Читать книгу Wir kommen alle wieder! - Detlef K.H. Würth - Страница 9

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Kapitel 2.

Ein weiterer Hausbesuch

Es war morgens gegen zehn Uhr und ich befand mich wieder, in der Wohnung von Frau B. Ihr ging es bestens, wie sie mir sagte. Seit unserem letzten Treffen waren mittlerweile drei Wochen vergangen und seither hätten sich die Symptome bei ihr nie wieder gezeigt. Sie wirkte deutlich ausgeglichener, aber auch bedeutend neugieriger, was ich in einem Bombardement an Fragen von ihr zu spüren bekam. Besonders der angenehme Trancezustand war ihr noch bestens in Erinnerung, über den sie doch etwas mehr wissen wollte. Das Erlebte von damals, wie sie mir sagte, hatte sie in den Bereich ihrer Fantasie verschoben und die Dinge schienen immer mehr zu verblassen. Während wir noch gemütlich am Tisch mit dem guten Kaffee saßen, begann sie frei von der Seele zu reden. Sie berichtete mir von einer Kindheit, die sich kein Mensch in seiner Fantasie so vorstellen möchte. Ihr ganzes Leben schien sich wie unter einem „Damoklesschwert“ zu befinden.

Geboren in eine sozial schwache Familie und hinsichtlich ihrer Entwicklung in keiner Weise gefördert, war ihr Schicksal, in solch ärmlichen Verhältnissen aufzuwachsen. Ständig unterdrückt und lebend in Ängsten multipler Art, einerseits bedingt durch den Vater, andererseits durch die gesellschaftlich ablehnende Haltung gegenüber sozial schwacher Personen. Was sie auch sehr schmerzlich in Form von Schlägen auf dem Schulhof erkennen musste. Das daraus zwangsläufig resultierende Versagen schulischer Leistungen, endete mit der Eingliederung in eine Sonderschule. Es berührte mich. Ich höre jeden Tag viele schlimme Dinge, was sich Menschen unentwegt gegenseitig antun, aber die Art und Weise mit der Frau B. ihr Leben schilderte, ließ mich verstummen. Irgendwie hatte ich das Gefühl vom typischen Kloß im Hals. Was sich damals schon leise an Verdacht regte, hatte sich nun vollends vor mir ausgebreitet. Ich rang in mir zu verstehen, wie ein Mensch mit solchen Erlebnissen überhaupt noch in der Lage war, ein einigermaßen geordnetes Leben zu führen. Bei ihr war wirklich viel passiert! Es schien, als hätte sich das Tor des Leidens, über einer einzigen Person ergossen. Mit leichten Tränen in den Augen sagte sie mir in einer mehr gezwungen anmutenden Ironie: Wie Sie sehen, gibt’s bei mir noch viel zu tun!, was ich leider nur nickend bejahen konnte. So befand ich mich nun bei ihr, um die geschilderten Symptome im Zusammenhang mit den „grünen Augen“ zu beseitigen. Sie nahm wieder auf ihrer Couch eine liegende Position ein, um sich anschließend in einer angenehmen Trance wiederzufinden. Meine Vorgehensweise war die Gleiche: Erst mal die Kindheit etwas beleuchten, um darin Näheres zu erfahren. Aber wie schon beim ersten Mal, wollte sich die Ursache nicht zeigen.

Da ich den unbewussten Anteil bereits im vorherigen Kapitel erwähnt hatte, möchte ich nun auch die Erklärung dafür geben. Zuerst einmal ist es sehr wichtig zu wissen, dass wir auf psychischer Ebene aus zwei Anteilen bestehen. Der eine Anteil ist unsere Analyse, also unser bewusstes Sein. Er ist dafür da, Entscheidungen zu treffen oder Probleme zu lösen. Der andere ist der, der praktisch hinter der Bühne lebt und dort die Fäden zieht, das Unbewusste. Es regelt die automatisierten Abläufe, also wenn etwas verinnerlicht wurde, wie zum Beispiel das Autofahren, Schwimmen etc. So nutze ich in einer tiefen Hypnose auch die Möglichkeit, mit dem Unterbewusstsein zu kommunizieren, während der bewusste Anteil weitestgehend „eingeschläfert“ ist.

