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GEH, WOHIN DEIN HERZ DICH TRÄGT


Ich folgte meinem Mann in die Staaten, und nichts ließ mich damals erahnen, wie sehr diese Reise mein Leben verändern würde

Mit dem Roman von Susanna Tamaro, den mir meine Eltern noch zum Abschied geschenkt hatten, flog ich kurz nach unserer Hochzeit an der Seite meines Mannes in die Staaten. Er hatte in Boston ein Jobangebot angenommen, und nichts ließ mich damals erahnen, wie sehr diese Reise mein Leben verändern würde. Ein Jahr nach dem anderen gesellte sich zu den ursprünglich geplanten drei, und aus dem Abenteuer Amerika wurde im Lauf der Zeit ein Leben mit zwei Kindern und Hund in einem kleinen amerikanischen Vorort.

Unser Leben ist nicht auf Einfachheit ausgelegt. Wir suchen die Bindung zu der Familie in Deutschland für uns und unsere Kinder, sind gefangen in dem transkontinentalen Spagat zwischen dem Hier und Dort, sind der Jetset mit den Koffern, dem Jetlag und den Mietautos. Jeder freut sich, wenn wir uns in die alte Heimat aufmachen, und natürlich genießen wir die wertvollen Stunden der Begegnung mit Familie und Freunden. Doch jedem unserer Besuche folgt ein Abschied auf längere Zeit, und das Wissen darum begleitet eine gewisse Wehmut.

Zu diesem Hin und Her kommen die täglichen Herausforderungen, die der Alltag einer Familie so mit sich bringt. Haushalt, Schule, Hausaufgaben, Fußballtraining, Klavierunterricht, Erkältungsviren und Arztbesuche zu Stoßzeiten. Ich verbringe Stunden mit der Logistik der verschiedenen Stunden- und Reisepläne. Mein Auto ist ein steter Wegbegleiter in diesem Land unbegrenzter Weiten und begrenzter öffentlicher Verkehrsmittel, und zwischen Snacks, Getränken, Pflastern und Desinfizierzeug für Notfälle, extra Klamotten und Notizblöcken ist es fast ein zweiter kleiner Haushalt. Würde mein menschliches Dasein in zurückgelegten Entfernungen bewertet, würde ich aufgrund all der Kilometer und Flugmeilen bestimmt hervorragend abschneiden.

Doch die größte Veränderung seit unserem Umzug in die Staaten ist das fortwährende und immer präsente Spannungsfeld eines Lebens zwischen und mit zwei Kulturen, Bindungen und so manchen Brüchen. Es birgt ein tägliches Sicheinlassen auf die andere Kultur und erfordert gleichzeitig ein Abgrenzen ihr gegenüber. Es ist ein stetes Bemühen, heimisch zu werden, in der Fremde Wurzeln zu schlagen, ohne die eigene kulturelle Prägung zu verlieren oder Wurzeln zu kappen. So zeigt sich ein oftmals überwältigender Prozess, der stark von Gefühlen geleitet ist und mit der Erziehung meiner »amerikanischen« Kinder eine weitere Dimension erfuhr, auf die ich nicht vorbereitet war. Ich bin sicher, dass es manchen meiner deutschen Freundinnen hier schneller und besser gelang, diesen Teil ihrer Biografie in Einklang mit sich selbst zu bringen. Doch mit dem Versuch, die Vielschichtigkeit dieses Selbstfindungsprozesses zu entflechten sowie die zahlreichen Facetten dieses auf den zweiten Blick so unterschiedlichen Kulturkreises zu beschreiben, arbeite ich an meiner eigenen Biografie und öffne mein Herz diesem neuen Zuhause.

Hier ist dort ganz anders

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