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Antike: Elitäre Raffinesse bei den Hochkulturen

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Vor rund 5000 Jahren war das Zeitalter der Hygiene schon eingeläutet. So kann man vereinfachend die Tatsache beschreiben, dass im 3. Jahrtausend v. Chr. Toilette und Kanalisation in voneinander unabhängigen Kulturen eingeführt wurden. Einen eigentlichen „Erfinder“ des stillen Örtchens kann man nicht nennen. Zunächst begannen die Vorkehrungen sehr einfach, nämlich mit einem Loch. Solange die Israeliten noch Nomaden waren und in Lagern lebten, sicherten strenge hygienische Vorschriften die Reinhaltung des jeweiligen Lagerbodens. Jeder musste seine Bedürfnisse außerhalb des Lagers erledigen und körperliche Ausscheidungen sofort vergraben (vgl. dazu auch Seite 105 ff.). Im Alten Testament liest sich das so:

„Auch sollst du außerhalb des Lagers einen abseits gelegenen Ort haben, zu dem du hinausgehst. Ferner musst du unter deinen Geräten einen Pflock haben [in anderen Übersetzungen besser als, Schäuflein‘ bezeichnet]. Wenn du also hinausgehen und austreten musst, dann grabe ein Loch und decke deinen Unrat wieder zu. Denn der Herr, dein Gott, geht in deinem Heerlager umher, um dir zu helfen und deine Feinde zu unterwerfen. Darum sei dein Heerlager heilig; er schaue bei dir nichts Widerliches, damit er sich nicht von dir zurückziehe.“ (5. Buch Moses, Deuteronomium, Kapitel 23, Vers 13 bis 15)

Wer viel Zeit in der freien Natur verbringt, den erstaunt diese Regelung nicht. Der wichtigste Leitsatz des Outdoor-Lebens lautet heute noch: „Grabe ein Loch, wenn du deine Notdurft verrichtest!“.1 In der Erde können Exkremente viel rascher abgebaut werden als an der Oberfläche. Abschwemmungen in nahe gelegene Gewässer wie auch die Verschleppung von Krankheitserregern durch Insekten, die sich auf den Kot setzen, werden vermieden.

Die Beseitigung von Abfällen aller Art und insbesondere von Exkrementen war unproblematisch, solange die Menschen in kleinen Gruppen zusammenlebten oder als Nomaden häufig den Aufenthaltsort wechselten. Schwieriger wurde die Sache, als die Menschen sesshaft wurden. Jetzt war es nicht mehr möglich, einfach ein Loch zu graben und dies wieder zuzuschütten. Ganz offensichtlich kam man an verschiedenen Orten zur gleichen Lösung: die Fäkalien mit Hilfe von Wasser wegzuspülen. Die folgende kurze Übersicht ergibt sich zu einem wesentlichen Teil aus (vorantiken) archäologischen Ausgrabungen, denn schriftliche oder bildliche Hinweise zu Toiletten sind selten.

Orkney-Inseln: Die aus der Steinzeit stammende Siedlung Skara Brae auf den Orkney-Inseln hat vermutlich die ältesten Toilettenanlagen der Welt. Sie gehen auf das Jahr 2800 v. Chr. zurück. Nischen waren dort in die massiven Steinwände der Häuser eingebaut, von denen Abzugsgräben wegführten. Die Schlussfolgerung, dass es sich dabei um Aborte handelt, ist nahe liegend, lässt sich indes mit letzter Sicherheit nicht belegen.

Pakistan/Indien (Induskultur): Um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. entstand im Gebiet des etwa 3200 Kilometer langen Indus eine Hochkultur, die so genannte Induskultur. Eine hoch organisierte Gesellschaft herrschte über ein Gebiet, das mehr als 1,3 Millionen Quadratkilometer umfasste. Erste Zeugnisse dieser bedeutenden Kultur entdeckten Archäologen in den frühen 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Die archäologischen Funde waren außerordentlich vielfältig und umfangreich. Es zeigte sich, dass hier Menschen gelebt hatten, die eine ebenso hoch entwickelte Kultur gekannt hatten wie die Hochkulturen in Ägypten, Mesopotamien oder China.