Schon bereits kurz nach der hypnotischen Induktion (Einleitung), gebe ich die Anweisung über Folgendes zu kommunizieren: ein Zeigefinger des Patienten für ein - Ja -, ein Mittelfinger für ein - Nein - sowie ein Daumen für ein - Vielleicht -. Wenn ich dann eine Frage stelle, sehe ich als Antwort die Reaktion an den entsprechenden Finger. Man kann sich das in etwa so vorstellen, wie ein Zucken, das man mal hin und wieder kurz vor dem Einschlafen haben kann. Es ist nicht bewusst gesteuert, sondern unterliegt einem völlig unbewussten Reflex, einer sogenannten ideomotorischen Steuerung. Wenn man dieses Vorgehen richtig anwendet, stellt es ein hervorragendes Werkzeug dar, das unglaublich hilfreich sein kann. Im Übrigen ist das keine Erfindung von mir, sondern wurde maßgeblich von den Therapeuten Milton H. Erickson, Lesley le Cron und David Cheek entwickelt. Diese Technik wird von vielen Therapeuten erfolgreich genutzt. Nun aber zurück!

Ich vertiefte Frau B. noch etwas mehr in ihrer Trance, nutzte den unbewussten Anteil und gab diesem die Anweisung, an den Zeitpunkt zu gehen, der im Zusammenhang dieser grünen Augen stand. Es dauerte etwas, dann aber sah ich den ideomotorischen Reflex, der sich in einem kurzen Zucken des Daumens äußerte. Das war ein klares „Vielleicht“! Aus irgendeinem Grund wollte es nicht genau an diesen Zeitpunkt. Ich wusste, dass es dafür viele Gründe gab. Aber ich erinnerte ich mich noch gut an die erste Sitzung mit Frau B. und dem Erlebnis, das nicht viel mit unserer Zeit zu tun hatte. Zugegeben ein wenig Neugierde saß in meinem Hinterkopf, so tat ich etwas, was ich noch nie getan hatte. Ich befragte den unbewussten Anteil, ob das Problem der grünen Augen, mit diesem Leben oder einem vorherigen Leben in Verbindung stand. Ein - Ja - für das vorherige Leben, ein - Nein - für das Jetzige! Ich hatte meine Frage noch nicht richtig ausgesprochen, da zuckte schon Frau B’s Zeigefinger. Ein ganz klares „Ja“ für ein vorheriges Leben!

Ein Schauer lief mir über den Rücken, denn so etwas hatte ich bis zu diesem Moment auch noch nicht erlebt. Scheinbar unterschied dieses Unterbewusstsein ganz exakt zwischen einem bereits gelebten Leben und dem Jetzigen. Da lag nun Frau B. vor mir in tiefer Trance und vielleicht lag auch hier die Antwort auf eine Frage, die sich wohl jeder Mensch schon mindestens einmal in seinem Leben gestellt hatte: Was passiert mit uns nach dem Tod? Meine Neugierde nahm jetzt ein unvergleichliches Maß an. Ich bat den unbewussten Anteil, ob es möglich wäre, nur ansatzweise etwas über den Zusammenhang zu zeigen. Das Ja-Zeichen des Fingers war nicht zu übersehen. Was sich hier für den Leser wahrscheinlich wie ein großer Hokuspokus anhört, kam mir selbst ganz genauso vor. Aber egal was man davon halten mag, das Unbewusste von Frau B., tat genau das, worum ich es gebeten hatte. Es zeigte mir die Verbindung, nämlich ihre erste Begegnung mit einem Mann, der später ihr Ehemann werden sollte.

A: ..ich hatte es eilig!…..Er hatte eine Uniform an und ich war an ihn gestoßen!…Ich hatte etwas in meiner Tasche gesucht und hatte es eilig…ich hatte ihn umgerannt! Er drehte sich hoch und blickte sich um!……War an ihn gestolpert und hatte mich entschuldigt….er hatte schöne Augen…(lächelt)..er hatte gelacht und er sagte, das müsste ich wieder gut machen und so hatte ich….mich mit ihm verabredet im Park zu treffen!

F: in welchem Park?

A: in Rüsselsheim….da gibt’s einen Park, wo man spazieren kann und…da hatte ich mich mit ihm getroffen!…..Wir hatten geredet und ich….hatte ihm von meiner Arbeit erzählt!….Er hatte bei der Polizei angefangen…er war noch nicht lange dort!

F: wie alt ist er denn jetzt?

A: ich weiß nicht…zwanzig..

