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OSTSEEKÜSTE

Rund um die Schlei

WUNDERBARE SCHLEI(CH)-WEGE

Weit im Norden Deutschlands lädt die Bilderbuchlandschaft der Schlei zu wunderschönen Touren. Der Ausblick reicht bis nach Dänemark.

TEXT: Sven Bremer

FOTOS: Henning Angerer

Mancher wähnt sich schon in Dänemark. Lakritzeis wie im Eiscafé in Kappeln gibt es sonst eigentlich nur bei den nördlichen Nachbarn. Dänische Hotdogs werden an jeder Ecke angeboten, und von Maasholm an der Schleimündung aus kann man die dänische Küste erkennen. Richtig „hyggelig“ ist es an der Schlei wie bei den Dänen drüben. Die Dörfer heißen Thumby, Brodersby oder Sieseby. Sieht aus wie Dänemark, hört sich an wie Dänemark – ist aber Deutschland. Und zwar ein sehr hübsches Stück Deutschland.

Rund 40 Kilometer hat sich die Schlei, Deutschlands längster Ostseefjord, ins Landesinnere gefressen. Entstanden ist diese Bilderbuchlandschaft in der jüngsten Eiszeit: Gletscherzungen formten ein Tal, Schmelzwasser wusch es aus, und schließlich füllte es sich mit Ostseewasser.

Vielen aus der Mitte und dem Süden Deutschlands gelten ja bereits die Menschen in Bremen und Hamburg als „Fischköppe“. Was will man da bloß über Kappeln sagen, noch mal zwei Autostunden nördlich von Hamburg gelegen, im äußersten Nordosten der Republik? Hier haben sie den letzten noch funktionierenden Heringszaun Europas, feiern alljährlich die Heringstage, halten eine Heringswette ab und küren dabei sogar noch eine Heringskönigin oder einen Heringskönig. Mehr „Fischkopp“ geht ja wohl nicht.

Ansonsten ist Kappeln ein idealer Ausgangspunkt für wunderschöne Radtouren. In der Nachbarschaft liegt Arnis, mit rund 300 Einwohnern nicht nur Deutschlands kleinste Stadt, sondern auch die mit den meisten Werften pro Einwohner. Der Ort besteht eigentlich nur aus einer langen Kopfsteinpflasterstraße, gesäumt von niedlichen Häuschen. Plötzlich dröhnt es gewaltig von einer der vier Werften herüber, so, als bräuchte es einen Beweis, dass hier wirklich noch gearbeitet wird. Gut, dass gerade die Fähre kommt, um uns hinüberzubringen nach Schwansen, in die Region südlich der Schlei.


Blickrichtung Dänemark: auf dem Radweg an der Geltinger Birk.


Gesäumt von Raps und Mohn: typischer Schlei(ch)-Weg.

Schon bald rollen wir direkt am Wasser entlang. Lärm machen hier nur ein paar Möwen, die Wellen plätschern sanft gegen das Ufer, und als die Sonne sich durch die Wolken bohrt, glitzert die Schlei wie eine Discokugel. Bisweilen führt der Radweg weg vom Wasser in die sanften Hügel. Auf den Feldern wiegt sich das Getreide, die Schlei ist eine windige Ecke. Mohn und Kornblumen blühen am Rand der Felder um die Wette, es duftet nach wilder Kamille. Immer wieder öffnet sich der Blick auf den Fjord, die Masten einiger Segelboote überragen das Schilf.

Bei Missunde nehmen wir die Fähre zurück auf die Halbinsel Angeln. Die Sträßchen, die sich durch das idyllische Bauernland schlängeln, sind von sogenannten Knicks gesäumt, uralten Wallhecken, die als Schutz gegen Wildtiere errichtet wurden, aber auch die steife Brise von der See abmildern sollen. So haben es die Angelner auch heute noch „hyggelig“ in den Gärten ihrer reetgedeckten Häuschen. Und wie es hier ansonsten so ausschaut, ist ja wohl klar: wie in Dänemark. So richtig verwunderlich ist das nicht so nah an der Grenze. Zudem wurde die Region, zumindest der nördliche Teil des heutigen Bundeslandes Schleswig-Holstein, über Jahrhunderte vom dänischen Königshaus regiert. Erst der Deutsch-Dänische Krieg im Jahr 1864 beendete die Herrschaft.

Die Geschichte der Angelner verbindet sich aber noch viel nachdrücklicher mit der Entstehung einer anderen europäischen Nation. Zahlreiche Angelner wanderten gemeinsam mit dem germanischen Volksstamm der Sachsen im fünften Jahrhundert ins damalige Britannien aus. Die Auswanderer vom Kontinent gewannen auf der Insel rasch an Einfluss und Macht, schon bald waren sie zur Volksgrupppe der Angelsachsen verschmolzen. Und so geht letztendlich der Name Englands auf diese kleine Halbinsel an der Schlei zurück.


Erkundungstour durch Maasholms Sportboothafen.

INFO 2 TAGESTOUREN

ANREISE

Auto Ab Hamburg gelangt man in knapp zwei Stunden ans Ziel. Man fährt entweder über die A 7 nach Schleswig und von dort aus auf der B 201 nach Kappeln oder via Kiel (B 404) und Eckernförde (B 76) auf der B 203 nach Kappeln.

