Читать книгу Big Brother 5.0 - Cornelia Nolte - Страница 4
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ОглавлениеWährend ich wieder einmal über jenen schicksalhaften Tag in meiner Vergangenheit sinnierte, wartete ich in der Schlange an der Supermarktkasse. Das war inzwischen äußerst ungewöhnlich, da man üblicherweise per Funk die Waren scannte und bargeldlos bezahlte. Wahrscheinlich hatte irgendwer nicht mehr genügend Guthaben auf seinem Chip oder kein Smartphone dabei, so dass eine echte Kassiererin in Aktion treten musste.
Ich seufzte und sah auf meine Uhr. 19:20 Uhr. Keine neuen Mails. Mittwoch, 17.03., mit einer Regenwahrscheinlichkeit von 45% bei aktuellen 12 Grad Celsius und bewölktem Himmel. Durch die Warterei wechselte meine Herzfrequenz in den gelben Bereich, weshalb die Wetterinformationen zugunsten einer entsprechenden Warnmeldung ausgeblendet wurden. Da ich mich nicht im Fitness-Modus befand, registrierte das System meine erhöhten Werte als alarmierend. Mich beunruhigte das aber keineswegs, denn ich hasste unnötiges Warten und führte meine gesteigerte Herzfrequenz auf meine Ungeduld zurück.
Ganz so intelligent waren die Geräte doch noch nicht. Sonst hätte mir die Uhr eher ein langsames Lied auf die Ohrstöpsel gelegt. Immerhin gaben sie aber auch kein präventives Beruhigungsmittel ab. Wenigstens das konnte ich gut heißen, damit die Weltbevölkerung nicht den halben Tag wie Zombies durch die Gegend lief. Wobei das sicher nur eine Frage der Zeit war, denn dieses Szenario wäre für die Pharmaindustrie absolut lukrativ. Ich entschied, lieber nicht weiter darüber nachzudenken, und passierte wenige Minuten später die Kasse. Innerhalb von Sekundenbruchteilen wurden meine Einkäufe erfasst und mit einem Piepen die erfolgte Abbuchung quittiert.
Draußen auf der Straße registrierte meine Hausregelung aus der Kombination Uhrzeit und Standort, dass ich auf dem Heimweg war. So konnte sich die Heizung einen Vorsprung verschaffen, damit meine Wohnung mollig warm war, wenn ich zu Hause eintraf. Selbstverständlich wurde der Energiebedarf zum Erreichen der vorgegebenen Temperatur präzise von meinem aktuellen Standort und der daraus errechneten Dauer bis zu meiner Ankunft kalkuliert. Theoretisch hätte ich das auch per Knopfdruck von unterwegs einstellen können, aber die Mühe musste ich mir nicht machen, da mein Tagesablauf gleichförmig genug war, so dass das Smart Home eine riesige Arbeitsersparnis darstellte.
Ein leichtes Vibrieren am Handgelenk bedeutete mir, eine Mail erhalten zu haben. Mein Kühlschrank trug mir auf, Eier einzukaufen. Das hätte er mal früher melden können! Vielleicht sollte ich ihm doch erlauben, direkt einzukaufen. Allerdings brauchte man dazu ein Depot vor der Wohnung, in das der Lieferservice die Lebensmittel ablegen konnte, das hygienisch genug war und gleichzeitig nicht von Dritten geplündert werden konnte. War mir zu kompliziert. Alternativ könnte ich die Bestellung meines Kühlschranks auch in der Filiale meiner Wahl abholen, aber dann wäre ich dem Rhythmus meines Mobiliars unterworfen. Es sei denn, ich würde Regeln für den Onlineeinkauf aufstellen, die mir eine Synchronisierung mit meinem Tagesablauf erlaubten. Auch das war mir zu aufwändig. D.h. also kein Rührei, zumindest nicht heute.
Im Treppenhaus beleuchteten die Lampen nach einem ausgeklügelten System meinen Weg zur Wohnung im zweiten Stock, wobei die Sensoren die Lampen vor mir ein- und hinter mir wieder ausschalteten. Eine Weile hatte ich ein ähnliches System in meiner Wohnung installiert, aber nach einiger Zeit störte mich das ständige Aus und An dermaßen, dass ich lieber wieder zur manuellen Schaltung überging. Auch wenn die Automatik bei vollen Händen ganz praktisch war, wie ich zugeben muss.
