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Kapitel 9: Ein Verdacht

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„Das geht mit Camouflage weg“ war sich Brenda einige Tage später sicher. „Wie du weißt, lerne ich im Salon auch einiges über Kosmetik. Aber sag´ mal, wie kommst du mit dem Überfall zurecht?“ „Einigermaßen“, erwiderte ich, „ich gehe deswegen wieder zur Therapie. Na ja, nicht nur deswegen – auch wegen der Stimme.“

„Du hörst sie immer noch?“

„Seit dem Überfall nicht mehr, aber währenddessen. Sie hat mir befohlen den Typen zu töten.“

„Krass! Aber bist du sicher, dass es nicht deine eigenen Gedanken waren? Schließlich wollte er sich an dir vergehen!“

„Nein“, war ich mir sicher, „das war nicht meine eigene Stimme. Wenn ich nur wüsste, woher sie kommt und was sie möchte“ sprach ich meinen Gedanken laut aus.

„Diese innere Stimme hat dir befohlen, deinen Angreifer zu töten?“

„Ja, Dr. Warner. Es war eine fremde Stimme und nicht meine eigenen Gedanken“ sagte ich, wie um mich zu verteidigen.

„Das weiß ich doch. Ich habe dich zwei Jahre lang begleitet und kann deinen Geisteszustand sehr gut einschätzen“ beruhigte mich Evelyn Warner.

„Vielleicht sollte ich es doch mit Tabletten versuchen“ schlug ich vor.

Die Therapeutin kaute auf ihrem Kugelschreiber.

„Nein, das wäre noch zu früh. Das mit den Tabletten war auch nur mein erster Gedanke. Da du die Stimme bereits wiederholt gehört hast, habe ich eine andere Vermutung.“

Jetzt wurde ich neugierig.

„Jake, es ist schon bei vielen Patienten vorgekommen, dass sie Stimmen hörten. Religiös geprägte Menschen erklärten, es sei die Stimme Gottes. Abergläubische Menschen wahren sich sicher, Geister zu hören. Auch wenn es etliche Beweise für real existierende Geister gibt – so weit man das Wort real in diesem Zusammenhang nutzen kann – war meist etwas anderes die Ursache für die Stimmen. Du hattest mir von einem stets begleitenden Dröhnen in deinem Kopf erzählt. Das hatten die anderen Menschen auch. Mir ist ein Patient bekannt, welcher so etwas ähnliches wie in deinem Fall erlebt hatte.“

„Was ist mit ihm geschehen?“ fragte ich.

„Er ist leider verstorben.“

Ich schluckte. „An was?“

Evelyn Warner richtete sich auf. „Gab es in deiner Familie schwere Krankheiten?“

„Was? Nein, nicht das ich wüsste. Da müssten Sie Akteneinsicht beantragen.“

„Das werde ich auch tun, wobei es bei verstorbenen Patienten etwas schwierig werden wird. Ich benötige dazu deine Zustimmung. Jake, ich würde dich gerne in ein Krankenhaus überweisen.“

„Wozu das?“ fragte ich irritiert.

„Um abzuklären, ob du einen Tumor in deinem Kopf hast, der verantwortlich für die Stimme ist.“

Ich schluckte.

„Einen Tumor? Ich fasse es nicht! Jake, wieso hast du mir von der Stimme nicht schon viel früher erzählt?“ sprach Noah wütend.

„Ich wollte nicht, dass du dir unnötige Sorgen machst.“

„Unnötig? Jake, du bist mein Mann! Nichts was dich betrifft ist unnötig. Und natürlich mache ich mir Sorgen um dich, das bringt eine Ehe so mit sich.“

Er umarmte mich.

„Es tut mir leid. Ich hätte dir davon erzählen sollen, nach allem was wir durchgemacht haben.“

„Ist schon gut, mach´ dir jetzt keine Gedanken darüber. Wir warten jetzt die Untersuchung und das Ergebnis ab. Aber wenn du wieder diese Stimme hörst, sagst du mir sofort Bescheid. Verstanden?“

Die Untersuchungen im Krankenhaus einen Tag später waren aufwendig. Ich wurde an viele verschiedene Apparaturen angeschlossen, es wurden Bluttests gemacht und schließlich eine Computertomographie. Die Stimme war bis zu dem Tag nicht wiedergekehrt, daher hoffte ich auf Besserung. Noah konnte nachts kaum schlafen und war tierisch um mich besorgt.

„Was ist denn nun?“ fragte mein Mann einen Oberarzt.

Dieser konnte ihm keine Antwort geben, stattdessen verwies er ihn darauf, auf Dr. Warner zu warten. Vorsichtshalber wurde ich so lange dort behalten.

Noah wachte an meinem Bett und drückte meine Hand. Am späten Nachmittag kam endlich meine Therapeutin.

„Kein Tumor, Jake. Laut CT ist alles in deinem Gehirn in Ordnung. Die vorläufigen Ergebnisse der restlichen Untersuchungen an anderen häufig vorkommenden Stellen, sind bisher positiv.“

„Also Entwarnung?“ fragte Noah.

„Zumindest bis die endgültigen Ergebnisse eingetroffen sind.“

Noah atmete erleichtert auf. Ich streichelte ihm durch seine rotbraunen Haare.

„Ich liebe dich, mein Engel“ sagte er.

Mit einer Hand wischte ich ihm eine Träne aus dem Gesicht.

Auch die endgültigen Ergebnisse schlossen einen Tumor oder eine andere gefährliche Krankheit aus. Brenda zeigte mir, wie ich meinen Hals einigermaßen normal schminken konnte.

Die Schmerzen wurden mit jedem Tag weniger. Ich ging mittlerweile jeden zweiten Tag zur Therapie, um das erneut erlebte Trauma zu überwinden und um keine Sexualphobie zu entwickeln. Dr. Warner machte mir klar, dass ich mich keinster Weise falsch verhalten hatte und ich keine Mitschuld tragen würde.

Eine Woche später ging ich, auf ihr Anraten hin, das erste Mal wieder zur Videothek. Noah hatte Jacob frei gegeben um neben den Kunden ganz für mich da sein zu können. Dank der Therapie hatte ich tatsächlich kein Trauma, als ich den Laden betrat.

Lediglich mein Herz pochte schneller.

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