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Kinder handeln, statt nur zu reden

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© Picture alliance/Daniel Bockwoldt/dpa

Merle (12) besucht die siebte Klasse eines Hamburger Gymnasiums. Die Schülerin nimmt an Fridays for Future-­Demonstrationen teil und engagiert sich auch privat für die Umwelt. Gemeinsam mit ihren FreundInnen macht sie Klima-Challenges.

»Das Gefühl auf meiner ersten Demo war überwältigend: Die Kinder, also die Schicht der Bevölkerung, die am wenigsten zu sagen hat, sind einfach mal aufgestanden.«

»Von der Fridays for Future-Demo habe ich erstmals von einem Klassenkameraden gehört, dessen größere Schwester dorthin ging. Er erklärte uns, worum es geht. Weil ich schon vorher über die Klimakrise gelesen hatte, fand ich die Idee toll. Also habe ich gleich meine Mutter bei der Arbeit angerufen und gefragt, ob ich hindarf. Sie erlaubte es mir und fand unser Engagement auch richtig gut. Bevor es dann losging, habe ich mich noch einmal gründlich informiert. Es bringt ja nichts, nur zu demonstrieren – man muss auch wissen, wofür.

Als wir zu fünft das erste Mal zu Fridays for Future statt zum Unterricht gingen, hatten wir alle richtig Bammel, dass wir Ärger mit den Lehrern bekommen. Aber dann breitete sich der Demonstrationswille so schnell in unserer Klasse aus, dass die Lehrer nicht mehr viel sagen konnten. Einfach weil alle so energisch betonten, dass sie dort hinwollen.

Ich finde es total cool von der Klasse, dass wir da alle an einem Strang gezogen haben. Vom ein oder anderen Lehrer habe ich gehört, wir hätten ein Recht auf diesen Streik, auch wenn sie das offiziell nicht sagen dürfen. Das hat uns noch mal bestärkt. Auch in der Klasse hat die Auseinandersetzung mit diesem Thema und der gemeinsame Streik viel bewirkt, glaube ich. Vertrauen und Zusammenhalt sind gewachsen.

Das Gefühl auf meiner ersten Demo war für mich recht überwältigend: Die Kinder, also die Schicht der Bevölkerung, die am wenigsten zu sagen hat, sind einfach mal aufgestanden und haben gesagt: ›Hey! Wir haben auch eine Meinung! Wir können auch etwas bewirken, und das müsst ihr endlich einsehen.‹ Mittlerweile habe ich nun schon an sechs Fridays for Future-Demonstrationen teilgenommen.

Ein neues Thema ist die Klimakrise für uns Kinder aber nicht. Wir haben schon vorher viel über Klimaschutz gesprochen – vor allem darüber, was wir selbst tun können. So kamen wir darauf, dass man ja zur Schule auch mit dem Fahrrad fahren kann und nicht für zwei Stationen den Bus nehmen muss, so etwas finde ich ziemlich unnötig. Nur zu demonstrieren bringt nichts, man muss auch privat etwas tun. Wenn man draußen laut herumschreien würde und zu Hause überall Einwegverpackungen herumliegen hätte, wäre der Welt nicht geholfen. Deshalb haben wir Kinder untereinander Vereinbarungen getroffen. Mit meiner besten Freundin Jojo habe ich verabredet, dass ab sofort jede von uns zwei Dinge fürs Klima tut. Diese Challenge hat in ihrer Klasse dann Kreise gezogen, weil die anderen sahen: Es ist gar nicht so schwer, ein bisschen was zu tun.

Mittlerweile ist die Klimabewegung so groß geworden, dass sie immer mehr Menschen zum Nachdenken anregt. Und wenn ein Thema so groß ist, wird es auch an die Politik herankommen, hoffe ich jedenfalls. Wir sind nicht so naiv, wie man uns manchmal unterstellt. Ich weiß, dass man Gesetze nicht einfach von einem Tag auf den nächsten ändern und erlassen kann. Aber ich denke, dass man viel bewegen könnte, wenn man wirklich hinter der Sache stehen würde.

Schrecklich fände ich, wenn die Politik die Dringlichkeit unserer Forderungen nicht einsehen und sagen würde, dass wir Kinder Quatsch erzählen oder übertreiben. Denn so ist es ja nicht. Die Wissenschaftler haben alle unsere Forderungen als legitim bestätigt. Toll fände ich hingegen, wenn die Politik ihren Handlungsbedarf einsieht und beispielsweise eine CO2-Steuer einführt. Wenn sich auf politischer Ebene etwas ändert, würde das viel bewirken.

Meine FreundInnen und ich würden uns gerne politisch mehr beteiligen. Ich finde, ein Wahlrecht ab 16 wäre definitiv legitim. Außerdem fände ich Politikunterricht schon ab der 5. Klasse gut. Gerne würde ich jetzt schon ein bis zwei Stunden pro Woche in der Schule über politische Themen diskutieren, Meinungen ausdrücken und andere Meinungen einholen.

Zu Hause versuchen wir, immer umwelt- und klimabewusster zu handeln. Statt Duschgel kaufen wir jetzt Haarseife. Die hat dieselbe Funktion, aber keine Verpackung. Wir essen auch nicht mehr so viel Fleisch, weil Fleisch einen enormen Wasserverbrauch hat und die Viehhaltung das Grundwasser belastet. Lampen haben wir schon immer ausgeschaltet, wenn wir das Zimmer verlassen, sonst würde ja unnötig Strom verbraucht. Wir benutzen keine Einwegplastiktüten, wenn wir Obst oder Gemüse lose kaufen, sondern Mehrwegfrischebeutel. Die kosten um die 50 Cent und können immer wieder verwendet werden. Am Elbstrand liegt öfter mal Müll rum; manchmal sammle ich den zusammen mit meiner Mutter ein.

Es ist so: Wenn wir alle einfach kleine Dinge tun würden, beispielsweise Fernseher, Laptops und andere Geräte nicht im Standby-Modus stehen lassen, dann könnte man tatsächlich zwei Kraftwerke in Deutschland abschalten.1 Wenn jeder sagt: ›Ach, ob ich etwas so oder so mache, macht doch auch keinen Unterschied‹, dann hat das sehr wohl einen Effekt, nämlich einen großen, negativen Effekt. Wenn aber jeder bei sich selbst anfängt, summiert sich das. So kann sich ganz viel zum Guten wenden.«

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