Ich machte mir also eigenständig Licht, räumte meine Sachen in den Kühlschrank und setzte mich auf die Couch. Einen kurzen Moment des Innehaltens gönnte ich mir dann immer, um den Stress des Tages von mir abzuschütteln, wenn ich nach Hause kam. Freunde hatten mit dem Licht im Flur sofort Musik dudeln, ich dagegen brauchte meine Ruhe, ein kleines Ritual zum Ankommen. Erst danach griff ich zur Fernbedienung und schaltete die Nachrichten ein.
Dort hörte ich zum ersten Mal von der neuen Erfindung, deren Prototyp nun zum ersten Mal einer ausgesuchten Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte.
In dem Beitrag wurde der „große Durchbruch“ des ortsansässigen Technologie-Unternehmens gefeiert. Ein neues Gerät, mit dem es nun auf unkomplizierte Weise möglich sein sollte, die Gefühle von Personen zu analysieren und ihnen entsprechend das zu geben, was eine Person zu einem konkreten Moment wirklich braucht. Selbstverständlich, und wie könnte es anders sein, versprach sich der Hersteller eine Revolution des Marktes, insbesondere im Einzelhandel. Inklusive der Sicherung bzw. Schaffung tausender Arbeitsplätze.
Meine Neugier als Wissenschaftler war geweckt und ich beschloss, mir eine Einladung zu der semi-öffentlichen Demonstration der neuen Erfindung zu verschaffen. Zwar war mein Fachgebiet im Bereich Soziologie der geschichts- und gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät nicht die Auswirkung der Technik auf die Gesellschaft, wohl aber die Modelle gesellschaftlichen Zusammenlebens im Allgemeinen, und das greift in gewisser Weise schließlich ineinander. Wenn dieses Gerät tatsächlich Strukturen revolutionieren sollte, beträfe das auch meine Forschungen. Ich hoffte, das wäre Argument genug.
Gleich am nächsten Morgen wollte ich mich um die Teilnahme kümmern. Dass es schwierig werden würde, hätte mir dabei schon beim Aufstehen klar sein können. Ich erwachte nach einer äußerst unruhigen Nacht. Mein Schlaf-Tracker fasste das Offensichtliche zusammen, indem er mir das Verhältnis von Tiefschlafphase zu Wach- und Leichtschlafphasen mit einem roten Warnsignal markierte. Den Daten entsprechend hatte der Tracker dem Wecker erst zum allerletzten Zeitpunkt das Klingeln erlaubt. Normalerweise hätte ich innerhalb einer definierten Zeitspanne geweckt werden sollen, wenn mein Schlafrhythmus ohnehin auf eine Wachphase zusteuert. Nur war das heute nicht möglich, ohne dass ich verschlafen hätte. Der zweite Punkt, weswegen ich mich wie gerädert fühlte.
Ich schlurfte ins Bad unter die Dusche. Um meine Lebensgeister zu wecken, entschied ich mich für die radikale Lösung – kaltes Wasser. Grundsätzlich eine schöne Idee, wenn nicht die Dusche schon gewohnheitsmäßig das Wasser erhitzt hätte. Schicksalsergeben seufzte ich und ließ das warme Wasser sowie den Schaum an mir herunterrinnen, bevor ich länger als sonst das Wasser strömen ließ. Wenn der Wechsel langsam vonstattengeht, ist es mit der Kneippkur zwar nicht so weit her, aber immerhin gab mir das nun kalte Wasser einen Kick. 20 Liter mehr als üblich verbrauchte ich auf diese Art und Weise. Aus Umweltgesichtspunkten reine Verschwendung, aber andererseits sparte ich sonst mit der genau abgemessenen Menge aufbereiteten Wassers. Insofern konnte man das eine Mal vertreten, fand ich.
