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Warum eine gesunde Schilddrüse so wichtig ist

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Da die Schilddrüse an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt ist, zeigen, wenn ihre Funktion nachlässt, auch viele andere Systeme Schwächen (Verdauung, Hormone usw.). Das kann wie ein Teufelskreis aussehen. Der schulmedizinische Ansatz sieht seit langer Zeit vor, die Schilddrüse zu behandeln, damit die anderen, von ihr beeinflussten Systeme, sich ebenfalls normalisieren. Das kann funktionieren, vorausgesetzt, die Schilddrüsenhormone werden – aufgrund einer organischen Störung der Schilddrüse – auch wirklich benötigt. Doch häufig werden sie zu Unrecht verschrieben und schaden auf lange Sicht wahrscheinlich mehr als sie nützen (mehr dazu in Kapitel 8). In diesem Abschnitt gebe ich einen Überblick über die zahlreichen Aufgaben der Schilddrüse und gehe der Frage nach, warum sich eine nicht diagnostizierte Unterfunktion auf so vielfältige Weise auswirkt:

Knochenstoffwechsel: Obwohl die Nebenschilddrüsen (ähnlicher Name, aber mit vollkommen anderer Funktion) den Kalziumspiegel im Blut steuern, kann auch die Schilddrüse auf den Kalziumstatus Einfluss nehmen. Das ist teilweise darauf zurückzuführen, dass sie ein Kalzium-regulierendes Hormon, das sogenannte Calcitonin, bildet und speichert. Bei einer Hypothyreose werden die Enden der langen Röhrenknochen nicht ganz oder nicht richtig ausgebildet. Das zeigt sich im Blutbild nicht als Kalziummangel, es sei denn, man betrachtet die Normbereiche aus einem „funktionellen“ Blickwinkel; und damit meine ich den Wert, der auf eine gute Gesundheit hinweist (und nicht irgendeinen Wert, der sich noch im Normbereich befindet).

Gastrointestinalfunktion: Über chronische Verstopfung beklagen sich Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion häufig. Arbeitet die Schilddrüse nicht richtig, dauert die Passage der Nahrung durch den Darm länger, denn sie erfordert mehr Zeit.2 Dadurch kommt es in diesem Bereich potenziell häufiger zu Infektionen durch Hefen und Bakterien, was wiederum zu Entzündungen, einer Malabsorption (gestörte Aufnahme) von Nährstoffen und einem erhöhten Risiko von Nahrungsmittelunverträglichkeiten führt.

Zeugungsfähigkeit: Bei Männern führt eine Hypothyreose nachweislich zu verminderter Libido, Impotenz und einer Verminderung der Spermienzahl. Obwohl Männer viel seltener als Frauen unter eine Schilddrüsenunterfunktion leiden, muss man sie im Falle von Testosteron- und Östrogenschwankungen ausschließen.3

Leber und Gallenblase: Die Leber verstoffwechselt Hormone, filtert Toxine (Gifte) und reinigt das Blut über mehrere Kanäle. Nebenprodukte dieser Prozesse werden zur endgültigen Entsorgung in die Gallenblase eingeleitet. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion stagniert dieser ganze Vorgang, Leber und Gallenblase werden träge und verstopfen, was zur Bildung von Gallensteinen beiträgt. Bei hypothyreoten Menschen ist die Gallenblase im Röntgenbild oft vergrößert.4 Und da Schilddrüsenhormone in der Leber in eine stoffwechselaktive Form umgewandelt werden, lässt sich leicht nachvollziehen, welchen Teufelskreis eine Hypothyreose verursacht: Die Leberfunktion wird behindert, dadurch werden weniger aktive Schilddrüsenhormone gebildet.

Wachstumshormone: Erwachsen zu sein bedeutet nicht, dass man keine Wachstumshormone für die Zell- und Geweberegeneration mehr benötigt. Die Hypophyse setzt diese „Anti-Aging“-Hormone frei, damit sie dahin gelangen, wo Zellbildung und Wachstum stattfinden. Die Wachstumshormone stimulieren dann die Synthese eines insulinähnlichen Wachstumsfaktors (IGF–1, engl. Insulin-like Growth Factor) in der Leber, um die Aufgabe abzuschließen. Während dieses Umwandlungsprozesses kann eine unzureichende Menge an Schilddrüsenhormonen (Hypothyreose) dazu führen, dass das nicht funktioniert, denn für die Bildung von IGF–1 werden sie in ausreichender Menge benötigt.

