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WAS DAS ALLES SOLL

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Geht’s eigentlich noch? Wie konnte das passieren?

Wir kennen diese Momente. Die Absage vom Job, der perfekt gewesen wäre. Der versemmelte Drittversuch kurz vor Ende des Studiums. Dieser bescheuerte eine Strich auf dem Schwangerschaftstest. Der Satz, der alles kaputt macht.

In diesem Buch erzählen Frauen von den Härten ihres Lebens. Von einer Lebenserfahrung, die sie so nicht haben kommen sehen. Es geht um den Schmerz, den uns das Leben zumutet, die Enttäuschung, den ganzen Ärger, das, was nervt. Manche von uns lieben es, Lebenspläne zu schmieden – je konkreter, desto besser. Hochzeit, Traumjob, Haus mit Garten. Aber dann läuft das Leben doch nicht so rund, wie wir uns das ausgemalt haben.

Das Café, das Susi mitten im hippen Berlin gründete, ging nach drei Jahren pleite. Geblieben ist ein Berg Schulden. Fenja hat schon viele Umzüge hinter sich. Doch das Ankommen und Freundefinden wird auch mit viel Übung nicht unbedingt leichter. Marita wünscht sich schon ihr halbes Leben lang einen Mann, mit dem sie das Leben teilen kann. Doch der ist bislang nicht aufgetaucht.

In Situationen wie diesen fragen wir uns: Standen unsere Pläne irgendwie Gottes Willen im Weg? Wenn wir nach Gottes Reich trachten, sollte uns dann nicht alles andere zufallen? Werden wir materiell so versorgt, dass wir zufrieden sein können? Werden wir den Erfolg im Leben haben, den wir uns erhoffen? Oder kann es sein, dass wir gerade total zu kurz kommen? Und was meinte Jesus da genau, als er sagte, dass er alle Tage bei uns ist. Jesus, hallo?

Für alle unsere Gesprächspartnerinnen ist der Glaube an Gott wichtig. Für Sie als Leserin (oder Leser) möglicherweise gar nicht. Dieses Buch kann vielleicht eine Möglichkeit sein, zu entdecken, wie der christliche Glaube in der Krise trägt, oder zumindest zu verstehen, warum er manchen Menschen so wichtig ist.

Es gab Zeiten, in denen einige unserer Gesprächspartnerinnen den Kopf hängen ließen. Andere gingen erhobenen Hauptes weiter. Allen ist gemein, dass sie mit Gott im Gespräch blieben, in ihrem Ärger, in aller Trauer und allem Unverständnis. Auch wenn das bedeutete, den Frust herauszuschreien oder einen anklagenden Brief zu schreiben. Gemeinsam ist ihnen auch, dass die Erschütterung ihren Blick auf das Leben und ihren Glauben veränderte.

Für uns war einer dieser Momente die Krebsdiagnose von Sebastian, unserem Freund und dem Ehemann unserer besten Freundin Mirjam. Jesusnachfolger, Vater, Bruder, Menschenveränderer, Zuhörer, Ideengeber, Vordenker. Er hat uns begleitet, herausgefordert, geprägt, bereichert, unser ganzes Erwachsenenleben lang. Mirjam verlor durch die Krankheit nicht nur ihren Mann und besten Freund, sondern auch den Vater ihrer drei Jungs. Es kann, es darf nicht sein, haben wir gedacht.

Mirjam und Sebastians Geschichte hat auch uns Autorinnen verändert, unseren Fokus, unseren Glauben und unsere Erwartungen. Wie Mirjam ihr Leben als Witwe mit drei Kindern anpackt, hat uns beide so oft inspiriert. Ihre Geschichte erzählt sie ab Seite 155. Aus der Idee, voneinander zu lernen, mit den Härten des Lebens zu leben, ist auch dieses Buch entstanden.

Was hilft uns wirklich durch schwere Zeiten? Dieses Buch soll Raum bieten für die Zweifel und die Zeit, die manches braucht. Wir fragen verschiedene Frauen, weil es nicht nur die eine Antwort für den Umgang mit Enttäuschung und Trauer gibt und was einen durchbringt.

Die Herausforderungen, von denen die Frauen in unserem Buch erzählen, sind so unterschiedlich und individuell wie das Leben selbst: Mechthild muss – nachdem sie immer kerngesund und engagiert war – mit den Einschränkungen einer chronischen Erkrankung leben. Lissy versucht, sich mit ihrer schwierigen Kindheit zu versöhnen. Jele erlebte, wie sich eine große Dunkelheit über ihre Seele legte. Jedes Päckchen im Leben ist verschieden und auch unterschiedlich schwer. Darf man sich darüber beschweren?

