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Nach Alice Springs

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Es dauerte tatsächlich nur zwei Wochen, bis ich meinen Reisepass hatte, und das Thema Visum erledigte Onkel Klaus genauso schnell. Gute Kontakte waren eben doch Gold wert.

Während der Wartezeit waren wir natürlich nicht untätig. Wir erkundigten uns, welche Gefahren in Australien auf uns lauerten.

Mir wurde ganz schlecht. Nach jedem neuen Info-Abend kannte ich neue Tiere, vor denen ich Respekt hatte. Doch jedes Mal beruhigte mich Jo. Er wurde nicht müde, mir zu versichern, dass auch diese Tiere ja auf unserer Seite wären und uns nichts täten.

Ich fragte ihn dann an einem Abend: „Was meinst Du, fragt das Krokodil mich, was ich von ihm wissen will, bevor oder nachdem es mich aufgefressen hat?“

Die Salzwasser-Krokodile in Australien galten als besonders gefährlich. Und ich war nicht gerade scharf darauf, ihre Bekanntschaft zu machen.

Dann endlich war es soweit. Wir fuhren zum Flughafen, wo wir in ein Flugzeug erster Klasse nach Singapur stiegen. Der Flug war lang, und ich versuchte viel zu schlafen, doch da Jo nicht sprechen durfte, musste ich immer wieder den Übersetzer für seine Zeichensprache spielen. Er schaute mich immer entschuldigend mit seinem Hundeblick an.

Irgendwann musste ich lachen.

„Ich weiß, Du würdest mir das am liebsten ersparen!“

Ich konnte ihm einfach nicht böse sein. In Singapur bestiegen wir dann den Flieger nach Sydney.

Von Sydney sah ich nicht viel, da wir dort dann in eine kleine Maschine verfrachtet wurden, die uns zunächst zur Cousine nach Alice Springs flog.


Vielleicht würde ich ja irgendwann einmal die Gelegenheit bekommen, mir Sydney in Ruhe anzuschauen. Schließlich hat diese Stadt viele schöne Sehenswürdigkeiten.


In der kleinen Maschine holperte es mächtig, und ich gebe zu, ich hatte fürchterliche Angst mit dieser Kiste abzustürzen. Vermutlich hätte Luna das nicht zugelassen. Aber dieser Gedanke kam mir natürlich so nicht.


Jos Cousine begrüßte uns herzlich und nahm mich spontan in die Arme.

„Du bist also Dagi, Onkel Klaus hat schon angerufen und von Dir geschwärmt. Ich bin Laura.“

Ich grüßte sie genauso herzlich und schmunzelte in mich hinein. Wenn das so weiter ging, kannte ich innerhalb eines Jahres weltweit Jos Familie.

Nach einem herrlichen Abendessen auf der Veranda und einem wunderbaren Bad saßen wir an einem gemütlichen Lagerfeuer. Und noch einmal musste ich unsere Geschichte erzählen. Jo fuchtelte immer um sich herum, und ich bemühte mich, es ohne zu lachen zu übersetzen. Es war ein Abend, wie er im Bilderbuch nicht schöner beschrieben werden konnte. Ich fühlte mich pudelwohl und wünschte, wir hätten Zeit, Australien zu durchreisen.

Doch uns erwartete eine nicht ganz leichte Aufgabe, und das stimmte mich etwas traurig.

„Keine Sorge,“ meinte Jo, als wir allein waren leichthin. „Wir werden die Aufgabe meistern. Du glaubst doch wohl nicht, dass Du zu schwach dafür bist?“

Ich lächelte zaghaft, seine Aufmunterungen waren immer wieder schön. Zumal ich seine Stimme so gern hörte. Sie ließ mich jedes Mal wohlig schaudern.

Ich schaute mich um und genoss jeden Augenblick. Diese wunderschönen Eukalyptusbäume, die bereits über weite Strecken einen herrlichen Anblick boten und auch leichten Duft versprühten. Um uns herum die Kängurus, die hier herumsprangen, wie bei uns die Tauben und Spatzen saßen. Von der Ferne hörten wir einen Dingo schreien und die Kookaburras, die alle Welt auslachten.