Mohenjo Daro (400 Kilometer nördlich von Karachi) war eine der größten Städte der damaligen Zeit. Sie setzte sich aus zwei Teilen zusammen: einer höher gelegenen Zitadelle im Westen, die 200 mal 400 Meter maß, und der Unterstadt im Osten. Sie waren durch einen unbebauten Bezirk von etwa 200 Meter Breite voneinander getrennt. Diese Anlage ist typisch für andere Städte der Induskultur.

In der Zitadelle entdeckte man ein sieben mal zwölf Meter großes Becken, das als das früheste öffentliche Bad beschrieben wird. Die Häuser der Unterstadt enthielten Baderäume und Toiletten, die sich in einer Nische befanden. Diese Toiletten wurden wohl etwas später als die Vorrichtungen auf Orkney, um 2500 v. Chr., erbaut und besaßen eine Besonderheit: Es waren die ersten Sitztoiletten im „westlichen“ Stil. Dazu ein Wort der Erklärung: Im Alten Orient war bei der Verrichtung der Notdurft die Hockstellung üblich und nicht die Stellung im Sitzen. Diese Sitztoiletten waren sehr sorgfältig aus Ziegelsteinen gemauert und mit einem hölzernen Sitz ausgestattet. Jede Toilette hatte eine eigene, senkrechte Abflussrinne, durch welche die Exkremente in einen öffentlichen Straßenkanal oder in eine Senkgrube geleitet wurden.

Toilette und Baderäume verfügen über eine ausgeklügelte Wasserversorgung sowie über Abflussgräben entlang der Gasse. Das Wasser wurde aus dem nahen Fluss Indus bezogen und mittels Rohrleitungen, die mit Bitumen abgedichtet waren, zugeführt. Der gebotene Standard beeindruckt: „Die sanitär-hygienischen Anlagen, für die unter anderem genaue Berechnungen der Gefälle für die Abwasserkanäle nötig waren, übertreffen technisch alles, was wir von anderen frühen Hochkulturen kennen. Selbst gegen die Verschmutzung des in öffentlichen Brunnen gesammelten Trinkwassers war Vorsorge getragen.“2

Es zeigt sich hier ein wichtiges Element für die Geschichte der Toilette: Der Reichtum an Wasser ermöglichte einen verschwenderischen Umgang. Größere Siedlungen, die nahe am Wasser lagen, nutzten das kostbare Nass rasch einmal nicht nur als Trinkwasser, sondern auch als ein ideales Medium der Entsorgung. Dafür betrieb man einen hohen Aufwand, denn ein aufwändiges Leitungssystem musste das saubere Wasser zuführen und das verschmutzte Wasser wegführen. Fehlten diese Voraussetzungen, gab es auch keine wassergespülte Toilette.

Vorderasien (Mesopotamien): Um 2400 v. Chr. entstanden sieben Sitztoiletten aus Backsteinen im Nordpalast von Esnunna (Tell Asmar). Diese Toiletten waren nebeneinander aufgereiht, man verrichtete seine natürlichen Bedürfnisse also in Gesellschaft. Asphaltverkleidete Rinnen verbanden die Toiletten mit einem gemauerten Abwasserkanal, der unter den Toiletten durchführte. In einem Wassergefäß, das neben jeder Sitztoilette stand, befand sich eine Schöpfkelle aus Ton. Dieser Luxus war allerdings nur bei den Wohlhabenden zu finden. In den einfachen Häusern hat man bisher keine Toiletten gefunden und nur selten gab es Abwasserkanäle.