In der Küche hatte sich meine Kaffeemaschine ebenfalls schon aufgewärmt und war bereit, mich mit dem köstlichen Duft von frisch gebrühtem Kaffee und dem heißen Koffein zu verwöhnen. Ich ließ mir eine Tasse durchlaufen und scrollte mich nebenbei durch den News-Ticker auf meinem Tablet. Der „große Durchbruch“ schien doch eher lokal begrenzt zu sein, da die überregionalen Medien keine Notiz davon nahmen. Lag vielleicht daran, dass es noch nichts zu sehen gab. Ohne Bilder ist die Aufmerksamkeitsspanne der Leser nicht groß genug. Die meisten Klicks haben nun einmal Artikel mit spektakulären Bildern, also warum kostbaren Platz mit wenig lukrativen Nachrichten verschwenden, die sowieso nur wenige lesen? Soviel zur Informationsrelevanz im ehemaligen Qualitätsjournalismus...
Wie gerne wäre ich jetzt mit dem Rad zur Uni gesprintet! Das macht mir immer den Kopf frei und regt meinen Kreislauf an. Ich will zwar nicht wissen, was ein Arzt zum Adrenalinausstoß sagen würde, könnte er mich durch den Stadtverkehr kurven sehen. Für Menschen, die sich zu sehr auf ihre kleinen Helferlein verlassen, wäre es vermutlich Stress pur. Aber ich bin hier aufgewachsen und brauche weder Navi noch Abstandsmesser, automatische Bremsen oder Informationen zur Straßenlage der Autos zwei Blocks weiter. Ich freue mich immer über die verdutzten Gesichter jüngerer Mitbürger, die solch einen Anblick nicht mehr häufig zu sehen bekommen. Außerdem bin ich wesentlich schneller dort, wo ich hin will, und bin auch nicht aufgeschmissen, wenn die Elektronik eine Macke hat. Was nicht selten vorkommt, da inzwischen alles damit vollgestopft ist.
Heute jedenfalls vermeldete meine Uhr eine Regenwahrscheinlichkeit von 75% bei kühlen acht Grad Außentemperatur. Da ich ungern nass auf der Arbeit ankommen wollte, würde ich das Fahrrad zugunsten der U-Bahn stehen lassen. Ganze Menschenströme schoben sich über die Treppen in den Untergrund, viele vorsorglich mit einem Regenschirm bewaffnet. Unwillkürlich musste ich daran denken, dass das von oben wahrscheinlich so aussah, als würden sich Ameisen über die diversen Zugänge in ihren Heimathaufen drängen. Nur dass die Ameisen nicht maschinell weiter transportiert wurden und sicher auch nicht dafür bezahlen mussten. Ein vertrautes Piepen verkündete mir beim Eintritt in die Fahrkartenzone, dass mein Smartphone ein Ticket gelöst hatte. Beziehungsweise den Startpunkt markiert hatte, denn über den endgültigen Kartenpreis würde das System entscheiden, je nach dem, wo ich ausstieg. Während ich darüber nachdachte, wie ich meinen Plan in die Tat umsetzen könnte, quetschte ich mich neben die anderen Pendler in die Bahn.
Alles in allem ein mauer Start in den Tag.
Endlich im Büro überflog ich meine Post, sowohl die elektronische als auch jene auf Papier. Ja, die gab es immer noch, auch wenn sie immer weniger wurde und ihr Untergang schon oft prognostiziert wurde. Nun ja, die Mühlen einer Behörde mahlen ohnehin langsamer. Aber ein hippes, junges Unternehmen konnte mit Sicherheit bereits ohne Papier auskommen. Ich hatte Studien dazu gelesen, aber das ist ein anderes Thema und ich hatte Wichtigeres zu tun, als mich ablenken zu lassen.
Zunächst suchte ich im Internet nach passenden Artikeln und dem Nachrichtenbeitrag, in der Hoffnung, dort vielleicht weitere Informationen oder Kontaktdaten zu finden. Allerdings beschränkte sich das Suchergebnis auf den Sender, der den Beitrag in dem Abendmagazin verbreitet hatte, und das Video war für Nicht-Abonnenten mit einer Bezahlschranke versehen. Da ich davon ausging, hier keine Zusatzinformationen zu erhalten, sparte ich mir das und verlegte meine Suche auf den Hersteller und das Produkt im Allgemeinen.
Auf seiner Website hielt sich der Hersteller erstaunlich bedeckt. Ich hätte eine offensivere Werbung für das neue Produkt erwartet, aber dazu war nichts weiter zu finden. Lediglich auf der News-Seite war ein Verweis auf den Nachrichtenbeitrag zu finden. So erfuhr ich aber nebenbei, dass es sich um ein etabliertes Hightech-Unternehmen handelte, das für seine Produkte bereits mehrfach Innovationspreise gewonnen hatte und offensichtlich in Geld schwamm. Jedenfalls war es finanzstark genug, um kostspielige Forschung zu betreiben. Andererseits muss der Erfolg irgendwo begründet sein, nicht wahr?
