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2.2 Was zeichnet pastoralpsychologische Supervision aus?

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Pastoralpsychologische Supervision ist zunächst gekennzeichnet durch eine Mehrfachqualifikation derer, die sie ausüben. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Pastoralpsychologie kann nur werden, wer ein theologisches Studium absolviert hat und damit hauptberuflich tätig ist oder war. Alle Mitglieder der DGfP sind im Grundberuf Pfarrer*innen, Pastoralreferent*innen oder Religionspädagog*innen und dann auch noch Supervisor*innen. Dazu haben diese Supervisorinnen eine therapeutische Zusatzqualifikation erworben, sei diese analytisch-tiefenpsychologisch, humanistisch-psychologisch oder systemisch geprägt. Eine integrative, die Schulentrennung überwindende supervisorische Arbeit und eine Mitgliedschaft in der DGfP ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sektion wird aktuell diskutiert, letztere ist seit kurzem möglich ( Kap. 5.4).

Die Doppelqualifikation führt dazu, dass die Supervisor*innen in ihren Grundberufen nicht nur mit einem theologischen, sondern auch mit einem aus den Human- und Sozialwissenschaften geübten Blick unterwegs sind. Sie nutzen die Erkenntnisse aus Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Soziologie etc. für ihre kirchliche Arbeit und behalten bei der Ausübung von Supervision auch ihren theologischen Blick bei. Dieser interdisziplinäre Blick und das interdisziplinäre Arbeiten werden nicht immer konfliktfrei erlebt, neben gegenseitiger Bereicherung gibt es hier auch gegenseitiges Befremden zwischen den verschiedenen Wissenschaften. Das zeigt sich besonders in der Menschenbildfrage ( Kap. 4.2).

Was alle Supervisor*innen mitbringen ist die Feldkompetenz in kirchlichen, besonders seelsorglichen Arbeitsfeldern, in denen sie in der Regel jahrelang gearbeitet haben, auch wenn einige ihre Berufstätigkeit gerade über die Supervisionstätigkeit in die Freiberuflichkeit hinein erweitern. Die Diskussion über sogenannte interne oder externe Supervision kann hier nicht geführt werden, beide bringen für die Supervisand*innen Vor- und Nachteile.

Pastoralpsycholog*innen arbeiten in der Anthropologie und im Wertesystem mit christlichen Vorannahmen, Deutungen und Haltungen. Diese bestimmen ihr supervisorisches Handeln immer mit. Dabei geht es ihnen nicht um ein normatives »christliches Menschenbild«, das die Pastoralpsychologie kennzeichnet, stattdessen könnte man vielleicht sagen, dass auf der erkenntnistheoretischen Ebene, also auf der Ebene der Metatheorie (Schreyögg, 2010, S. 66) das spezifisch Christliche immer ein Element im hermeneutischen Zirkel ist oder eine Determinante beim (De)Konstruieren, gleichzeitig muss das, was »spezifisch christlich« genannt wird, selbst stets neu verstanden, neu konstruiert und dekonstruiert werden.

Auf der Ebene der Theorie verfügen Pastoralpsycholog*innen idealerweise über spezifische hermeneutische Kompetenzen, die sie im Theologiestudium trainiert haben. Sie lernen bei der Auslegung von Texten, nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form zu achten, den »Sitz im Leben«, d. h. den Kontext zu berücksichtigen sowie die Überlieferungsgeschichte; sie sind Expert*innen für Übersetzungsprozesse und geübt im Umgang mit symbolisierender Kommunikation. Sie wissen, dass Sprecher und Hörer, Schreiber und Leser, Kommunikator und Rezipient immer jeweils gemeinsam beteiligt sind, wenn es darum geht, Bedeutung oder Bedeutungen zu konstruieren. Sie »verstehen und vergewissern auf dem Hintergrund jüdisch-christlicher Narrative« (Klessmann & Lammer, 2007, S. 55). Dieses Wissen und die Übung, mit Menschen und Texten dergestalt umzugehen, sind nützlich auch für die Supervision.

Darüber hinaus haben sie die Fülle der Geschichten und Figuren aus der Bibel und der christlichen Tradition als hermeneutisches Material zur Verfügung. Dieses Material steht allerdings im Prinzip jedem Supervisor, dem die christliche Tradition etwas bedeutet, zur Verfügung und kann daher kein Unterscheidungskriterium zu anderen Formen der Supervision sein. Klessmann und Lammer bezeichneten Pastoralpsycholog*innen durch diese hermeneutische Kompetenz als »ExpertInnen für Sinn(re)konstruktionen« (Klessmann & Lammer, 2007, S. 59). Das ist sicher richtig, inzwischen reklamieren Berater*innen anderer Provenienz supervisorische Arbeit als Arbeit an der Selbstvergewisserung und an der Vergewisserung von Lebenssinn aber ebenso für sich, nur unter Umständen mit einer anders konnotierten Bedeutung des Wortes »Sinn«. Dass Supervision »Sinn macht« (Klessmann & Lammer, 2007), ist somit längst keine Domäne religiös gebundener Supervisor*innen mehr. Wird im christlichen Umfeld unter »Sinn« etwas verstanden, das in der Regel einen größeren Zusammenhang mit Transzendenzbezug herstellt, so wird im jüngsten verbreiteten Sprachgebrauch »Sinn« häufig synonym für jegliche mögliche Form von »Ordnung mit Plausibilität« benutzt.

Schließlich verfügen Pastoralpsycholog*innen in der Regel über Ritualkompetenz. Das befähigt sie nicht nur dazu, den Einsatz und das Feiern von christlichen Ritualen im pastoralen Arbeitsfeld zu supervidieren, sondern auch zum Umgang mit Alltagsritualen, wie sie eben auch in der supervisorischen Kommunikation bewusst und unbewusst geschehen.

Theologie und Psychologie sind wechselseitig anschlussfähig, dafür seien drei Beispiele genannt. Tiefenpsychologisch orientierte Pastoralpsycholog*innen verweisen darauf, dass da, wo von der Anwesenheit Gottes im Supervisionsprozess ausgegangen wird, die supervisorische Beziehung implizit trianguliert und somit entlastet wird. Humanistisch-psychologisch ausgebildete Pastoralspsycholog*innen finden in dem Rogers’schen Konzept einer Haltung unbedingter Wertschätzung gegenüber dem Klienten die klassisch-theologische Trennung von Person und Werk wieder. Systemisch orientierte Pastoralpsycholog*innen sind offen dafür, Glaubensüberzeugungen in ihrer Wechselwirkung von kognitiven und emotionalen Verarbeitungs- und Deutungsprozessen für die Supervision nutzbar zu machen, wenn das für die Supervisand*innen einen Gewinn darstellt.

Supervision in der Seelsorge

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