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MARLENA
Оглавление»Was ist denn hier passiert?«
Marlena fixierte die bleiche Frau mit den langen dunklen Haaren, die soeben herumgewirbelt war.
Ferdl hatte ihr nicht erzählt, wer ihn gebeten hatte, nach Jelena zu suchen. Es herauszufinden war jedoch ein Kinderspiel gewesen. Ihr Onkel würde die Aktion nicht gutheißen, nichtsdestotrotz hatte sie sich vor dem Palais auf die Lauer gelegt und an die Journalistin drangehängt. Gestern Abend bis fast Mitternacht, heute Morgen seit sechs Uhr früh.
Unbemerkt war sie der Frau bis zu einem Mehrparteienhaus nach Ottakring gefolgt und – angetan mit Laufsachen, Mütze und Brille – hineingeschlüpft, das Paradebeispiel einer Bewohnerin, die soeben vom Joggen kam.
Danach musste sie nur noch die richtige Tür finden.
Manchmal verstand sie selbst nicht, was sie trieb. Sie folgte ihren Instinkten, und das so erfolgreich, dass ihr Onkel sie gerne zur Gänze in der Agentur angestellt hätte, was aber kein Thema war.
Seit ihrer Kindheit hatte Marlena jeden Sommer Zeit bei ihrem anderen Onkel Vlastemil in Wien verbracht, liebte die Stadt und sprach nahezu perfektes Deutsch. Vor ein paar Jahren war sie zur Gänze hergezogen. Ursprünglich, um auf die Uni zu gehen, doch dann hatte sie die Idee für das gehabt, was sie mittlerweile neben Nachforschungen hauptberuflich betrieb: ihren Umwelt-Blog »Green Things«, in dem sie interessante Menschen und nachhaltige Ideen präsentierte. Mittlerweile konnte sie, dank sorgsamer Produktplatzierungen, Ads, Bannern und bezahlter Postings, gut davon leben.
Jetzt allerdings war sie zur Gänze in ihr Alter Ego als Ermittlerin geschlüpft.
Im sechsten Stock bemerkte sie sofort die offen stehende Wohnungstür und stand wenig später vor der zu Tode erschrockenen Lilly Speltz.
»Sie ist tot!«, stammelte die bleiche Journalistin, um Besonnenheit bemüht.
»Weshalb entschuldigen Sie sich denn bei ihr?«, fragte Marlena verwundert.
Da ging ein Ruck durch ihr Gegenüber. »Was haben Sie hier verloren?«
Marlena kam näher, reichte der Frau gerade bis zum Kinn. »Keine Angst, ich weiß von der Geschichte!«
»Na wunderbar. Und wer sind Sie?«
Marlena antwortete nicht gleich, sondern warf einen Blick auf die Leiche, versuchte einzuschätzen, womit sie es hier zu tun hatte. Erst dann wandte sie sich wieder Lilly zu.
»Ich bin Marlena Houdek, Onkel Ferdls Nichte. Ich habe Jelena für Sie gefunden. Ist sie das?«