Bahn Ab Hamburg mit dem Regionalzug/ICE nach Kiel, von dort mit dem Regionalexpress Richtung Flensburg, in Süderbrarup aussteigen. Die Busse nach Kappeln nehmen Räder nur mit, wenn Platz ist. Wer sichergehen will, bestellt ein Taxi (bei der Anreise mit eigenen Rädern ein Großraumtaxi). Die Kosten für die Strecke Süderbrarup–Kappeln liegen bei ca. 35 bis 40 Euro pro Strecke.

UNTERKUNFT

Pierspeicher Boutique Hotel Das 1936 erbaute backsteinerne Speichergebäude wurde 2006 zu einem empfehlenswerten Hotel umgebaut. Je höher im denkmalgeschützten Haus das Zimmer, desto besser der Ausblick über die Schlei. Am Hafen 19c, Kappeln, Tel. 04642/924780, www.pierspeicher.de

ESSEN & TRINKEN

Kappeln An der Hafenpromenade reiht sich ein Restaurant ans andere, Fischgerichte dominieren logischerweise die Speisekarten. Aber so wirklich zu empfehlen sind die meisten – außer der Alten Räucherei – erstaunlicherweise nicht. Am Hafen 16, Tel. 04642/5095, www.alte-raeucherei-kappeln.de

Beste Ware bekommt man in der traditionellen Aal- und Fischräucherei Föh, Dehnthof 28, Tel. 04642/2274, www.foeh.de

Auf der südlichen Seite der Kappelner Klappbrücke sitzt man nicht nur gemütlicher, das Essen im Restaurant Tauwerk-ASC des Arnisser Segelclubs ist auch richtig gut, egal ob Dorschfilet, Heringsteller oder Surf&Turf-Burger. Am Südhafen 4, Tel. 04642/2158, www.tauwerk-asc.de

SEHEN & ERLEBEN

Die Wallanlage Danewerk und die ehemalige Wikingersiedlung Haithabu bei Schleswig zählen zu den wichtigsten archäologischen Stätten Nordeuropas und wurden 2018 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. www.danevirkemuseum.de, www.haithabu.de

In Schloss Gottorf bei Schleswig sind u. a. das schleswig-holsteinische Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte sowie das Archäologische Landesmuseum untergebracht. Schlossinsel 1, Tel. 04621/813222, www.schloss-gottorf.de

Maritime Vergangenheit kann man im Kappelner Museumshafen erleben. Hier hat so manches bestens renovierte Schmuckstück auf ewig festgemacht, darunter alte Heringsboote und Krabbenkutter. www.museumshafen-kappeln.de

RADSERVICE & -VERLEIH

Fahrräder & Spielwaren Schmidt Vorn gibt’s Spielwaren, hinten im Hof Fahrräder: Die freundlichen Schmidts verleihen solide Böttcher-Räder mit und ohne Unterstützung; nichts Extravagantes, aber passend für eine gemütliche Tagestour. Für sportlich ambitionierte Radler sind Mountainbikes im Angebot. Mit Werkstatt. Kappeln, Schmiedestr. 30, Tel. 04642/3606, www.schmidt-kappeln.de

LANDKARTEN & TOURPLANUNG

Kompass Rad- und Wanderkarte Ostseefjord Schlei Schleswig, 1:35.000

TOURIST-INFO

Ostseefjord Schlei GmbH Plessenstraße 7, Schleswig, Tel. 04621/850050, www.ostseefjordschlei.de

Touristinformation Schleswig Plessenstr. 7, Tel. 04621/850056

Touristinformation Kappeln in der Holländermühle Amanda, Schleswiger Str. 1, Tel. 04642/4027


Auf dem Gelände von Gut Krieseby steht eine 800 Jahre alte Eiche.


Nur einen Steinwurf von der Schlei entfernt: Gut Bienebeck.


TOUR 1: GUCKEN BIS DÄNEMARK

57 km, 145 Hm, max. Steigung 5 %

Tourcharakter

Je ein Drittel Asphalt, gut befahrbarer Schotter und relativ rumpelige Feldwege.

Von Kappeln nach Maasholm, ab dem Fischerdorf an der Schleimündung fast ausschließlich mit Blick auf die Ostsee nordwärts. Das ist schon ziemlich genial, wird aber noch besser hinterm Leuchtturm Falshöft. Ab dort umrundet man das Naturschutzgebiet Geltinger Birk mit seinen Sümpfen, Wäldern und Strandseen. Mit ein bisschen Glück sieht man sogar die hier lebenden Wildpferde, auf jeden Fall kann man rübergucken bis nach Dänemark. Ab Wackerballig geht es durch welliges Bauernland zurück nach Kappeln.

TOUR 2: FJORDFAHRT

59 km, 205 Hm, max. Steigung 6 %

Tourcharakter

Überwiegend Asphalt, fast ausschließlich auf straßenbegleitenden Radwegen. Ansonsten teilweise gut befahrbare und bisweilen auch rumpelige Feldwege.

Am Museumshafen Kappeln vorbei auf einem Schlei(ch)-Weg nach Arnis. Mit der Fähre (spätestens ab April bis Ende Oktober zwischen 9 und 19 Uhr, Tel. 04642/3050) hinüber nach Schwansen. Von Winnemark bis Sieseby führt der Weg direkt an der Schlei entlang, danach etwas abseits des Fjords, immer wieder mit wunderbaren Ausblicken aufs Wasser. Bei Missunde mit der Fähre zurück ans nördliche Ufer und auf überwiegend gut ausgebauten Radwegen via Arnis zurück nach Kappeln.

Radurlaub in Deutschland

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