F: und Du?

A: achtzehn!


(Zeichnung Frau B.) Die schicksalshafte Begegnung

F: was hast Du von Deiner Arbeit erzählt?

A: ich schreibe…Berichte bei der Firma Woll…..er war begeistert…

F: wohnt er auch in Rüsselsheim?

A: ja!

F: wo wohnt er denn?

A: in einer kleinen Wohnung!

F: wo genau?

A: das weiß ich nicht, er hat nur gesagt, er wohnt in einer kleinen Wohnung!

F: beschreibe ihn doch mal!

A: er ist groß…schlank…spitzes schmales Gesicht!….Schönes Lächeln…fröhlich ist er…..lächelt und lacht viel!


(Zeichnung Frau B.) Klaus Burghard

F: habt Ihr euch nach dem Park wieder verabredet?

A: nein…

F: weshalb nicht?

A: ich hab mich nicht getraut und er hat nicht gefragt!

F: und wie ging das weiter mit euch?

A: ich hatte ihn später wieder gesehen….er stand an der gleichen Straße! Ich hatte ihm gesagt, dass ich es eilig hatte, auf die Arbeit zu kommen!…..Er schien sich das gemerkt zu haben…er kannte die Straße!

F: wohnst Du in dieser Straße?

A: ja! Kapellenstraße!

F: hattest Du ihm das gesagt?

A: ja…ah…ich mag ihn! (lächelt)

F: hast Du Dich in ihn verliebt?

A: ja…

F: und er?

A: ich glaub, er mag mich auch!

F: habt ihr euch wieder verabredet?

A: wir wollen uns wiedersehen in einem Café zur Laterne…Tanzcafé!..

Dieser zweite Hausbesuch bei Frau B., war der Grundstein für meine Neugierde und so förderte ich in einem Zeitraum von über zwei Jahren, ein komplettes „Vorleben“ von 1877 bis 1959 wieder an die Oberfläche! Was sich hier langsam zu einer Liebesromanze entwickelte, sollte mir später völlig die Sprache verschlagen. Für einen der beiden, wird es in einer verhängnisvollen Tragödie enden. Was ich in den Sitzungen herausfand, veränderte alles! Es veränderte mich, mein Leben und meine Einstellung zu vielen Dingen. Ich habe mich bemüht, all die Informationen, die ich von Frau B. erhielt, so gut wie möglich in einen chronologischen Ablauf zu bringen, was mitunter manchmal sehr schwierig war. Es hatten sich einfach unzählige Daten angesammelt und mussten erst einmal zeitlich eingeordnet werden. Bestimmt fragen Sie sich, wie es denn eigentlich dazu kam, dass so viele Sitzungen über die Jahre mit Frau B. entstehen konnten. Nun, es war praktisch eine Übereinkunft, die auf einer Art Symbiose zwischen uns beiden beruhte. Frau B. bedurfte einiges an therapeutischer Intervention, wogegen aber ihre finanziellen Mittel standen, und ich hatte ordentlich Bedarf, nach dem Ausleben meiner gerade eben erworbenen Faszination, für die Wiedergeburt!

Man möge mir nun vorwerfen, dass aufgrund dieser Abmachung Frau B. sich in einen Fantasie Wolf verwandelte, um möglichst ihre Kosten zu decken. Aber ich kann Ihnen versichern, dass der tatsächliche Anteil verschwindend gering war. Zudem arbeite ich schon seit etlichen Jahren mit Hypnosetherapie, sodass ich ein bewusstes Handeln sofort erkannt hätte. Auch möchte ich noch erwähnen, dass es sich bei Frau B. um einen der ehrlichsten Menschen handelt, den ich je kennen und schätzen lernen durfte. Für jeden sicherlich nachvollziehbar ist auch die Tatsache, dass sich hier mit den Jahren eine ganz natürliche respektvolle Freundschaft entwickelte, die bis zum heutigen Tage besteht. Bereits während der Fertigstellung dieses Buches gelang es mir, noch viele weitere Vorleben von Frau B. festzustellen. Fast jedes Jahrhundert, brachte ein Vorleben hervor, die in unterschiedlichen Ländern lebten. Der Detailgrad ist keineswegs weniger als in diesem Fall, eher sogar noch höher! Tauchen wir nun gemeinsam ein, in ein vergangenes Leben lange vor unserer Zeit …

Wir kommen alle wieder!

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