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Dorfschönheiten

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«Ich komme gleich, ich muss nur noch die Wäsche reinholen!»

«Sicher, dass die schon trocken ist?»

«Verehrter Herr Oberkommissar, mit Verlaub, Sie sehen nicht so aus, als ob Sie sich mit nasser Wäsche auskennen!» Isolde schnaubte kurz, packte ihren Wäschekorb und verließ die Wohnung. «Luftfeuchtigkeit, Herr Oberkommissar! Die Luftfeuchtigkeit spielt eine Rolle!»

«Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer. Hier ist übrigens der Frühstücksraum, wir bringen aber auch gerne ein kleines Frühstück nach oben ans Bett.»

«Danke Herr Marke, das wird nicht notwendig sein.» Tief grollte. Was dachten die hier nur, was er mit seiner hübschen, blonden, langhaarigen, mit üppigen Reizen ausgestatteten, formvollendeten, witzigen, intelligenten Assistentin so nachts tun würde?

Sie verließen die Wohnung und begaben sich zur nächsten Eingangstür. Alles war angenehm überdacht, was aber nicht vor der Kälte schützte. Tristan Marke schloss die Tür mit einem Knacken auf, dann folgte eine Treppe nach oben, wo er erneut eine Türe öffnete.

«Hier ist Ihr Zimmer. Mit einer Küchenzeile und natürlich einem Bad. Ich kann Ihnen gerne Prospekte zeigen, die haben wir extra anfertigen lassen. Man muss den Fremdenverkehr ja etwas ankurbeln.»

«Das sagten Sie bereits heute Morgen, genau in diesem Wortlaut.»

«Ich stehe zu meinen Worten.» Tristan drückte etwas angepisst Julia den Schlüssel in die Hand. «Es ist alles so wie im Prospekt! Sie können gerne vergleichen.»

Ob er Trinkgeld wollte wie die Gepäckstückjungen in dieser unsäglichen Serie «Hotel»? Mit James Brolin hatte er zumindest nichts gemein.

«Herr Marke, in diesem Prospekt ist doch sicher Neuhausen aufgemalt?»

«Ja, eine Skizze aus einem Atlas. Kopieren ist ja verboten, also habe ich es versucht abzumalen. Wir sind ehrliche Menschen hier!»

«Auch das sagten Sie bereits. Können Sie mir neben jedes Haus die Namen einzeichnen? Damit wir uns leichter orientieren können?»

«Es ist schön, wenn sich jemand für unser Prospekt interessiert. Ich mache es Ihnen fertig!» Er verließ den Raum, mit seiner Werbebroschüre.

«Hübsches Zimmer. Etwas muffelig und altbacken, aber es riecht … äh … reicht. Und es ist warm. Wer schläft auf dem Sofa? An sich Sie! Ich kann nicht … meine Hüfte …» Tief schritt plötzlich leicht humpelnd Richtung Fenster und glotzte auf die vorbeiführende Hauptstraße. Julia seufzte enttäuscht über die Vorgabe dieses Nicht-Gentlemans, so wie das Sofa erleichtert seufzte über die Vorgabe des Gentlemans. Es war nicht die Hüfte seiner polizeilichen Durchlaucht, es war seine schiere einsatzgeschmiedete Körpermasse, die zur Hälfte zwischen Boden und Zimmerdecke ruhen würde. Das Bett dagegen sah wuchtig und belastbar aus.

«Ob Frosch die Spuren zum Haus gesichert hat? Wenn Bruno nur alleine gelebt hat und selten Besuch bekam, müssten doch die einzigen Spuren zum Haus die von Adolf Meyer und die seines Mörders sein!»

Julia setzte sich auf ihr Schlafgemach. Es war besser in Schuss als gedacht. Es brach nicht allzu sehr unter ihrem wenigen Gewicht ein.

«Froschs Wagen ist schon weg. Es ist wohl niemand mehr da. Und es hat die ganze Nacht geschneit und gestürmt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Spuren gegeben hat. Vielleicht hat der Mörder das sogar eingeplant. Aber fragen Sie ihn doch morgen.»

«Das werde ich, Julia, darauf können Sie Gift nehmen, das werde ich!»

