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Der erste gesamtrussische Kongress der Jüdischen Gemeinden

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Die Behörden beschlossen, hinsichtlich all der Themen, die die jüdische Bevölkerung betrafen, einen Kongress abzuhalten. Dieser erste gesamtrussische Kongress der Jüdischen Gemeinden wurde 1917 bis Anfang 1918 vorbereitet. Der Kongress wurde zwischen dem 30. Juni und dem 4. Juli 1918 in Moskau abgehalten. Sein Verwaltungsorgan, das Zentralbüro „Gemeindezentrum“, wurde gewählt. Seine Aufgabe waren die Koordination der Arbeit jüdischer Institutionen und das Schaffen einer Grundlage für jüdische nationale Autonomie in Russland. Das politische und gesellschaftliche Leben der jüdischen Gemeinde war zu diesem Punkt dank den Maßnahmen der Übergangsregierung verhältnismäßig reich und divers. Es umfasste Parteien wie die Zionisten, Bundisten, Repräsentanten von Agudat Jisra'el, Geeinte Sozialisten, Poale Zion, Parteilose, Mitglieder der Folkspartei und auch orthodoxe Juden.

Dem Gesamtrussischen Jüdischen Kongress wohnten 133 Delegierte bei, wobei nur zwei die Ukraine und Weißrussland repräsentierten. Seit dem Abkommen von Brest-Litowsk waren diese Gebiete von Deutschen besetzt und vom sowjetischen Russland abgeschnitten. Die bolschewistischen Institutionen, die aus dem Jüdischen Kommissariat und dem Volkskommissariat für Nationalitäten unter dem Vorsitzenden I. W. Stalin bestanden, waren mit dem Kongress unzufrieden. Sie wagten aber nicht, die demokratische Versammlung zu verbieten. Erst im Sommer 1919 unter Zunahme der Diktatur veröffentlichte das Jüdische Kommissariat einen Erlass zur Schließung aller Gemeinden sowie zur Schließung des „Gemeindezentrums“.37

Die Bolschewiken erweckten, da sie Marxisten und Internationalisten waren, den Anschein, mit den jüdischen Arbeiterschaften und dem Anliegen ihrer Befreiung zu sympathisieren. Deswegen instruierte der Zweite Allrussische Kongress der Räte der Abgeordneten der Arbeiter, Soldaten und Bauern die Räte im ganzen Land, „sofort die energischsten Maßnahmen zu setzen, um konterrevolutionäre Sprache, ‚antijüdische‘ und andere Pogrome zu verhindern“38. Der Kongress betonte auch in seinem Beschluss vom 26. Oktober 1917: „Die Ehre der Revolution der Arbeiter, Soldaten und Bauern verlangt, dass keine Pogrome erlaubt sind.“39

Erlasse wie diese waren vonseiten der Behörden die Norm. Trotzdem war die Haltung des Regimes gegenüber religiösen Praktiken von Juden und Jüdinnen, ihren kulturellen Bräuchen und Traditionen extrem dogmatisch und von Ignoranz und Intoleranz gekennzeichnet. Alle Versprechen der Bolschewiken, was die Selbstbestimmung von Nationen und Ethnien, Glaubensfreiheit, Religionsfreiheit und Versammlungsfreiheit betraf, waren rasch vergessen oder wurden, um genauer zu sein, von radikaler Schikane durch marxistisch-leninistische Theorie abgelöst. Die Diktatur unterdrückte Menschenrechte und Dissens, führte Verhaftungen und Beschlagnahmungen durch. Juden und Jüdinnen waren in dieser Hinsicht keine Ausnahme.

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