Читать книгу Sonny - Daniel Wadewitz - Страница 12
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ОглавлениеWoolfe gab ordentlich Gas, während Elisabeth ihn von der Rückbank mithilfe ihres Mobiltelefons navigierte. Widerstandslos hatte sie sich ihrem Schicksal gefügt und war auf die Rücksitzbank geklettert, als Reynard die Beifahrertür des schwarzen Camaro geöffnet, den Sitz vorgeklappt und mit einem Lächeln darauf hingewiesen hatte, dass es ja nur zu ihrer eigenen Sicherheit wäre. Trotz des Tempos wirkte Woolfe ruhig und schien stets, Herr der Lage zu sein. Es dauerte nicht lange, bevor sie ihr Ziel erreichten. Bei dem besagten Pub handelte es sich um eine etwas heruntergekommene Kneipe, vor der einige Motorräder geparkt waren. Kurz war es still, bevor Reynard das Wort ergriff.
„Wie wollen Sie vorgehen?"
„Wir gehen rein. Sind freundlich und hören uns nach Munson um.“
„Und wenn uns niemand etwas verraten möchte?“
„Dann improvisieren wir.“
Woolfe und Reynard sahen sich an, während sich ihre Mundwinkel nach oben bewegten.
Okay. Showtime.
Die drei betraten unter Elisabeths Führung die Kneipe. Der Raum roch etwas muffig und stark nach Zigarettenrauch. Sie schauten sich um. Außer dem gelangweilt aussehenden Barkeeper konnte sie fünf Biker ausmachen. Alle trugen sie die gleichen charakteristischen Kutten des Motorradclubs. Vier von ihnen spielten Billard, während der fünfte an der Bar Platz genommen hatte. Bis auf den Barkeeper richteten alle ihre Blicke auf die Neuankömmlinge. Elisabeth ging geradewegs auf den Biker an der Bar zu. Woolfe und Reynard folgten ihr.
„Entschuldigen Sie bitte. Agent Crane, FBI. Ich hätte ein paar Fragen an Sie.“
Sie zog ihren Ausweis aus der Tasche und hielt sie ihrem Gegenüber unter die Nase.
„Verschwinden Sie!“
„Ich hab nur ein paar Fragen zu einem Ihrer Mitglieder, Kenneth Munson.“
„Nie gehört den Namen.“
„Aber er ist Mitglied in Ihrem Motorradclub.“
„Welcher Club?“
Elisabeth spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. Allerdings war es in dieser Situation wichtig, die Beherrschung zu bewahren. Schließlich waren sie in der Unterzahl.
„Hören Sie, ich möchte nur etwas über Mr. Munson erfahren. Zum Beispiel seine Adresse und schon sind wir wieder weg.“
„Wie gesagt, habe den Namen noch nie gehört und Sie sollten jetzt gehen.“
In dem Moment kamen die Billardspieler geschlossen auf sie zu. Sofort bildeten Woolfe und Reynard wortlos einen Schutzwall zwischen Elisabeth und den vier Bikern. Die Frage war nur, was sie ausrichten konnten, wenn die Situation eskalierte. Die Biker waren allesamt sehr kräftig gebaut und zwei von ihnen waren mit Billardqueues bewaffnet.
„Wir wollen keinen Ärger, sondern nur eine ganz normale Auskunft.“
„Haut ab oder Ihr werdet es bereuen.“
Mit diesen Worten erhob sich der fünfte Biker von seinem Barhocker. Erst jetzt wurde deutlich, wie groß er eigentlich war. Er überragte Elisabeth um gut dreißig Zentimeter, wodurch er ungefähr zwei Meter groß sein musste. Sie hob ihre Hände, wobei die Handflächen in Richtung des Bikers zeigten.
„Wir können doch über alles reden. Bitte…“
Ohne Ankündigung schnappte sich der Biker eine leere Bierflasche vom Tresen und schlug nach ihr. Geistesgegenwärtig wich sie dem Schlag aus, ergriff mit ihrer linken Hand seinen Schlagarm, umfasste mit ihrem freien Arm seinen unteren Rücken und warf ihn über ihre Hüfte zu Boden, indem sie seinen Schwung ausnutzte. Die Aktion dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde und schon hörte sie wie hinter ihr ebenfalls Kampfgeräusche zu vernehmen waren. Dafür hatte sie aber keine Augen. Sie stürzte sich von hinten auf den Biker, der gerade im Begriff war sich aus seiner sitzenden Position wieder zu erheben und setzte einen Würgegriff an. Nach kurzer Überraschung ergriff er ihren Arm, der um seinen Hals gelegt war und zog ihn weg. Gegen diese Kraft konnte sie nicht ankommen. Sie reagierte schnell und schlug ihm mit der linken Faust gegen seine Schläfe, woraufhin er ihren Arm losließ. Sie wirbelte herum, ergriff seine linke Hand und schwang ihre Beine an seinem Arm vorbei und drückte sie gegen seinen Oberkörper.
„Lass mich los, du Schlampe!“
Er versuchte aufzustehen und erhob seinen freien Arm, um zum Schlag anzusetzen. In dem Moment drückte sie ihre Hüfte explosionsartig nach oben, wodurch sie ihm den linken Arm auf Höhe des Ellbogengelenks brach. Sie ließ den schreienden Biker los, der seinen gebrochenen Arm schockiert betastete und nicht mehr in der Lage zu sein schien, den Kampf fortzusetzen. Als sie sich zu Reynard und Woolfe umdrehte, stockte ihr der Atem.
Was ist passiert?
