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HANSESTÄDTE
Von Hamburg nach Lübeck
Kopfsteinpflaster und Arkaden – der mittelalterliche Rathausplatz in Lübeck im Schatten der Marienkirche.
VON DER ELBE AN DIE TRAVE
Zwei Hansestädte an einem Wochenende: Kurztrip durch historischmaritimes Ambiente rund um Alster und Elphi, Trave und Holstentor.
TEXT & FOTOS: Klaus Tödt-Rübel
Wunderbar, wie bequem Velofahrer Hamburg gen Osten verlassen können. Unweit der Speicherstadt sind wir im Nu auf dem Radweg, der uns elbaufwärts führt. An der Tatenberger Schleuse folgen wir der Dove Elbe. Fachwerkhäuser unter gewaltigen Strohdächern ducken sich hinter dem Deich, Treibhäuser in Reih und Glied, weite Äcker – das sind die Vier- und Marschlande, Hamburgs „Gemüsegarten“. Die Deiche bilden die höchste Erhebung. Am Elbehauptdeich halten Schafe das Gras kurz und sorgen für Deichverdichtung. Ob der halten wird, wenn – Stichwort Klimakatastrophe – das Eis der Arktis weiter schmilzt und der Meeresspiegel ansteigt? Als wir bei Escheburg das Tal der Elbe verlassen, müssen wir aufs kleine Kettenblatt schalten – das einzige Mal während der gesamten Tour! Es geht für einige Meter stramm bergan. Dann streben wir Richtung Kröppelshagen, wo die Sachsenwaldstraße beginnt. Der Wald ist mit knapp 70 Quadratkilometern das größte zusammenhängende Waldgebiet Schleswig-Holsteins. Im Halbdunkel unter dem dichten Blätterdach der Buchen schalten wir sicherheitshalber unsere Rückleuchten in den Blinkmodus – was hindert eigentlich manche Autofahrer daran, vom Gas zu gehen, sobald sie sich Radfahrern nähern?
Im südlichen Holstein haben Velofahrer bei mehr als 1.000 Kilometern ausgeschilderte Radstrecken die Qual der Wahl. Sollen wir z. B. auf einer jener seltenen, noch intakten Kopfsteinpflasterstraßen durch die einsame Hahnheide zuckeln? Na ja, wer schon immer mal Paris-Roubaix-Feeling erleben wollte, wird da auf seine Kosten kommen. Bei uns hingegen will sich keine rechte Vorfreude in Erwartung des Gerüttels einstellen. Also kurbeln wir lieber gemächlich auf den asphaltierten Landsträßchen durch Feld, Wald und Wiesen Richtung Mölln im Rhythmus so poetischer Ortsnamen wie Kuddewörde, Schretstaken, Köthel … Schwarzbuntes Milchvieh blickt auf, am Horizont drehen sich Windräder.
Vorbei am Gaffelschoner „Krik Vig“ in Lübeck am Museumshafen an der Untertrave.
Das spätgotische Holstentor, Wahrzeichen der Hansestadt Lübeck und Firmenlogo der weltberühmten Marzipanfabrik Niederegger.
Blick von der Hafencity auf die Elbphilharmonie. Mit 866 Millionen Euro Baukosten wohl die teuerste „Deern“ Hamburgs.
In Mölln hat man Till Eulenspiegel ein Denkmal gesetzt. Reibt man gleichzeitig Daumen und Fußspitze der Bronzeskulptur, soll das Glück bringen. Weiter geht’s nach Ratzeburg auf einer Insel inmitten der dunklen Seen mit seinem wuchtigen Dom und der berühmten Ruderakademie, in der so manche Goldmedaille geschmiedet wurde. In Berkenthin überqueren wir erneut den Elbe-Lübeck-Kanal. Der Sandweg neben der Wasserstraße ist unsere Zielgerade: Wir erreichen Lübeck, ohne aus der Puste zu geraten. Zum Abschluss gibt es – nein, kein Bier – Marzipantorte zum Tee im Café Niederegger.
