Читать книгу Die Prophezeiung - Claudia Rack - Страница 5

3. Kapitel

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Drei Tage waren vergangen, nachdem Ariana ins Krankenhaus kam. Drei Tage, an denen sie im Koma lag. Die Ärzte fanden keine plausible Erklärung für ihren Zustand. Sämtliche Untersuchungen waren fruchtlos. Inzwischen war sie bei Bewusstsein und registrierte die kummervollen Mienen ihrer Eltern, die an ihrem Bett standen und auf sie herunter lächelten. Mit Tränen in den Augen waren sie glücklich, dass sie endlich wach war. Krampfhaft versuchte Ariana sich zu erinnern, was geschehen war. In ihrem Kopf fand sie eine schwarze Leere. Hinzu kam das Gefühl, sich verändert zu haben. Erklären konnte sie es nicht. Sie hatte keine Antworten. Interessiert hörte sie ihren Eltern zu. Sie erzählten ihr von der Nacht, in der sie ins Koma fiel. Das Zittern ihrer Hände ließ sich nicht abstellen. Ein Arzt betrat das Zimmer und begrüßte sie herzlich. Er war groß und drahtig, sodass der weiße Arztkittel ihn fast verschluckte. Seine braunen Augen sahen sie an, versteckt hinter einer Brille.

„Da haben sie uns einen schönen Schrecken eingejagt. Wie geht es ihnen, Ariana?“, fragte er. Sie sah zu ihm auf.

„Ganz gut, ich kann nicht glauben, dass ich drei Tage geschlafen habe.“ Der Arzt nickte lächelnd. Mit einer Stiftlampe leuchtete er in ihre Augen. Sein Zeigefinger erschien direkt vor ihrem Gesicht.

„Folgen sie bitte meinem Finger mit den Augen“, meinte er professionell. Ariana gehorchte bereitwillig. Er schien zufrieden. „Gut, das sieht prima aus. Wir werden noch einige Untersuchungen machen, nur um ganz sicher zu gehen.“ Er wandte sich an ihre Eltern. „Wenn die Untersuchungen gut verlaufen, kann sie morgen nach Hause“, ergänzte er. Erleichterung zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab.

„Vielen Dank Doktor, wir sind froh, dass es ihr gut geht und sie aufgewacht ist. Wann wollen sie die Untersuchungen durchführen?“, hakte ihre Mutter nach. Er sah auf seine Armbanduhr.

„Sie können noch eine halbe Stunde bei ihr bleiben. Ich werde der Schwester Bescheid geben. Sie kommt zu ihnen.“ Sobald er das Zimmer verlassen hatte, ergriff ihre Mutter ihre Hand.

„Es wird alles gut, Ari. Schon morgen bist du daheim.“ Ariana freute sich mit ihr, warf kurz einen Blick zu ihrem Vater, der zustimmend nickte. Es gab keine Erkenntnisse, was ihr Koma ausgelöst hatte. Ariana nahm den verzweifelten Blickaustausch der Ärzte wahr. Sie steckten tuschelnd die Köpfe zusammen. Schließlich trafen sie gemeinsam eine Entscheidung. Ariana durfte nach Hause. Ihre Eltern blieben noch bis zum Abendbrot und versprachen, sie gleich morgen abzuholen. Nachdem sie allein in ihrem Krankenbett lag, lehnte sie den Kopf zurück und schloss die Augen. Sie war müde, obwohl sie drei Tage durchgeschlafen hatte. Eine Erinnerung blitzte in ihrem Kopf auf. Zuerst konnte Ariana einen Lichtschein erkennen. Sie konzentrierte sich, kniff die Augen zusammen und das Bild wurde klarer. Der Schein fiel auf eine Art Altar, sodass dieser erleuchtet wurde. Ein Gefühl von Wärme breitete sich in ihr aus. Auf dem steinernen Altar lag ein einzelnes Buch, in der Mitte aufgeschlagen. Es handelte sich nicht um diese dicken Wälzer, sondern eher um ein dünnes Buch. Neugier ergriff sie. Ariana stellte sich auf die Zehenspitzen, um über den Rand sehen zu können. Als sie erste Buchstaben sah, umrahmt von seltsamen Symbolen aus einer uralten Zeit, verdunkelte ein Schatten ihr die Sicht. Schwarze Flügel kreisten über ihren Kopf. Sie stürzten auf das Buch zu. Erinnerungen sprudelten auf Ariana ein, Bilder von einer ähnlichen Situation. Nur gab es dort kein Buch, sondern den Wald und die Hetzjagd nach ihr. Bevor sie reagieren konnte, griff die dunkle Gestalt das Buch und verschwand. Ariana riss die Augen auf, krallte sich mit den Händen an die Bettdecke. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, dass sie träumte. Es schien, als ob die Szene real war. Verwirrt schüttelte sie den Kopf und kroch unter die Decke. Mit ängstlichem Blick durchsuchte sie das Krankenzimmer, welches durch das Mondlicht im Fenster erhellt wurde. Niemand war hier. Sie lag allein in dem Bett. Was hatte das alles zu bedeuten? Wer waren diese Gestalten mit den Flügeln? Wieso kam ihr dieses Buch so vertraut vor? Ariana konnte keine ihrer Fragen beantworten. Sie gab es auf, zumindest für den Moment. Der Kampf gegen die Müdigkeit war zu schwer. Hoffentlich träumte sie in der Nacht nicht von diesen seltsamen Männern. Sie ängstigten sie.