Um das Jahr 1350 v. Chr. übernahmen die Assyrer die führende Rolle im Norden Mesopotamiens. Der Wechsel der Herrschaft ist dabei nicht mit einem kulturellen Neubeginn gleichzusetzen. Viele Errungenschaften der unterworfenen Völker wurden beibehalten. Insbesondere der hohe hygienische Standard. Der Palast des assyrischen Königs Sargon (722 – 705 v. Chr.) wies sechs Toilettenräume mit Sitzen auf; auch hier setzte man sich auf die Toilette und hat sich nicht hingekauert.

Ägypten: Als der Grieche Herodot (484 – 425 v. Chr.) nach Ägypten reiste, fiel ihm auf, dass die Ägypter in ihren Wohnhäusern über Abtritte verfügten und nicht wie in Griechenland zu jener Zeit die Notdurft im Freien verrichteten. Er schreibt: „Den Urin lassen die Frauen in Ägypten im Stehen, die Männer im Sitzen. Ihre Notdurft verrichten sie in den Häusern, das Essen nehmen sie draußen auf der Straße ein. Dafür geben sie als Grund an: das Hässliche, aber Notwendige, müsse man im Verborgenen tun, das Nichthässliche offen.“3

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ägypter nicht nur zur Zeit Herodots über Abtritte in ihren Wohnungen verfügten. Zumindest in den gehobeneren Haushalten waren wohl Toiletten vorhanden. Dies wird durch Hausmodelle aus Gräbern des Alten Reiches bestätigt: zwei aufrecht stehende Blöcke – in Wirklichkeit sicher aus Stein – und dazwischen ein Spalt, in den ein zur Hälfte mit Sand gefülltes Gefäß gestellt wurde. In Achet-Aton (El-Almarna), der Hauptstadt des Ketzerkönigs Echnaton (1364 – 1347 v. Chr.), wurde eine Toilette mit einem Sitz aus Kalkstein gefunden. Diese Sitztoilette besaß eine schlüssellochförmige Öffnung und wahrscheinlich ein großes, herausnehmbares Gefäß, das als Auffangbecken diente. Bei anderen Toiletten bestand der Sitz aus einem Brett, das über einen Ziegelsteinsockel gelegt war und an beiden Seiten mit Mulden zum Lagern von Sand versehen war, der nach Gebrauch in die Toilette geschüttet wurde.

Eine ägyptische Spezialität war die tragbare Toilette: Unter einen hölzernen Stuhl mit einem breiten Schlitz in der Mitte konnte bei Bedarf eine hölzerne Kiste oder ein Tongefäß geschoben werden. Auch billigere Körbe wurden als Auffangvorrichtung genutzt. Nachttöpfe wurden als Grabbeilagen in Ägypten ebenfalls gefunden.

„Interessanterweise ist bislang nichts gefunden worden, was auf die Existenz von Kanalisation in Wohnobjekten und in Königspalästen schließen ließe, obgleich überirdisch verlaufende Kanäle in Totentempeln und Mastabas des Alten Reiches durchaus nichts Unbekanntes waren.“4 Auch fließendes Wasser kannte man weder in den Häusern noch in den Palästen Altägyptens. Die wassergespülte Toilette kam also in Ägypten wohl nirgends zum Einsatz.

Kreta und Santorin: Höchsten hygienischen Ansprüchen wurde das Latrinensystem gerecht, das die Minoer auf Kreta entwickelt hatten. Im Palast von Knossos, der aus der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. (ca. 1700/1650 bis ca. 1425 v. Chr.) stammt, entdeckte der britische Archäologe Sir Arthur John Evans (1851 – 1941) einen Raum von zwei Metern Länge und einem Meter Breite, also etwa die Größenordnung unserer heutigen Toiletten. An der Wand machte man Spuren eines hölzernen Sitzes ausfindig. Unter dem Boden des Raumes fand sich ein tiefer liegender schräger Boden, der ständig mit Wasser bespült wurde und jeglichen Unrat fortschwemmte. Die Wände waren mit leicht zu reinigenden Gipsplatten ausgekleidet. Evans mutmaßte, dass ein Abflussrohr des Toilettensitzes „möglicherweise durch eine bewegliche Klappe verschlossen werden konnte, um die Geruchsbelästigung einzudämmen“5.

