Читать книгу Das Herz der Fotografie - David DuChemin - Страница 10

Оглавление

Vielleicht denken Sie, Sie könnten dieses Buch sehr leicht in einem Rutsch durchlesen, es auf der Suche nach ein paar magischen Formeln oder Beschwörungen durchforsten, die Ihnen hier und da einen Schubs geben, nach Geheimnissen, die Ihnen irgend eine neue Einsicht offenbaren, die alles verändert. Die werden Sie aber nicht finden. Aber die Schlüssel dazu sind da. Es sind die Fragen, die ich Ihnen stelle, und andere, die Ihnen beim Lesen selbst in den Sinn kommen. Stellen Sie diese Frage und finden Sie Ihre eigenen Antworten, ringen Sie mit ihnen – oftmals während des Fotografierens. So öffnen Sie Ihren Geist in neue Richtungen und für ein neues Verständnis.

Vielleicht wird Sie die Lektüre dieses Buchs auch etwas überfordern. Ich stelle mir vor, wie Sie besiegt zu Boden gehen, aufschauen und fragen, ob ich das alles ernst meine. Erwarte ich wirklich, dass Sie jede Frage in diesem Buch stellen, bevor Sie ein Foto machen? Das ist nicht möglich. Es ist nicht realistisch. Es ist wahrscheinlich nicht einmal menschlich!

Vor einigen Jahren kritisierte jemand meinen Ratschlag, bewusster und nachdenklicher zu fotografieren. Er schrieb: »Ich habe nicht zur Kamera gegriffen, um mir dermaßen den Kopf zu zerbrechen.« Das erklärt vielleicht, warum viele Fotos so absichts- und gedankenlos erscheinen und keine echte Wirkung vermitteln. Ich glaube, das können wir besser machen.

Ich glaube, die meisten Fotografen wünschen sich, intuitiv zu fotografieren, durch den Sucher zu blicken und gewissermaßen instinktiv zu reagieren: die Linien, das Licht, den Moment zu sehen und rasch genug zu reagieren, um ein fesselndes Bild zu fotografieren, das Emotionen oder Neugier weckt, bevor dieser Augenblick für immer verstrichen ist. Ich glaube, es ist diese Sehnsucht nach der Fähigkeit des intuitiven Schaffens, die meinen Kritiker zu seiner Aussage veranlasste. Er wollte einfach nur, dass der Ablauf eher dem »Zustand der Gnade« entspricht, von dem der chilenische Fotograf Sergio Larrain einmal sprach. Genau das will ich auch.

Aber Wünschen und Hoffen sind bekanntermaßen sehr schlechte Ansätze, um ein ersehntes Ziel zu erreichen. Der Weg zur intuitiven und instinktiven Fotografie beginnt mit der Absicht. Er beginnt damit, dass wir lernen, auf neue Weise zu sehen und zu denken. Er beginnt damit, dass wir Techniken und kreative Möglichkeiten verinnerlichen und sie uns dann wirklich zu eigen machen. Darum geht es beim Lernen. Und Fragen, das wussten schon Lehrer wie Sokrates und die Rabbiner der letzten Jahrtausende, bieten den besten Weg dorthin. Sie brauchen meine Belehrungen nicht. Sie brauchen bessere Fragen, um sich selbst zu unterrichten.

Bevor der Kaffee kalt wird, möchte ich Sie daher bitten, sich nicht zu überfordern und nicht nach Abkürzungen zu suchen. Das Handwerk braucht Zeit. Sie müssen sich über einen längeren Zeitraum bewusst darauf konzentrieren. Einigen von Ihnen wird es bereits enorm helfen, sich dieser Fragen bewusst zu werden, und es wird Ihnen mehr kreative Freiheit verschaffen. Andere von Ihnen müssen sich diese Fragen viele Male stellen – während Sie fotografieren, Ihre Fotos bearbeiten und die Bilder anderer studieren –, bevor Sie sie verinnerlicht haben. Aber wenn Sie sich daran gewöhnen, sie zu stellen, dann werden sie sich in Ihrem Unterbewusstsein verankern – genau wie einst Ihre Muttersprache, die nach und nach zu einem Teil von Ihnen wurde, bis es immer weniger bewusste Anstrengungen erforderte, sich an die richtigen Wörter zu erinnern. Dann werden Sie anfangen, die intuitiven oder instinktiven Momente zu entdecken, den Zustand der Gnade, wenn Sie sich im Augenblick befinden – empfänglich, bewusst und fähig, wie ein großer Musiker mit dem Instrument in Ihrer Hand zu improvisieren.

Es gibt eine Vielzahl von Dingen zu beachten, wenn Sie ein überzeugendes Foto schaffen möchten. Welche Elemente gibt es, und wie gehen Sie mit ihnen um? Worauf reagieren wir in einem Bild, und wie können wir diese Aspekte nutzen, damit unsere Fotos nicht nur gut sind, sondern auch von uns selbst stammen? Das sind wichtige Fragen. Mal sehen, ob wir Antworten finden können, indem wir noch ein paar weitere Fragen stellen.

Das Herz der Fotografie

Подняться наверх