Tief stand im Raum. Seine Pose erinnerte Julia an Sherlock Holmes. Nachdenklich, über den Dingen stehend. Nur die Deerstalker-Mütze fehlte, ebenso die Pfeife. Zudem war er nicht hager, sein Gesicht nicht eckig und markant, seine Nase nicht spitz, seine Haare nicht glatt und schwarz. Er war beleibt, die Haare grau und kräuselig, die Wampe biergestärkt und die Koteletten bis fast zum Kinn zum Schreien oder Kindererschrecken.

«Ich bezweifle es nicht!», bekräftigte sie seine morgige Tat.

Jemand klopfte an der Tür.

«Ja bitte!»

Isolde trat herein: «Mein Mann hat Sie natürlich nicht in die Exklusivität unseres Appartements eingewiesen.»

«Hier ist was exklusiv?»

«Das Wasser aus der Spüle und im Bad kommt aus unserem Brunnen. Zum Konsumieren sollte es besser abgekocht werden.»

«Zum Konsumieren?» Tief betatschte die Heizung. Sie war schön warm. Aber nicht heiß. Wäre es heiß und damit abgekocht hätte er es aus dem Heizkörper ablassen können. Es war Zeit, sich des Mantels zu entledigen, ihn lässig auf das Bett zu werfen und ein bisschen Sonntag einziehen zu lassen.

«Sie wissen schon, dass der Dreck der Straße nun auf meinem Bett ist? Und sich der Staub verteilt? Es ist frisch gewaschen! Mit Brunnenwasser! Wissen Sie, wie lange ich dafür geschleppt habe?»

«Ist doch eine Tagesdecke drüber gegen den Straßendreck.»

«Und die Tagesdecke? Hier drüben sind extra Haken angebracht worden für Kleidung wie die Ihre.»

Sie deutete unmissverständlich neben die Eingangstür.

«Ist ja gut», brummte Tief. Er packte seinen Mantel und erhängte ihn bildlich am Haken. Julia wusste, wer damit gemeint war.

«Hier ist der Fernseher.»

«Den hab ich schon aus der Ferne gesehen.» Der Witz kam nicht an. «Hier gibt es Strom?»

«Machen Sie sich nicht lächerlich, Herr Oberkommissar!»

«Ich frag ja nur.»

«Durchnummerierte Programme. Die ARD auf dem ersten Platz, das ZDF auf dem zweiten, weil es ja «Zweites Deutsches Fernsehen» heißt und …»

«… der Bayerische Rundfunk auf dem dritten Platz. Schon klar!»

«Wenn sie so Zehnmalklug sind …»

«Zehnmalklug?»

«… dann erzählen Sie mir doch, was sich auf den Sendeplätzen vier und fünf befindet?»

«Nun … das vierte und fünfte Programm?» Er zog leicht eine Augenbraue hoch. «Eigentlich interessiert es mich nicht!»

«DDR 1 und 2», schlussfolgerte Julia. Wie bei Adolf Meyer und seiner Antenne.

«Ihre Assistentin ist wesentlich schlauer als Sie!» Ballte Isolde wirklich ihre Fäuste?

«Sie empfangen hier DDR-Fernsehen?»

«Wenn Sie wollen auch das tschechoslowakische!»

«Nein, danke. Interessiert mich nicht. DDR 1 ist also auf der Vier? Und nicht auf der Eins?»

«Machen Sie sich nicht lächerlich. ARD ist das Erste Deutsche Fernsehen. Also Eins. Oder sind Sie Sozialist?»

«Wieso soll ich Sozialist sein?»

«Weil Sie, Herr Oberkommissar, das Programm dieses Unrechtsstaates auf die Eins setzen wollen! Wenn ich « DDR » sage, dann meine ich das so wie die BILD-Zeitung! In Gänsefüßchen!»

«Die BILD-Zeitung.»

«Die BILD-Zeitung.», harschte sie.

«Noch etwas was wir wissen müssen?»

«Die Toilette!»

«Ah, sehr gut, die Toilette. Julia, genau zuhören, schon alleine aus aktuellen Berufsgründen und Bauanomalien in diesem Teil des Landstrichs.»

Isolde stutzte mit finsteren Blick: «Ich wusste, dass Beamte den ganzen Tag nur Scheiß machen!»

Das hatte gesessen.

Sie gingen ins Bad, das ein Waschbecken, ein Klo und eine Wanne mit Duschvorhang beinhaltete. Durch das Fenster schien die Morgensonne und erleuchtete die weißen Fliesen mit dem Blümchenmuster.