Lange Zeit stand Knossos im Mittelpunkt des archäologischen Interesses bis archäologische Ausgrabungen in den 60-Jahren des 20. Jahrhunderts auf Santorin (antik Thera) sensationelle Funde ans Tageslicht brachten. Unter meterhohen vulkanischen Ablagerungen kamen bei der Ortschaft Akrotiri die Ruinen einer Stadt zum Vorschein, die um 1600 v. Chr. von einer schrecklichen Vulkan- und Erdbebenkatastrophe heimgesucht worden war. In diesem Pompeji der Ägäis hat man in Häusern von wohlhabenden Bürgern auch wassergespülte Toiletten gefunden. Im „Westhaus“, einem der am besten untersuchten Häuser, fand man ein Sitzklosett, das aus einer einfachen Sitzbank mit einem engen Schlitz bestand. Eine Tonröhre, die in die Außenmauer des Westhauses eingelassen war, nahm Abwasser und Fäkalien auf und leitete sie in eine Senkgrube.

Griechenland: Der hohe Standard der minoischen Kultur war im klassischen Griechenland (510 – 404 v. Chr.) nicht wieder zu finden. „Nur die Wohnungen der Götter, nicht die der Menschen waren prächtig“, heißt es bei Plutarch.6 Doch diese pauschale Aussage verdeckt eine Entwicklung, die auch bei den Griechen stattgefunden hat. Wenn der Dichter Hesiod, der im 8. Jahrhundert v. Chr. lebte, in seinem Buch Werke und Tage noch die Ratschläge erteilten konnte, nicht an einer Quelle seine Notdurft zu verrichten, so genügte dies zu Lebzeiten des Sokrates (um 470 – 399 v. Chr.) nicht mehr. Die Entwicklung von Gemeinschaften zu ansehnlichen Stadtstaaten (Poleis) konfrontierte auch die Griechen mit städtebauliche Problemen, zu denen die Abfallentsorgung gehörte.

Das klassische Athen scheint nie eine sehr saubere Stadt gewesen zu sein. Jedenfalls wünscht sich in der Komödie Friede von Aristophanes (um 445 – 385 v. Chr.) ein Mann „eine Nase ohne Löcher“, und der Winzer Trygaion, der auf einem riesigen Mistkäfer „zum Himmel reitet“, befürchtet noch hoch oben über dem Häusermeer von Athen, durch die üblen Ausdünstungen, die aus Kloaken und Ställen emporsteigen, die Besinnung zu verlieren und abzustürzen:

„He, Mensch, du Mensch, was beginnst du, was kackst

Du beim Hurenquartier im Piräus dort?

Halt, halt, du gebierst meinen Tod! Scharr’s zu

Und häufle darauf ’ne Handvoll Sand

Und pflanze Lavendel und Thymian drauf

Und begieß es mit Narden: denn stürz ich hinab

Und brech ich den Hals, muss das Schisservolk

Von Chios fünf Talente Strafe zahln

Für die scheußliche Schuld deines Hintern!

O Schrecken, wehe! Mir vergeht das Spaßen!

Maschinenmeister, gib wohl acht auf mich!

Schon knurrt ein Wind mir um den Nabel ‘rum,

Gib acht! Sonst mach ich Futter für den Käfer!–

Gottlob, ich glaub, wir nahn der Götterburg.

Schon seh ich den Palast des Zeus vor mir.“7

Wenn Trygaion von seiner luftigen Warte aus einen Mann auf offener Straße beim Entleeren seines Darmes beobachtet, so war dies wohl kein seltenes Schauspiel. „Wenn man auf der Straße einen Stein aufhebt, um einen kläffenden Hund zu verscheuchen“, heißt es in einem anderen Stück von Aristophanes, „läuft man Gefahr, sich die Finger mit Exkrementen zu besudeln.“8 Geradezu harmlos passt in dieses Bild die (Un)sitte, den Inhalt des Pisstopfes einfach aus dem Fenster zu schütten. Erklang der gefürchtete Ruf „Aus dem Weg!“, so mussten sich die Fußgänger in Acht nehmen, denn jemand war im Begriff, Unrat auf die Straße zu entleeren.

