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1.2.2.2Wesentliche Ergebnisse und deren Bewertung

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Die AG Silvester hatte Daten von Personen ausgewertet, die im Rahmen des Silvestereinsatzes 2016 (31.12.2016, 18:00 Uhr bis 1.1.2017, 06:00 Uhr) Adressaten polizeilicher Maßnahmen waren. Daneben wurden Daten von Personen berücksichtigt, bei denen Kontrolleure der DB AG ein erhöhtes Beförderungsentgelt erhoben haben, weil sie ohne gültigen Fahrausweis Züge der DB AG von und nach Köln genutzt hatten.

Wie die Personendaten, die der AG Silvester nach Abschluss der Einsatzmaßnahmen zugeleitet wurden, erhoben worden waren, ist nicht in allen Fällen nachzuvollziehen. Das ist damit zu erklären, dass die Einsatzkräfte nicht durchgängig dokumentiert haben, ob und welche Ausweisdokumente vorgelegt wurden, insbesondere wenn eine durchgeführte Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr gem. § 12 PolG NRW und anschließende Fahndungsabfrage keinen Anlass für weitergehende Maßnahmen ergaben. Bei Strafanzeigen oder freiheitsentziehenden Maßnahmen hingegen ist die Dokumentation vorgelegter Ausweisdokumente die Regel. Erfahrungsgemäß ist darüber hinaus davon auszugehen, dass einige Personendaten auf mündlichen Angaben oder nicht amtlichen Dokumenten beruhen, insbesondere weil in Deutschland keine Verpflichtung besteht, einen Pass, Passersatzpapiere, Aufenthaltstitel oder entsprechende Bescheinigungen mitzuführen. Insoweit waren die Personendaten dahin gehend zu bewerten, ob sie für eine weitere Bearbeitung durch die AG Silvester mit Blick auf deren Zielsetzung geeignet waren.

Ohne dass hier jede Möglichkeit zur Ermittlung von Personendaten berücksichtigt wird, lassen sich die Hauptquellen der erhobenen Personendaten wie folgt eingrenzen:

•Polizeiliche Datenanwendungen, die in der Silvesternacht zu unterschiedlichen Zwecken genutzt wurden

•Noch vorhandene kurzfristige Aufzeichnungen eingesetzter Beamter, welche diese zur Überprüfung nutzten

•Daten der Bundespolizei

•Daten aus in der Silvesternacht aufgenommenen Strafverfahren

•Daten der DB AG

•Hinweise aus der Bevölkerung

Die hiernach vorliegenden 711 Datensätze hat die AG Silvester um offensichtliche Doppelerfassungen bereinigt. Diese sind entstanden, weil einzelne Personen in der Silvesternacht mehrfach kontrolliert und daher auch in verschiedenen Listen erfasst wurden. Weiterhin mussten die Daten, die von der BPOL und der Deutschen Bahn stammen, um für weitere Überprüfungen ungeeignete Datensätze bereinigt werden. Insgesamt verblieben 640 Datensätze, die für weitere Recherchen geeignet waren.

Durch Aufbereitung der Daten konnten bei den überprüften bzw. identifizierten Personen folgende Staatsangehörigkeiten festgestellt werden:

Staatsangehörigkeit Anzahl
Irak 125
Syrien 123
Deutschland 112
Afghanistan 74
Iran 32
Guinea 28
Marokko 21
Pakistan 17
Eritrea 14
Algerien 11
Indien 10
staatenlos 8
Italien 4
Tunesien 4
Türkei 4
Russ. Föderation 4
Gambia 3
Rumänien 3
Somalia 3
Äthiopien 3
Libanon 3
Staatsangehörigkeit Anzahl
Bangladesch 2
Tadschikistan 2
Frankreich 2
Luxemburg 2
Polen 2
Mali 2
Serbien 2
Bulgarien 2
Jemen 2
Mazedonien 2
Niederlande 2
Saudi-Arabien 2
Kasachstan 1
Elfenbeinküste 1
Aserbaidschan 1
Israel 1
Kamerun 1
Albanien 1
Ukraine 1
Sudan 1
VAE 1
Senegal 1

Die Reihenfolge der am meisten vertretenen Staaten hat sich gegenüber der Auswertung mit Stand 11.1.2017 nicht wesentlich verändert. Demnach wurden in der Silvesternacht 2016 vor allem Iraker, Syrer, Deutsche und Afghanen kontrolliert.

Zu der Bewertung der Nationalitäten ist anzumerken, dass eine Vielzahl der Personen offensichtlich ohne Vorlage eines Ausweisdokuments nach Deutschland eingereist ist. Die AG Silvester hat festgestellt, dass bei 289 der insgesamt 394 Asylantragsteller unter den 640 Personen, zu denen weitere Recherchen erfolgten, im AZR-Datensatz kein Ausweisdokument hinterlegt ist. Das entspricht 73 % der Asylantragsteller.