Ich hatte das Gefühl, zu Hause zu sein. Obwohl ich so viele tausend Kilometer von meinem Heim entfernt war. Jo saß neben mir, und erst jetzt bemerkte ich, wie er mich beobachtete. Ohne etwas zu sagen, rutschte er näher heran und legte einen Arm um meine Schulter. Sein Lächeln war nahezu liebevoll.

Laura hatte ein feines Gespür und meinte: „Ich werde mal schauen, ob ich noch einen guten Wein im Keller finde. Dann feiern wir, dass ich meinen lieben Jo mal wieder sehe und seine tolle Freundin kennen lerne.“

Noch bevor ich protestieren konnte, war sie aufgestanden und hatte das Lagerfeuer verlassen.

„Jo? Lebt Laura hier wirklich ganz allein? Oder ist ihr Mann unterwegs?“

Jo musste passen. „Das weiß ich nicht so genau. Soweit ich weiß, ist sie glücklich verheiratet. Aber diese Information ist auch schon einige Jahre alt. Aber ich gebe zu, ich habe auch keine Männersachen im Haus gesehen.“ Dann zog er mich fester an sich.

Meine Gefühle spielten mit mir Achterbahn. Ich wollte mich nicht verlieben. Aber wenn Jo weiter so mit mir umging, würde ich das gar nicht vermeiden können. Er tat mir einfach nur gut.

Um nicht völlig verrückt zu werden, löste ich mich sanft von ihm, stand auf und ging ein paar Schritte zu einem dicken Baum, dessen Namen ich nicht kannte.

Leise flüsterte ich: „Bitte hilf mir.“

Das mir bekannte Rauschen setzte ein. Der Baum sprach leise, damit man ihn am Feuer nicht hörte. „Laura ist seit ein paar Jahren verwitwet. Sie hat bisher keinen Mann mehr an sich herangelassen. Ein Mann wie Dein Jo ist nicht leicht zu finden, und sie ist genauso wählerisch wie Du. Wo ich bei Deinem Jo und Dir bin. Lass Dich fallen. Du weißt eigentlich schon, dass es unvermeidlich ist. Und Ihr seid füreinander bestimmt.“

„Lieber Baum, darüber will ich nicht nachdenken. Ich bin so oft enttäuscht worden.“

Das Rauschen wurde heftiger. „Dagi, Jo hat Dich bisher nicht enttäuscht, warum willst Du ihm nicht einfach vertrauen? Wir geben Dir doch grünes Licht.“

„Ich verspreche, zu gegebener Zeit darüber nachzudenken, ok?“

„Gut.“ Das Rauschen ließ nach.

„Wie sollen wir jetzt mit unserer Aufgabe weiter machen? Mich würde vor allem Interessieren, wie kannst Du davon erfahren haben? Über diese große Entfernung?“

Nun sprach der Baum in normaler Lautstärke mit mir. „Erstens haben wir das Telefonat von Laura und ihrem Verwandten mitbekommen und zweitens haben wir durchaus die Möglichkeit, über chemische Reaktionen auch über sehr weite Strecken und Wasser zu kommunizieren. Aber das ist wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen. Ich gebe zu, dass die Pflanzen, mit denen geforscht wird, recht raffiniert sind, um diese Art der Kommunikation immer wieder zu verschleiern.“

Das Rauschen klang jetzt ein bisschen wie ein Kichern.

Ich bedankte mich und ging wieder zu Jo und Laura.

„Danke, dass wir heute Nacht bei Dir bleiben dürfen. Hast Du eine Idee, wie wir jetzt weiter vorgehen?“

Laura schüttelte den Kopf: „Ich weiß von Klaus nur, dass Ihr zum Great Barrier Reef wollt und das es irgendwie wichtig ist, damit Jo irgendwann wieder mit uns allen sprechen kann.“

Ich schaute sie verwirrt an, Onkel Klaus hatte nichts weiter verraten? Vertraute er ihr nicht? Jo sah meinen Blick und bedeutete mir, dass er mir das erklären würde, wenn wir allein wären.