INFO | 2 ETAPPEN |
RÜCKFAHRT
Direkte Verbindung von Lübeck Hauptbahnhof nach Hamburg mit dem Regionalexpress in 45 Minuten, Radmitnahme begrenzt möglich
RADSERVICE & -VERLEIH
Beim Fahrradverleih Altona kann man neben Reise-Trekkingrädern, Citybikes und Jugendrädern auch E-Bikes leihen. Auch Ersatzteile und Reparaturen werden hier angeboten. Thadenstraße 92, Tel. 040/4392012, www.fahrradverleih-altona.de
UNTERKUNFT
Hotel Grander Mühle in Kuddewörde. Radlerfreundliches Hotel in der alten Wassermühle am Ufer der Bille. Lauenburger Str. 1, Tel. 04154/81021, www.grandermuehle.de
ESSEN & TRINKEN
Etappe 1: diverse Einkehrmöglichkeiten an der Elbe, z. B. Zollenspieker Fährhaus, Zollenspieker Hauptdeich 141, www.zollenspieker-faehrhaus.de, und im Sachsenwald Forsthaus Friedrichsruh, Ödendorfer Weg 5, www.forsthausfriedrichsruh.de
Etappe 2: Im Restaurant Fischerstube in Ratzeburg gibt’s Große Maräne, Hecht, Barsch und Zander frisch aus dem See, Schlosswiese 2, Tel. 04541/3559, www.fischerei-ratzeburg.de
Feinstes Marzipan, Niederegger Nusstorte, Kaffee und Tee genießt man im Café Niederegger in Lübeck. www.niederegger.de
LANDKARTEN & TOURPLANUNG
ADFC-Radtourenkarte 2 Holstein Hamburg, 1:150.000
TOURIST-INFO
Hamburg Tourismus Wexstraße 7, Tel. 040/30051701, www.hamburg-tourism.de
Lübeck Tourismus Holstentorplatz 1, Tel. 0451/8899700, www.luebeck-tourismus.de
Der Ratzeburger See ist bekannt durch die Ruderakademie des Deutschen Ruderverbandes.
ETAPPE 1: VON DER ELBE IN DEN SACHSENWALD
58,5 km, 210 Hm, max. Steigung 9 % (kurzes Stück in Escheburg)
Tourcharakter
Asphalt; einige Hundert Meter Sand im Sachsenwald. Hinter den Deichtorhallen beginnt der Radweg, der uns autofrei elbaufwärts führt. An der Tatenberger Schleuse verlassen wir den Radweg Hamburg–Berlin und folgen der hübscheren Strecke auf dem Tatenberger Deich. In Kirchwerder stoßen wir auf den „Radwanderweg Elbufer“, den wir kurz vor Geesthacht Richtung Norden verlassen. Es geht schnurstracks durch den schattigen Sachsenwald nach Friedrichsruh, wo der „Eiserne Kanzler“ Otto von Bismarck in seinem Mausoleum ruht. Wir ruhen zur Nacht in der historischen Grander Mühle am Ufer der Bille.
ETAPPE 2: EULENSPIEGEL, KANAL UND MARZIPAN
72,2 km, 53 Hm, max. 6 % Steigung
Tourcharakter
Asphalt; ab Berkenthin nach Lübeck fester Sandweg am Elbe-Lübeck-Kanal.
Auf verkehrsarmen Nebenstraßen durch das ländliche Herzogtum Lauenburg erreichen wir Mölln, einst Wirkungsstätte von Till Eulenspiegel, wo wir über derbes Kopfsteinpflaster rumpeln. Eine Asphaltpiste führt uns kommod nach Ratzeburg, malerisch auf einer Insel inmitten dunkler Seen gelegen. Das Finale ab Berkenthin bietet entspanntes Geradeausfahren. Auf dem Sandweg neben dem Elbe-Lübeck-Kanal nähern wir uns der Hansestadt, deren Kirchtürme schon von Weitem grüßen.