Читать книгу Biltong zum Frühstück - Claudia Tülp - Страница 8

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Ängste

Deutschland! Ihr Vater sagte wirklich Deutschland! Core war geschockt. Sie musste raus und das erst einmal verdauen. Warum Deutschland? Ihre Schwester lebte in England und ihre Tante wohnte in Kapstadt. Nein, sie musste nach Deutschland. Sie hatte schon von vielen Leuten gehört, die nach den Lederhosen mussten und dann noch Drogen! Sie hatte auch gehört, dass man am Flughafen gleich Drogen kaufe konnte. Wie konnte ihr Vater ihr das nur antun! Sie ging zum Stall und setzte sich zu Peppito. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht.

Ihre Mutter kam in den Stall und sah die Tränen ihrer Tochter. Sie setzte sich zu ihr und streichelte ihr Haar. „Warum Mama“, schluchzte Core. „Das ist der beste Weg. Wir haben jetzt eine Woche das Thema diskutiert und wir denken Deutschland ist das Beste für dich.“ Ihre Mutter versuchte ihr Mut zu machen. „Du reist erst einmal durch das Land. Besuchst die Familie von deinem Vater. Sie werden dich verwöhnen! Sie sehen uns doch so selten. Dann kannst du dich danach vielleicht leichter entscheiden, was du werden willst. Bitte Core, wir meinen es doch gut mit dir.“ „Aber warum kann ich nicht nach England? Oder zu deiner Schwester nach Cape Town? Ich will nicht zu den Lederhosen!“ „Ach Süße! Du beginnst in Norddeutschland. Da wirst du keine Lederhosen sehen“, lachte ihre Mutter.

Als Core am Abend wieder zum Internat fuhr, war ihre kleine Welt ziemlich durcheinander.

Jette wachte am Sonntag sehr früh auf. Sie hatte schlecht geschlafen. Ihr nächtlicher Traum verfolgte sie noch am frühen Morgen. Sie sah Menschen mit Speeren hinter ihr herlaufen. Sie rannte mitten durch die Wüste und schrie laut, aber keiner konnte sie hören. Als sie stolperte und in den weichen weißen Sand fiel, schaute sie sich um und sah die Menschen mit ihrem Lendenschurz auf sie zu laufen. Sie schreckte hoch und merkte, wie sie sicher in ihrem Bett lag. Die Uhr zeigte gerade mal 6 Uhr. Jette war sehr verärgert über diese frühe Uhrzeit. Es war Sonntag! Sie hatte nichts vor und hätte sich gewünscht, noch mindestens drei Stunden zu schlafen. Afrika… Sie war mit ihren Gedanken wieder in Afrika. Sogar in der Nacht träumte sie davon. Sie stand auf und ärgerte sich über sich selbst. Ja, sie war verliebt, aber das hieß doch noch nichts! Ringo kam nach den Weihnachtsferien sowieso nicht wieder und somit hatte sich das ganze Thema dann erledigt. Sie saß am Frühstückstisch mit einem Becher Kaffee und wurde diese Gedanken einfach nicht los. „Man, lass mich endlich in Ruhe! Das ist doch nicht so schwer!“ Jette nahm ihr Toast und schmiss es in den Mülleimer. Wer hatte schon Lust am Sonntag um 6 Uhr auf Toast mit Honig. Sie ging wieder in ihr Bett und schaltete den Fernseher ein. Sie beschloss heute im Bett zu bleiben, was sollte sonst aus so einem Tag noch werden.

Ringo war auch schon früh wach. Es war üblich, dass man in Namibia früh aufstand und dafür auch schon früh abends ins Bett ging. Er schaute aus dem Fenster. Der Himmel war bewölkt. Er konnte dieses Wetter hier nicht ertragen. Gestern saßen sie noch am Strand und heute regnete es. Das war das Wetter, wo er sich gerne wieder in das Bett verkriechen wollte. Mit seinen 22 Jahren hatte er immer in der Sonne gelebt und nun das hier! Er ging hoch zu seiner Tante. Sie deckte gerade den Frühstücktisch. Er nahm sich ein Brötchen und setzte sich an den Tisch. “Gestern hat Ludwig noch angerufen. Core kommt nach Deutschland. Sie wird hier die Familie besuchen und sie soll sich überlegen wie ihre Zukunft aussehen soll“, erzählte sie ihm. Ringo schaute sie an „Sie soll erst einmal ein wenig reisen und sich alles anschauen, bevor sie ihr Studium beginnt.“ Ringo sah seine Cousine nicht so häufig. Sie lebte auf einer Farm und er direkt in der Hauptstadt Windhoek. Man hatte sie ein Glück, dachte er. Ich musste hier her und gleich etwas lernen und sie kann erst einmal Reisen. Er dachte an das Gespräch mit seinem Vater. Das war aber noch etwas hin, bis er wieder zu Hause war. Er dachte an Jette und beschloss sie heute einfach zu besuchen. Sie hatte für ihn etwas Magisches und er liebte das rot ihrer Haare.