Ich nickte und fragte: „Ok, kannst Du uns sagen, wie wir am schnellsten dorthin kommen und was wir auf unserer Expedition beachten sollten?“

„Ihr nehmt am Besten das Flugzeug nach Townsville. Von dort aus solltet Ihr Euch ein Auto mieten und die Küsten rauf und runter abfahren. Ich hoffe, so findet Ihr, was Ihr sucht. Townsville liegt etwa in mittlerer Lage des Riffs.“

Wir bedankten uns bei Laura für diese Information und genossen den Rest dieses herrlichen Abends.

Wir hatten großes Glück, heftiger Regen hätte diesen Abend durchaus unmöglich machen können. Na toll, ich liebte den Sommer und war ausgerechnet im australischen Herbst auf diesem Kontinent.

Aber ich sollte schon in kürzester Zeit feststellen, dass der australische Winter es locker mit unserem Sommer aufnehmen konnte. Also machte mir auch der Herbst nichts aus.


Als wir dann allein waren und Jo sprechen konnte, erklärte er mir, dass Onkelchen lieber nicht zu viel erzählen wollte. Da die Familie so groß war, dass er nicht wusste, in welche Hände seine Informationen gerieten. Er war der Typ Mensch, der nur seinen wirklich engsten Vertrauten wirklich alles sagte. Der Mann wurde mir immer sympathischer.


Laura hatte uns in einem Zimmer untergebracht, und es war mir etwas unangenehm. Aber Jo musste vorhin doch etwas mitbekommen haben, denn er hatte sich, als ich aus dem Bad kam, bereits sein Bettzeug geschnappt und eine Campingmatte auf dem Boden ausgerollt. „

Jo ich denke, wir sind erwachsen und Du kannst neben mir hier im Bett schlafen.“ Ich lächelte, langsam wurde dieser Mann mir unheimlich. So viel Verständnis und Respekt kannte ich einfach nicht von Männern.

„Danke, ist wirklich bequemer.“ Grinste er und war auch schon wieder aufgestanden.

Das Bett musste mal Lauras Ehebett gewesen sein. Es war urgemütlich und bot viel Platz. Die Fenster des Zimmers hielten wir wegen der Moskitos verschlossen und ließen eine Klimaanlage laufen.

Es war schwül und warm. Die Vorhänge an dem Fenster waren aus schwerem Stoff, scheinbar war das der beste Schutz gegen die sommerlichen Sandstürme. Alice Springs lag ja mitten in der australischen Wüste. Eigentlich fand ich es faszinierend, wie hier trotz der Witterung so viel Grün herrschte. Die Pflanzen und Tiere lebten hier seit Jahrtausenden und hatten sich entsprechend angepasst.


In dieser Nacht schlief ich schlecht. Ich träumte davon, mit Jo in der Höhle des Great Barrier Reefs gefangen zu sein, und um uns herum waren nur Tiere, die uns als Frühstück sicher gern mochten und viel Wasser. Plötzlich hörte ich ein lautes Rumpeln und schreckte hoch, nur um festzustellen, dass ich aus dem Bett gefallen war. Mühsam und vorsichtig kletterte ich zurück ins Bett. Eigentlich hatte ich gehofft, Jo nicht zu wecken. Aber er schlief offenbar auch nicht gut. Zumindest schaute er mich verschlafen an, sagte aber nichts. Dann hob er einen Arm, um mich festzuhalten. Zum ersten Mal seit wir uns kannten, ließ ich diese Nähe zu. Er hielt mich den Rest der Nacht fest. Zumindest glaube ich das, denn als ich später am Morgen erwachte, lag ich immer noch in seinem Arm. Seine Wärme und sein ruhiger Atem taten mir gut. Ich beruhigte mich langsam. Der Traum hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Ich hatte Angst vor dem Tag und war nervös. Doch Jos Nähe ließ diese Nervosität etwas verblassen. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde ich mich gegen meine Gefühle nicht mehr wehren können. Dieser Mann war einfach zu perfekt. Und das machte mir eine Heidenangst.


