Читать книгу Die Prophezeiung - Claudia Rack - Страница 3

1. Kapitel

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Mit geübtem Blick achtete Jazar auf die Umgebung, ohne seinen Schützling außer Acht zu lassen. Für die Menschen verborgen, lehnte er lässig an einem Baum auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Durch seine Fähigkeit, seine Gestalt zu verschleiern, war er unsichtbar. Die Leute verfolgten stur ihr Ziel: Geschenke besorgen. Jazar verstand nicht, weshalb sie vor Weihnachten nervös die Läden plünderten. Ein frostiger Windzug erwischte ihn, sodass er den Mantelkragen bis zum Kinn zog. Sie saß in einem bescheidenen Café, namens Joes. Sie unterhielt sich angeregt mit ihren Freunden. Wovon sie sprachen, hörte er nicht. Sie lachte und fuhr spielerisch mit einer Hand durch die braune Mähne eines gleichaltrigen Jungen. Jazar wusste, es war ihr Nachbar, mit dem sie aufgewachsen war. Links von ihm saß seine Freundin. Die Geschenke stapelten sich in den Einkaufstüten. Sie ließen den Einkaufsbummel bei einem Kaffee ausklingen. Jazar entspannte sich und roch keine Gefahr. Sie genoss unbeschwert den Tag. Plötzlich spürte er eine Luftveränderung.

"Du hast dir Zeit gelassen“, begrüßte er ihn. Ramael verzichtete auf die Tarnung und gab sich zu erkennen. Jazar warf ihm einen kurzen Blick zu.

"Das ist das Schlimme an diesem Job, man steht in der Kälte herum ... ätzend", meinte Ramael angewidert. Jazar verstand ihn nicht. Er tat es freiwillig, um ihre Sicherheit zu garantieren. Die Jahreszeit war ihm egal. "Wie lange stehst du hier schon?", fragte Ramael.

"Das weißt du genau. Soweit ich weiß, siehst du alles, oder?" Ramael nickte grinsend. Jazar hasste es, ständig unter Beobachtung zu stehen. Allerdings war Ramael sein Mentor und erteilte ihm Befehle. Ab und an ließ er sich sehen, um Details zu besprechen. Oder um seine Macht zu behaupten. Er spürte den angriffslustigen Unterton in Jazars Stimme und zog eine Augenbraue nach oben. Er war es nicht gewohnt, dass man so mit ihm sprach. Ramael schluckte den Zorn kurzerhand herunter. Seine hellblauen Augen schweiften zu dem Café.

"Ich erinnere dich daran, dass es Zeit ist." Ramael steckte die Hände in die Taschen seines dunkelbraunen Trenchcoat. Jazar schaute zu Boden, um sich zu beruhigen. Mit verschränkten Armen lehnte er lässig an dem Baum. War ihm ein Fehler unterlaufen? Bemerkte Ramael die Gefühle, die er für sie empfand? Scheiterte er bei dem Versuch, sie zu verbergen? Er beobachtete sie unbemerkt seit ihrem dritten Lebensjahr. Der Befehl war unmissverständlich. Jazar war damals der Einzige ohne Auftrag. Das änderte sich, sobald sie ihn als ihren Leibwächter bestellten. Nichtsahnend, welche Folgen dieser Auftrag einbrachte, gehorchte er. Gefühle für die Schutzbefohlenen zu entwickeln, war verboten. Um sich nicht zu verraten, verdrängte er die Gedanken. Jazar ließ sie nicht aus den Augen. Sie strich sich eine dunkle Haarsträhne hinters Ohr.

"Ich bin vorbereitet, Ramael", konterte er. Ramael sah ihn zweifelnd an. Er schaute zu dem Mädchen in dem Café und nickte leicht. Seine letzten Worte hallten noch nach, als er sich in Luft auflöste.

"Ihr Leben wird sich in weniger als vierundzwanzig Stunden verändern. Du weißt, was das bedeutet, Jazar. Enttäusche mich nicht!" Jazar atmete erleichtert aus, sobald die Essenz seines Mentors verschwand. Er freute sich auf das Ereignis. Sein Schattendasein endete damit. Sie würde ihn sehen können. Er schwor, alles in seiner Macht stehende zu tun, um sie zu schützen.

Ariana schüttelte ihren Kopf. Nicholas verschwamm vor ihren Augen. Blässe überzog ihr Gesicht. Sie hielt den Atem an und schluckte schwer. Mit den Händen suchte sie Halt an der Tischkante.

„Ari geht es dir nicht gut?“, fragte Nicholas besorgt. Seine Hand legte sich auf ihre und er beugte sich leicht über den Tisch. Ariana blinzelte ihn an und schloss die Augen. Die Übelkeit löste ihren Brechreiz aus. Peinlich! Sie kämpfte dagegen an. Das Letzte, was Ariana wollte, war, dass sie in ihrem Stammcafé erbrach. „Ari?“, erklang die Stimme ihres Freundes erneut. Sie öffnete vorsichtig die Augen und konnte Nicholas klar erkennen. Erleichtert lehnte sie sich zurück und lächelte leicht.

