Kartoffelbrei geht. Ich hoffe inständig, dass er noch an seinem Feingefühl gearbeitet hat.
Er war es jedenfalls, der mit seiner ‚Zärtlichkeit‘ eine Eileiterschwangerschaft bei mir feststellte. Das war Fluch und Segen zugleich.
Ein Segen, weil mir die Entscheidung abgenommen wurde, was ich machen soll, denn am nächsten Tag kam ich bereits unters Messer. Aber damit begann auch mein Fluch.
Nachdem alles verheilt war und das alte Spiel von „Als Frau hält man eben hin“ wieder Alltag war, hatte ich nach der OP immer Schmerzen beim Sex und oft auch am Tag danach. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht mehr, ob ich das Markus gesagt hatte. Ich vermute aber nicht.
Jedes Gefühl der Zuneigung, die ich ihm entgegenbrachte, wurde durch sein Verhalten mir gegenüber während der Schwangerschaft vernichtet. Trotzdem blieb ich bei ihm. Mein Herz hatte sich schon verabschiedet, doch mein Verstand war stärker. Zu groß war die Angst, allein gelassen zu werden.
Heute, mit meinem lang erarbeiteten Selbstbewusstsein, hätte ich ihn schon längst auf den Mond geschossen, bzw. hätte ich selbst das Weite gesucht – spätestens nach der Schwangerschaft. Doch damals tickte ich eben anders.
Meine Aufgaben für dich: - Was war der Grund, warum Markus so gehandelt und reagiert hatte, wie er es eben tat? - Welche Glaubenssätze findest du?