Zweifelsohne war der Nachttopf ein sehr gebräuchliches Utensil bei den Griechen, wie verschiedenste archäologische Funde bezeugen. Aber auch die Toilette war nicht unbekannt. Die meisten Häuser der Wohlhabenden hatten wohl spätestens in hellenistischer Zeit (3. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) die eine oder andere Form einer Toilette. Häufig bestand sie in einer Sitzvorrichtung, die auf einen Topf gesetzt wurde oder aus einem Topf ohne Aufsatz. Es gab aber auch fest montierte Klosetts an der Außenwand von Häusern, die aus einer Abtrittschüssel und einer Sitzvorrichtung bestanden. Eine Ausgussöffnung führte dabei zu einem Durchlass in der Hausmauer und entleerte den Inhalt der Schüssel in den Straßengraben oder die Kanalisation. Da die gefundenen Abtrittschüsseln zu schwach zum Draufsitzen, jedoch als reines Urinal zu groß dimensioniert waren, vermutet man, dass sich eine Sitzvorrichtung mit Loch über der Abtrittsschüssel befand. Diese Sitzgelegenheit wird aus Holz konstruiert gewesen sein und im Laufe der Zeit zerfallen sein, sodass heute keine Spuren mehr sichtbar sind. Auch wenn diese Sitztoiletten noch nicht an den Standard von Knossos oder Akrotiri heranreichten, so war der Standard doch beachtlich.

Der Nachttopf als treuer Begleiter

Der Nachttopf ist viel älter als die Toilette mit Wasserspülung. Im Prinzip war es seit der Herstellung von irdenen und hölzernen Gefäßen möglich, einen Topf als Nachtgeschirr zu benutzen. Die Griechen sprachen denn auch von tragbaren Vasen (skaphia), um den Nachttopf zu bezeichnen. Sie kannten aber auch amides, Krüge mit Henkel und schnabelf örmigem Aufsatz. Dieser Aufsatz erleichterte die Benutzung des Nachtgeschirrs und ermöglichte das Ausgießen, ohne sich dabei die Hände zu beschmutzen. Bei den Römern gibt der Begriff sellae perforatae (geschlitzter Sitz/Stuhl) eindeutige Hinweise auf das Aussehen. Noch heute bezeichnet man deshalb die Darmentleerung als Stuhlgang.

Der Gebrauch des Nachttopfes war selbst in Kreisen der römischen High Society üblich. Ihn in aller Öffentlichkeit zu benutzen, verletzte dabei nicht das Schamgefühlt, galt jedoch als plebeijisch. Überliefert ist eine derartige Szene von Petronius Arbiter († 66). Er gilt als Verfasser des Satyrikon und schildert im Gastmahl bei Trimalchio folgende Szene:

„Noch während Menelaus sprach, schnippste Trimalchio mit den Fingern. Das war das Zeichen für den Eunuchen, ihm mitten im Spiel den Nachttopf unterzuhalten. Sobald er seine Blase entlastet hatte, verlangte er Wasser für die Hände, besprengte sich damit ein wenig die Finger und rieb sie im Haar eines Sklaven trocken …“9

Auch für Kleinkinder kannte man passende Einrichtungen wie eine Darstellung auf einer griechischen Vase zeigt (vgl. Abbildung 1). Sicherlich konnten sich nur Begüterte einen solche „Babytoilette“ leisten. Überhaupt dienten kostbare Nachttöpfe als Zeichen der Distinktion: Kaiser Nero (37 – 68) besaß einen goldenen.