Ich schüttelte diese Gedanken von mir, löste mich vorsichtig aus der Umarmung und verschwand im Bad.

Nach einer Dusche ging es mir wesentlich besser. Leise zog ich mich an und schlich in die Küche. Dort saß Laura bereits bei einem Kaffee.

Sie lächelte: „Magst Du auch einen?“

Ich nickte. „Bist Du immer so früh auf?“ Wollte ich wissen.

„Früh? Süße, hast Du mal auf die Uhr geschaut? Es ist fast Mittag.“

Beschämt stellte ich mit einem Blick auf die Uhr fest, dass es tatsächlich schon halb Zwölf war.

„Himmel. Wenn wir so lange geschlafen haben, schaffen wir es heute noch nach Townsville?“

„Keine Sorge, der Pilot ist ein Freund von mir. Der fliegt, wenn Ihr soweit seid,“ sagte Laura lässig.

Erleichtert seufzte ich auf. „Gott sei Dank hat Eure Familie so viel Einfluss. Jo schläft scheinbar auch noch.“

Sie grinste, „kein Wunder bei dem Krach, den Ihr gestern noch veranstaltet habt.“

Ich wurde rot, konnte mich jedoch nicht daran erinnern, irgendetwas angestellt zu haben. Bis mir mein Bettfall einfiel.

„Oh, wir haben nichts veranstaltet, ich bin aus dem Bett gefallen, weil ich schlecht geträumt habe.“

Laura grinste, „So nennt man das bei Euch also.“

Entsetzt, dass sie mir nicht glaubte, stellte ich meine gerade eingegossene Tasse Kaffee hin und wollte zu einer verteidigenden Erklärung ansetzen. Doch sie grinste nur. Ich hielt es daher für besser, Jo um Rat zu fragen und verließ erst einmal das Haus. Draußen auf der Veranda holte ich tief Luft und fragte die Pflanzen um Rat.

„Keine Sorge, Jo wird das aufklären.“

Brummig erwiderte ich: „Und wie? Er kann nicht sprechen. Außerdem bin ich mir gar nicht sicher, ob er das aufklären will.“

Dabei musste ich dann doch etwas lächeln. Nachdenklich ging ich ein paar Schritte auf die nächtliche Feuerstelle zu.

Dort setzte ich mich leider etwas unbedacht auf den Platz, auf dem ich am Abend gesessen hatte.

Plötzlich brüllte Laura von hinten: „Auf keinen Fall bewegen! Sitz ganz still!“

Ich hörte, wie hinter mir etwas ziemlich Schweres auf den Boden knallte.

Dann atmete Laura laut aus und meinte ruhig: „So, jetzt kannst Du Dich wieder bewegen.“ Und lächelnd fügte sie hinzu: „Du darfst hier niemals unbedacht irgendwo hingehen. Nicht einmal diese paar Schritte aus dem Haus.“

Ich blickte sie verwirrt an. Dann hob sie den schweren Brocken an, der jetzt hinter mir lag. Sie hob ihn, als wäre es Styropor. Laura war wirklich stark.

Erschrocken schrie ich auf, als ich sah, was darunter lag. Eigentlich hätte ich sie vorher sehen müssen, eine braune etwa anderthalb Meter lange Schlange war zum Vorschein gekommen. Ich war kein Experte, wusste jedoch, dass Australien die gefährlichsten Tiere der Welt beherbergte.

Laura nickte: „Jetzt weißt Du, warum Du Dich nicht bewegen solltest. Das gute Stück hier war eine King Brown Snake. Eine Braunschlage.“

Ich schüttelte mich am ganzen Körper. Meine Gänsehaut spürte ich vom Kopf bis zu den Zehen. Eine der gefährlichsten Schlangen der Welt hatte es auf mich abgesehen.