„Alles gut Nick, mir war schwindelig“, meinte sie lapidar. Nicht überzeugt schenkte Nick ihr einen vorwurfsvollen Blick. Ein kurzer Blickwechsel mit Kate, die ebenfalls nicht überzeugt schien, bestätigte seine Vermutung. Ariana ging es nicht gut.

„Vielleicht sollten wir nach Hause gehen. Die Geschenke sind erledigt. Was meint ihr?“, fragte Kate hoffnungsvoll. Nick erhob sich und griff nach den Einkaufstüten. Enttäuscht sah Ariana die beiden an. So hatte sie sich den Nachmittag nicht vorgestellt. Gewöhnlich saßen sie länger im Joes. Sie fühlte sich schuldig.

„Hört mal, wir müssen jetzt noch nicht gehen. Mir geht es gut, ehrlich“, beteuerte sie. Kate tat es Nick nach und stand auf. Bedrückt gab Ariana sich geschlagen und sie gingen aus dem Café. Eisige Luft schlug ihnen entgegen, sobald sie auf die belebte Straße traten. Ariana zog den Reißverschluss ihrer dunklen Jacke zu und stülpte sich die Kapuze über. Schneeflocken legten sich gemütlich auf die Straße und funkelten im Licht der Straßenlaternen. Nick und Kate gingen vor, turtelnd und an den Händen haltend. Es war schön zu sehen, wie verliebt die beiden waren. Ariana spürte Neid in sich aufkommen. Gern hätte sie jemanden an ihrer Seite, dem sie vertraute. Nick warf kurz einen Blick zurück und vergewisserte sich, dass sie noch da war. Hatte er Mitleid? Er zwinkerte ihr zu. Sein warmer Blick aus den braunen Augen spendete ihr Trost. Ariana schloss zu ihnen auf. Es war schwer neben ihnen zu bleiben, da die Straße zu schmal war. Und Kate dachte nicht daran, die Umarmung mit Nick aufzulösen. Ein Mann rempelte sie ungestüm an. Ariana fiel zurück und rieb die schmerzhafte Stelle am Oberarm. Böse sah sie den vorbei laufenden Mann nach. Ein Schatten in ihrem Blickwinkel erregte ihre Aufmerksamkeit. Abrupt blieb sie stehen und sah auf die gegenüberliegende Straßenseite. Sie hätte schwören können, dass dort ein Mann stand und sie beobachtete. Ariana sah zu ihren Freunden, die nichts davon mitbekamen. Erneut blickte sie zur anderen Straßenseite. Der Schatten war verschwunden. Irritiert tat sie den Gedanken ab. Sobald sie aufgeschlossen hatte, verstummten die beiden. Kate und Nick grinsten.

„Ihr habt über mich gesprochen, oder?“, fragte Ariana. Nick lächelte ihr zu.

„Immerhin hast du morgen Geburtstag. Wir haben uns etwas Schönes für dich überlegt“, meinte er. Ihre Neugier war geweckt. Was hatten die beiden vor? Ariana gab den Rest des Weges nicht auf und löcherte die beiden mit ihren Fragen. Erfolglos. Nick und Kate schwiegen eisern.

Jazar blieb fast das Herz stehen, sobald sie zu ihm sah. Erkannte sie ihn? Aus dem Konzept gebracht, stand er wie angewurzelt da. Das war unmöglich. Das Ereignis stand unmittelbar bevor, bis dahin sollte er unsichtbar sein. Dennoch hatte er das Gefühl, das sie ihn direkt angesehen hatte. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Es hatte nur Sekunden gedauert, aber für ihn blieb die Zeit stehen. Diese dunklen Augen: warm und mit dieser reizvollen Schärfe, berührten ihn. Ihr dunkler Bob, versteckt unter der Kapuze, wies eine einzelne violette Strähne auf. Jazar holte Luft und straffte sich. Er musste sich konzentrieren. Wo sollte das hinführen, wenn ein einziger Blick von ihr, ihn dermaßen ablenkte? So würde er die Mission nicht erfolgreich abschließen, mahnte er sich. Er nahm die Verfolgung auf, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Im Verborgenen blieb er zurück und versteckte sich im Schatten der Bäume. Er ließ seine Beobachtung Revue passieren. Im Café war etwas mit ihr geschehen. Erste Zeichen der Verwandlung? Jazar ärgerte es, dass er nicht mehr Details darüber wusste. Ramael verschloss sich, sobald er ihn fragte. Beinhalteten seine Fragen Dinge über Ariana, bekam er nichts aus Ramael heraus. Das gefiel ihm nicht. Sein Misstrauen gegenüber Ramael wuchs kontinuierlich.

Die Prophezeiung

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