1 Vasenmalerei, auf der eine griechische Mutter mit ihrem in einem Hochsitz sitzenden Kleinkind abgebildet ist.

Interessanterweise fanden sich in Athen bisher keine öffentlichen Toiletten. Dies trotz einer Lebensweise, die sich größtenteils außerhalb der eigenen vier Wände abspielte. Unbekannt dürften öffentliche Toiletten gleichwohl nicht gewesen sein, fand man doch etwa im griechischen Milet in Kleinasien beeindruckende öffentliche Toilettenanlagen aus dem 6. Jahrhundert v.Chr.

Heute noch nachweisbare Anlagen zur Abwasser- und Fäkalienbeseitigung in Athen gehen auf das 5. Jahrhundert v.Chr. zurück. Es sind einfache, rechteckige Sickerschächte, denen zum Teil eine Verkleidung der Wände fehlte, sodass nur noch Bodenverfärbungen den Archäologen den Standort einer Fäkaliengrube anzeigen. Andere Schächte wiederum wiesen eine Verkleidung aus Mauerwerk auf. Die Sickergruben lagen sowohl in den Höfen der Häuser als auch auf der Seite der Straße. Zwischen den Gruben und den Häusern fand man die Überreste von Verbindungsleitungen für das Regenwasser und die häuslichen Abwässer. Die Reinigung der häuslichen Sickergruben war der Eigeninitiative der Besitzer überlassen, während die Agora und die Hauptstraßen unter der Aufsicht von städtischen Beamten standen und von privaten Abfuhrunternehmen, den „Kotsammlern“ (Koprologoi), gereinigt wurden.

Immer häufiger begannen die Athener indessen auch die Sickergruben durch ein Kanalisationsnetz zu ersetzen und gleichzeitig eine effiziente Wasserversorgung aufzubauen. Anfänglich bestanden die Frischwasserkanäle aus einfachen, gemauerten Kalksteinsetzungen, später verlegte man in den Kanälen Tonröhren. Im Bereich der Agora erhielt der Hauptsammelkanal der Kanalisation von den Archäologen den Namen Great Drain (Großer Kanal). Die Innenhöhe dieses Kanals beträgt denn auch immerhin einen Meter und in ihn ergoss sich neben dem Regenwasser und den häuslichen Abwässern auch das überschüssige Brunnenwasser.

Herakles und der Stall des Augias

Der sexuelle Appetit des griechischen Göttervaters Zeus war unersättlich. So zahlreich wie seine Nachkommenschaft waren auch seine Wege, um zum Ziel zu gelangen. Der sterblichen Alkmene erschien Zeus in Gestalt ihres Gatten und zeugte mit ihr den Herakles. Bereits im Säuglingsalter wurden seine übernatürlichen Kräfte offenbar: Als zwei Schlangen in seine Wiege krochen, erwürgte er sie mit bloßen Händen. Übermenschliches hat Herakles auch im Umgang mit Fäkalien geleistet. Wie er zu dazu kam, sei hier kurz erzählt.

Als Herakles in einem Anfall von Wahnsinn, der ihm von Hera, der eifersüchtigen Gattin des Zeus, gesandt wurde, seine eigenen Kinder tötete, ging er freiwillig in die Verbannung und wollte Buße tun. Auf Anraten des Orakels von Delphi musste er dem König Eurystheus zehn Jahre Frondienste leisten. Zwölf scheinbar unlösbare Aufgaben musste er für den König verrichten. Die fünfte Aufgabe bestand darin, die Ställe des Augias auszumisten, wo riesige Viehherden seit über 30 Jahren ihren Mist hinterlassen hatten. Da Herakles sich die Hände nicht schmutzig machen wollte, lenkte er einfach einen Fluss um und spülte so allen Unrat fort. Es ist daher wohl kein Zufall, dass die Abfuhrunternehmer in Athen (Koprologen) Herkules zu ihrem Schutzpatron wählten.

In Athen wie in anderen aufblühenden Städten der Antike zeigt sich, dass der zivilisatorische Fortschritt ein wachsendes Bedürfnis nach Reinlichkeit und damit verbunden den Ausbau der Wasserversorgung und die Errichtung einer Kanalisation zu einem Sachzwang machte.

Wasserthron und Donnerbalken

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