Читать книгу Good Morning Dornröschen - Daniela Kögler - Страница 4

Lebensanalyse!

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»Und? Wie war nun das erste Date?«

Wenn ihr meinen Gesichtsausdruck sehen könntet, würde sich die Frage augenblicklich erübrigen. Lasst es mich so umschreiben: Wenn man eine hohe Erwartungshaltung hat und es dann doch nichts besonderes ist, ist die Enttäu-schung noch einmal um einiges größer. Ähnlich wie an Silves-ter. Wir machen uns schon Wochen, ja sogar Monate vorher Gedanken, wie wir den Jahreswechsel am besten feiern könn-ten. Und dann ist es doch irgendwie jedes Jahr dasselbe. So war es mit meinem Date auch. Viele unnötige Gedanken vor-ab. Wahrscheinlich zu große Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche. Vielleicht liegt es also doch an meinem zu hohen Anspruch. Doch ich bin mittlerweile so müde, darüber nach-denken zu müssen. Auf jeden Fall haben wir uns gut unterhal-ten. Er steht mit beiden Beinen fest im Leben, ist sportlich, kocht und reist sehr gerne. War zwar nicht Ultraspannend, der Nachmittag, und gefunkt hat es auch nicht, aber nett war es. Bis zu dem Moment, als wir beschlossen haben, zu gehen. Da lässt mich der Kerl doch glatt den Kaffee selbst zahlen!

Dazu brauch ich doch eigentlich gar nichts mehr sagen. Null Anstand der Typ. Und je länger ich darüber nachdenke, umso aggressiver werde ich. Wenn er nicht mal den Kaffee bezahlt . . . Und das beim verdammten ersten Date, bei dem er mir doch eigentlich imponieren wollen müsste! Ihr wisst schon, was ich meine. Wie geht das nur in Zukunft weiter? Zum Schluss sucht er nur eine Dumme, die ihn aushält. Ich hatte mich schon wieder völlig und vor allem unnötig in Rage gedacht und war gerade munter dabei, irgendwelche Fantas-tereien in gar nicht vorhandene Dinge hinein zu interpretieren. Bei all dem Gedankenwirrwarr bin ich mehr als verblüfft, dass ich noch keine grauen Haare habe. Ich bin ein Mensch, der über Situationen nachdenken muss, die er nicht nachvollzie-hen kann. Und zwar so lange, bis ich sie verstehe. Aber hier war es mir einfach nicht möglich. Warum hat er meinen Kaffee nun nicht bezahlt? Lag es an mir? War ich ihm nicht einmal die paar Euro wert? Oder vielleicht hat er mich auch einfach nur als ›modern‹ und emanzipiert eingeschätzt. Ich kneife ein Au-ge zusammen und überlege, ob er mir die Türe aufgehalten hat beim rausgehen. Doch dann wurden meine Gedanken auch schon wieder durch neue unterbrochen. Ich will doch sowieso nichts von dem Mann. Was denke ich jetzt also über diesen verdammten Kaffee nach. Der ist doch gar nicht das Problem. Hat halt einfach nicht gefunkt. Aus, Basta! Aber toll finden dürfte er mich schon. Ein bisschen zumindest. Aber was soll’s. Abhaken und weiter geht’s. Doch meine kurz auf-flammende Stärke hält nicht lange an. Denn jeder kommt manchmal an einen Punkt, an dem er sehr müde ist von die-sen Alltagsproblemchen. Da nützt ausschlafen nichts, Fri-seurbesuche noch weniger und auch keine heiße Schokolade.

Bei mir war gerade genau dieser Punkt gekommen. Ich ha-be einfach keine Lust mehr darauf. Wie mich das alles an-kotzt! Nicht nur die ganzen Männerprobleme. Auch die roten Ampeln, die unfreundliche Bäckereifachverkäuferin, die mir grundsätzlich etwas anderes in die Tüte packt. Sage ich »Zwei Brezen ohne Salz« – geh ich auf jeden Fall mit vier mit Salz hinaus. Sage ich Spinattasche, packt sie mir eine Pau-senknusperstange ein. Ich versuche mittlerweile schon mit Zeichensprache meinen Bestellungen Ausdruck zu verleihen. Bei der Stückzahl ist das leicht. Aber wie soll ich bitte ›Spi-nattasche‹ gestikulieren? Da stoße sogar ich an meine Gren-zen.