Jette lag immer noch in ihrem Bett und schaute sich irgendeine Sendung im Fernsehen an, als es an der Haustür klingelte. Sie erschrak und schaute sich an. Nein, so konnte sie niemals die Tür öffnen! Es klingelte wieder. Sie sprang aus dem Bett und schaute in den Spiegel. Oh Gott! Sie hatte sich noch nicht mal die Haare gekämmt. Ach es war doch egal, sie erwartete niemanden. Also, ging sie zur Tür in dem pinken Schlafanzug mit dem großen Teddybären auf ihren Beinen.

Sie öffnete und erschrak. Ringo stand dort. „Moin Du Langschläfer.“ Er grinste, als er den Schlafanzug näher betrachtete. Jette blieb das Herz stehen. Was gebe sie jetzt für ein großes Loch im Boden! „Hey Jette, du siehst süß aus in pink.“ Ringo lächelte und Jette wurde warm ums Herz. „Komm rein“, sagte sie leise. Sie gingen zusammen in die Küche. Jette nahm das Kaffeepulver und wollte dies gerade in die Maschine füllen, als der Löffel gegen die Klappe kam und das Pulver runterfiel und sich überall verstreute. „Verdammte Maschine“, ärgerte sie sich. Ringo schaute sich das Spektakel an. „Sei froh, dass ihr hier einfach Kaffeemaschinen benutzen könnt. Auf den Farmen, wird der Kaffee einfach mit dem heißen Wasser überbrüht oder wir trinken Instantkaffee, weil Filterkaffee viel zu teuer ist.“ Jette machte gerade den Boden sauber. „Wir sind hier auch in Deutschland und nicht im Busch“, schimpfte sie. Sie bemerkte ihre zickige Stimmlage und ärgerte sich darüber. „Na nicht so gut geschlafen?“ Ringo war immer noch zuckersüß. „Ich war heute Morgen schon so früh wach und das auf einen Sonntag! Da muss man schlechte Laune bekommen. Außerdem finde ich es gruselig, dass du mich in meinen Schlafanzug siehst.“ Ringo stand auf und nahm sie in den Arm. „Das stört mich nicht. Außerdem würde es mich interessieren, wie es unter diesem süßen Teddy aussieht.“ Er küsste Jette und sie ließ sich in ihren Gefühlen fallen und genoss jede seiner Berührungen.

Am Abend rief Susi an und Jette war wie beflügelt. „Oh, du hast den ganzen Tag mit Ringo verbracht und das in deinem Schlafzimmer? Ach das ging aber ja mal schnell bei dir. Das bin ich gar nicht gewohnt. Du wirst doch schon rot, wenn dich nur ein Typ anschaut“, bemerkte sie nachdem Jette ihr alles von den Tag mit Ringo erzählt hatte. „Ach Susi, ich bin total verliebt in diesen Afrikaner! Er ist so anders und ich habe tausend Schmetterlinge in meinem Bauch“, schwärmte Jette. „Ich kann gar nicht glauben, dass er aus einem Land kommt, was so weit weg von uns ist!“

Ringo verbrachte seine freie Zeit nur noch mit Jette. Durch sie vergaß er sein Heimweh. Hier konnte er sich fallen lassen. Jette hörte ihm zu. Sie versuchte ihn zu verstehen, konnte es aber nicht. Er wollte Jette mitnehmen. Er wollte ihr sein Zuhause zeige. Er hatte sich verändert seitdem er in Deutschland war. Das hatte sein Vater so gewollt und er hatte es geschafft. Ringo wollte nun etwas erreichen und mit dieser Frau an seiner Seite, hatte er auch ein sehr gutes Gefühl. Er musste nur noch mit seinem Vater sprechen. Ringo ging nach der Arbeit zu seiner Tante, um seine Sachen zu holen. „Ach, der junge Mann lebt auch noch“, rief seine Tante. „Du weißt, dass ich hier die Verantwortung für dich habe.“ „Du, ich bin schon volljährig.“ meinte Ringo ärgerlich. „Ja, aber dein Vater überweist mir monatlich Geld, damit du hier leben kannst.“ Sie war echt wütend. „Ich weiß, aber ich wohne jetzt bei Jette und gebe das Zimmer frei. Ich werde Vater das schon erklären. Außerdem kommt Core bald und dann mi ihr nicht mehr so viel Stress.“ „Ich habe keinen Stress! Core ist nur auf der Durchreise und wird nur kurz hier sein. Außerdem sehe ich euch kaum noch, wenn ihr wieder in Namibia seid. Ich werde euch da nicht mehr besuchen können in meinem Alter. Wenn ich nur an den langen Flug denke.“ Ringo seine Tante schüttelte sich am ganzen Körper. Mit seinem ganzen Charme schaute er sie an. „Ja, genau und du bist auch schon so alt. Ach Tante, es war so schön hier und du hast mir ein richtiges zu Hause gegeben. Aber ich habe mich total verliebt in diese Frau und möchte nur noch in ihrer Nähe sein.“ Er nahm seine Tasche und stopfte alle seine Sachen rein. Er war mit wenig nach Deutschland gekommen, weil er der Meinung war, er bleibt nicht lange. Nun musste er nur noch Jette erklären, dass er bei ihr wohnt und sie mit nach Afrika nehmen wird.