Prinzipiell half mir das aber auch nicht weiter, schließlich gab es keinerlei Hinweise auf die Produktvorstellung, zu der ich unbedingt wollte. Also griff ich zum guten alten Telefon.
Mir blieb nichts anderes übrig, als zuerst den allgemeinen Kontakt anzurufen. Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung hörte sich meine Anfrage an und verband mich in die Pressestelle. Nach wie vor freundlich, aber bestimmt, musste ich ausführlich erklären, wie ich dazu kam, mich für diese Veranstaltung zu interessieren und darüber hinaus die Frechheit zu besitzen, mich selbst einladen zu wollen (auch wenn sie es höflicher ausdrückte, sagte sie mir genau das).
Irgendwie schien Frechheit aber zu siegen, denn sie leitete mich in das Eventmanagement weiter. Während ich in der Warteschleife flotter instrumenteller Musik lauschte, rutschte ich auf meinem Stuhl unbequem hin und her. Ich fühlte mich wie in einem Bewerbungsgespräch, bei dem man merkt, dass die Chemie überhaupt nicht stimmt, man aber mit wachsender Verzweiflung den idealen Kandidaten spielt, weil man den Job unbedingt braucht. Was üblicherweise kein gutes Ende nimmt.
Als das Gespräch angenommen wurde, hatte ich eine Frau dran, die den Namen „Manager“ wirklich verdient. Resolut, aber lösungsorientiert. Und wie alle Manager hellhörig bei Hierarchien. Ich betonte meine Position als Wissenschaftler am Lehrstuhl, überhöhte die Bedeutung unserer Forschung und reizte die Grenzen dessen aus, was mein Chef bestätigen würde, sollte jemand bei ihm nachfragen. Die Managerin notierte sich meinen Namen und meine Kontaktdaten. Sie versprach alles zu prüfen und wieder auf mich zuzukommen.
Es dauerte zwei volle Tage, bis ich die Rückmeldung erhielt, dass man grundsätzlich nicht abgeneigt wäre, mich einzuladen. Allerdings gelten unter dem Siegel des Betriebsgeheimnisses verschärfte Regeln. Innovation sei das kostbarste Unternehmensgut (d.h. teuer) und als solches bedürfe es besonderer Schutzmaßnahmen (d.h. Bedingungen), um bei der Veranstaltung die Wahrung des geistigen Eigentums sicherzustellen (d.h. wir trauen Dir nicht). Ich müsse daher die Erlaubnis zu einem Backgroundcheck meiner Person geben, inklusive eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses, sonst sei man leider schon aus formalen Gründen gezwungen, von einer Einladung abzusehen.
Langsam ungeduldig, war ich zum einen enttäuscht, dass ich noch nicht am Ziel war. Zum anderen war ich fassungslos ob des Umfangs der geforderten Daten. Aber ich hatte ja „nichts zu verbergen“, die Standardausflucht des normalen Bürgers, wenn er sich nicht tiefer mit der Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit und der Implikation für Datenschutz auseinandersetzen will.
Ich ließ mich darauf ein. Im Grunde mein Fehler Nummer eins.
Vierzehn Arbeitstage später sowie nach etlichen Formularen, Stempeln und Prüfungen war es dann soweit: ich hielt meine Einladung in den Händen. Geschafft! Solch harte Arbeit für eine Eintrittskarte zu einer Werbeveranstaltung. Man sollte meinen, der Firma wäre mehr an Publicity für ein neues Produkt gelegen als es mit diesen Hürden den Anschein machte. Trotzdem war ich gespannt und fieberte der Vorführung entgegen, erst recht nach meiner kleinen Odyssee. Irgendwie fühlte es sich auch sehr elitär an, als einer der wenigen Auserwählten dieser exklusiven Show beiwohnen zu können. Nächste Woche sollte es soweit sein. Bis dahin wollte ich mich noch ein wenig vorbereiten.