„Und Jo meinte noch, alle Tiere wären auf unserer Seite,“ sagte ich etwas angewidert.

Laura schien zu verstehen. „Ich denke, wären sie auch, wenn sie wüssten, wer Du bist. Aber da die wenigsten Tiere lesen können, würde auch ein Namensschild nicht viel bringen,“ grinste sie.

Erst jetzt bemerkte ich, dass Jo inzwischen zu uns gestoßen war und sah seinen entsetzten Gesichtsausdruck. Dann fing er ebenfalls an zu grinsen, deutete auf die Schlange und auf die Feuerstelle. Ich verstand nicht, was er meinte. Doch Laura verstand sehr gut.

„Gute Idee, Jo. Ich werd mich gleich um ein neues Feuerchen kümmern und das gute Tier häuten und in Stücke schneiden.“

Verwirrt schaute ich beide an. Jo bedeutete mir, dass er gleich erklären würde. Laura schnappte sich die tote Schlange und verschwand im Haus.

Während wir neues Feuerholz zur Feuerstelle schleppten und es entfachten, erklärte Jo: „Schlangenfleisch ist ein sehr schmackhaftes, zartes Fleisch. Und es schmeckt genial, wenn man es im Feuer röstet.“

„Ah. Ok. Ich werde es kosten.“

Ich lächelte, konnte mir jedoch noch nicht vorstellen, dass es mir wirklich schmeckte. Nun kam ich zu der schwierigen Aufgabe.

„Jo, Laura machte so eine Andeutung, dass wir letzte Nacht im Zimmer etwas getrieben haben, was ich jetzt nicht deutlicher erläutern möchte. Gibt es eine Möglichkeit, dass Du ihr klar machst, dass ich lediglich wirklich aus dem Bett gefallen war?“

Er grinste. „Ich denke, das wird schwierig. Erstens darf ich nicht sprechen und zweitens, was stört Dich daran, dass sie das denkt?“

Empört starrte ich ihn an. „Jo, weil eben nichts war. Ich will nicht dastehen wie ein billiges Flittchen ohne Anstand.“

„Dagi, ich habe den Eindruck, Du denkst zuviel.“

Er lachte und ließ mich stehen. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, er hatte mich verstanden. Denn von nun an benahm er sich in Lauras Anwesenheit noch galanter mir gegenüber. Das hatte zwar den Effekt, dass sie erst recht dachte, wir hätten etwas miteinander, aber zumindest fühlte ich mich nicht mehr so billig unter ihrem Blick.


Das Schlangenfleisch schmeckte tatsächlich hervorragend. Es war sehr zart und mild. Wenn man bedenkt, dass mich dieses Tier um ein Haar gebissen hätte, hatte ich einen erstaunlich guten Appetit. Außerdem muss ich zugeben, ich wäre allein nie auf die Idee gekommen, Schlangenfleisch zu kosten. Aber: es war richtig lecker.

„Man muss bei der Zubereitung nur darauf achten, dass man den Kopf hinter den Giftdrüsen abtrennt, sonst vergiftet man sich selbst.“ Erklärte Laura. „Aber wenn Du etwa fünfzehn Zentimeter hinter dem Kopf bleibst, dann kannst Du bei keiner Schlange mehr etwas falsch machen.“ Sie lächelte.

„Dafür, das mich das Tier vorhin selbst verspeisen wollte, finde ich es wirklich gut. Schmecken alle Schlangen gleich? Oder gibt es Unterschiede? Bei Geflügel hat man ja auch kleine Unterschiede,“ wollte ich wissen.