Beide Agenten hatten es sich auf Barhockern bequem gemacht. Die vier Biker lagen mehr oder weniger regungslos am Boden. Reynard lächelte sie freundlich an.
„Beeindruckende Vorstellung.“
Woolfe gab ein zustimmendes Brummen von sich.
„Nicht schlecht für eine Sprachenexpertin, die die meiste Zeit im Büro verbringt. Welcher Kampfstil war das? Judo?“
Elisabeth nickte zustimmend.
„Schwarzer Gürtel seit ich zwanzig wurde. Die letzte praktische Anwendung liegt schon eine Weile zurück, aber die Grundlagen verlernt man nicht so schnell. Wie haben Sie…“
„RAUS AUS MEINER BAR!“
Hinter dem Tresen war der Barkeeper wieder aufgetaucht. Er hielt eine Schrotflinte im Anschlag und zielte damit abwechselnd auf die drei überraschten Agenten.
„Ich zähle jetzt bis fünf und wenn ihr bis dahin nicht verschwunden seid, nehme ich euch aufs Korn.“
Woolfe entfernte sich unauffällig zwei Schritte von seinem Partner, während sich Reynard in ruhigem Ton dem Barkeeper zuwandte.
„Jetzt beruhigen Sie sich erstmal.“
„EINS!“
„Wir sind nur hier, um ein paar Fragen zu stellen.“
„ZWEI!“
Ich hoffe, er weiß, was er tut.
„Danach verschwinden wir sofort.“
„DREI!“
„Überdenken Sie Ihre Lage. Sie stehen drei bewaffneten Bundesagenten gegenüber.“
„Ich schieß euch über den Haufen. VIER!“
Elisabeths Hand wanderte unauffällig zu ihrer Dienstwaffe. Überrascht sah sie, dass weder Woolfe noch Reynard es ihr gleich taten.
Was habt ihr vor?
„Sie haben eine Schrotflinte. Das heißt ein Schuss und Sie müssen nachladen. Wir stehen zu weit auseinander, um uns alle mit einmal zu treffen. Das heißt, Sie können einen von uns erschießen, bevor Sie während des Nachladens von den zwei Überlebenden erledigt werden. Wollen Sie wirklich so unnötig Ihr Leben aufs Spiel setzen?“
Der Barkeeper starte Reynard wütend an, aber er feuerte nicht.
„Nein, will ich nicht.“
„Sehr schön. Dann beantworten Sie einfach die Fragen unserer Kollegin und schon sind wir weg und tun so, als wären wir nie dagewesen.“
Er nickte resignierend und ließ die Schrotflinte sinken. Elisabeth atmete unauffällig aus.
Gut gemacht.
„Und was ist mit meinen Jungs?“
Der Barkeeper wies auf die Biker, die außer Stöhnlauten nichts mehr von sich gaben.
„Die Verletzungen sind nicht lebensbedrohlich. Ein paar Knochenbrüche im Gesicht und tierische Kopfschmerzen ist das einzige, was die Herren davongetragen haben.“
Und mit Blick auf Elisabeths Gegner, der sich wimmernd in eine Ecke verzogen hatte, fügte er an.
„Seinen Arm sollte allerdings jemand schienen, der sich damit auskennt.“
Der Barkeeper nickte widerwillig.
„Stellen Sie ihre Fragen und verschwinden Sie danach.“
Jetzt kommt mein Part.
„Kennen Sie Mr. Munson?“
„Ja, Kenny gehört seit kurzem zum Club. Hat sich aber seit einer Woche nicht mehr blicken lassen.“
„Wissen Sie warum?“
„Könnte mit diesem Kerl zusammenhängen.“
„Welcher Kerl?“
„Er kam letzte Woche in die Bar und hat gefragt, ob jemand Arbeit sucht. Er würde gut bezahlen, der Job wäre aber nicht ganz ohne.“
„Und Mr. Munson ist darauf eingegangen?“
„Er wollte es sofort machen, aber einige der ranghöheren Mitglieder haben es ihm verboten, weil er noch zu unerfahren sei. Jedenfalls ist der Kerl wieder abgehauen, hat aber die Adresse eines Hotels hinterlassen, in dem man ihn finden kann.“
„Und was war mit Mr. Munson?“
„Der ist ausgeflippt. Schrie rum, dass das seine Chance wäre sich zu beweisen. Dann ist er wütend rausgerannt. Später haben wir festgestellt, dass der Zettel mit der Hoteladresse verschwunden war. Seitdem ist Kenny nicht wieder aufgetaucht. Was ist mit ihm?“
„Er ist wahrscheinlich in großen Schwierigkeiten. Wie sah der Kerl aus?“
„Er trug einen dunklen Anzug mit Hut, Sonnenbrille und einen Vollbart. Sehr gut war er also nicht zu erkennen. Aber ich schätze mal, dass er weiß war.“
Großartig. Das wird die Suche sehr einfach machen.
„Wissen Sie, in welchem Hotel der Mann abgestiegen ist?“
Der Barkeeper lächelte herablassend.
„Natürlich. Ich kriege alles mit, was in meiner Bar passiert.“
Jetzt wird er langsam übermütig.
„Werden Sie es mir auch verraten?“
„Klar, wenn ich Sie dadurch endlich loswerde. Ich schreibe Ihnen die Adresse auf. Es ist ein Hotel am anderen Ende der Stadt.“
„Vielen Dank. Sie haben uns sehr weitergeholfen und wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten. Woolfe. Reynard. Wir gehen.“
Mit diesen Worten verließ Elisabeth die Bar. Die beiden Agenten folgten ihr.