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HUNDERT TAGE FERIAE: FESTE UND FEIERTAGE
ОглавлениеDie Römer kannten keinen Sonntag. Das soll natürlich nicht heißen, dass sie keinen ordentlichen Kalender hatten. Doch was sie nicht hatten, war ein arbeitsfreier Tag in der Woche. Jeder Tag war ein Werktag, und auch wenn viele Römer weit weniger als die heute üblichen 8 Stunden am Tag arbeiteten, so doch theoretisch an jedem Wochentag. Da die römische Gesellschaft ursprünglich eine Agrargesellschaft war, verwundert dies auch kaum: Schließlich kann der Landwirt nicht einfach an einem Tag der Woche aufhören, sich um sein Vieh zu kümmern, die Milch beispielsweise muss jeden Tag gemolken werden.
Gerade die unteren Schichten kannten, in Rom wie auf dem Land, eigentlich überhaupt keine freien Tage. Dabei gab es auch bei den alten Römern Feiertage: die feriae (woher natürlich unser Wort „Ferien“ stammt). Es gab drei reguläre Feiertage, die jeden Monat wiederkehrten und an denen sich die Zählung der übrigen Tage eines Monats orientierte: die Kalenden (1. Tag eines Monats), die Nonen (5. oder 7. Tag eines Monats) und die Iden (13. oder 15. Tag eines Monats). Wie auch andere Feiertage einzelnen Göttern geheiligt waren, denen diese Tage sozusagen „gehörten“, so galten die Iden dem Jupiter und die Kalenden dem Mars. „Feiertag“ bedeutete jedoch nicht automatisch, dass alle „frei“ hatten: Gerade Mindererwerbstätige konnten es sich (von fehlenden Ladenschlussgesetzen abgesehen) gar nicht leisten, regelmäßig auszuspannen – das ging höchstens an solchen Feiertagen, an denen gesponserte Spiele stattfanden und dabei gratis Brot oder Getreide verteilt wurde – „Brot und Spiele“ eben. Immerhin kamen im Laufe der römischen Geschichte zu den oben genannten 36 Tagen immer mehr feriae hinzu, und eben auch solche, die ärmere Römer für ihren Verdienstausfall kompensierten. Wiederum später potenzierte sich die Zahl der feriae noch einmal, als einzelne Festtage auf einen Zeitraum von mehreren Tagen ausgedehnt wurden. In der frühen Kaiserzeit gab es im Jahr 159 Feiertage.
Den einzelnen Feiertag nannte man dies ferialis, und ursprünglich waren alle solchen Feiertage religiös motiviert gewesen (ein religiöser Feiertag hieß auch dies festus, daher kommt unser Wort „Fest“ bzw. „Festtag“). Offiziell hatte man an den feriae frei, um Tempel zu besuchen und den Göttern Opfer zu bringen. In einer Stadt wie Rom waren es vor allem die Sklaven, die durcharbeiten mussten, doch immerhin gab es ein paar Feste, an denen sie ebenfalls teilnehmen durften oder mehr Freiheiten als sonst genossen. In Abgrenzung zu diesen öffentlichen Feiertagen entstand der Begriff der feriae privatae, bei denen man innerhalb der Familie Verstorbener gedachte oder Geburtstage feierte.
Die öffentlichen Feiertage, die feriae publicae, lassen sich in mehrere Gruppen unterteilen: Einerseits gab es jedes Jahr wiederkehrende Feiertage; diese waren entweder auf einzelne Kalendertage festgelegt (feriae stativae) oder auf bestimmte Zeiträume, wobei die genauen Daten jedes Jahr durch Priester neu bestimmt wurden (feriae conceptivae). Andererseits gab es die feriae imperativae, sozusagen Feiertage „außerhalb der Reihe“, die von Konsuln oder hohen Beamten verkündet wurden – oft zur Feier der Rückkehr eines siegreichen Feldherrn. Um den Verdienstausfall der arbeitenden Bevölkerung auszugleichen, erhielt diese an solchen Feiertagen, wie erwähnt, Brot oder Getreide; vor allem ab der Zeit des Augustus wurden stattdessen aber münzähnliche Marken (tesserae) ausgeteilt, als Gutscheine für Lebensmittel, Getreide oder andere Versorgungsgüter. Hin und wieder wurde auch einfach Geld verteilt.
Zwar ruhte an Feiertagen das Rechtswesen (und für die Bessergestellten auch die Arbeit), doch einen Zwang, die Tempel zu besuchen, gab es nicht – Platz für alle römischen Bürger wäre dort auch kaum gewesen. Nur besonders fromme Römer und die dazu bestimmten Volksvertreter (Magistraten und Priester) opferten an diesen Tagen den Göttern. Ansonsten gab es auch Feste, die sich an bestimmte Bevölkerungsgruppen richteten, die dann zur Teilnahme an kultischen Handlungen verpflichtet waren; oft war dies aber zugleich auch eine große Ehre. Im Folgenden sollen ein paar der jährlichen Feste näher beschrieben werden – natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.