«Willst du viel, klebe Fliesen mit ...»

«Das sind ordentliche Kacheln! Treiben Sie es nicht zu weit! Die Toilette funktioniert wie jede andere Toilette auch, nur kann es sein, dass das Wasserwerk, also die Pumpe, ihren Dienst nicht verrichtet. Spülen Sie daher auch ruhig öfters, die Stromkosten halten wir aus. Es ist besser, als wenn Ihr Riesenhaufen nicht durchrutscht und alles verstopft und Sie eine Überschwemmung verursachen, wenn sie vom Standtopf runtersteigen Der Pömpel und die Klobürste stehen dort in der Ecke, bitte alles selbst reinigen. Ich empfehle Ihnen daher auch, mein Sauerkraut zu essen, dass ich abends immer koche. Es erleichtert ungemein! Aber scheißen Sie dosiert! Ein Pfund und dicht ist!»

«Sauerkraut? Ich soll wegen Ihres Flachspülers meine Ernährung umstellen?»

«Ihnen schadet es doch nicht. Trinken’s halt statt ein Bier Rizinusöl.»

«Aber das sind doch bestimmt Normrohre! Die sind überall in Deutschland gleich. Ich habe noch nie ...»

«Sauerkraut!»

«Sauerkraut.» Tief schnaufte durch. «Der Stuhl vom Topf geht dann direkt in eine Grube oder fällt er so richtig in ein Loch wie drüben bei Bruno?»

Julias Frage zur Komplexität der Verdauungswirtschaft irritierte Isolde kurz.

«Stuhl? Der bleibt im Zimmer! Und das ist kein Topf, das ist Standard. Umräumen ist übrigens nicht gestattet! Stühle, Tische sind jetzt korrekt angewendet … alle Möbel müssen immer symmetrisch zueinander stehen, also im rechten Winkel! Verstanden?»

«Sie … Sie lieben Geometrie? Ich ...»

«Nein! Ich liebe meinen Mann und schätze die Ordnung!»

«Der Stuhl … ich meine … mein A-a geht dann wohin?»

«Ihre Neugierde über ihre Körperausscheidungen bringt mich in Wallung, wissen Sie? Ihr verwiesenes Essen geht durch einige Rohrleitungen direkt in die Scheißegrube! Und da wird sie regelmäßig geleert. Ach ja! Die Grube stand nach der letzten Entleerung leider versehentlich ein paar Wochen im Herbst offen. Sie wissen, dass wir Blindschleichen und Echsen hier haben? Und Ratten und Mäuse? In dem warmen Scheiß da unten fühlen die sich natürlich wohl. Also nicht wundern, wenn so ein Viech oder auch Insekt mal durch die Schüssel kommt. Keine Angst, die tun Ihnen aber nichts! Die haben viel zu viel Angst! Schlangen haben wir aber keine und wenn, dann können die die Luft nicht so lange unter Wasser anhalten.»

«Wissen die auch, dass sie uns nichts tun?», fragte Julia vorsichtig. Sie würde nie wieder ruhig auf der Schüssel sitzen können.

Isolde beäugte Julia von oben bis unten: «Tiere sind keine … Männer! Ach ja … Männer setzen sich aufs Klo, verstanden? Egal ob groß oder klein!» Sie ging zurück zur Zimmertür: «Frühstück von sieben bis neun Uhr. Es gibt Wurst und Marmelade. Sonstige Wünsche? Eier? Rührei? Spiegelei? Alles mit Speck?»

«Für mich bitte keine Wurst und auch keinen Speck. Haben Sie Müsli?»

«Essen Sie lieber mal Gescheites, so schmal wie Sie sind denken die Leute, mein Essen sei nicht bekömmlich! Dann hätten wir den Prospekt umsonst drucken lassen.»

Die Tür fiel ins Schloss.

«Scheinbar kein Müsli …»

«Sie weiß nicht einmal, was das ist. Winter, wir haben einen Fall zu lösen und nicht einen auf Hasen zu machen. Wie machen wir weiter?»

«Es ist Sonntag, die Leute wollen ihren Frieden. Warum nicht nach Bayreuth zurückfahren und ein paar Sachen holen? Und abends starten wir weitere Befragungen?»

«Gute Idee, Winter! Vorher fahren wir noch einmal in aller Ruhe durch das Dorf. Holen wir uns die ausgefüllte Karte von Tristan von Tristan und Isolde!»