Das Leben ist so kompliziert. Und mitunter so eintönig. Jeden Tag der gleiche Trott. Langsam bekomme ich das Ge-fühl, nur noch zu funktionieren. Wie erbärmlich sich das an-hört. Und eigentlich passt doch alles. Festanstellung, Hob-bies, Freunde, Familie . . .

Aber es muss doch noch mehr geben. Man kann sich doch nicht immer gleich zufrieden geben, selbst wenn man es nicht ist. Wie soll man sich so weiterentwickeln? Und wenn die Menschen früher auch so gedacht hätten, wäre das Rad bis heute noch nicht erfunden worden. Und Porzellan wurde schließlich auch entdeckt, als man versuchte, Gold herzustel-len. Nein, ich will damit nicht sagen, dass ich in irgendeiner Art handwerklich tätig werden möchte. Aber man muss neue Dinge einfach angehen und ausprobieren. Doch in dem mo-mentanen Umfeld ist es mir nicht mehr möglich. Meine Ge-danken sind kompliziert, eingefahren und mein Kopf droht zu platzen. Keine guten Grundlagen, um kreativ an etwas heran-zugehen. Und jetzt bin ich zum ersten Mal seit langem froh, dass ich Single bin. Denn ich bin frei und kann machen, was ich will und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Mir ist nun klar, dass ich dringend etwas für meine innere Ausgegli-chenheit tun muss. Zu viele unnötige Gedanken kreisen in letzter Zeit in meinem Kopf. Zu viele Banalitäten, über die ich mich aufrege. Und da hilft mir auch kein Mann raus. Im Ge-genteil. Ich brauche kein Date, sondern ein Update. Ja, und da sind wir der Lösung auch schon einen Schritt näher. Wir Frauen versteifen uns viel zu sehr auf die Männer. Wir den-ken, dass wir unser Glück und unsere Zufriedenheit in einer Beziehung finden. Aber das kann es nicht sein. Ich muss erst einmal mit mir und meiner Situation ins Reine kommen, und dann habe ich auch Zeit für die Kerle. Und wenn ich mir mein ›Pausenknusperstangenproblem‹ noch einmal durch den Kopf gehen lasse, wird mir bewusst, dass meine Situation mehr als akut ist. Was hatte ich bisher erreicht? Was tue ich für mich? Was tue ich für meine Mitmenschen?

Was wäre, wenn ich plötzlich nicht mehr da wäre? Würde es jemanden stören? Ich meine, würde mich jemand wirklich vermissen? Würden sich vielleicht auch manche freuen? Und was denkt die Bäckereifachverkäuferin eigentlich von mir?


Meine Gehirnbahnen sind dauerbelegt mit Gedanken, die nicht normal sind und mich nicht weiterbringen. Im Gegenteil. Sie halten mich nur noch mehr davon ab, etwas gegen diese innere Unruhe zu unternehmen. Mein Körper muss schließlich auch mit dem klarkommen, was ich ihm gebe. So wie das mit dem Essen ist, so ist das auch mit dem Geist. Wenn ich ständig negativ und kompliziert vor mich hinhirne, bringt mich das in keinster Weise weiter. Die Gedanken kreisen wie eine Fliege um meinen Kopf, die einfach nicht verschwinden mag. Selbst wenn man sie schon 10 Mal verscheucht hat.

Da sitze ich nun, auf meinem riesigen Haufen Mist, der täg-lich wächst und wundere mich tatsächlich über die Fliegen. Aber bisher blieb ich einfach sitzen. Doch das wird jetzt ge-ändert! Wie? Ich scheiße auf den Mist hier und dann hau ich einfach ab . . .

Good Morning Dornröschen

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