Читать книгу Luna's Töchter - Claudia Trapka - Страница 7
Das erste Rätsel
ОглавлениеDanach räumten wir den Tisch ab und ich holte das Minischwert auf den Küchentisch.
„Dann wollen wir mal schauen, ob wir einen Hinweis finden.“
Wieder betrachtete ich das Schwert genau. Sein Schliff war einzigartig. Der Griff gab mir keine Informationen her und die Gravuren in der Klinge konnte ich nicht erkennen. Es schien ein Hinweis zu sein, aber ich verstand ihn nicht.
„Jo, guck Du mal.“ Ich hielt ihm das Schwert hin.
„Hm, das sieht aus wie eine Art Bilderrätsel. Aber es ist zu klein, ich brauche eine Lupe. Wir hätten die Gravur vor der Schrumpfung abzeichnen sollen.“
Er seufzte. Natürlich, hätte ich mir ja denken können, grummelte ich innerlich. Doch ich stand lächelnd auf und holte eine Lupe aus dem Arbeitszimmer.
Dann hingen unsere Köpfe über dem Schwert.
„Das sieht aus wie alte Runen,“ überlegte ich. Leider konnte ich sie nicht übersetzen. „Jo, wer kann uns das übersetzen? Den Museumsdirektor, frage ich nicht. Der hat mich zu sehr geärgert.“
Jo wirkte nachdenklich, sagte aber nichts. Also holte ich meinen Laptop und versuchte, im Internet jemanden zu finden, der uns helfen würde.
Noch während ich surfte, offenbarte Jo mir: „Wenn Du mir etwas Zeit gibst, mache ich das schon. Aber es ist so lange her. Ich muss erst all meine – Vokabeln – wiederfinden.“
Unwillkürlich grinste ich. Jo überraschte mich immer wieder aufs Neue. Auch das hätte ich ahnen können.
„Hast Du alte Sprachen studiert?“
„So ähnlich. Warte mal, also in jedem Fall ist es kein direkter Wegweiser. Es ist ein Rätsel. Diese Rune hier bedeutet soviel wie Wasser und diese hier Stein. Aber diese hier,“ er zeigte auf eine Rune, „ist mir unbekannt. Die Rune danach deutet auf einen Berg oder eine Höhle hin. Aber wo?“ Mehr zu sich selbst fügte er hinzu: „Ich muss mit Onkelchen reden.“
„Das mit dem Reden ist so eine Sache,“ lachte ich.
Doch er nahm das Schwert und zog mich zur Tür.
„Du redest, ich zeige. Wir fahren zu meinem Onkel.“
Ich hielt ihn zurück. „Bevor ich irgendwo mit Dir hinfahre: Wo fahren wir hin? Wie fahren wir dorthin? Und sollten wir Deinen Onkel wirklich da mit hineinziehen?“
Abrupt blieb Jo stehen und musterte mich plötzlich verlegen.
„Entschuldige. Onkelchen wohnt circa einhundert Kilometer nördlich von hier. Wir nehmen die Bahn. Onkelchen ist sehr bewandert in alten Sprachen. Er wird uns helfen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Jo, wir sollten die Runen abschreiben und nicht das ganze Schwert mitnehmen. Wenn wir bestohlen werden oder der Zoll in der Bahn eine Stichprobenkontrolle macht, sind wir das Schwert los, und wir wären gescheitert, bevor wir richtig angefangen haben.“ Und nachdenklich fügte ich hinzu: „Auch wenn ich der Meinung bin, sonst kein Auto zu brauchen, könnte uns ein Auto für unsere Zeit der Suche sehr nützlich sein.“
Er gab mir recht. „Ich kann, nein Du müsstest für mich Onkelchen fragen, ob er uns einen Wagen leiht.“
„Soweit so gut, dann lass uns die Runen abzeichnen.“
Kurze Zeit darauf liefen wir gemeinsam zum Bahnhof.
Auf dem Weg dorthin fragten uns die Bäume nahezu Löcher in den Bauch: „Was habt Ihr vor? Wie geht es weiter? Können wir auch etwas tun?“
Ich bemühte mich, nicht außer Atem zu geraten, während ich lief und antwortete. Doch ich glaubte, helfen konnten sie uns im Moment nicht.
Im Zug setzten wir uns zusammen in eine Ecke und überlegten weiter, ob uns der Hinweis etwas sagen könnte.
Ein kleines Mädchen kam zu uns und fragte: „Das sind aber komische Buchstaben. Lernt Ihr auch gerade schreiben? Dann müsst Ihr aber noch sehr üben. Dieses B ist nicht schön, und was soll das für ein Buchstabe sein?“
Entsetzt zog die Mutter das Mädchen weg.