Laura grinste etwas. „Wie bei den Vögeln ist es auch bei den Schlangen. Jede Art schmeckt etwas anders. Aber Du wirst wahrscheinlich nicht allzu oft in die Verlegenheit kommen, eine Schlange zu essen. Ich gehe davon aus, dass Du kaum in Gegenden sein wirst, in denen es so viele Schlangen gibt, wie hier in Australien.“

Ich wiegte mit dem Kopf. „Nun ja, da ich noch nicht weiß, wo uns die Reise noch so hin führt, kann ich das nicht einmal bestätigen.“


Nachdem wir gegessen hatten, verstauten wir alle möglichen Instrumente in Lauras Jeep, warfen unsere Rucksäcke mit hinein und fuhren zum kleinen Flughafen, wo uns ihr guter Freund bereits erwartete. Mit einem mulmigen Gefühl betrachtete ich das Flugzeug. Es sah irgendwie nicht vertrauenserweckender aus, als die Maschine mit der wir nach Alice Springs gekommen waren. Aber da musste ich wohl durch. Doch einen kleinen Kommentar konnte ich mir nicht verkneifen.

„Meinst Du wirklich wir müssen fliegen? Können wir nicht mit einem Auto fahren?“

Laura lachte. „Können könntet Ihr schon, aber Ihr wärt vermutlich mehrere Tage unterwegs. Bis Townsville sind es fast tausendachthundert Kilometer. Wenn Du die mit dem Auto fahren willst, dann könntet Ihr auch einen Wagen nehmen.“

Jo nahm mich in den Arm und ließ mich in seine Schokoladenseeaugen schauen. Darin stand: ‚Wir kommen gesund und munter in Townsville an, auch mit diesem Ding hier.’

Ich nickte: „Also gut wir fliegen.“

Wir bedankten uns bei Laura und versprachen, uns zu melden, sobald wir Neuigkeiten hätten. Mit Pudding in den Knien kletterte ich in das Flugzeug. Jo stieg hinterher und nahm meine Hand.

„Ich bin bei Dir, es wird uns nichts passieren,“ wisperte er so leise, dass nur ich es hören konnte.

Dankbar drückte ich seine Hand.

Als wir starteten, hielt ich Jos Hand noch immer und ich glaube, ich hätte sie zerquetscht, wenn er sie mir nicht sanft entzogen hätte. Stattdessen nahm er mich sanft in seine Arme und summte eine beruhigende Melodie.

Trotzdem empfand ich den Flug von Alice Springs nach Townsville als viel zu lang. Freiwillig bekam mich keiner mehr in so eine kleine Maschine. Es holperte mir darin einfach zu heftig. Übelkeit stieg in mir auf. Aber ich behielt alles bei mir.


Als ich also glücklich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, musste ich mich erst Einmal setzen. Ich konnte mich einfach nicht mehr auf den Beinen halten, so schwummerig war mir nach diesem Flug.

Jo und ich mieteten uns einen Geländewagen und suchten eine Unterkunft für eine Nacht. Dann begaben wir uns in die Bibliothek der Stadt und vertieften uns in die Karten, die es dort vom Great Barrier Reef gab. Wir versuchten, uns an die Karte zu erinnern, die uns Onkel Klaus gezeigt hatte. Dort hatte er auf eine Insel gewiesen, die einen Berg hatte, der bei Flut nicht unterging. Seine Höhle jedoch wurde bei Flut verschlossen.

„Da!“, rief ich aus. „Fitzroy Island. Das ist es. Wir fahren also zunächst nach Cairns und von da aus müssen wir sehen, wie wir da rüber kommen.“

Jo nickte, seine Augen leuchteten. Beschwingt verließen wir die Bibliothek und besorgten uns Proviant und Straßenkarten für die Fahrt nach Cairns.


In unserem Zimmer machten wir uns etwas frisch und gingen hinterher ein wenig auf Townsville -Entdeckungsreise. Es war ein hübsches kleines Städtchen. Wir beobachteten das rege Treiben am Abend am Strand und genossen den herrlichen Sonnenuntergang. Um nichts in der Welt hätte ich darauf verzichten wollen. Für mich war es ein Abend, wie in einem Märchen.

Wir hatten uns ein Doppelzimmer genommen. Erstens war es preiswerter und außerdem hatten wir bei Laura ja auch schon in einem Zimmer geschlafen. Also war es für mich in Ordnung.