Sie begannen am Ortseingang Richtung Lauterbach. Die Heizung des grasgrünen BMW röchelte unter der eingestellten Last, aber der Motor war noch zu kalt, um auch nur einen Hauch Wärme zu liefern. Sie rollten langsam über die matschige Straße. Tief lenkte lässig mit einem Finger und hielt dabei fest den Plan in der Hand. Es war niemand zu sehen, das Radio aus, die Luft so trocken, dass man trotz der Kälte Wäsche restentwässern konnte. Tief war angeschnallt, Julia nicht.

«Also, Winter! Die Straße nach links führt nach Reichenbach und Schönwald. Kann mir nicht vorstellen, dass da überhaupt mal jemand fährt.» Der Motor grollte, der Auspuff dampfte schwarz. «Der Plan ist gut, Tristan hat sich Mühe gegeben. Also hier rechts wohnen die Wienerts, Werner und Rosie zusammen mit ihrer Tochter Lea und ihrem Verlobten Franz Wößtwas. Die Wiese gehört ihnen, der Hof abseits der Straße weiter hinten gehören Ulrich und Ullrich.»

«Ulrich und Ullrich? Was soll der Quatsch?»

«Es steht so da. Keine Ahnung. Jetzt hier auf unserer linken Seite ist unser Ferienwohnungszimmer aus der Ferienwohnungsserie mit Tristan und Isolde.»

Er kniff die Augen zusammen.

«Er hat wirklich alles eingezeichnet, oder? Sich selbst … Zeigen Sie doch mal!»

«Finger weg, Winter! Er hat sogar Bruno aufgemalt. Mit einem Kreuz dahinter.»

«Seinen Hof kennen wir ja. Da schließt sich Ihr Geldhansel Breschnew an. Gegenüber wohnen die Knerz, richtig?»

«Richtig. Auch ein großer Hof. Zwischen Dorfteich und dem Anwesen ist ein Fußweg zu einem Kriegerdenkmal. Jetzt hier vorne an der Straße ist der Parkplatz und der Dorfteich, gegenüber ein verlassenes Haus, das von Franz Wößtwas renoviert wird. Das Feuerwehrhaus schließt sich nahtlos an. Wiederum gegenüber, also rechts wohnen im alten Schulhaus Holger und Traudl Winterberg mit den Teenagern Helge und Maria.»

«Dann folgt das Wirtshaus mit seinem scharfen Eck, passen Sie also auf … Sie schwanken so zwischen Lesebrille und ...»

«Ich pass schon auf», knurrte Tief.

«… und hier die große Scheune mit dem etwas zurückgesetzten Haus! Das gehört Lisa und Richard Sanftfeldt. Er ist Bundestagsabgeordneter der SPD und sie ist bei den neu formierten Grünen.»

«Verbrecher also! Beide! Linksgerichtete Siffnasen!»

«Wieso so aggressiv, Oberkommissar einer neutralen Behörde?»

«Ich bin die Mitte! In meiner ganzen Breite!»

«Ein Bundestagsabgeordneter in dem Kaff? Unglaublich!», pfiff Julia. «Ab hier ist nichts mehr, nur noch Wiese unter Schnee. Trennt sich hier das Unter- vom Oberdorf?»

«Ja. Als nächstes kommt ein Haus mit einem Fragezeichen. Er hat keinen Namen hingeschrieben.»

«Hm, seltsam!»

Sie fuhren noch langsamer. Ihre beiden Nasen klebten fast am Beifahrerfenster vor Neugierde. Das Anwesen war umzäunt, ein grellgelbes Hundeschild mit einem Köter inklusive Riesenmaul und bleckenden Zähnen darauf sollte ungebetene Besucher abschrecken ohne dass es einen Hund benötigte. Hohe Hecken und einige Bäume hinter einem Jägerzaun behinderten die Sicht, aber es war eine Doppelgarage erkennbar. Das Haus selbst befand sich aufgrund der Hanglange etwas weiter unten.

«Okay, weiter, hier links vorne ist dann der alte Gasthof Beck, ohne Bewohner.»

Sie hielten an der Einmündung. Allmählich strömte warme Luft durch die Düsen im Sauseschritt. Nach rechts ging es zurück zum Grenzbaum, nach links und einer Rechtskurve nach Rehau.

