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Unbeobachtet von der Außenwelt schlüpfte eine Gestalt im Landstreicher-Look in das heruntergekommene Haus, das seit Jahren leer stand. Selbst wenn ihm in dieser Gegend jemand über den Weg gelaufen wäre, hätte sich die Person sicher nach oberflächlicher Musterung sofort abgewandt. Mit Landstreichern will niemand etwas zu tun haben.

Es hätte die Leute überrascht, bei näherem Hinsehen einen durchaus gepflegten Mann zu erkennen. Seine langen, lockigen Haare bedeckte er zwar mit einer abgetragenen Schirmmütze, bändigte sie ansonsten allerdings mit einem anständigen Pferdeschwanz. Auch sein längerer Bart war keineswegs verfilzt, wie mancher vielleicht vermutet hätte. Außerdem entpuppten sich die Klamotten zwar als abgewetzt, aber gewaschen. Sie entsprachen einfach dem verlotterten „Dirty“-Look, den er durch seinen leicht untersetzten Körperbau zusätzlich unterstrich. Wenn man es recht betrachtete, passte er optisch ganz gut zu den Klischees, die über ihn und seinesgleichen in Umlauf waren.

Grundsätzlich hätte er an jedem Ort sein können, denn für das, was er vorhatte, brauchte er nur einen Computer und Netz. Aber ein bisschen Paranoia gehörte zu seinem Geschäft dazu, und deshalb bediente er sich gerne fremder WLAN-Hotspots, um sich so anonym wie möglich bewegen zu können. Ebenso war er gerne allein, und das möglichst ungestört. Da kam ihm ein unbewohntes Haus in einem sorglosen Viertel mit unzähligen ungesicherten WLAN-Netzen sehr gelegen.

Damit allein gab er sich allerdings noch nicht zufrieden. Das kleine schlanke Notebook, das er zückte, war von seiner Sicherheitsausrüstung her vergleichbar mit einer Festung. Mehrere Burggräben, hohe Mauern und wenige, bestens bewachte Eingänge verhinderten ungewolltes Eindringen. Jetzt galt es noch, seinen Standort zu verschleiern und in die Tiefen der Anonymität abzutauchen.

Erst dann betrat er den Chatroom, um seine Mitstreiter zu treffen und sozusagen seinen Burgwächter ins Spiel zu bringen. Als alle 16 Eingeladenen anwesend waren, erzählte der Gastgeber von seinem Besuch der Veranstaltung. Sofort danach entbrannte die Diskussion.

„Fackeln wir die Fabrik ab!“ machte Nummer Fünf seiner Entrüstung Luft.

„Wir sollten die Chancen einer öffentlichen Brandmarkung nutzen“, warf ein anderer ein.

„Genau, zum Beispiel bei einer Demo“ schloss sich Nummer Drei an.

„Dafür kriegen wir doch keine Leute zusammen. Die verstehen ja nicht einmal das Problem!“

„Wollen es nicht verstehen...“

„Denen sind die Konsequenzen doch gar nicht klar.“

„Selbst wenn: sie sind zu faul, sich zu engagieren.“

„Jetzt scher' doch nicht alle über einen Kamm!“

„Was ist mit einer Petition?“

„Wenn Du die Sache der Politik überlässt, dann gute Nacht!

„Das stimmt, das würde viel zu lange dauern.“

„Also sind wir auf uns gestellt?“

„Was ist mit einem Aktionen-Mix? Wir müssen unbedingt versuchen, die Öffentlichkeit auf unsere Seite zu kriegen.“

„Nochmal, das bringt doch nichts!“

„Naja, aber sonst sind wir am Ende die Bösen! Dabei sind wir doch die Guten.“

„Und wie stellst Du Dir das vor?“

„Wir beobachten erstmal...“

„So 'n Quatsch. Uns läuft die Zeit davon. Wenn die Technik erstmal auf dem Markt ist, wird es extrem schwierig, die Entwicklung rückgängig zu machen.“

„Richtig, wir müssen das vorher aufhalten.“

„Du bist lustig, wie soll das denn gehen? Willst Du da einfach reinspazieren nach dem Motto 'Guten Tag, tut uns leid, aber wir müssen Eure milliardenschwere Erfindung zerstören, weil sie zu gefährlich ist'?“

„Ihr wisst schon, dass man nicht mehr aus der Welt schaffen kann, was einmal gedacht wurde?“

„Klugscheißer!“

„Das ist jetzt überhaupt nicht hilfreich!“

„Die werden sich wehren...“

„Sollen sie doch kommen!“

„Die sollten wir keinesfalls unterschätzen.“

„Blödsinn, was wollen die denn schon machen?“

„Hast Du eine Ahnung, wie viel Kohle die haben? Die können uns locker fertig machen.“

„Dafür müssen die uns nur an den Pranger stellen, dann können die seelenruhig zuschauen, wie die anderen ihre Arbeit machen.“

„Hin und wieder eine kleine Sabotage?“

„Das ist dann aber mehr als eine Ordnungswidrigkeit!“

„Nummer Sieben will sich wohl nicht die Hände schmutzig machen, was?“

„Die machen sich doch auch strafbar mit diesem Zeug!“

„Aber die kriegen dafür noch von der Politik einen goldenen Handschlag.“

„Weil die Politik mitverdient.“

„Ja, das ist die eigentliche Schweinerei.“

„Sabotage juckt die doch nicht.“

„Aber es nervt...“

„Aber es ändert nichts!“

In seinem verlassenen Unterschlupf folgte Nummer Zwei der Debatte und sah Zeile für Zeile über den Bildschirm rattern. Sollten sie sich erst einmal abreagieren.

„Nummer Zwei? Was sagst Du denn dazu?“

Das hektische Flimmern des Schlagabtauschs endete abrupt. Auf sein Stichwort begann Nummer Zwei schließlich, ihnen seine Idee darzulegen. Im Großen und Ganzen gab es Zustimmung dafür. Er war nicht umsonst Nummer Zwei.

Big Brother 5.0

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