Am nächsten Morgen saß Ariana fertig angezogen auf dem Bett und wartete ungeduldig auf ihre Eltern. Sie wollte nach Hause. Der beißende Gestank nach Desinfektionsmittel im Krankenhaus drehte ihr den Magen um. Sie grübelte ständig und war deprimiert. Das Buch aus ihrem seltsamen Traum ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie spürte, dass es bedeutsam war. Es hatte mit ihr zu tun. Eine magische Anziehungskraft ging von dem Buch aus. Wenn sie wüsste, was darin stand? Die Stimmen ihrer Eltern unterbrachen ihre Überlegungen. Endlich, sie waren da. Ariana sprang vom Bett und stürmte aus dem Zimmer. Ihre Eltern lächelten und nahmen sie mit. Am Eingang vom Krankenhaus blieb sie stehen und atmete die kalte Winterluft ein. Leichter Schneefall setzte ein. Um diese Zeit herrschte reges Treiben. Die Menschen liefen zielstrebig umher. Niemand achtete auf sie. Ihr Vater legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Zuhause darfst du die Geschenke auspacken“, meinte er freudestrahlend. Ihre Mutter grinste und gemeinsam gingen sie zum Parkplatz. Beim Einsteigen in das Auto nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Sie drehte sich um. Da war er wieder. Der Mann, den sie immer wieder sah und der sie zu beobachten schien. Dieses Mal erkannte sie ihn deutlicher. Zum ersten Mal zeigte er sich am helllichten Tag. Sein durchdringender Blick aus den stahlblauen Augen ließ sie nicht los. Etwas war anders. Bisher hatte sie seinen Schatten gesehen, als ob er nicht gesehen werden wollte. Jetzt versteckte er sich nicht vor ihr. Weshalb?

„Ari, stimmt etwas nicht?“ Ihre Mutter drehte sich auf dem Beifahrersitz zu ihr herum. Sie folgte ihrem Blick und runzelte die Stirn. „Wohin schaust du?“ Ariana konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. Ein Lächeln um seine Mundwinkel ließ ihn noch attraktiver wirken. Ein leichtes Nicken in ihre Richtung gab ihr das Gefühl, ihn zu kennen.

„Dieser Mann dort, ich habe ihn schon einmal gesehen“, meinte sie abgelenkt zu ihrer Mutter. Diese sah ihren Mann stirnrunzelnd an. Er schaute ebenfalls in die Richtung.

„Welcher Mann?“, fragte er irritiert. Ariana fuhr ihren Kopf herum.

„Na dieser Mann auf der anderen Straßenseite“, erklärte sie überzeugt. Sie zeigte mit einem Finger in die Richtung und starrte ins Leere. Unmöglich! Sie hatte ihn gesehen. Verwirrt nahm Ariana die Hand herunter und ließ sich auf die Rückbank sinken. Bildete sie sich das ein?