«Gut, da wohnt vorne Adolf Meyer, dahinter die Metz mit ihrem Ex-Bürgermeister. Und das Haus da?»

«Das Alte Zollhaus. Momentan unbewohnt!»

Tief lenkte den Wagen nach rechts, erneut Richtung Grenze.

«Das Gehöft da rechts hinten ist das von Edwin und Alma Mager. Riesengroß, finde ich!»

Sie rollten weiter Richtung Schlagbaum, kurz davor verzweigte die Straße nach links und rechts.

«Nach links geht es nur noch in die Pampa, der Grenzverlauf ist urig. Es geht eine Landzunge direkt in die ČSSR hinein. Wir sind hier an sich an der Engstelle. Hier ist gleich die Grenze und ein paar hundert Meter hinter uns ist sie wieder. Rechts die schmale Straße hoch wohnt dieser Jackie mit seiner Mutter, die der reiche Metz erwähnt hat. Das war’s!»

Sie kehrten um und machten sich auf, das Dorf zu verlassen.

«Das waren guten neunhundert Meter, interessante Meter. Hier wohnen sehr verschiedene Leute, getrennt in zwei Dorfhälften! Ober und unter. Wie Ost und West. Dieser Vergleich gefällt Ihnen doch, Herr Oberkommissar, oder?»

«Rechte und Linke, Alte und Junge. Egal. Dann fahren wir zurück in die Zivilisation und nehmen alles mit, was wir brauchen!»

Tief stellte das Radio an.

«… You’re my heart, you’re my soul! I’ll be holding you forever, stay with you together …»

«Was ist denn das für ein Eunuchen-Chor?»

«Das ist Modern Talking!»

«Wenn das modernes Reden ist, halt ich für alle Zeit meine Klappe!»

«Die neue Nummer eins in Deutschland!»

«Interessiert mich nicht. Dann will ich gar nicht wissen, wer die alte Nummer eins war! Armes Deutschland. Schließen wir uns der DDR an. Ohne Gänsefüßchen.»

«Tears For Fears mit «Shout!». Guter Song.»

«Ich wollte es nicht wissen! Diese Musik kann man doch komplett vergessen! Früher, ja früher, das war Musik! Das war Rock, das war Heavy Metal, das war progressive Musik! Wo sind nur die Gitarren geblieben, mit all ihrer Seele, Energie und Power!»

«Das ist das Gleiche!»

«Seele und Energie?»

«Ich meinte mehr Energie und Power. Und Tears For Fears ...»

«Sage ich doch! Die Musik von heute hat keine Energie mehr, keine Power!»

«Was hören Sie so?»

«Led Zeppelin, Black Sabbath, Pink Floyd! ELP! Das ist Musik, mein Kind!»

«Led Zeppelin? Die Schnösel mit ihrem eigenen Flieger und mit dem Zeppelin, der als Phallus-Symbol herhalten muss? Das sieht Ihnen ähnlich!»

«Was soll das nun wieder heißen? Page und Plant war sexistischer als Stones und Doors zusammen! Es ist zumindest ein besserer Kram, als diese Schwulencombo! Die Musik elektrisiert Männer, ihr Aussehen die Weiber! Alle zufrieden!»

«Modern Talking? Die sind nicht schwul und bestimmt reicher als Sie!»

«Aber nicht durch mich. Geld interessiert mich nicht. Wer kauft so ein Zeug?»

«Seien Sie doch froh, dass Deutsche so erfolgreich sind, auch international!» Julia lächelte. Sie hatten ihren wortkargen Chef tatsächlich aus der Schweigreserve geholt.

«Das sind Deutsche? Oje, der Untergang ist wirklich näher als ich dachte. Da rechts ist wieder die Grenze, ganz nah! Die Straße verläuft keine zwei Meter vom Kalten Krieg entfernt. Eine gute Möglichkeit Deutschland und das Moderne Reden zu verlassen!»

«Der Ostblock …»

«Ich fahre gleich rüber, um dem hier zu entrinnen.»

«Jetzt übertreiben Sie aber, Chef!» Julia lachte laut auf.

«Schuld sind mein Herz. Meine Seele! Das ist modernes Reden! Apropos Reden! Wir reden nicht über den Fall! Es ist Sonntag! Verstanden?»

«Verstanden.»

Das kann ja heiter werden.

Neuhausen - Eine Dorfverschwörung

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