Jette kam von der Arbeit nach Hause und parkte ihr Auto direkt vor der Tür. Sie hatte heute wieder einen langweiligen Tag und dadurch ziemlich schlechte Laune. Als sie ausstieg, raschelte es vor ihr am Baum. Der Herbst war gekommen und sie dachte an Ringo. Sie hatte Angst vor dem Moment, wenn er nach Afrika flog. Die letzten Wochen sind so schnell vergangen, dass es jetzt nur noch ein Katzensprung ist, bis er in den Flieger stieg. Es raschelte wieder unter dem Baum. Sie schaut in das Laub und da saß Ringo! Mit seiner Sporttasche hatte er sich in das Laub gesetzt und sich damit zugedeckt. Erstaunt lachte Jette. „Was machst du denn da! Es wird Zeit das du einen Schlüssel bekommst!“ „Hey, ich habe hier auf dich gewartet. Es ist kalt und deshalb habe ich mich in das Laub gesetzt.“ Ringo stand auf „Ach und das die Hunde diese Stellen besonders mögen, ist dir egal?“, lachte sie immer noch. „Diese Stellen sind besonders warm“, grinste er. „Willst du noch umziehen, oder warum trägst du diese Tasche mit dir rum?“, fragte sie. Ringo wurde etwas nervös „So ist es auch. Ich dachte, ich kann bei dir unterkommen. Ich bin so gerne mit dir zusammen und habe bei meiner Tante die Sachen gepackt und nun bin ich hier.“ Er schaute auf den Boden. Jette ging die Stufen hoch und schloss die Haustür auf. Sie dreht sich um. „Na, dann komm mal in dein neues Zuhause rein. Wir sollten aber etwas Platz im Kleiderschrank für deine Sachen schaffen.“ Sie fühlte sich so glücklich! Wie oft hatte sie ihn Fragen wollen. Nun steht er hier und lebt mit ihr zusammen. Er nahm seine Tasche und ging an ihr vorbei, stellte seine Tasche in den Flur, schloss die Haustür und nahm sie in den Arm. Seine Lippen gingen ganz nah an ihr Ohr. „Ich liebe dich und ich möchte das du mit mir nach Namibia fliegst“, flüsterte er.

„Namibia?“ Jette´s Mutter fiel fast aus dem Sessel. „Kind, du warst noch nie weg und nun willst du nach Namibia? Das ist doch ein Witz!“ „Nein Mama! Das ist bitterer ernst. Ich fliege mit Ringo zu seinen Eltern.“ Sie schaute unsicher auf den Boden. Sie hatte natürlich Angst vor ihrem ersten Flug. Sie hatte auch Angst vor dieser neuen Welt und sie hatte Angst davor, was passiert, wenn sie dort nicht zurechtkam. Aber das alles konnte sie mit ihrer Mutter nicht besprechen. Sie musste ihr ihre Angst nehmen. Jette war das einzige Kind und immer in ihrer Nähe gewesen. Wie konnte sie überzeugend sein, wenn sie selber viele Ängste hatte? „Mama, ich bin 25 Jahre alt und werde wohl in der Lage sein, in ein Flugzeug zu steigen und drei Wochen Urlaub zu machen“, versuchte sie zu argumentieren.

Ihre Mutter war den Tränen nahe. „Du hast ja Recht, aber das ist so weit weg und wenn etwas passiert, können wir nicht einfach mal vorbeikommen und dir helfen.“ Das klang etwas sehr spitz und Jette sah gerade die Probleme eines Einzelkindes. „Mama, bitte! Ich fliege nicht zum Mond, sondern nur nach Afrika“, schrie sie fast. „Ja, genau das ist das Problem! Armut, Überfälle, Todesfälle und die ganzen Krankheiten. Wir wissen doch gar nicht, ob du gesund wieder kommst!“ Sie fing an zu weinen. „Nicht Mama! Das ist das was du hier im Fernsehen siehst.“ Ringo hatte ihr erklärt, dass es in jedem Land Regeln gibt, an die man sich halten muss. So ist es auch in Namibia. Wenn man diese einhält, kann auch nichts passieren. „Mama, ich werde auf mich aufpassen und außerdem bin ich bei Ringo und seiner Familie. Das sind auch Weiße, die schon so lange dort leben.“ Warum sollte gerade mir etwas passieren, dachte sie sich nur. Jetzt musste nur noch ihr Vater davon überzeugt werden, aber das war das kleinere Übel. Ihre Mutter würde das heute Abend schon mit ihrer weinerlichen Art schaffen. Er war der sowieso der Meinung, das es sehr wichtig war, dass Jette endlich mal raus kam aus dieser kleinen Stadt und ihre eigenen Erfahrungen macht. Jette stand auf und ging. Sie hatte Kopfschmerzen und musste erst einmal an die frische Luft.

Biltong zum Frühstück

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