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Inhibi(e)ne – Honig hemmt Mikroben
ОглавлениеHonig wird nachweislich seit Jahrtausenden erfolgreich als Medizin eingesetzt. Das Wissen um seine antimikrobiellen Eigenschaften ist ansatzweise erst etwa hundert Jahre alt. Bakterien, Pilze oder Viren, als Auslöser von Infektionskrankheiten, sind ebenfalls erst seit dem späten neunzehnten Jahrhundert bekannt. 1847 beschrieb Ignaz Semmelweis den Zusammenhang zwischen mangelnder ärztlicher Hygiene und dem Kindbettfieber (Puerperalsepsis), an dem viele Wöchnerinnen erkrankten und verstarben. Semmelweis begrün-dete die Aseptik, eine klinische Vorsichtsmaßnahme, die heute absolut selbstverständlich ist. Er wusch sich vor dem Betreten des Krankenzimmers die Hände mit einer Chlorkalklösung. Semmelweis hatte lediglich eine ungefähre Ahnung von den Ursachen der Wundinfektion, seine Maßnahmen zu deren Vermeidung waren allerdings ein epochaler Fortschritt in der Medizin. Es sollte jedoch noch einige Jahrzehnte dauern, bis sich seine Erkenntnisse auch unter seinen Kollegen durchsetzten. Selbst ein medizinischer Titan wie Rudolf Virchow stellte sich noch 1879 gegen die Lehre Semmelweis. Dessen Auffassung wurde jedoch letztendlich durch die Arbeiten von so großen Forschern wie Robert Koch bestätigt. Für Semmelweis selbst reichte seine Prophylaxe offensichtlich nicht aus. Er verstarb bereits 1865 an einer Sepsis (Blutvergiftung).
»Seeing is believing« ist ein Paradoxon, von dem auch ernsthafte Wissenschaftler nicht verschont bleiben. Vielleicht hat für sie die Aussage, dass sie nur glauben, was sie auch sehen, sogar besondere Gültigkeit. Bereits der niederländische Naturforscher Antony Leeuwenhoek, der als Pionier der Mikroskopie gilt, fand in seiner Zeit (1632–1723) Hinweise auf das Vorhandensein von Mikroben. Louis Pasteur gelang erst 1857 der Nachweis, dass Fermentationsprozesse durch Mikroorganismen verursacht werden, welche durch Hitzeanwendung (Pasteurisierung) abgetötet werden können.
Was Medizinkundige oder unsere Vorfahren allgemein schon vor vielen Jahrhunderten veranlasste, Honig auf Wunden zu schmieren, können wir nur erahnen. Wir wissen, dass man beispielsweise im alten Ägypten manchmal recht eigenartige Mixturen aus Schlamm und sogar Exkrementen verwendete, über die wir heute zumindest die Nase rümpfen, wenn uns nicht gar das schiere Entsetzen packt. Irgendwer muss dann wohl seinem Forscherdrang gefolgt sein und einfach mal Honig statt Schlamm benutzt haben. Und siehe da, die Heilung erfolgte offensichtlich ungehindert und erstaunlich schnell. Die Entdecker der heilenden Wirkung von Honig haben zum Glück ihre Erkenntnis nicht für sich behalten, und deren Anwendung kam unzähligen Menschen und vielleicht auch Tieren im Laufe der Jahrtausende zugute, ohne dass man erst eingehende wissenschaftliche Studien abgewartet hätte. Davon profitieren wir noch heute. »Verachtet keine empirischen Wahrheiten«, ermahnte der berühmte Wissenschaftler Martin H. Fischer seine Kollegen, »vieles funktioniert in der Praxis, für das es keinen Laborbeweis gibt.« Doch wenn unsere Wissenschaftsgläubigkeit schon so weit geht, dass wir alle Praxisbeweise ignorieren, solange sie nicht durch endlose Laboruntersuchungen und Doppelblindstudien belegt wurden, dann haben wir, wenn es um die Heilkraft des Honigs geht, keine Entschuldigung mehr. Das, was seit ewigen Zeiten empirisch bewiesen ist, wurde durch die Honigforschung eindrucksvoll bestätigt. Wahrscheinlich sind heute die meisten antimikrobiellen Wirkmechanismen von Honigen entschlüsselt. Die dafür maßgeblich verantwortlichen Wirkstoffe werden Inhibine (Hemmstoffe) genannt. Auf einige werde ich im Folgenden näher eingehen. Als Erstes wäre da der osmotische Effekt zu nennen.