Wussten Sie, dass die Forschung von „Gehirn-zu-Maschine-Schnittstellen“, wie der Fachausdruck lautet, ihren Ursprung in der klinischen Behandlung von gelähmten Personen hatte, nun aber der Innovationstreiber in der Computerspiele-Industrie war? Nein? Ich auch nicht.
Hier die Zwei-Minuten-Geschichtsstunde: Die Anfänge dieser Forschung datieren auf die 1970er Jahre, als die Computertechnik für solche Zwecke anwendungsreif wurde. Ziel war es, durch Unfall oder Krankheit körperlich behinderten Menschen ihre Ausdrucksfähigkeit zurückzugeben. In erster Linie galt das für die Kommunikation, wenn Sprechen, Schreiben, Zeigen nicht möglich war. Ein berühmtes Beispiel dafür war Stephen Hawking, der sich nur noch über seinen Computer mit seiner Umwelt verständigen konnte. Später erfolgte dann auch die Bedienung von Prothesen durch Gehirnströme.
Seit damals hat die Entwicklung dieser Technik die Schublade der medizinischen Assistenz längst verlassen. Erst recht, nachdem zuverlässigere, nicht-invasive Methoden den operativen Einsatz eines Chips oder der Elektroden überflüssig machten. Dieser Schritt öffnete die Tür für die Verwendung an der normalen Bevölkerung. Mit Gedanken einen Computer steuern – wer hat noch nie von Telepathie geträumt, wenn die verflixte Kiste einfach nicht macht, was man will? Naja, diese Art von Verständigungsproblemen wird es sicher weiterhin geben. Und der Computer wird sich auch nicht selbst aus dem Fenster werfen. Aber immerhin müssten keine Mäuse mehr unter unserer Klickwut leiden. Für Computerspiele ist das bereits Realität; das notwendige Zubehör gibt es für die speziell aufbereiteten Spiele überall zu kaufen.
Viel interessanter als der Hausgebrauch sind da die industriellen Anwendungsbereiche, z.B. die Steuerung von Flugzeugen oder anderer Gerätschaften mithilfe der Gedankenübertragung. Anders als bei Computerspielen sind hier die Konsequenzen einer Fehlinterpretation der Befehle natürlich wesentlich schwerwiegender. Deshalb waren die bürokratischen Hürden in Fragen Sicherheit und Kontrolle entsprechend umfangreich. Aber die Vorteile, zum Beispiel dass neben dem Mensch, der die Steuerung bedient, umgekehrt gleichzeitig die Maschine das Konzentrations- und Aufmerksamkeitslevel des Menschen im Blick hat, dürfte bei der Genehmigung eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Und selbstverständlich mischt auch – wie könnte es anders sein – das Militär mit. Wer weiß, vielleicht hat die Technik die praktische Testphase bereits erreicht, ohne dass wir Verbraucher davon in Kenntnis gesetzt wurden? Unnötige Panikmache war noch nie ein Ziel dieser Industrie...
Inzwischen ist die Wissenschaft sogar so weit, die Inputkette umzukehren. Das heißt nicht das Gehirn gibt die Befehle, sondern es empfängt sie. Einfache Bewegungsaufforderungen sind dabei das Eine. Das Andere sind komplexere Manipulationen, zum Beispiel Erinnerungen emotional aufzuladen und somit zu verändern. An einem ganzen „Upload“ neuer Gedächtnismuster, die zum Beispiel Wissen oder Fähigkeiten darstellen, wird intensiv gearbeitet.
Außerdem ist man bereits in der Lage, „Gehirn-zu-Gehirn“- Schnittstellen einzusetzen. Irgendwie gruselig. Der Sinn entzieht sich mir zwar an dieser Stelle, aber Sinnhaftigkeit hält nur selten Leute davon ab, die Grenzen der Machbarkeit auszuloten…
Bisher benötigte man für die Übertragung der Signale aus dem beziehungsweise zum Gehirn allerdings über Elektroden den direkten Kontakt zum Kopf. Offensichtlich hatte die Firma mit dem Prototypen nun jedoch eine Möglichkeit gefunden, diese Hürde zu überwinden. Ich konnte mir schon vorstellen, dass das der entscheidende Meilenstein zur nächsten Generation dieser Forschung war. Die Ausmaße vermochte ich gar nicht zu erfassen. Aber darüber würde mich die Produktvorstellung sicher aufklären.