Weiterhin haben Ermittlungen ergeben, dass von den 394 festgestellten Asylantragstellern 221, also mehr als die Hälfte, nicht aus Köln und dem angrenzenden Einzugsgebiet (Hürth, Bergheim, Bergisch Gladbach, Euskirchen, Frechen, Leverkusen, Langenfeld, Rösrath, Siegburg, Bonn, Bornheim, St. Augustin, Wesseling, Brühl, Rheinbach, Pulheim), sondern aus dem gesamten restlichen Bundesgebiet angereist waren.

Als besondere Herausforderung im Rahmen der Analyse hat sich die vielfältige Erfassung von Alias-Personalien erwiesen.

Zu 217 Personen waren im polizeilichen Datenbestand Alias-Personalien erfasst. Personendaten werden als Führungspersonalien im polizeilichen Datensystem bei der ersten Erfassung einer Person generiert. Diese werden nur dann geändert, wenn rechtmäßige Ausweisdokumente vorgelegt werden. Alle anderen abweichenden Daten werden als Alias-Personalien gespeichert.

Auf Grundlage von Erfahrungswerten und polizeilichen Erkenntnissen sind für die kriminalfachliche Bewertung von Alias-Personalien folgende Unterscheidungen und Hinweise zu beachten:

•In 59 Fällen wichen die Alias-Personalien erheblich (z. B. anderer Name, deutlich abweichende Schreibweise oder andere Staatsangehörigkeit) von der Führungspersonalie ab. In diesen Fällen ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die tatsächliche Identität verschleiert werden soll, um z. B. bestehende Suchvermerke und Fahndungsausschreibungen zu unterlaufen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verhindern oder mehrfach Sozialleistungen zu beziehen. 14 dieser 59 Personen waren bereits vor Silvester wegen anderer Straftaten (keine aufenthaltsrechtlichen Verstöße) erkennungsdienstlich behandelt worden, zu 25 Personen lag bereits eine Kriminalakte vor.

•In acht Fällen lagen Alias-Personalien mit einem Geburtsdatum vor, gemäß dem die Personen jünger als 18 Jahre waren. In diesen Fällen ist erfahrungsgemäß in Erwägung zu ziehen, dass die Behandlung als unbegleiteter Minderjähriger angestrebt wird. Diese unterliegen nicht dem allgemeinen Verteilerschlüssel nach dem AufenthaltsG, sondern verbleiben in der Kommune, in der sie einen entsprechenden Asylantrag stellen. Im Falle strafrechtlicher Beurteilung findet das Jugendstrafrecht Anwendung. Zudem bietet der Rechtsstatus der Minderjährigkeit einen hohen Schutz vor Abschiebung.

•In 150 Fällen wiesen Alias-Personalien nur geringfügige Abweichungen von den rechtmäßigen Personalien auf. In diesen Fällen ist es einerseits möglich, dass bei unterschiedlichen Behördenkontakten in verschiedenen IT-Anwendungen oder Dokumenten aufgrund von Verständigungs-, Übertragungs- oder Tippfehlern fehlerhafte Personalien erfasst wurden, andererseits kann die falsche Angabe auch bewusst erfolgt sein. Um die unterschiedlichen Personalien zu einer Person zusammenzuführen, werden die Alias-Personalien der jeweiligen Führungspersonalie in den polizeilichen Systemen zugeordnet.

Des Weiteren wurden erkennungsdienstliche Behandlungen und Kriminalakten ausgewertet.

Von den 641 überprüften Personen wurden 515 vor Silvester 2016 bereits erkennungsdienstlich behandelt, davon:

•im Rahmen des Asylverfahrens (AsylG): 394 Personen,

•wg. Verstoß gegen das AufenthG: 140 Personen,

•wg. anderer Straftaten: 87 Personen.

Asylantragsteller sind aufgrund einschlägiger Bestimmungen erkennungsdienstlich zu behandeln. Die AG Silvester hat festgestellt, dass 394 der 641 Personen im Rahmen des Asylverfahrens erkennungsdienstlich behandelt wurden.

Ausländer, die keinen Asylantrag gestellt haben, unterliegen dem AufenthaltsG. Wenn keine den Aufenthalt legitimierenden Dokumente vorgelegt werden können, besteht der Verdacht des illegalen Aufenthalts/der illegalen Einreise und eine erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt wegen des Verstoßes gegen das AufenthaltsG. Dies ist bei 140 Personen der Fall gewesen. Wenn Ausländer danach einen Asylantrag stellen, werden diese „Ursprungsverfahren“ in der Regel eingestellt.