„Das macht man doch nicht,“ schimpfte sie.
Mir war jedoch eine Idee gekommen. „Das ist nicht schlimm, gute Frau. Dürfte Ihre Tochter mir verraten, was für Buchstaben sie in den Zeichen sieht?“
Etwas verwirrt nickte die junge Mutter und stupste ihre Tochter zu uns. Begeistert erklärte uns die Kleine, was sie sah.
„Also, das da sieht aus wie gekrakeltes B. Das da sieht aus wie ein M und das da wie ein R. Und das da, das finde ich besonders lustig. Was soll das sein?“ Sie deutete auf eine Art umgekippte Sanduhr. „Das wissen wir leider noch nicht. Deshalb fahren wir zu jemandem, der diese Schrift lesen kann. Weißt Du, dass ist eine ganz alte Schrift, und wir verstehen sie auch nicht. Ich hatte gehofft, Deine Phantasie könnte uns helfen.“
Das Mädchen wirkte enttäuscht. „Schade, dass Du mir nicht sagen kannst, was da steht. Aber ich wünsche Euch Glück.“ Sie lächelte und rannte zurück zu ihrer Mutter.
Einige Zeit später saßen wir bei Jos Onkel und tranken genüsslich einen Tee.
„Also hat Jo es tatsächlich geschafft, eine Frau zufinden, die mit seinem Schweigen klarkommt?“ Onkel Klaus musterte mich begeistert.
„Nein, ganz so verhält es sich nicht,“ lächelte ich. „Er hat mich zwar gefunden, aber eher, weil ich ihm helfen soll, die für ihn bestimmte Aufgabe zu lösen.“
Onkelchen grinste. „So kann man es auch nennen. Aber sei mir nicht böse, Du würdest hervorragend in unsere Familie passen.“
Interessanter Gedanke, aber ich hielt es für besser, diesen Gedanken bis auf weiteres nicht zu verfolgen.
Also versuchte ich zur Sache zu kommen.
„Wir benötigen Deine Hilfe, Jo vermittelte mir, dass Du Dich in alten Sprachen auskennst, und das hier,“ ich holte unseren Zettel hervor, „können wir nicht allein übersetzen. Wir benötigen aber die Bedeutung, um weiter zu kommen.“
Jos Onkel freute sich sehr, dass wir ihn um Hilfe baten.
„Zeig mal her.“
Einen Moment schaute er sich die gemalten Zeichen an, dann stand er auf und holte einen dicken Wälzer, der offensichtlich die Schriftzeichen enthielt.
„Das sind Runen, die habe ich leider nicht alle im Kopf.“ Er schmunzelte etwas. „Aber dafür habe ich ja dieses Buch hier. Lass mal schauen.“
Er nahm mir den Zettel ab und vertiefte sich in die Zeichen. Es dauerte eine Weile, dann durchschaute er den Text.
„Oh, jetzt verstehe ich. Das ist recht einfach. Es ist ein Rätsel,“ meinte er ernst. „Es bedeutet soviel wie:
Im Berg an der Steilküste des größten Riffs.“
Ich stöhnte auf, auch Jo begriff sofort. Merkwürdig, dass das Rätsel so deutlich war.
Onkel Klaus fragte: „Was ist am Great Barrier Reef?“
Genau, das, was ich meinte, warum war das Rätsel so einfach? Ich versuchte zu erklären, ohne unsere Mission zu stören.
„Es ist wie eine großangelegte Schnitzeljagd. Wir müssen ein paar Gegenstände finden, um die Aufgabe erfüllen zu können, die dafür sorgt, dass Jo wieder sprechen darf. Und dieser hier scheint in Australien zu sein. Dass heißt für uns erst mal einige Planungen, bevor wir diesen finden können.“
Mir graute etwas davor. Reisepass beantragen, Visum beantragen etc. Doch ich lächelte tapfer. Während Jo sofort anfing zu werkeln und zu räumen, machte er ein betretenes Gesicht.
„Was ist los, Jo?“
Er bedeutete mir, mit in die Küche zu kommen. Dort waren wir ungestört und allein. So konnte er mir flüsternd sagen, was er wollte.
„Wir haben Verwandte in Australien, zwar nicht am Riff, aber immerhin. Das Visum sollte kein Problem werden, wir müssen uns einladen lassen. Mein Reisepass ist aktuell, was ist mit Deinem?“
„Genau das ist ein Problem, ich muss ihn erst beantragen. Selbst mit einem Eilantrag dauert das etwas. Und wir müssen uns wirklich überlegen, wie wir das auf die Dauer alles finanzieren. Einmal um die Welt ist nicht grad billig,“ gab ich zurück.