Schwere Zeiten kommen, manchmal passieren sie einfach, und manchmal ist jemand (oder man selbst) schuld. Selbst wenn man genau das kriegt, was man sich wünscht, nämlich zum Beispiel einen Mann und Kinder und einen guten Job, gibt es Tage, an denen der Mann und die Kinder und der Job einfach nur nerven und man sie gerne gebündelt ins Weltall schicken würde. Auch wie man diese Frage sortiert kriegt, ist Thema in mehreren Texten.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Frauen zu befragen, die nicht nur unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben, sondern auch unterschiedlich damit umgegangen sind und unterschiedliche Schlüsse aus dem Erlebten zogen. Wir wollten nicht eine Patentlösung präsentieren, denn die gibt es aus unserer Sicht nicht. So unterschiedlich, wie wir sind, geht Gott auch unterschiedliche Wege mit uns.

Die Interviews und Protokolle machen Hoffnung, schwere Zeiten durchstehen und überstehen zu können, jedenfalls haben sie uns das gemacht. Sie zeigen, dass es okay ist, eine Enttäuschung einfach nur zu überleben. Sie zeigen aber auch, dass man manchmal sogar mit mehr Stärke, mehr Tiefe daraus hervorgehen kann. Und dass die Erwartungen an Gott und das Leben sich dadurch verändern.

Wir haben Frauen ausgewählt, die uns durch ihre innere Freiheit inspirieren. Die frei blieben, auch wenn die Umstände das eigentlich nicht erlaubten. Die sich trauen, darüber zu sprechen, was passiert, wenn man wahnsinnig wütend auf Gott und das Leben und die Menschen drumherum ist. Und die es wagen, der größten Dunkelheit und Trauer in ihrem Leben Freude entgegenzusetzen, auch wenn es jeder Logik widerspricht.

Es gibt nicht immer ein Happy End bei unseren Geschichten. Und auch nicht immer eine Antwort darauf, warum diese Erfahrung jetzt eigentlich sein musste. So wie im echten Leben. Wir lassen auch Frauen zu Wort kommen, die noch keine fertige Deutung ihrer Biografie haben. Nicht auf jede Frage gibt es nur eine Antwort, manchmal widersprechen sich diese auch, und nicht auf jede Frage gibt es überhaupt eine, zumindest in diesem Leben. Wir glauben, dass es Situationen gibt, in denen ganz wunderbare, gereifte Christinnen fühlen, dass alles nur dunkel und verloren ist. Und wir glauben, dass Gott damit auch umgehen kann.

Die Protokolle, Tagebücher und Interviews sind persönliche Geschichten, zunächst. Aber die Erfahrung der Krise ist so universell, dass sie auch Lehrstücke sind, eine Ausrüstung für die nächste eigene Krise, im besten Fall. Denn auch wenn es ganz unterschiedliche Krisen und ganz verschiedene Dinge gibt, die einen durchbringen, so wird doch eines immer deutlich: Sich aufzugeben ist irgendwie kein befriedigendes Konzept. Wer in der Krise steckt, braucht Mut und die Freiheit, Sachen neu zu denken. Sich nicht beschränken zu lassen von dem, wie es bisher war, von eigenen und fremden Erwartungen.

In diesem Buch kommen wir auch mit Expertinnen und Experten ins Gespräch, die das Thema Krisenbewältigung aus theologischer, psychologischer und kulturwissenschaftlicher Sicht bereichern. Dr. Annegret Braun forscht als Ethnologin zum Thema Lebensglück und rückt uns den Kopf zurecht, was unsere Erwartungen an das Leben angeht. Friedegard Warkentin, die vor allem junge Menschen therapeutisch begleitet, erklärt, wie es gelingen kann, mit den Narben der Vergangenheit versöhnt zu leben und dabei nicht nur zu überleben, sondern es krachen zu lassen. Mit Dr. Markus Müller sprechen wir darüber, wie man es vermeiden kann, zu verbittern und stattdessen hoffnungsvoll und positiv älter werden kann. Die Theologie-Professorin Mihamm Kim-Rauchholz beleuchtet die uralte Frage, warum Gott Leid zulässt, und stellt dabei unbequeme Thesen auf.

Wir wünschen uns, dass dieses Buch Ihnen Mut macht – und dass Sie, auch wenn nicht jede Facette von Leid in diesem Buch behandelt wird, einen Gedanken finden, den Sie weiterdenken wollen. Der Ihnen eine andere Perspektive schenkt auf den Kampf, den Sie gerade kämpfen. Und die Gewissheit, dass Gott sich nicht verkrümelt, wenn es eng wird, sondern da ist und bleibt. Was hilft uns also in den Situationen, in denen etwas nicht geworden ist, wie wir es uns vorgestellt haben? Wir denken: gute Vorbilder, Inspiration, Zuspruch, Hoffnung. Hoffentlich ein Buch wie dieses.

Das hatte ich so nicht bestellt

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