„Alles in Ordnung?“ Ihre Mutter warf ihr einen besorgten Blick entgegen. Sie lächelte kurz und nickte. Der Motor ging an und ihr Vater setzte das Auto in Bewegung. Ariana sah zurück, in der Hoffnung, diesen Mann zu sehen. Er tauchte nicht auf. Auf der Fahrt nach Hause bemerkte Ariana, dass ihr Vater sie im Rückspiegel beobachtete. Er grübelte und schien etwas sagen zu wollen, aber er schwieg. Ihre Mutter plapperte unaufhörlich. Ariana hörte nur mit einem Ohr zu. Wer war dieser Mann? Es gelang ihr nicht, sein Bild aus ihrem Kopf zu verbannen. Existierte er wirklich oder war es reine Einbildung?

Nach einer Stunde parkte ihr Vater das Auto vor dem Haus. Sobald ihre Mutter die Haustür öffnete, überraschten sie Kate und Nicholas, die freudestrahlend mit Geschenken in den Händen auf sie warteten. Ariana verdrängte ihre Gedanken. Es war Zeit die Geschenke auszupacken. Eine CD ihrer Lieblingsband prangte ihr entgegen. Ariana bedankte sich bei ihren Freunden. Das Geschenk ihrer Eltern war das nächste. Sie riss das Papier entzwei, bis ein violetter Baumwollpullover zu sehen war, ähnlich dem Farbton ihrer einzelnen Haarsträhne. Ein silbernes Armband lag ebenfalls in dem Karton. Mit Tränen in den Augen umarmte sie ihre Eltern. Bei Kaffee und Kuchen saßen sie noch eine Weile im Wohnzimmer. Keiner sprach die letzten drei Tage an. Nicholas warf ihr neugierige Blicke entgegen. Ariana sah ihm an, dass er viele Fragen hatte. Er musste warten. Sie selbst plagten Fragen, auf die sie noch keine Antworten hatte. Ariana war erleichtert, als ihre Freunde sich verabschiedeten und die Feier zu Ende ging. Müde schleppte Ariana sich die Treppe hinauf.

„Ach das hätte ich fast vergessen. Hier liegt noch ein Geschenk für dich, Ari.“ Ihre Mutter kam ihr mit einem Päckchen entgegen. Ariana hielt auf der Treppe inne und sah sie verwundert an. Das Paket war in schwarzem Geschenkpapier eingewickelt, welches mit einem roten Band zusammengehalten wurde. Eine Karte darauf sprang ihr ins Auge.

„Von wem ist das?“, fragte sie. Schulterzuckend übergab ihre Mutter ihr das Päckchen.

„Ich weiß es nicht. Es lag vor der Haustür an deinem Geburtstag“, antwortete sie. Ein seltsames Gefühl beschlich sie. Ariana kannte niemanden, der sie noch beschenken könnte. Ohne ein Wort ging sie in ihr Zimmer und setzte sich auf das Bett. Das Geschenk lag direkt vor ihr. Die Neugier über den Inhalt siegte. Vorsichtig schlug sie die Karte auf. Zwei Zeilen sprangen ihr entgegen, in einer schönen Handschrift geschrieben. Lies es, wenn du allein bist! Ariana runzelte die Stirn. Die Unterschrift verwirrte sie. Wer war Jazar? Mit dem Daumen strich sie über den geschriebenen Namen. Jazar, das klang schön und altertümlich. Sie sah den mysteriösen, gutaussehenden Mann vor sich und wusste, dass das Geschenk von ihm stammte. Was wollte er ihr damit sagen? Ariana legte die Karte auf das Bett und öffnete die Schachtel. Im Innern fand sie ein Buch. Es war mit einem goldfarbenen Deckel gebunden und die Seitenränder schimmerten golden. Ariana war fasziniert. Es trug den Titel „Die Prophezeiung“. Seltsame Symbole konnte sie auf dem Deckel erkennen, direkt unter dem Titel des Buches. Ihr Herz flatterte vor Aufregung. Alles andere war jetzt unwichtig. Ariana rutschte vom Bett und setzte sich auf den Teppichboden. Mit dem Rücken lehnte sie an der Bettkante und schlug das Buch auf. Der Titel war mysteriös, genauso wie der Name des ersten Kapitels, welches „die Verwandlung“ hieß. Ariana begann zu lesen.

Die Prophezeiung

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