Doch Jo setzte seinen Hundeblick auf, lächelte und sagte: „Die Reisekosten übernimmt die Familie von Abendburg, ganz sicher. Pass auf, ich werde es Dir beweisen.“
Er nahm mich an die Hand und führte mich wieder ins Speisezimmer zurück. Dort saß Onkelchen inzwischen zwischen drei Büchern und diversen Landkarten. Als wir herein kamen, blickte er auf.
„Es gibt eigentlich nur eine Höhle, in der es möglich ist, etwas am Great Barrier Reef zu verstecken, ohne dass es durch das Wasser Schaden nimmt.“
Er deutete auf eine Stelle auf einer der Karten. Schnell rannten wir zu ihm und ließen uns erklären.
„Dieser Berg scheint ein Berg zu sein, der nicht bei Flut vollkommen überflutet ist und direkt im Riff liegt.“
Neugierig schauten wir auf die Karte. Es schien alles viel zu einfach.
„Leider muss ich erst einen Reisepass beantragen, bevor wir überhaupt daran denken können zu buchen. Und außerdem hab ich, zugegebenermaßen, Sorge wegen der Reisekosten. Ich war bis vor kurzem eine einfache Angestellte in einem kleinen Unternehmen und für dieses Abenteuer hier habe ich kündigen müssen.“
Jo lachte lautlos und zeigte auf Onkel Klaus. Dieser schaute etwas entsetzt.
„Liebes Mädchen, Du kannst Dir sicher sein, wer unserem Jo hilft, benötigt kein Geld. Wir werden selbstverständlich für alle Kosten aufkommen, die Dir entstehen. Ich werde gleich mit der Cousine in Alice Springs telefonieren. - Nein, nicht gleich, die Gute schläft sicher jetzt. - Und eine Einladung für Euch besorgen. Dadurch müsste das Visum schnell gehen. Für den Reisepass wende Dich bitte an meinen Freund Bernd Schmidt bei der hiesigen Behörde. Innerhalb von zwei Wochen solltest Du Deine Papiere haben.“
Ich muss ziemlich verwirrt geschaut haben, denn er fügte hinzu: „Wir sind eine einflussreiche Familie, allerdings gibt es bei uns in der Regel keine Skandale und deshalb geht unser Name nicht so durch die Klatschblätter. Bisher waren wir für Paparazzi schlicht und ergreifend langweilig.“
Er grinste: „Das dürfte sich allerdings nach Eurem Abenteuer ändern. Aber es ist ja eher positiver Klatsch, wenn ich das so richtig beurteile.“
Dann musste ich auch grinsen.
„Ich hoffe, dass der Rest der Familie dann auch hinter uns steht. Ich bin da etwas im Zweifel.“
„Keine Sorge, die meisten von uns sind ein recht umgänglicher Haufen.“ Und seine Augen lachten und bestätigten damit seine Worte.
Er glaubte wirklich, was er sagte. Doch auch er wurde bald eines Besseren beziehungsweise eines schlechteren belehrt.
Nach diesem Gespräch war mir richtig warm ums Herz. Wir machten uns beruhigt auf den Heimweg, als mein wohlbekanntes Rauschen der Bäume einsetze. Es war irgendwie komisch, dass ich nun nicht mehr allein verstand, was sie sagten.
„Und was habt Ihr erfahren?“, wollten sie wissen.
„Wir müssen nach Australien und dort das nächste Schwert suchen. Allerdings stellt sich für uns noch die Frage, wie wir das schaffen.“
An einem Ort, an dem wir uns unbeobachtet fühlten, erzählten wir ausführlich von dem Besuch bei Onkel Klaus. Denn in den Räumen, in denen wir gesprochen hatten, gab es keine Pflanzen, die etwas weiter geben hätten können. Wir erklärten, was wir wussten und versuchten zu erläutern, wovor wir uns fürchteten. Es war eine lange Reise in ein fremdes Land. Wir wussten nicht, ob wir Werkzeug brauchen würden und wenn ja, welches und wie wir daran kämen. Die Cousine lebte in Alice Springs, sie würde uns keine große Hilfe sein können, das Great Barrier Reef war einfach räumlich zu weit davon entfernt. Aber zumindest hatten wir dort einen Anlaufpunkt für unseren Start in Australien. Und mit der Einladung sollten wir das Visum auch leicht bekommen.
Mir persönlich machten dann auch noch die natürlichen Gefahren Sorgen, aber ich wagte nicht, diese Angst vor den Pflanzen oder gar Jo auszusprechen.