Unter den 87 Personen, die wegen anderer Straftaten erkennungsdienstlich behandelt wurden, befanden sich 42 Deutsche und drei EU-Ausländer. Die 87 Personen wurden insgesamt 129 Mal wegen anderer Straftaten auf Grundlage des § 81b StPO erkennungsdienstlich behandelt. Im Einzelnen waren die Gründe:

•Diebstahlsdelikte 45

•Körperverletzungsdelikte 19

•Raubdelikte 18

•Sexualdelikte 10

•BTM-Delikte 8

•Betrugs-, Urkundenfälschungsdelikte 8

•Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 7

•Sonstige Delikte 14

Von Interesse war auch die Frage, ob es Wiederholungstäter aus dem letzten Silvestereinsatz gab. Die Staatsanwaltschaft Köln hat hinsichtlich der Verwendung der Daten der überprüften Personen in Strafverfahren vorgegeben, dass ein Abgleich auf die Daten der Beschuldigten der EG Neujahr zu begrenzen ist, gegen die ein Ermittlungsverfahren gemäß § 154f StPO wegen Abwesenheit oder eines anderen in ihrer Person liegenden Hindernisses vorläufig eingestellt wurde. Ein entsprechender Abgleich der AG Silvester ergab keinen Treffer. Insoweit ergaben sich keine neuen Ermittlungsansätze für die EG Neujahr.

Um Hinweise auf die Motivationslage und Absichten der angereisten Gruppen junger Männer mit z. T. nordafrikanischer Herkunft sowie auf etwaige Verbindungen bzw. Absprachen zwischen den Gruppen zu erlangen, wertete die AG Silvester verschiedene Quellen aus und bat Polizeibehörden im In- und Ausland um Erkenntnismitteilung. Die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt:

Zu den heutigen Standardmaßnahmen gehört auch eine Recherche in sozialen Netzwerken.

Die Recherchen im Rahmen der BAO Silvester ergaben keine Erkenntnisse in Bezug auf genutzte Messenger-Dienste oder Internet-Accounts. In sozialen Medien konnten keine öffentlichen Einladungen in Chat-Gruppen (Facebook o. Ä.) festgestellt werden.

Recherchen bei Facebook und Twitter ergaben auch nach dem 31.12.2016 keine Hinweise auf gezielte Verabredungen in sozialen Netzwerken in der Zielgruppe. In Facebook-Gruppen wurde rege über die allgemeine Polizeiarbeit am Silvesterabend und den Begriff „NAFRI“ diskutiert. Jedoch war laut den Einträgen keiner der Gruppenmitglieder am Silvesterabend persönlich in Köln im Bereich Dom/HBF anwesend, sodass sich hier keine Rückschlüsse auf das Verhalten der Zielgruppe und die Anzahl der reisenden Personen ziehen ließen.

In einem Forum der Website www.maroczone.de, das hauptsächlich von Deutschen mit marokkanischem Migrationshintergrund genutzt wird, sind in der Nachbetrachtung der Silvesterereignisse zwei Gruppen mit Silvesterbezug festgestellt worden:

•NAFRIS vs. NAZIS

•„Es geht um den Ruf unseres Landes“ – Marokkaner über die Silvesternacht

Somit konnten insgesamt Hinweise zu gezielten öffentlichen Verabredungen in sozialen Netzwerken hinsichtlich der Ereignisse an Silvester 2016 nicht festgestellt werden.

In die BAO Silvester waren Mitarbeiter der Landesinitiative „klarkommen!“ als Sprach- und Kulturmittler eingebunden. Diese stellten im Rahmen einer Nachbesprechung am 5.1.2017 ihre Eindrücke dar. So schilderte ein Streetworker, dass er im Rahmen der Kontrollmaßnahmen am HBF Köln Kräfte der Bereitschaftspolizei unterstützt habe und Gespräche mit Syrern, Irakern, Afghanen und Nordafrikanern übersetzt und z. B. Platzverweisungen erklärt habe. In seiner Wahrnehmung seien darunter Gruppierungen gewesen, die sehr stark alkoholisiert waren bzw. unter dem Einfluss von Medikamenten/Drogen gestanden hätten.

Insgesamt wurde von den Sprach- und Kulturmittlern zum einen die hohe Aggressivität, die von den Gruppen ausging, geschildert. Zum anderen gaben diese an, dass es sich nach ihrer sprachlichen Einschätzung insbesondere um Menschen aus dem nordafrikanischen Raum gehandelt habe. Die Erfassung der Nationalität im Asylverfahren bei nicht mehr vorhandenen Ausweisdokumenten könnte zu der Differenz in Bezug auf die oben dargestellten erfassten Nationalitäten geführt haben.

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