In der Nähe der Pension gab es ein paar Palmen, die jedoch nicht sehr gesprächig wirkten. Also gingen wir auf unser Zimmer, welches praktisch, aber einfach eingerichtet war. Ein gemütliches altmodisches Doppelbett, zwei Nachttische, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein kleiner Kleiderschrank war die ganze Einrichtung. Es gab keinen Fernseher und keine Minibar. Aber es war für unsere Zwecke absolut ausreichend. Wir wollten darin nur eine Nacht schlafen. Trotzdem schmiedeten wir noch eine ganze Weile Pläne für den nächsten Tag.

Nach dem Frühstück wollten wir mit dem Geländewagen aufbrechen und an der Küste entlang nach Cairns fahren. Ich freute mich auf diese Tour. Ich war noch nie richtig verreist gewesen, und so bot mir dieses Abenteuer auch noch einen unvergesslichen Urlaub nebenbei. Wenn man zum ersten Mal richtig verreist, kommt einem eine Abenteuer-Weltreise wie ein Traum vor, den man nie aufhören möchte zu träumen.


Wir hatten auch während der etwa dreistündigen Fahrt nach Cairns Glück mit dem Wetter. Keine Wolke trübte unsere Aussicht und kein unerwünschter Windstoß vermieste uns die Tour. Immer wieder fuhren wir an den schönsten Aussichtspunkten direkt am Meer entlang. Und ich bat Jo mehrfach darum anzuhalten, weil ich einfach einen Blick von oben auf das Riff werfen wollte. Er genoss es genauso wie ich.

„Dagi, eigentlich müssen wir uns bei Luna bedanken. Diese herrliche Aussicht und diese Reise hätten wir ohne unsere Aufgabe sicher nicht gemacht. Oder was meinst Du?“

Ich lächelte: „Und vermutlich schon gar nicht wir zwei zusammen. Es ist schön, dass ich Dich kennenlernen durfte. Danke, dass Du mich in dieses Abenteuer hineingezogen hast.“

Verschmitzt grinsend antwortete er: „Freu Dich nicht zu früh. Du weißt nicht, welche Gefahren noch auf uns warten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass all unser Suchen wie ein Urlaub sein wird.“

Ich sah ihm ganz offen in die Augen und versank wirklich in den Schokoladen-Karamell-Seen.

Doch ich riss mich schnell wieder zusammen: „Ach Jo, es wäre doch aber schön. Und vielleicht dürfen wir ja dieses Glück wirklich haben.“

Doch diese Illusion nahm mir Jo gleich völlig.

„Dagi, ich denke, diese Hoffnung solltest Du begraben. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es einfach sein wird, an das hier versteckte Wasserschwert zu gelangen.“

Ich schmollte: „Ach menno, Jo, lass mich doch ein bisschen träumen.“


Ich fand die Straßennamen, an denen wir vorbeifuhren und die wir befuhren immer wieder ziemlich interessant und fragte mich, ob es alles private Straßen waren. Denn irgendwie klangen sie ein bisschen wie Vornamen.

In einem Städtchen mit dem Namen Cardwell machten wir eine ausgiebige Mittagspause. Ein kleines Restaurant, direkt am Meer mit Blick auf das wunderschöne Riff war unser Mittagsdomizil.

„Ich kann mich an diesem Riff einfach nicht satt sehen. Meinst Du, wir haben, nachdem wir das Schwert gefunden haben, noch Zeit ein bisschen zu schnorcheln? Tauchen kann ich leider nicht, aber der Anblick ist sicher so kurz unter dem Wasser auch schon atemberaubend.“

Jo schmunzelte: „Soviel Zeit haben wir ganz bestimmt. Und irgendwie habe ich das Gefühl, tauchen wirst Du lernen müssen.“

Und so machten wir uns auf den Weg, den Rest der Fahrt bis Cairns zu meistern.

Luna's Töchter

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