Fettverbrennung: Zu den frustrierendsten Symptomen einer Hypothyreose gehört, dass man nicht abnehmen kann, selbst wenn man sich kalorienarm ernährt und viele Stunden auf dem Laufband verbringt. Der gesamte Stoffwechsel und die Fettverbrennung sind verlangsamt. Die Nebennierenhormone Adrenalin und Noradrenalin, die die Fettverbrennung steigern, verlieren zum Beispiel an Wirkung, wenn die Schilddrüse zu wenig aktiv ist. Außerdem wird es bei einer Unterfunktion für den Körper schwerer, Fett zu verbrennen, weil die Rezeptoren auf den Zellen abgeschaltet werden, die auf das Fett verstoffwechselnde Enzym Lipase ansprechen. Es ist nicht nur so, dass das gespeicherte Fett keinen Millimeter weicht, sondern auch die Tatsache, dass es nicht möglich ist, Fett zur Energiegewinnung zu verbrennen, trägt zu Müdigkeit und chronischem Verlangen nach Süßem und Stärkehaltigem bei. Schließlich ist der Aufbau von Muskeln durch Sport und Bewegung schwierig, wenn nicht unmöglich, da das menschliche Wachstumshormon durch eine Hypothyreose gehemmt wird, und so kann es sogar zu Muskelschwund kommen.5

Insulin und Glukosestoffwechsel: Unter dem Glukosestoffwechsel versteht man die Geschwindigkeit, mit der der Körper Glukose zur Energiegewinnung nutzt. Gehören Benommenheit, ein vernebeltes Gehirn sowie ein schlechtes Gedächtnis also zu den häufigen Symptomen einer Hypothyreose? Nun, das Gehirn verbraucht den meisten Zucker, wenn also der Glukosestoffwechsel mangelhaft ist, dann ist auch die Gehirnfunktion mangelhaft. Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion resorbieren Glukose langsamer als das normalerweise geschieht, und sie wird in den Zellen auch nicht sofort genutzt. Ist sie resorbiert, gerät der Körper mit ihrer Verstoffwechselung in Verzug. Beides zusammen führt zu einer Hypoglykämie, einem Unterzuckerzustand, bei dem zu wenig Zucker zur Energiegewinnung zur Verfügung steht; Müdigkeit, Reizbarkeit und Benommenheit sind die Folge. Das Problem ist nicht, dass zu wenig Glukose im Blut zirkuliert, sondern dass sie nicht in die Zellen gelangt. Die Blutzuckertests können daher trotz massiver Hypoglykämiesymptome normal ausfallen. Um den Energiemangel auszugleichen, schütten die Nebennieren Stresshormone aus, die die Leber zur Freisetzung von Glukose aus ihren Speichern aktivieren. Dieses sich wiederholende Szenario erschöpft schließlich die Nebennieren sowie den Hypothalamus und die Hypophyse, die für die Koordination zahlreicher Körperfunktionen verantwortlich sind. Interessanterweise erschwert eine Hypothyreose auch den Abbau von Insulinpräparaten, daher brauchen Diabetiker vergleichsweise weniger Insulin.6

Schilddrüsenhormone und Cholesterin: Wenn ich hohe Triglycerid-, Cholesterin- und LDL-Werte (das „schlechte“ Cholesterin) in einem Blutbild sehe, schließe ich immer zuerst eine Schilddrüsenstörung aus, bevor ich etwas anderes mache. Funktioniert die Schilddrüse unzureichend, wird Fett wesentlich schneller gebildet als verbrannt, und das treibt die Triglyceride, das Cholesterin und das LDL in die Höhe. Wie bereits erwähnt, führt eine Hypothyreose dazu, dass Leber und Gallenblase träge werden, und so wird auch der Fettstoffwechsel träge. Die Zellen können weniger LDL aufnehmen, also sammelt sich zu viel an.7 Hat ein Mensch mit einer gesunden Schilddrüse Hunger und braucht er Energie, verbrennt der Körper problemlos Fett dafür. Anders beim Hypothyreose-Patienten: Gehen auffällige Lipidwerte (Cholesterin und Triglyceride) mit einer Hypothyreose einher, behandele ich zuerst die Schilddrüse – und oft normalisieren sich daraufhin die Lipidwerte.

Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto anders behandeln

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