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Wo ist mein „Sohn“?

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Verzweifelt versuchte Professor Treb nun schon zum dritten Mal, die Maschine zu starten. Nichts, aber auch gar nichts rührte sich. Er wusste nicht mehr weiter. Doch dann durchfuhr es ihn wie einen Blitz. Warum hatte er noch nicht probiert, seine Maschine rückwärts laufen zu lassen. Mit großem Eifer betätigte er einige Hebel, drückte auf große und kleine Knöpfe und zum Schluss drehte er den Startschlüssel um 180°.

Nichts passierte.

Hatte ihn nicht genau davor sein alter Freund, Professor Müht, gewarnt? Ja, natürlich, aber er mit seinem großen Dickschädel hatte ja nicht auf ihn gehört. Was sollte er jetzt bloß tun? Einfach in der Gegend herumstehen, war nicht gerade die beste Idee.

Vor lauter Verzweiflung ging er aus seinem Labor hinaus und setzte sich auf das Sofa im Wohnzimmer. Hatte er gerade ein Teleportationsgerät erfunden? Eigentlich wollte er ja nur Silber in Gold verwandeln. Dieses Ergebnis hatte er aber nun wirklich nicht erwartet. Trotzdem, den Nobelpreis würde er jetzt auch nicht mehr bekommen. Er wollte gar nicht wissen, was passieren würde, wenn irgendjemand von dem Missgeschick erfahren würde. Wahrscheinlich würde man ihm sofort die Polizei an die Fersen heften und ihn hinter Gitter bringen. Aber das größte Problem war es, den Vorfall seiner Frau erklären zu müssen, dass ihr Sohn durch sein Missgeschick verschwunden war.

Eigentlich war Luke ja nicht einmal Professor Trebs Sohn. Er war zusammen mit seiner Mutter Anna, seiner jetzigen Frau, zu ihm gezogen, nachdem sich Anna von Lukes leiblichem Vater hatte scheiden lassen. Wenige Zeit später hatte Professor Treb sie geheiratet.

Zu gern würde er Lukes leiblichen Vater einmal treffen. Doch Anna hatte ihm nie viel über ihren Ex-Mann erzählt. Bei jedem Gespräch über ihn ging sie entweder aus dem Raum hinaus oder unterbrach ihn sofort.

Plötzlich klingelte das Telefon.

»Vielleicht ist das ja Luke!?«, schoss es ihm durch den Kopf.

»Ja? Professor Treb am Telefon«, sagte er und versuchte, soweit es möglich war, mit gelassener Stimme zu sprechen.

Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine Frauenstimme: »Hallo Schatz, wie geht es dir?« Verwundert starrte Professor Treb auf seine Armbanduhr. Normalerweise telefonierte er mit seiner Frau immer um halb acht am Abend, wenn sie auf Reisen war. Wie konnte die Zeit bloß so schnell vergangen sein? War er denn nicht erst vor ein paar Minuten noch mit Luke Mittagessen gewesen und danach mit ihm in sein Labor gegangen? Wie lange hatte er vergebens versucht, seinen Stiefsohn wiederzufinden?

»Schatz hörst du mich?«, kam erneut die Stimme aus dem Telefon.

»Ja, ich höre dich sehr gut. Wie geht es dir? Hat alles gut geklappt bei deinem Flug nach Europa?«, fragte der noch immer verwirrte Professor Treb.

»Ja, alles gut gegangen. Wie geht’s Luke?«, fragte Anna.

»Ja, ja sehr gut«, stotterte Professor Treb

»Kann ich einmal mit ihm reden?«, bat sie.

»Ach, er übernachtet heute und morgen bei einem seiner Freunde«, wich er aus.

»Okay. Dann richte ihm bitte liebe Grüße aus!«, sagte sie und er hörte einen kurzen Abschiedskuss in der Leitung.

Erleichtert legte Professor Treb auf. Er hasste es, zu lügen. Er wollte gar nicht wissen, ob seine teilweise noch vorhandenen schwarzen Haare nicht durch den ganzen Stress nun grau geworden waren.

Um etwas besser über die Geschehnisse nachdenken zu können, ging er in den Central Park. Dorthin spazierte er immer, wenn er dem Alltagsstress entfliehen und klare Gedanken sammeln wollte.

Der Park war das einzige natürliche Grün, das man in New York noch sehen konnte, außer Kiwis, unreife Bananen oder die Bäume in den Straßen, die schon lange die mit Abgasen verpestete Luft in Sauerstoff umwandelten. Der Platz im Central Park, den er sich heute ausgesucht hatte, war fast menschenleer. Für New York und besonders für den Central Park war das beinahe ein Wunder. Denn normalerweise kamen am Tag die Kinder, um zu spielen, Erwachsene, die mit ihren Hunden Gassi gingen oder auch Leute, die sich ebenfalls kurz erholen wollten, so wie er, in den Park. Meistens versammelten sich am Abend Drogenhändler, die jeden kurz und klein schlugen, der ihnen keinen 50$ Schein hinhielt oder ihnen ein paar Gramm Gras abkaufen wollte. Aber am schlimmsten waren die Obdachlosen. Am Tage wirkten sie höflich und bemitleidenswert, um Geld zu bekommen, doch in der Nacht kamen fast alle in den Central Park, um dort zu schlafen. Das Geld, welches sie am Tag von den Passanten bekommen oder gestohlen hatten, wurde meistens noch am selben Abend für Drogen und Alkohol ausgegeben. Rund um ihn herum waren Bäume, einige waren fast 20 Meter, andere nur 5 Meter hoch. Ab und zu hörte er Kinder protestieren, die von ihren Eltern oder Nannis nach Hause gebracht wurden. Langsam kehrte Stille ein, aber er wusste, zu lange konnte er jetzt auch nicht mehr hier bleiben. Bald würden die Obdachlosen kommen und die Drogenhändler. Oft las man in der Zeitung von Menschen, die im Park gestorben oder fast gestorben wären.

Einmal war es ihm passiert, dass er sich von seinen Gedanken hatte ablenken lassen. Aber dies würde ihm nicht wieder passieren. Nachdem er sich auf eine Schaukel gesetzt hatte und angefangen hatte, hin- und herzupendeln, kam ihm eine Idee.

Schnell stieg er in das nächstbeste Taxi und ließ sich zu einem guten alten Freund bringen.

LUKE MAKEN

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